Protokoll der Sitzung vom 11.11.2020

(Weitere Zurufe - Heiterkeit bei der SPD)

Ich habe jemand vorgeworfen, er würde nicht die Wahrheit sagen?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was ist das für eine Sitzungsleitung, in die Debat- te einzusteigen?)

Nein, ich hatte verstanden, man soll hier nichts erzählen, was nicht 100-prozentig der Wahrheit entspricht,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Ja! Das ist doch richtig!)

und dachte, das sei - - -

Ich will hier nichts erzählen, -

Umso besser!

- was ich nicht 100-prozentig - - -

Sehr gut! Alles bestens!

Das war gut, nicht?

(Heiterkeit)

Sehr gut! Danke schön.

(Christian Grascha [FDP]: Muss die Sitzungsleitung inhaltlich in die Debat- te eingreifen? - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Sie können sich doch nicht an der Debatte beteiligen! Unmöglich! - Weitere Zurufe)

(Zuruf: Ja!)

- Super. So viele Zwischenrufe habe ich hier noch nie gekriegt. Wahnsinn!

(Heiterkeit)

Jetzt versuche ich zum dritten Mal, auf Schweden zu kommen. Wie Sie - leider in der Begründung Ihres Antrages, aber vollkommen richtig - darstellen, ist der Wolf da in Anhang IV, wie bei uns. Schweden hat 300 Wölfe als Untergrenze festgelegt - darüber diskutieren wir ja auch immer, dass hier endlich eine Untergrenze festgelegt werden muss -, und wenn zunehmend Risse in einem Gebiet auftreten, dann kann man in Schweden eine Schutzjagd beantragen. Das haben wir hier schon mehrfach angeführt; auch Sie bringen dieses Beispiel.

Ein gutes Beispiel ist natürlich auch Frankreich. Da sind 500 Wölfe die Untergrenze.

Wenn wir hier nichts tun, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann haben wir in Niedersachsen im nächsten Jahr 500 Wölfe. Deswegen, lieber Kollege Schmädeke, hoffe ich, dass es nicht bei Symbolpolitik bleibt. Denn es muss jetzt wirklich dringend gehandelt werden. Symbolpolitik nützt da gar nichts.

Ich will mich ganz herzlich bedanken. Denn bei Ihnen persönlich merkt man wirklich, dass Ihnen die Sache am Herzen liegt. Wenn wir die Weidetierhaltung in Niedersachsen retten wollen, dann muss jetzt wirklich gehandelt werden.

(Beifall bei der FDP)

Der Ministerpräsident höchstpersönlich hat - vollkommen richtig - gefordert, es müssten mehr Wölfe geschossen werden.

Lieber Kollege Meyer, in der Zeit dieser Regierung ist gar keiner geschossen werden. Es müssen Wölfe geschossen werden. Es müssen 120 geschossen werden, wenn wir den Stand halten wollen, und das ist dringend nötig, wenn wir die Weidetierhaltung retten wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Grupe. - Für zwei Minuten hat sich der Abgeordnete Peer Lilienthal gemeldet.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Zwei Minuten für dieses emotionale Thema!

Das Verhältnis zwischen Mensch und Wolf ist - so könnte man sagen - historisch gewachsen irgendwie angespannt. Da ist am Anfang der Beziehung irgendetwas schiefgegangen.

Schauen Sie in die Bibel, ins Alte Testament! Schon dort wird Gott immer als Hirte dargestellt, der den Einbruch des Bösen, des Satans in seine Herde, bestehend aus Schafen, zu verhindern versucht. Immer wieder das Bildnis von Gut und Böse, Wolf und Schaf bzw. Hirte!

Oder das Märchen von Rotkäppchen, das zur Großmutter geht und dann vom Wolf gefressen wird! Das kann heute natürlich nicht passieren; denn Rotkäppchen - der erste Haushalt -, Großmutter - der zweite Haushalt -, Wolf - der dritte Haushalt - das geht schon mal nicht wegen der Corona-Verordnung. Glück gehabt!

Aber warum ist das Verhältnis zwischen Wolf und Mensch eigentlich so angespannt? Zunächst einmal hat der Wolf keine natürlichen Feinde. Damit hat er ein Alleinstellungsmerkmal in der Tierwelt. Und er ist eines der ganz wenigen Tiere auf deutschem Boden, die dem Menschen und dem Nutzvieh gefährlich werden können.

Das schürt einfach eine Urangst beim Menschen. Obschon die Begegnung mit Kühen in Deutschland tatsächlich weitaus tödlicher ist als die mit Wölfen, scheint das irgendwie verankert zu sein.

(Wiard Siebels [SPD]: Ja, wenn man direkt davor läuft!)

Die Erleichterung von dieser Urangst sieht man, wenn man beispielsweise nach Ahlden fährt und sich den Wolfstein anschaut, also den Stein, der Hermann Gaatz gewidmet wurde, der damals den letzten Wolf, den Würger vom Lichtenmoor, erschossen hat, der zuvor eine unglaubliche Anzahl an Nutztieren gerissen haben soll. Das war im Übrigen historisch ein bisschen anders. Es war der Nahrungsmittelknappheit geschuldet. Da wurden Schwarzschlachtungen durchgeführt.

Fakt ist aber: Dieser emotionale Faden wurde von der Politik bisher nicht aufgenommen. Das, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen nur empfehlen, zu tun; denn wenn es irgendwann dazu kommt - und dieser Antrag ist ja nur ein erster Schritt in die aus unserer Sicht richtige Richtung -, dass der Wolf tatsächlich bejagt wird - denn wenn dieser Antrag jetzt eins zu eins umgesetzt wird, ist noch kein Wolf mehr tot als im Moment; so ehrlich muss man auch sein - und Wölfe rechtssicher erschossen werden können, dann steht die Jägerschaft - also die Schützen - vor einem Problem.

Dieses Problem muss man emotional als Politik aufnehmen und seine Lösung vorbereiten. Es gibt in Niedersachsen zahlreiche Programme, z. B. „Niedersachsen packt an“ oder „Niedersachsen hält zusammen“. Wie wäre es denn mal - in die Zukunft gerichtet - mit „Niedersachsen schießt ab“?

Vielen Dank.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordne- ten - Johanne Modder [SPD]: Schießt sich gleich selbst ab!)

Danke, Herr Lilienthal. - Für die Landesregierung erhält der Umweltminister Olaf Lies das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe auf die einzelnen Punkte ein, die gerade genannt wurden.

Lieber Hermann Grupe, Deutschland führt den Wolf nicht in Anhang V der FHH-Richtlinie. Wenn man den Aufwand betrachtet, ist klar, dass es dazu auch nicht kommen wird.

Uns muss es doch darum gehen, nicht Ziele zu äußern, die wir nicht selbst in der Hand haben. Deswegen achten wir sehr darauf, im Land zu regeln, was im Land zu regeln ist, und im Bund zu regeln, was im Bund zu regeln ist. Und was die anderen Änderungen betrifft: Ich glaube, jeder, der sich einmal damit beschäftigt hat, weiß, es geht nicht. Es gibt andere Voraussetzungen, die damals für die neuen Beitrittsländer geschaffen wurden. Deswegen kann man das nicht miteinander vergleichen - die Problematik sehr wohl, aber nicht die Lösungen, die sich ergeben. Man muss immer sehr genau darauf achten, welche Möglichkeiten es wirklich gibt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will es gleich vorweg sagen - denn diese öffentliche Debatte habe ich überhaupt nicht verstanden -: Der Wolf bleibt weiterhin im MU - d. h. nicht der Wolf als solches, sondern das Problem.

(Dirk Toepffer [CDU]: Im Keller!)

- Genau, jetzt wissen wir, wo er ist. Alle übrigens! Der Keller ist groß. Und wenn ich ihn im Innenhof habe, kann ich ihn auch besendern.

(Heiterkeit)

Es geht nicht darum, irgendetwas zu verteilen. Wir als Landesregierung haben eine gemeinsame Verantwortung. Die naturschutzfachlichen Prüfungen und Aufgaben werden auch weiterhin im MU liegen. Daran wird auch die Aufnahme in das Jagdrecht nichts ändern. Auf die Auswirkungen, die die Aufnahme in das Jagdrecht hat, gehe ich gleich noch ein.

Wir haben unglaublich viele Debatten über das Jagdrecht geführt. Die heutige Diskussion darauf zu beschränken, wird dem Antrag aber nicht gerecht, weil er viel weiter geht und viel mehr Punkte, die ganz entscheidend sind, aufgreift. Die Aufnahme in das Jagdrecht ist nur ein Baustein, allerdings auch ein richtiger.

Lieber Herr Meyer, ich weiß, dass Sie immer gerne darauf hinweisen, dass in Ihrer Regierungszeit schon mal ein Wolf erschossen und zwei besendert wurden. Ich wiederhole noch einmal meine bekannte Replik: Das waren die zugelaufenen Wölfe. Die hätte Sie gar nicht abwehren können. Wölfe sind scheu, aber Kurti war es nicht. Er hat sich den Menschen bis auf wenige Meter genähert.