Protokoll der Sitzung vom 10.11.2020

Danke schön.

Noch einmal: Wichtig wäre es gewesen, die Pflegekräfte von Dokumentationspflichten zu befreien und die Möglichkeit zu schaffen, Hilfskräfte einzusetzen, die die Pflegenden entlasten, damit diese am Bett bleiben können.

Die Schnelltests sind da - ein wichtiger Baustein in der Teststrategie. Auch wenn die Genauigkeit geringer ist als bei den PCR-Tests: Sie sind ein gutes Mittel, um insbesondere die stark infektiösen Erkrankten aufzuspüren. Statt diese zur Entlastung der Pflegekräfte einzusetzen, müssen diese nun auch noch die Tests durchführen. Wir fordern, zu ermöglichen, dass Hilfskräfte geschult werden, um

das zu tun. Momentan müssen sogar diejenigen Pfleger und Schwestern geschult werden, Rachenabstriche zu nehmen, die schon haufenweise Rachenabstriche für PCR-Tests durchgeführt haben. Das scheint mir wenig sinnhaft.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das alles hätte vorbereitet sein können. Weil Hausaufgaben nicht gemacht wurden, sollen die Pflegekräfte jetzt bis zu 60 Stunden in der Woche arbeiten - ein Armutszeugnis.

Also: Statt Pflegekräfte zur Mehrarbeit zu verpflichten, müssen diese entlastet werden. Dann passt auch die normale Arbeitszeit, auch in Pandemiezeiten.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Schwarz. Bitte, Herr Kollege Schwarz!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, alle Berufsgruppen, die gegenwärtig mittelbar oder unmittelbar etwas mit Corona zu tun haben, leisten seit Monaten Großartiges. Da braucht man nicht einzelne Gruppen herauszuziehen. Diese Gesellschaft kann ihnen insgesamt nur sehr dankbar für diese Arbeitsbewältigung sein.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Das ist übrigens nach meiner Einschätzung auch ein Beweis dafür, dass die Solidarität und der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft trotz aller Verschwörungstheorien funktionieren. Ich finde, wir sollten das nicht leichtfertig aufgeben. Insofern frage ich mich ernsthaft, was die Grünen mit der Aktuellen Stunde unter dieser Überschrift und den noch hinzugefügten elf Anträgen hier heute bezwecken wollen.

(Zurufe von den GRÜNEN: Änderun- gen!)

- Ja, Änderungen.

Da kriegen wir die Aufforderung: „Kein Applaus für die 60-Stunden-Woche!“ Ehrlich gesagt, diesen

Applaus hat auch niemand angestrebt. Niemand hat damit gerechnet, dass er kommt. Was ich von Ihnen heute den ganzen Morgen über höre, ist: Wir brauchen mehr Personal! Es hätte mehr gemacht werden müssen usw.! - Sie sind viel zu intelligent, als dass Sie selbst nicht genau wüssten, dass Sie ständig Personal fordern, das es gar nicht gibt. Sie fordern ständig Verlagerungen von Beschäftigungen, die alle schon durchgeführt worden sind. Sie wollen ständig Unterrichtungen erhalten. In der letzten Sitzung des Sozialausschusses hat der Staatssekretär sehr intensiv über dieses Thema unterrichtet, nämlich über die Öffnung der Arbeitszeitverordnung durch eine Sondergenehmigung. Das alles ist für Sie nichts Neues. Sie tun aber so, als hätte das alles nicht stattgefunden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das, was Sie hier machen, ist nicht wirklich aufrichtig. Das, was Sie hier machen, ist populistisch!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Ach! Nein! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist doch unter Ihrem Niveau, Herr Schwarz!)

Herr Kollege Schwarz, einen Moment, bitte! Lassen Sie eine Frage des Kollegen Wenzel zu?

Dann fahren Sie bitte fort!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Aus- teilen, aber nicht einstecken können! - Unruhe)

- Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

Sie zählen in Ihren Entschließungsanträgen eigentlich völlig unstreitige Binsenweisheiten auf. Sie arbeiten mit Allgemeinplätzen oder Textbausteinen. Darunter befinden sich Entschließungsanträge, in denen dreimal dasselbe vorkommt, obwohl das bereits im Ausschuss liegt und wir uns darüber unterhalten haben. Auf eine Frage komme ich gleich zurück.

Was ist aktuell eigentlich passiert? - Die Landesregierung hat sozusagen als vorsorgende Maßnahme nach dem Arbeitsschutzgesetz wieder die Mög

lichkeit eröffnet, Ausnahmen vorzusehen. Sie hat die Möglichkeit eröffnet, dass eine begrenzte Anzahl bestimmter Personengruppen für einen begrenzten Zeitraum keine Freizeit an Sonn- und Feiertagen hat, sondern dass dann gearbeitet werden kann. Sie hat ermöglicht, dass die zulässige Arbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden am Tag erweitert werden kann. - Das findet niemand toll; das ist überhaupt keine Frage. Aber das ist exakt dieselbe Maßnahme, die bei der ersten Welle bundesweit ergriffen worden ist.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Das hat Frau Schütz doch gerade ausge- führt!)

Damals hat es dazu keine Debatten gegeben. Jetzt meint man, man müsse irgendetwas hochpushen. Was ist denn eigentlich das Ziel? Was wollen Sie eigentlich erreichen? Wollen Sie die Personengruppen gegeneinander aufhetzen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein!)

In dieser Arbeitszeitverordnung werden fünf unterschiedliche Beschäftigungsgruppen genannt, die mit Ausnahmen belegt werden können. Fünf! Sie greifen sich eine heraus. Was ist das Ziel? Alle fünf leisten hervorragende Arbeit. Alle fünf gehen sozusagen auf den Knien. Wenn Sie dann hier mit einer einzigen Gruppe kommen, dann - das sage ich Ihnen noch einmal - ist das eine rein populistische Vorgehensweise von Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Welche Situation entsteht daraus wirklich? - Die Arbeitgeber können flexibler reagieren, aber sie können das nicht allein. Das ist mitbestimmungspflichtig! Sie brauchen den Betriebsrat bzw. den Personalrat. Das ist auch gut so! Und wenn das nicht einvernehmlich geregelt wird, dann findet das nicht statt.

Ich nehme vor Ort etwas ganz anderes wahr: Ich nehme Pflegekräfte und Beschäftigte im Gesundheitswesen wahr, die geradezu dankbar sind, dass man eher in Blöcken arbeiten kann, als dass man ständig rein- und rausgeht und sich dabei höheren Gefahren aussetzt. Sie sind dankbar dafür - nicht, dass sie 60 Stunden arbeiten können, sondern dass ihnen in dieser Situation eine flexiblere Arbeitszeit ermöglicht wird. All dies ist mit ihren dortigen Mitbestimmungsorganen, mit ihren Betriebsräten, durchgesetzt worden.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Was wollen Sie tun? Meckern kann jeder!)

Insofern frage ich noch einmal: Was soll das eigentlich? Wen wollen Sie hier eigentlich gegeneinander aufhetzen? Das, was Sie hier abbilden, ist überhaupt nicht die Lebenswirklichkeit, die wir zurzeit vor Ort haben

(Helge Limburg [GRÜNE]: Dann ma- chen Sie doch mal einen konstrukti- ven Vorschlag, anstatt nur zu bashen!)

Das hat ausschließlich etwas damit zu tun, dass Sie meinen, sich auf dem Rücken der Pflegekräfte profilieren zu müssen! Das finde ich, ehrlich gesagt, unanständig!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Nein! Das, was Sie machen, ist unan- ständig! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN - Unruhe - Glocke der Prä- sidentin)

Eines will ich Ihnen abschließend sagen, meine Damen und Herren:

„Die Ausnahmeregelungen sehen vor, dass in systemrelevanten Tätigkeiten, die für die Daseinsvorsorge oder zur Bekämpfung der Pandemie … wichtig sind, auch an Sonn- und Feiertagen gearbeitet werden darf. Zudem kann in diesen Tätigkeiten die tägliche Höchstarbeitszeit auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden. ‚Mit dieser Regelung reagieren wir vorsorglich auf mögliche Personalengpässe‘“.

Das ist nicht aus Niedersachsen, sondern das ist die Verordnung des grünen Ministerpräsidenten Herr Kretschmann.

(Zurufe von SPD und CDU: Oh!)

Deshalb kann ich Ihnen sagen: Das ist bundeseinheitlich so geregelt. Das ist nicht schön, aber es ist notwendig. In Baden-Württemberg macht man offensichtlich Realpolitik, und bei Ihnen macht man Populismus. Vielleicht kommen Sie wieder in der Realpolitik an, meine Damen und Herren von den Grünen!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Schwarz, auch für Sie gilt: Bitte die Maske tragen, wenn Sie das Redepult verlassen.

Jetzt hat das Wort Frau Sozialministerin Dr. Reimann für die Landesregierung. Bitte, Frau Ministerin!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Corona-Pandemie hat in den letzten Monaten den Blick besonders auf einen Bereich gelenkt, der diese Aufmerksamkeit schon lange verdient: den Pflegebereich. Die Niedersächsische Landesregierung hat nicht erst seit Beginn der Pandemie die Notwendigkeit der Wertschätzung der Pflegeberufe immer wieder betont.

Seit Jahren setze ich mich für eine Verbesserung der Situation in der Pflege ein. Deshalb habe ich im Sommer letzten Jahres, wie Sie alle wissen, zusammen mit unseren Partnerinnen und Partnern die Konzertierte Aktion Pflege in Niedersachsen (KAP.Ni) ins Leben gerufen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist die physische und psychische Belastung von Beschäftigten, die jeden Tag die Corona-Pandemie bekämpfen, sehr bewusst. Auch in diesen Zeiten setze ich mich für gute Arbeitsbedingungen ein.

Von daher lassen Sie mich Folgendes klarstellen: Bei der am 28. Oktober erlassenen Allgemeinverfügung zur Durchführung des Arbeitszeitgesetzes handelt es sich um eine zeitlich befristete Maßnahme zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Es geht darum, in Arbeitsbereichen, die besonders zur Bekämpfung der Pandemie beitragen, Ausnahmen vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit und eine zeitlich befristete Erhöhung der Wochenarbeitszeit möglich zu machen. Das gilt insbesondere für Not- und Rettungsdienste. Das gilt für Feuerwehren, Polizei und Gesundheitsämter. Das gilt auch für Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Labore. Damit soll sichergestellt werden, dass unkompliziert und zeitnah auf sich zuspitzende Problemlagen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen - immer zeitlich befristet - reagiert werden kann.