Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

Liebe Frau Hamburg, auch Ihnen ist sicherlich aufgefallen, dass Sie sehr viel Mühe und sehr viel Zeit aufwenden mussten, um diesen Spagat zu erklären.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: 90 Sekunden!)

Das kann man so sehen, wie Sie es hier gerade erklärt haben. Der naheliegende Eindruck ist natürlich ein völlig anderer. Der naheliegende Eindruck für den Betrachter dieses Sharepics - es zeigt den Text: auch bei der niedersächsischen Polizei? - ist, dass Sie Rechtsradikalismusstrukturen in der niedersächsischen Polizei unterstellen, die Sie genauer in den Blick nehmen müssen.

Da müssen wir, wie ich finde, genau aufpassen, wie wir an der Stelle kommunizieren. Ich habe mich bemüht, in meiner Rede hervorzuheben, was für Maßnahmen die Polizei bereits seit vielen Jahren erfolgreich durchführt. Jetzt sind wir an einer entscheidenden Stelle: In der Organisation gibt es Menschen, die sich diese Bilanz zu eigen machen, die auf diese Bilanz - gerade in dieser Debatte - stolz sind und die Wert darauf legen, dass das anerkannt wird. Es gibt einen Mechanismus in diesem Diskurs, den ich gerne verstärken möchte, nämlich den, dieses positive Handeln dadurch zu verstärken, dass man es anerkennt, dass man den Menschen sagt: Das ist richtig so, macht so weiter, ihr seid auf dem genau richtigen Weg!

Man kann natürlich auch das Gegenteil tun: Man kann mit dem Finger auf sie zeigen und sagen: Ihr könnt machen, was ihr wollt! Wir nageln euch an die Wand! - Wenn Sie mir dieses Bild gestatten. Genau in diese Richtung weist dieses Sharepic. Deswegen finde ich es ausgesprochen unerfreulich.

Ich habe es nur nicht erwähnt, weil ich den Redebeitrag von Frau Menge sehr ausgewogen und sehr richtig fand. Aber jetzt ist es auf dem Tisch, und jetzt müssen Sie sich das von mir sagen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker.

Uns liegt eine Meldung zu einer Kurzintervention auf Ihren Wortbeitrag der Abgeordneten Frau Julia Willie Hamburg vor. Frau Hamburg, noch einmal 90 Sekunden! - Sie, Herr Becker, haben dann nach § 77 GO LT die Möglichkeit, 90 Sekunden lang zu erwidern.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Becker, man kann sich über die Bildsprache immer trefflich streiten. Wenn das das Niveau ist, mit dem wir hier beginnen, werde ich künftig auch Sharepics Ihrer Fraktion herausgreifen, die doppeldeutig oder missverständlich sind. Gerne! Damit habe ich überhaupt kein Problem, wenn das Ihr Niveau ist. Ich finde das nicht so sinnvoll.

Und ich lasse mich weiterhin nicht von Ihnen in diese Ecke drängen, und das gilt auch für Frau Menge! Sie sagten gerade selbst, dass das ein sehr differenzierter Wortbeitrag war. Was ich bei Ihrem Wortbeitrag vermisst habe, waren wirkliche Ansätze und Perspektiven, die in unserem Antrag benannt sind,

(Beifall bei den GRÜNEN)

und dass Sie darauf Bezug nehmen.

Ich finde das Demokratieresilienzprogramm großartig. Ich habe daran nie gezweifelt. Wir haben es auch immer gelobt. Aber das allein - und das hat Frau Menge deutlich gemacht - reicht bei Weitem nicht aus.

Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass auch Sie mal den Spagat versuchen, trotz allem diese Strukturen in Niedersachsen anzusprechen. Wir wissen doch, dass es diese Strukturen in Niedersachsen gibt! Wir wissen doch, dass es Chatgruppen gibt, über die Polizisten an Teilnehmer von Verschwörungstheorie- und Corona-Leugner-Demonstrationen irgendwelche Informationen weitergeben oder sich beteiligen. Das ist von Journalistinnen und Journalisten aufgedeckt worden. Das ist übrigens auch in Berlin nur durch Journalistinnen und Journalisten aufgedeckt worden. Das müssen wir doch nicht kleinreden! Wir müssen doch sagen: Der große Teil der Polizei ist vollkommen anders, und wir müssen Strukturen schaffen, die die Polizei bestärken. Aber wir müssen dieses Problem sehr genau benennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nichts anderes versuchen wir. Ich erwarte von Ihnen, dass auch Sie diesen Spagat hinkriegen, Herr Becker.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Hamburg. - Herr Abgeordneter Becker, möchten Sie erwidern? - Bitte!

Frau Hamburg, das ist eben der Punkt! An der Stelle ist es schwierig, mit einem solchen Sharepic zwei verschiedene Botschaften - einerseits hier in das Plenum hinein und andererseits in die Öffentlichkeit - zu verbinden. Darauf habe ich hingewiesen. Dieser Zwiespalt haftet dem Ganzen nach wie vor an.

Ich will auf einen Aspekt eingehen, nachdem Sie gesagt haben, ich hätte zu den Inhalten Ihres Antrags noch detaillierter Stellung nehmen können. Das hätte ich machen können. Das kann ich aber jetzt auch sehr pauschal jetzt an dieser Stelle machen.

Er ist ganz offensichtlich geschrieben worden, bevor Ihre Abordnung in dieser Woche die Polizeiakademie in Nienburg besucht hat. Ich glaube, andernfalls wäre der Antrag anders ausgefallen - nicht, weil der Inhalt nicht wünschenswert wäre, sondern weil das, was Sie aufgeschrieben haben, schon seit vielen Jahren gelebte Praxis in der niedersächsischen Polizei ist.

(Beifall bei der SPD - Christian Meyer [GRÜNE]: Dann müssen Sie ihm ja zustimmen!)

Ich will nicht sagen, dass er überflüssig ist. Er bietet uns - - -

(Christian Meyer [GRÜNE]: Dann können Sie ja zustimmen!)

- Darf ich weiterreden?

Herr Meyer, das ist jetzt nicht notwendig.

Er bietet uns nämlich die Möglichkeit, auf dieser Ebene abzubilden, dass die niedersächsische Polizei bereits seit Jahren dort ist, wo Sie sie mit Ihrem Antrag noch hinbringen wollen. Wir sind weit voraus. Sie werfen sich mit voller Wucht hinter den fahrenden Zug.

(Beifall bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das stimmt doch so gar nicht, Herr Becker! Das hat die Polizeiakademie bestätigt!)

- Sie wollten von mir hören, was ich von den Punkten in Ihrem Antrag halte. Ich habe mir gerade erlaubt, Ihnen das in der Annahme Ihres Interesses darzulegen. Zumindest haben Sie das so formuliert.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Dann gehen wir doch mal zusammen zur Polizeiakademie!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, uns liegt noch eine weitere Wortmeldung auf zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 2 GO LT vor, nämlich des Abgeordneten Schünemann. Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass wir bei der Antragseinbringung und in der ersten Beratung sind.

Bitte schön, Herr Abgeordneter Schünemann!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nochmals zu Wort gemeldet, weil ich von der Antwort des Innenministers auf die Nachfrage des Kollegen Becker überrascht war. Ich darf darauf hinweisen, dass es einen § 35 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes gibt.

Bei der Einführung von NIMes gab es eine Debatte zu diesem Thema: Durch die Ende-zu-EndeVerschlüsselung ist es eigentlich möglich, dass man den Datenverkehr kontrolliert. Es ist jetzt ein Novum, dass ich die Datenschutzbeauftragte in diesem Parlament zitiere:

„Sollte der freiwilligen anlassunabhängigen Kontrolle weiterhin in allen Fällen Folge geleistet werden, könnte eine effektive Kontrolle trotz Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet werden. Im Übrigen müssten - für den Fall der Verweigerung - dienstrechtliche Konsequenzen für den einzelnen Beschäftigten gezogen werden.“

Meine Damen und Herren, genau darum geht es. Es ist eine Kontrollpflicht, dass so etwas wie in Hessen nicht stattfindet. Ich habe es so verstanden, Herr Innenminister, dass man NIMes auch

eingeführt hat, damit man z. B. dienstliche Anweisungen nicht über private Telefone, über

WhatsApp oder anderes umsetzt. Das ist jetzt darüber möglich, aber ich muss auch kontrollieren, ob die Daten tatsächlich rechtmäßig erhoben und weitergegeben werden. Wenn ich dort kontrolliere, ist es durchaus sinnvoll und richtig, auch darauf zu achten, dass da keine rechtsextremistischen Botschaften sind.

Deshalb: Wir brauchen kein neues Recht, sondern wir müssen das Datenschutzrecht anwenden. Dass man das hier in Niedersachsen nicht machen wollte, kann ich mir kaum vorstellen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Vorgesehen ist der Ausschuss für Inneres und Sport. Wer dem so zustimmen möchte, bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag einstimmig in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen.

Wir kommen jetzt zum

Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Niedersachsen muss jetzt die Chancen für einen Offshore-Weltraumbahnhof prüfen und vorantreiben - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/7548

Zur Einbringung hat sich der Abgeordnete Jörg Bode von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich mit dem Thema, über das wir jetzt sprechen, noch nicht auseinandergesetzt hat, fragt sich sicherlich, ob wir jetzt ScienceFiction machen wollen. Aber um Science-Fiction geht es nicht, sondern wir reden heute über die Zukunftsfelder, die es zu bestellen gilt und in denen Niedersachsen tätig sein sollte.