Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein sicheres Niedersachsen braucht einen starken Brand- und Katastrophenschutz. Das gilt gerade mit Blick auf die unmittelbaren Folgen des Klimawandels. Wald- und Flächenbrände beschäftigen uns genauso wie Starkregenereignisse und Hochwasserlagen mit bedenklicher Regelmäßigkeit, und gerade Brände beschäftigen uns immer früher im Jahr.
Aber auch darüber hinaus ist die Welt unübersichtlicher und die Gefährdungslage komplexer geworden. Die aktuelle Corona-Pandemie zeigt einmal mehr unmissverständlich: Wir müssen bestmöglich auf alle erdenklichen Krisensituationen vorbereitet sein. Ganz entscheidend kommt es dabei immer wieder auf die überwiegend ehrenamtlichen Einsatzkräfte von Feuerwehren und Hilfsorganisationen an.
In den kommenden Monaten wird es u. a. darum gehen, die großartige Arbeit z. B. des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu unterstützen. Daneben ist die Bewältigung der Corona-Krise aber eben auch
eine Einsatz- und Führungsaufgabe. Dafür brauchen wir leistungsfähige behördliche Strukturen und weiterhin ein schlagkräftiges Krisenmanagement - gerade bei unerwarteten und außergewöhnlichen Ereignissen.
Im Innenministerium haben wir daher strukturelle Konsequenzen gezogen. Nach den Erfahrungen aus der Flüchtlingsbewegung 2015/2016 haben wir die in Niedersachsen bewährte Kooperation mit den Aufgabenträgern im Katastrophenschutz verstetigt. Mit dem Landesbeirat Katastrophenschutz haben wir ein Gremium geschaffen, das eine effektive und schnelle Koordination gerade auch in Krisensituationen - wie derzeit - ermöglicht.
An dieser Stelle möchte ich sehr gerne die Gelegenheit nutzen, meine Damen und Herren, mich ausdrücklich und von Herzen bei den Hilfsorganisationen, den Feuerwehren und ihren Verbänden, den kommunalen Spitzenverbänden und bei unseren Partnern von THW und Bundeswehr für diese großartige Zusammenarbeit zu bedanken.
Meine Damen und Herren, wichtig war auch: 2018 und 2019 hat die Strukturkommission „Einsatzort Zukunft“ zentrale Zukunftsfragen des Brandschutzes detailliert bearbeitet. Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen der Kommission werden in den Entwurf einer weiteren Novelle des Brandschutzgesetzes einfließen. Gleichzeitig haben wir uns entschieden, auch die staatlichen Behörden und Einrichtungen im niedersächsischen Bevölkerungsschutz neu und modern - d. h. vor allem fokussiert und gebündelt - aufzustellen. Durch die Gründung eines Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz wollen wir Aufsichtsbehörden und Schulungseinrichtungen des Landes in einer Behörde vereinen.
Sehr geehrter Herr Kollege Meyer, man muss sich schon wundern: Als Sie gerade gesprochen haben, habe ich gedacht: Gibt es eigentlich zwei Niedersachsen? Vielleicht eines hier und eines im Paralleluniversum?
Ihre Sichtweisen auf das Land Niedersachsen sind erschütternd. Das ist eine Frage von Sehstärke und Fokussierung. Ich kann Sie nur dringend ermuntern, sich die Realität anzugucken, und zwar die in diesem Universum und nicht die andere. Dann könnten Sie sich hier deutlich besser informiert zeigen, lieber Herr Meyer.
Erstens. Wir bündeln Kompetenzen und erhalten für überörtliche Lagen eine leistungsstarke und hoch professionelle Einsatzreserve.
Zweitens. Das bisherige Kompetenzzentrum für Großschadenslagen wird zu einem Landeskatastrophenschutzstab für überörtliche Lagen mit festem Lagedienst im Innenministerium weiterentwickelt. Dadurch sollen die an Zahl und Komplexität, aber auch Dauer zunehmenden überörtlichen Lagen besser bewältigt werden. Gleichzeitig werden dafür notwendige planerische und konzeptionelle Arbeiten beschleunigt. Die seit über sieben Monaten laufende erfolgreiche Unterstützung
durch den Stab des Kompetenzzentrums in der Corona-Pandemie bestärkt uns in dieser Entscheidung, meine Damen und Herren.
Weitere Schwerpunkte dabei sind: Wie lassen sich kritische Infrastrukturen noch besser schützen? Und wie sieht die Konzeption der zivilen Verteidigung auf Landesebene aus?
In beiden Bereichen wollen wir systematische Verbesserungen erzielen. Neben der schon angesprochenen Brandschutzgesetznovelle wollen wir deshalb auch das Katastrophenschutzgesetz umfassend modernisieren, und zwar über die bereits Corona-bedingt umgesetzten Änderungen hinaus. Auch diese Novelle werden wir zeitnah in den Landtag einbringen.
Auch an dieser Stelle, lieber Herr Meyer: Wie man angesichts der Diskussion, die wir heute führen - vielen Dank übrigens für diese Aktuelle Stunde -, ernsthaft infrage stellen kann, dass das Land Niedersachsen wie ein Mann bzw. wie eine Frau gegen die Pläne von Spahn steht, irgendetwas am Rettungsdienst zu ändern, erschließt sich mir nicht. Denn an dieser Auffassung kann es überhaupt keine Zweifel geben.
Aber es passte ja so schön in den schlechten Abriss, den Sie hier vom Land Niedersachsen gemacht haben. Aber jedem sein Pläsir!
Im Katastrophenschutz verbessern wir daneben die Vorbereitung auf die Bewältigung von kerntechnischen Unfällen durch die 2019 eingeleiteten Beschaffungsmaßnahmen. 2021 stehen hierfür noch mal 5 Millionen Euro bereit. Die fortgesetzten
Zuwendungen des Landes an die Hilfsorganisationen für die Beschaffung von Fahrzeugen werden die ehrenamtlich getragenen Strukturen in der Fläche weiter stärken.
Insgesamt achten wir sehr genau darauf, mit den genannten Investitionen und getreu dem Leitbild, auf unerwartete Lagen bestmöglich vorbereitet zu sein, einen Doppel- oder einen Mehrfachnutzen zu schaffen.
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Maßnahmen, meine Damen und Herren, haben wir bereits in diesem Jahr den Aktionsplan „Vegetationsbrandbekämpfung“ auf den Weg gebracht. Auch das haben Sie merkwürdigerweise nicht erwähnt. Mittelfristig werden wir in den nächsten vier Jahren mit 10 Millionen Euro die Ausstattung der Feuerwehren mit geländefähigen Fahrzeugen und der nötigen speziellen Ausstattung verbessern. Auch das darf und muss hier gesagt werden.
Zugleich treiben wir den Ausbau der NABK weiter konsequent voran. Nach dem Spatenstich im Juni werden wir noch in diesem Jahr Richtfest beim Wirtschaftsgebäude feiern können. Weitere Baumaßnahmen schließen sich nahtlos und kontinuierlich an.
Für in diesem Jahr fertiggestellte Vorhaben und die nächsten Schritte - auch das will ich noch mal erwähnen - nimmt das Land insgesamt rund 20 Millionen Euro in die Hände.
Sie sehen also: Wir sind absolut auf dem richtigen Weg und bündeln alle Kräfte für den Brand- und Katastrophenschutz in Niedersachsen. Klar ist aber auch: Es braucht in den kommenden Jahren viel Einsatz, viel Mut und viele Ressourcen, um die Feuerwehren, Behörden und Organisationen im Katastrophenschutz bestmöglich aufzustellen.
Wir haben jetzt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vorliegen. Damit ist der erste Teil der Aktuellen Stunde beendet.
Tagesordnungspunkt 5: Abschließende Beratung: Grundwerte der Europäischen Union achten und schützen - für wirksamere Maßnahmen gegen Verstöße - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/7358 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung - Drs. 18/7518 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP - Drs. 18/7553
Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Der gemeinsame Änderungsantrag aller vier Fraktionen in der Drucksache 18/7553 zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung zielt.
Wir kommen nun zur Beratung. Zunächst hat sich Kollegin Immacolata Glosemeyer für die SPDFraktion gemeldet. Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich spreche zum Änderungsantrag und möchte mich zunächst bei den Kollegen bedanken, die im Ausschuss auf uns zugegangen sind. Wir haben daraus einen guten Antrag auf den Weg gebracht. Vielen Dank noch einmal an Bündnis 90/Die Grünen und an die FDP, dass wir hier zu einem gemeinsamen Antrag kommen können.
„Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.“
Leider fühlen sich nicht alle Mitgliedstaaten diesem Wertekanon verpflichtet, oder sie legen ihn nach Ihrem Gutdünken und Belieben aus.
Unser Antrag sieht vor, dass bei schwerwiegenden Verletzungen der Grundwerte EU-Mittel aus dem mehrjährigen Finanzrahmen einbehalten werden können. Ich habe mit großem Interesse verfolgt, dass sich am 30. September eine Mehrheit der EU-Länder für genau diese Forderung ausgesprochen hat. Allerdings hätte ich mir dort mehr Mut gewünscht; denn der Vorschlag sieht vor, dass nur bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingegriffen wird, die sich auf die wirtschaftlichen - Haushaltsführung - und die finanziellen Interessen der EU auswirken. Ich hoffe, dass sich in der weiteren Beratung noch etwas bewegen wird.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen dieser Tage den ersten Prüfbericht der EUKommission zur Rechtsstaatlichkeit zur Kenntnis nehmen. Es ist ein großer Fortschritt für die EU, dass die Kommission nun jährlich einen Prüfbericht zur Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten vorlegen wird. Der Bericht zeigt eklatante Mängel bei der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen auf. Die Brüsseler Behörde kritisiert in dem Report Versuche, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden, und beklagt den staatlichen Druck auf Medien und jene Teile der Zivilgesellschaft, die der Regierung kritisch gegenüberstehen. Auch müsse der Kampf gegen die Korruption verstärkt werden.
In der letzten Sitzung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung wurde auf Wunsch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein weiterer Punkt mit in unseren Antrag aufgenommen, der auch diesem Bericht Rechnung trägt. Ich zitiere aus dem Antrag: Die Landesregierung wird gebeten, sich konsequent für die
„Umsetzung des Grundrechtschutzes sowie die Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag von Lissabon für einen Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) des Europarats einzusetzen“.
Ich bin mir sicher, dass unsere Ministerin Birgit Honé mit unserem Antrag Rückenwind für ihre weitere Arbeit bekommt, und bitte um Unterstützung dieses Antrages.
Ich danke vielmals, Frau Kollegin Glosemeyer. - Für die CDU-Fraktion erhält nun das Wort der Kollege Dr. Stephan Siemer.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich muss zugeben: Als die populistischen Bewegungen angefangen haben, habe ich sie unterschätzt. Ich dachte, die springen nur bei bestimmten Themen auf, besetzen diese und verschieben die Grenzen dessen, was man sagen darf.
Aber wir müssen leider in einigen europäischen Staaten - also in unmittelbarer Nachbarschaft - beobachten, dass dies System hat, dass nicht nur, wie die Kollegin Glosemeyer schon gesagt hat, das Justizsystem systematisch umgebaut wird. Medienfreiheit und Medienpluralismus werden eingeschränkt, die Gewaltenteilung wird infrage gestellt, und - das war auch der Anlass dieses Antrages - Menschenrechte werden eingeschränkt, weil sich Politiker insbesondere in Polen, aber auch in anderen Ländern z. B. gegen Schwule und Lesben werden, und zwar derart, dass sie schwulen- und lesbenfreie Zonen ausrufen. Wir haben auch ja auch Partnerschaften mit Provinzen in Polen, und das sollte uns zu denken geben.