Protokoll der Sitzung vom 07.10.2020

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ich sollte doch zwei Fragen stellen!)

Herr Minister!

Vielen Dank für diese Fragen.

Ich beginne mit der ersten Frage. Es handelt sich hierbei um ein Gutachten der Vieregg-Rössler GmbH. Es wurde, wenn ich richtig informiert bin, von einigen Bürgerinitiativen in Auftrag gegeben.

Spannend sind z. B. die schnelleren Durchfahrten in einigen Bahnhöfen oder auch das Ausnutzen

von Umroutungen für den Güterverkehr. Dabei werden Güterzüge über andere Strecken gefahren, sodass die hochbelastete Strecke Hannover– Hamburg entlastet wird.

Die Deutsche Bahn nimmt dieses Gutachten ernst. Wir haben auch darüber gesprochen. Sie prüfen dieses Gutachten detailliert darauf, inwieweit es Ansätze zur Verbesserung des Alpha-E geben könnte.

Allerdings muss ich betonen, dass auch einige der unterstellten Annahmen des Gutachtens aus unserer Sicht zu optimistisch betrachtet sind. Zugfolgezeiten von drei Minuten - so steht es in diesem Gutachten - sind ausgesprochen ambitioniert, und auch das unterstellte Fahrzeugmaterial sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr ist nach unserer Einschätzung als unrealistisch einzustufen.

Wir wollen mit dem Ausbau einen zuverlässigen Zugverkehr auf den Strecken des Alpha-E gewährleisten. Insofern ist das Gutachten eine Grundlage, die man zur Beratung weiter heranzieht, aber wahrscheinlich noch nicht die maßgebliche Entscheidungsgrundlage.

Nun zu meiner klaren Absage in Richtung des Bundes.

Wir als Niedersachsen können uns froh und dankbar schätzen, dass der DB-Beauftragte der Bundesregierung, zufällig aus Niedersachsen kommend, als Parlamentarischer Staatssekretär Mitglied der Bundesregierung ist. Ich habe Herrn Staatssekretär Ferlemann in zahlreichen Gesprächen in den letzten Monaten zum Thema Alpha-E immer und immer wieder verdeutlicht, dass eine Abkehr vom gefundenen Kompromiss entlang der Alpha-E-Strecke zu einem völligen Aufschnüren des Paketes und zu einem völligen Neubeginn führen würde, den wir nicht wollen. Wir wollen den Beschluss des Landtages, wie er hier einstimmig gefasst wurde, für das optimierte Alpha-E umgesetzt sehen. Sollte der Bund oder die DB zu anderen Erwägungen, anderen Taktzahlen oder was auch immer für die Berechnung von Neubaustrecken kommen, dann wird das hier auf unseren erbitterten Widerstand stoßen.

Die Landesregierung hat dem Bund sehr deutlich gesagt: An dem Alpha-E wird nicht gerüttelt! Aus unserer Sicht können wir allerdings in dieser Hinsicht auch nicht viel mehr machen, als diesen Widerstand entsprechend anzukündigen. Ich weiß aber von den Bürgerinitiativen entlang der AlphaE-Strecke, dass wir dann, wenn der Bund bzw. die

DB als Beauftragter zu einer völligen Neubewertung bzw. zu einem Aufschnüren des Paketes Alpha-E käme, einen wirklich sehr, sehr starken regionalen Widerstand entlang der gesamten Strecke bekommen würden.

Wir haben im Moment nur in Lüneburg - wenn ich das so sagen darf, Frau Abgeordnete SchröderEhlers - eine schwierige Situation. Obwohl man dort am Anfang dem Kompromiss zugestimmt hat, will man jetzt eine Durchfahrung der Stadt auf den bestehenden Gleisen nicht.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Aber der Oberbürgermeister scheidet doch aus dem Amt aus, Herr Minis- ter!)

- Ungeachtet, ob Oberbürgermeister oder wer auch immer aus dem Amt ausscheidet, müssen wir bei so langwierigen Projekten die Planung fortsetzen. Das Problem bleibt, dass in Lüneburg eine Umfahrung theoretisch möglich wäre, aber eine Durchfahrung ebenso. Lüneburg möchte eine andere Lösung und möchte dem Grunde nach das gesamte Paket noch einmal neu debattieren und diskutieren. Ich habe dem Oberbürgermeister und der Region gesagt: Wir möchten an dem gefundenen Alpha-E-Kompromiss keine Veränderung mehr vornehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Sehr gut!)

Danke schön, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage noch einmal von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Kollegin Staudte, bitte!

Vielen Dank. - Ich habe die Frage, was Sie denken, was die Bürgerinnen und Bürger, die Verbände, die Wirtschaftsvertreter usw., die an dem Dialogforum Schiene beteiligt waren, dazu sagen würden, wenn ihre Beteiligung quasi umsonst gewesen wäre. Aber ich formuliere die Frage vielleicht lieber um: Was sagt eigentlich Enak Ferlemann dazu, diese Ergebnisse zu ignorieren? Wenn Sie mit ihm im Gespräch sind, haben Sie vielleicht auch darüber gesprochen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Danke schön. - Herr Minister, die Ausforschung geht weiter. Bitte!

(Heiterkeit bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Dafür machen wir das Ganze doch!)

Ich kündige das mit Blick auf die Veranstaltung am 20. November hier schon einmal an - wenn ich von der Fachebene gerade zutreffend informiert wurde -, glaube aber, dass das schon bekannt ist, dass der Staatssekretär daran teilnehmen wird. - War das richtig?

(Zuruf: Seine Teilnahme wird erwar- tet!)

- Das war korrekt. Er wird erwartet. Insofern könnten die Fragen dort sogar selbst gestellt werden.

Nach meiner Kenntnis versucht der Staatssekretär alles, die Fäden beisammenzuhalten und den berechtigten Interessen der Regionen, die entlang des Alpha-E liegen, ausreichend Rechnung zu tragen. Da schlagen sicherlich hier und da zwei Herzen in einer Brust. Als Bahnbeauftragter muss er natürlich die Leistungsfähigkeit und Kapazität der Deutschen Bahn langfristig mitplanen.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Aber ich habe einen gleichen Fall im Bereich Schaumburg, wo wir auch darauf gedrungen haben, statt einer Neubaustrecke im Bestand weiterzubauen. Auch dort kündigt sich bereits heute Widerstand an. Auch dort ist meine Haltung unmissverständlich, klar und eindeutig - diese habe ich auch den regionalen Vertretern vor Ort gegenüber bestätigt -, dass wir hier für Bauen im Bestand plädieren und keine Neubaustrecke wünschen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage stellt für die Fraktion der FDP der Kollege Jörg Bode. Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister Althusmann, vor dem Hintergrund, dass Sie zu meiner großen Freude deutlich gesagt haben, dass

die Landesregierung zum Alpha-E steht und keine Veränderungen, Umplanungen etc. wünscht und Sie dies auch dem so gelobten niedersächsischen Bahnbeauftragten der Bundesregierung Staatssekretär Ferlemann gesagt haben, frage ich Sie, da Sie dort sicher auch so energisch vorgetragen haben: Was hat er denn tatsächlich darauf geantwortet, oder wie hat er darauf reagiert? Denn wenn er es nicht vorhätte, hätte er ja einfach sagen können: „Du machst dir unnötig Sorgen, planen wir doch!“

Herr Kollege, für das, was er hätte sagen können, gibt es viele Möglichkeiten. Aber die Frage ist ja gestellt.

Das würde ich jetzt gerne hören.

Darauf freuen wir uns jetzt gemeinsam. - Bitte schön, Herr Minister!

Wer den Parlamentarischen Staatssekretär und Bundestagsabgeordneten Ferlemann ein wenig kennt, weiß, dass auf ihn Verlass ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Es gilt das, was er gesagt hat, und er hat bis jetzt ja auch alles abgefangen. Er versucht wirklich, eine Lösung für Alpha-E zu finden.

Um das klarzustellen: Die Irritationen sind nicht durch ihn entstanden, sondern durch die Deutsche Bahn, die 2018 in der „Gläsernen Werkstatt“, in der ja alles dargestellt werden soll, neue Zahlen vorgestellt hat, aufgrund derer man davon ausgehen konnte, dass es möglicherweise doch zu anderen Güter- und Zugkapazitäten kommt.

Ein weiterer Grund für die Irritationen ist die Hochgeschwindigkeitskarte des Deutschlandtaktes mit den 300 km/h. Denn jetzt denken alle, die sich nicht tief mit der Materie befasst haben, dass es, um diese Geschwindigkeiten und diese Fahrzeiten zu erzielen, neue Gleise geben muss. Allerdings ist das Gegenteil der Fall. Der Bund hat sehr deutlich gesagt, dass sich diese 300 km/h auf die Schienenfahrzeuge beziehen, die dort eingesetzt werden sollen. Die fahren ja nicht nur von Hamburg

nach Hannover, sondern auch weiter in den Süden, und deswegen müssen die Fahrstrecken mit den technischen Kapazitäten der Züge kompatibel sein. Das bedeutet aber nicht, dass noch ein weiteres Gleis daneben gebaut werden müsste, um den 300-km/h-Takt sicherzustellen.

Das zu den Irritationen, die es seit, glaube ich, September oder Dezember 2018 gibt.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage für die SPD-Fraktion stellt die Kollegin Andrea Schröder-Ehlers. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Althusmann, vor dem Hintergrund der Ziele des Deutschlandtakts auf der einen Seite und den Problemen, die auf der anderen Seite in den Städten Lüneburg, Uelzen und Celle bei einer weiteren Taktzunahme entstehen könnten, frage ich die Landesregierung, wie sie gewährleisten will, dass diese Städte im Nordosten Niedersachsens auch zukünftig an den schnellen Zugverkehr angebunden sind, dass die Vertaktung des ICE so bleibt, wie wir sie zurzeit haben - und nach Möglichkeit auch darüber hinaus geht -, und dass dabei auch noch der Nahverkehr ausgebaut werden kann.

Das war eine Frage.

Da will ich nicht widersprechen. Sie war sehr umfangreich, aber es war eine Frage. - Bitte, Herr Minister!

Die Frau Abgeordnete hat auf einen Problempunkt hingewiesen, der bei der Diskussion, die gerade in Lüneburg läuft, meiner Meinung nach noch nicht zu Ende gedacht worden ist.

Angenommen, wir würden eine weiträumige Umfahrung vornehmen: Dann würden entweder Schienenpersonenverkehre oder Schienengüterverkehre weiträumig und schnell u. a. um Lüneburg herumgeführt werden.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Lü- neburg würde dann Provinzbahnhof!)

Das könnte am Ende dazu führen, dass genau das Gegenteil von dem eintritt, was wir eigentlich wollen. Dann könnte es passieren, dass es gerade an den besonders wichtigen Knotenpunkten die heutigen ICE-Takte nicht mehr gibt, eben weil die Verkehre dann die neu gebaute Umfahrungsstrecke nehmen, die möglicherweise auf eine höhere Schnelligkeit ausgelegt ist. - Diesen Nebeneffekt haben wir jetzt aber mehrfach erörtert.