Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

Viertens: die Religionsausübung in den Haftanstalten. Sie haben den Vertrag mit DİTİB zu Recht gekündigt. Denn von Erdogan gesteuerte Imame haben in niedersächsischen Haftanstalten nichts zu suchen.

(Beifall bei der CDU)

Stattdessen haben Sie das Forschungsprojekt „Professionalisierung muslimischer Gefängnisseelsorge“ aufgelegt, und in vier Haftanstalten wird Seelsorge nach neusten wissenschaftlichen Methoden angeboten.

Aber, meine Damen und Herren, Islamisten sind Glaubenskrieger. Sie pervertieren den Koran zur Legitimation von Gewalt. Insofern ist der politische Islam, der Salafismus, die Religion des Terrors. Wer das nicht anerkennt, hat den Kampf gegen den Terrorismus schon verloren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb ist es so wichtig, dass wir das Institut für die Imamausbildung in Osnabrück nicht nur gegründet haben, sondern dass es dort jetzt auch weitergeht. Und deshalb ist es von zentraler Bedeutung für uns, dass Imame in Haftanstalten einen aufgeklärten Islam predigen.

Fünftens: die konsequente Abschiebung aus den Haftanstalten. Hier müssen wir sicherlich auch die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Justizbehörden noch verbessern. Ich glaube, wir müssen die Kommunen entlasten. Um ihnen hier die Möglichkeit zu geben, schneller tätig zu werden, sollte das Innenministerium meiner Ansicht nach die Verantwortung übernehmen.

Die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus ist unverändert. Deshalb muss der Gesetzgeber unsere Sicherheitsbehörden weiterhin stärken, sowohl in technischer, rechtlicher, aber auch in personeller Hinsicht. Und das Strafmaß muss angepasst werden - nicht nur wegen der Abschreckung, sondern auch, weil man mehr Zeit für die Resozialisierung braucht.

Wir brauchen in Niedersachen auch einen Staatsschutzsenat, der allen Sicherheitsstandards entspricht. Denn ein starker Staat muss auch seine Richter sowie auch seine Justizbediensteten schützen.

Frau Ministerin, gehen Sie Ihren konsequenten Weg im Kampf gegen den Islamismus weiter! Sie wissen die Regierungsfraktionen und insbesondere die CDU-Fraktion an Ihrer Seite.

Vielen herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Schünemann. - Es folgt nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Bajus. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die grüne Landtagsfraktion und, ich denke, wir alle hier im Haus waren Herrn Fürst und Herrn Bilgen sehr dankbar dafür, dass sie vor wenigen Tagen eine Anzeige geschaltet haben, in der sie sehr deutlich Stellung genommen haben. Darin heißt es:

„Halle und Hanau in Deutschland, Paris und Nizza in Frankreich und zuletzt Wien in Österreich sind Fanale des Bösen, die uns verpflichten, gegen Terroristen und Mörder zusammenzustehen."

Genau: zusammenstehen gegen den radikalen Islamismus, der nicht nur eine Bedrohung für viele arabische und afrikanische Länder ist, sondern eben auch eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Menschen bei uns, genauso wie in ganz Europa!

Doch das Thema, meine Damen und Herren, ist ja nun wirklich nicht neu, auch nicht im Strafvollzug. Deswegen möchte ich daran erinnern, dass die grüne Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz bereits im Jahr 2015 die Arbeitsgruppe „Islamistische Radikalisierung“ gegründet hat, die Vorschläge zur Prävention machen sollte und dies auch getan hat. Im Jahr 2016 gründete sie dann das Programm zur Deradikalisierung mit den Qualifikationsmodulen für die Mitarbeitenden im Justizvollzug, mit der Ausstiegsbegleitung, mit einer Beratung von muslimischen Gefangenen. Sie hat dafür gesorgt, dass wir das Thema auch statistisch erfassen, dass auch diejenigen erfasst werden, die unter Verdacht geraten sind oder bei denen einfach eine Nähe festgestellt wurde.

Und wir haben in jener Zeit die Vernetzung mit den anderen Ministerien, mit den JVAs, mit den Ermittlungsbehörden noch einmal kräftig gestärkt.

Sie sehen also: Unter grünen Vorzeichen ist hier viel passiert.

Ich freue mich natürlich, dass heute auch die CDUFraktion noch einmal das Thema für sich entdeckt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Etwas irritierend - muss ich allerdings sagen - sind die Huldigungen an die Justizministerin. Frau Ha

vliza, mit allem Respekt: Ich finde es großartig, dass Sie das Programm weiterführen und sogar ausbauen. Aber wer so viel Lob kriegt, wer so weit nach oben gestellt wird - - - Es wird hier keine 100prozentige Sicherheit geben. Was ist, wenn etwas passiert? Ist das dann alles Frau Havlizas Schuld? Herr Schünemann, ich möchte von Ihnen nicht so gelobt werden. Hier wird womöglich der Anfang vom Ende einer politischen Karriere vorbereitet. Dafür habe ich wenig Verständnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es war am Ende auch die Ministerin Frau Niewisch-Lennartz, die die muslimische Seelsorge gestärkt hat. Ich als Osnabrücker freue mich natürlich besonders, wenn dieses Thema an der Universität Osnabrück am Institut für Islamische Theologie noch einmal ausgebaut wird; denn es gibt Handlungsbedarf. Wir müssen an die geistigen Grundlagen ran.

Über 20 % - Tendenz: steigend - der erwachsenen Häftlinge - im Jugendvollzug sind es inzwischen 30 % - haben einen muslimischen Hintergrund. Da ist es ganz wichtig, dass sie Unterstützung und Beratung haben.

Brauchen wir eigentlich auch im Gefängnis einen Integrationsbeauftragten? Diese Frage sollten wir uns hier dringend stellen. In NRW ist das bereits Thema.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Aber, Frau Havliza, wir müssen uns auch fragen: Ist das eine Aufgabe, die wir dem Personal im Bestand zumuten können? - Wir alle wissen: Es gibt ein erhebliches Personaldefizit.

Ich sage Ihnen: Gute Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden in den JVAs sind auch eine gute Prävention, sorgen für eine bessere Stimmung und helfen uns.

Ein Problem müssen wir noch stärker in den Blick nehmen: JVAs fungieren als Filterblasen. Da gibt es eine In-group-Kommunikation. Da gibt es einen Druck, sich zusammenzurotten, sich nur noch über die eigenen Informationen auszutauschen. Gegen diese Filterblasen müssen wir erfolgreich vorgehen. Dafür brauchen wir Bündnispartner und müssen wir diejenigen stärken, die in diesem Land für einen gemäßigten Islam stehen, die für Frieden, für Vielfalt, für Toleranz stehen.

Deswegen glaube ich, Herr Schünemann: Es war ein Riesenfehler Ihrer Landesregierung und gerade auch Ihrer Fraktion, die Gespräche mit den

muslimischen Verbänden und Gemeinden über einen Staatsvertrag einzustellen. Wir brauchen den Schulterschluss mit ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn die jüdischen Gemeinden, wenn Herr Fürst genau hier vorangehen, dann zeigen sie uns den Weg dahin. Wir werden gegen die Radikalen nur bestehen, wenn wir wirklich alle zusammenstehen und wenn wir diese Kräfte stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hier sind Sie gefordert. Geben Sie sich einen Ruck! Erinnern Sie sich an einen Osnabrücker: Die Muslime gehören zu Deutschland, auch zu Niedersachsen. Sie sind Teil von uns. Wir wollen mit ihnen gemeinsam gegen den Islamismus stehen. Das schaffen wir nur gemeinsam und nicht gegeneinander.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bajus. - Es folgt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Zinke. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um all das zu sagen, was einem durch den Kopf geht, wenn man an die grauenhaften Taten in Nizza und Paris, in Dresden und Wien denkt, braucht man die Redezeit von mehr als einer Aktuellen Stunde.

Die Wienerinnen und Wiener, die Österreicher haben einen ganz eigenen Weg gefunden, das zum Ausdruck zu bringen. - Frau Präsidentin, jetzt wird es unparlamentarisch. Ich entschuldige mich jetzt schon dafür, meine aber niemanden in diesem Raum. - Die Wienerinnen und Wiener verwenden das Schlagwort „Schleich di, du Oaschloch!“ als Ausdruck für diese Gedanken. Sie schreiben es auf Plakate, auf Wände, auf T-Shirts. Sie benutzen es als Hashtag im Internet - unter den Gedanken, die die Menschen zu diesen Taten haben.

Sie sagen mit diesen vier Worten aus, dass Terrorismus keinen Platz in unserer Mitte hat. Sie sagen, dass Terrorismus uns keine Angst einjagen kann und dass wir an unserem Lebensstil weiterhin festhalten werden. Diese vier Worte sagen aber auch aus: Wir lassen keinen Keil in unsere Gesell

schaft und in das friedliche Neben- und Miteinander der unterschiedlichen Religionen treiben.

Dieses Schlagwort wendet sich auch gegen diejenigen, die jetzt versuchen, diese grauenhaften Taten für eine rassistische Ideologie zu nutzen, und die versuchen, Islam und Islamismus gleichzustellen, um Millionen von friedlichen Menschen in Geiselhaft zu nehmen.

Meine Damen und Herren, wir müssen verhindern, dass Radikale einen Keil in diese Gesellschaft treiben. Wir müssen verhindern, dass sie Erfolg haben mit ihren Parolen, in denen sie behaupten, dass in Europa, in Deutschland ein Krieg gegen den Islam geführt wird. Wenn sogar Staatschefs behaupten, es werde eine Neuauflage der Kreuzzüge geplant, dann geht das genau in diese Richtung: Die versuchen, einen Keil in diese Gesellschaft zu treiben. - Der Täter von Wien hat diesen Geschichten geglaubt.

Tatsächlich gibt es in Deutschland keinen Kampf gegen den Islam. Was es gibt, sind Regeln, die wir uns gemeinsam gegeben haben. Was es gibt, ist das Grundgesetz, in dem wir die Grundrechte festgeschrieben und in dem Glaubens- und Meinungsfreiheit - sogar von den Artikeln her - nebeneinander stehen. Meine Damen und Herren, auch diese Taten werden daran nichts ändern.

Wir müssen uns natürlich die Frage stellen, wie wir junge Menschen vor Radikalisierung schützen können. Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir die Bevölkerung vor diesen Radikalisierten schützen können.

Zu dem Plan, den wir brauchen, gehört sicherlich auch das, was gestern in Berlin, in Paris und in Brüssel miteinander vereinbart wurde.

Dazu gehört, dass wir endlich einen europäischen Grenzschutz schaffen, der verhindert, dass Gefährder nach Europa gelangen.

Dazu gehört, was gestern auf der Islam Konferenz verabredet worden ist, dass nämlich mehr muslimische Religionslehrende in Deutschland ausgebildet werden. Da - es ist gerade schon gesagt worden - kommt Niedersachsen, Osnabrück und dem IKD eine besondere Rolle zu.