Protokoll der Sitzung vom 30.11.2020

Die Corona-Impfungen versprechen eine wirklich riesige Herausforderung zu werden. Sie versprechen aber auch gleichzeitig einen richtig großen Fortschritt im Kampf gegen das Virus. Für die Landesregierung und insbesondere für die federführende Kollegin Carola Reimann hat deswegen die möglichst zügige Durchführung von Massenimpfungen bei uns in Niedersachsen hohe, absolute Priorität, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Natürlich wird das alles auch seine Zeit brauchen. Aber das sind eben echte Perspektiven. Wir sehen insoweit tatsächlich Licht am Ende des Tunnels.

Ich möchte diese Perspektiven, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende meines Beitrages noch einmal ausdrücklich betonen. Die Stimmung in der Bevölkerung, aber auch bei uns hier im Landtag und, ehrlich gesagt, auch bei mir persönlich war, gelinde gesagt, schon einmal besser. Das ist auch sehr verständlich nach diesen langen Monaten der Einschränkungen, der Unsicherheit und auch der Sorge. Und dass aktuell trotz aller Anstrengungen die Infektionszahlen noch nicht so schnell sinken wollen, wie wir es uns alle wünschen, kommt noch dazu.

Zur Wahrheit gehört auch, dass wir bis zum Ende des Winters noch eine anstrengende Zeit vor uns haben; darauf hat die Bundeskanzlerin völlig zu Recht hingewiesen. Wer irgendetwas anders sagt, streut den Leuten Sand in die Augen. Wir müssen jetzt die Infektionszahlen herunterbringen, und wir dürfen sie danach nicht wieder hochkommen lassen. Daran führt kein Weg herum.

Aber dennoch: Zug um Zug, Stück für Stück, Schritt für Schritt werden wir im nächsten Jahr das Virus zurückdrängen und unser altes Leben auch wieder zurückgewinnen können. Dafür gibt es sichere Hinweise.

Und noch etwas: Sie können jeden Maßstab wählen, im internationalen Vergleich schneidet

Deutschland bei der Bewältigung der Pandemie unverändert sehr gut ab. Die Zahl der Sterbefälle ist hoch. Wer wollte das bestreiten? Aber sie steht in keinem Verhältnis zu den Zahlen aus den anderen Ländern. Die wirtschaftlichen Schäden sind immens. Wer wollte das bestreiten? Aber sie sind deutlich geringer als in vielen anderen Ländern. Die Einschränkungen belasten uns alle - und das stimmt auch -, aber sie sind wesentlich milder als in vielen anderen Ländern.

Es besteht, liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Grund, mit unseren Anstrengungen nachzulassen. Es besteht aber erst recht kein Grund, den Mut zu verlieren. Im Gegenteil: Wenn wir uns anstrengen und wenn wir uns jetzt noch mehr anstrengen, desto besser werden wir auch in das nächste Jahr kommen und wird für uns alle das nächste Jahr werden. Das ist meine wirklich feste persönliche Überzeugung.

Legen wir jetzt das Fundament für ein gutes neues Jahr! Lassen Sie uns für dieses Ziel den Rest des Jahres gemeinsam noch einmal hart arbeiten!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der SPD und starker Beifall bei der CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Ministerpräsident, für die Abgabe der Regierungserklärung.

Ich stelle fest: Die Regierungserklärung hat 25 Minuten gedauert. Das bedeutet, dass für die folgende Aussprache die beiden großen Fraktionen vereinbarungsgemäß ebenfalls je 25 Minuten erhalten. Für jede der beiden kleinen Fraktionen ergibt sich eine Redezeit von jeweils 17 Minuten. Jedes fraktionslose Mitglied des Hauses, das sich zu Wort meldet, erhält eineinhalb Minuten Redezeit.

Nun beginnen wir mit der Besprechung.

Das Wort hat die Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Hamburg, bitte! Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben zweifellos recht: Die Zahlen sind viel zu hoch. Dementsprechend

hat sich in unserer Fraktion nach der Bund-LänderKonferenz große Ernüchterung breitgemacht; denn in Ihrem Plan ist nichts, wirklich gar nichts von einer mittelfristigen, langfristigen, vorausschauenden Strategie zu erkennen. Aber diese braucht unsere Bevölkerung, damit sie durchhält, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ja, wir alle sind erleichtert, dass der exponentielle Anstieg tatsächlich gestoppt wurde. Sie haben aber auch deutlich gemacht, Herr Ministerpräsident, dass das Plateau der Infektionszahlen, auf dem wir uns bewegen, viel zu hoch ist. Damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Wenn Sie sagen, Sie wollen das nicht akzeptieren, Herr Ministerpräsident, heißt das letzten Endes auch, dass Sie Maßnahmen definieren müssen, die geeignet sind, diese Zahlen wieder zu senken.

Die von Ihnen vorgegebenen Maßnahmen, die ausschließlich auf das Private abzielen, werden aber nicht ausreichen, um 75 % der Kontakte zu unterbinden. Wir müssen insbesondere im öffentlichen Raum - bei den Bussen, bei den Bahnen, in den Schulen, in den Kitas und auch in der Arbeitswelt - dafür sorgen, dass Hygienemaßnahmen und Abstände eingehalten und Kontakte deutlich reduziert werden. Hier dürfen Sie sich nicht länger wegducken, lieber Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Horst Kortlang [FDP])

Wenn wir wollen, dass sich an Weihnachten viele Menschen treffen können, müssen wir die Zahlen vorher deutlich stärker senken, als es bisher in Aussicht genommen wurde. Sie haben recht: Es kommt hierbei auf jeden an. Trotzdem, Herr Ministerpräsident: Appelle reichen an dieser Stelle nicht aus.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Sehr wahr!)

Wir haben von Anfang an gesagt: Die Maßnahmen müssen deutlich verständlich sein. Hier möchte ich Sie einmal loben: Ihre Verordnung wird tatsächlich immer besser. Dass Sie die Lastwagenfahrer in den Blick nehmen und diese künftig wieder an den Raststätten essen dürfen, ist ausnahmslos richtig. Dass Sie jetzt die Daten aus Restaurants ausschließlich mit Blick auf Quarantänemaßnahmen und für die Kontaktnachverfolgung nutzen und nicht mehr auch für die Polizei nutzbar machen wollen - was meine Kollegin Susanne Menge im

mer kritisiert hat -, ist absolut richtig. Insofern ist es positiv, dass Sie hier nachsteuern.

Ich fand es übrigens auch sehr positiv, dass es letzte Woche eine Sitzung des Sozialausschusses gab, in der wir den Entwurf der Verordnung durchgehen konnten. Von da haben Sie mitgenommen, dass die Übernachtungsfrage mit Blick auf Weihnachten noch längst nicht gelöst ist. Sie haben angekündigt, auch hier nachzusteuern. Das begrüßen wir sehr.

Schade ist, dass Sie aus dem Ausschuss nicht auch die Anregung mitgenommen haben, die Regelungen für die Jugendbildung und die Heimvolkshochschulen zu verdeutlichen, damit es hier keinen Wildwuchs mehr gibt.

Das zeigt aber deutlich: In der parlamentarischen Beteiligung, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt eine absolute Stärke und keine Schwäche. Deswegen muss sie ausgebaut werden!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Es ist wirklich bedauerlich, dass SPD und CDU das immer noch nicht in Gänze so sehen und auch einen gesetzlichen Rahmen für unser Parlament verweigern. Wir brauchen hier endlich Rechtssicherheit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Widerspruch von Jens Nacke [CDU] - Wiard Siebels [SPD]: Wir brauchen erst mal eine Vereinba- rung!)

Schnell können solche Fragen auch zu einem Bumerang werden. Der Kollege Toepffer hat in einer Pressemitteilung vor dem November-Plenum laut getost: „Wo bleiben denn die Vorschläge der Oppositionsfraktionen? Wenn wir etwas entscheiden sollen, brauchen wir auch Vorschläge!“

(Christian Meyer [GRÜNE]: Jetzt hat er ganz viele! - Jens Nacke [CDU]: Wir kriegen keine Antwort auf unsere Vorschläge!)

So schnell kann das gehen, Herr Toepffer. Stellen Sie sich das vor: Seit dem Frühjahr stehen wir hier jedes Mal und machen Vorschläge.

(Wiard Siebels [SPD]: Die sagen aber nichts!)

Die Landesregierung hat im November in einigen Bereichen auch reagiert. Es gibt jetzt endlich Gel

der für die Entzerrung der Schülerverkehre. Es gibt endlich einen Stufenplan für die Schulen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wir haben es als erste gefordert! - Gegenruf von Petra Emmerich-Kopatsch [SPD])

Es gibt Investitionsmittel für Hygienemaßnahmen an den Schulen. Und es gibt eine Entschädigung für den Eintritt ins Szenario B. All das war vor dem November nicht selbstverständlich. Wir haben das seit dem Frühjahr gefordert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der SPD)

Aber im November-Plenum haben wir auch eine ganze Reihe von Anträgen eingebracht, die wir hätten gern sofort abstimmen lassen. Und was haben Sie getan? - Sie haben sie mit dem Hinweis, sie müssten noch mal beraten werden, in die Ausschüsse überwiesen.

(Zuruf von der SPD: Die waren ja auch schlecht! - Weiterer Widerspruch von der SPD)

Was haben Sie dann im Sozialausschuss gemacht? - Da haben Sie sie ohne Beratung abgelehnt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das schlägt dem Fass ehrlich gesagt den Boden aus! Das ist absolut unzumutbar!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Nein, ohne Beratung stimmt nicht! - Wider- spruch von Dirk Toepffer [CDU])

Der einzige Vorteil daran ist, Herr Toepffer, dass Sie heute darüber abstimmen können. Heute können Sie entscheiden. Sie können entscheiden, ob wir Zoos und Tierparks öffnen, damit die Außenflächen endlich nutzbar gemacht werden; denn viele Menschen treffen sich auf den gleichen fünf Wegen an den Seen oder stapeln sich in den Parks. Dabei haben wir Tierparks und Zoos. Auch dort sollen die Leute hingehen können. Wir wollen sie deswegen zum Spazierengehen öffnen.

Sie haben entschieden, dass Sie heute noch nicht darüber abstimmen wollen, ob die Bibliotheken öffnen können. Das ist ein riesiger Fehler, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die Kinder und Jugendlichen müssen in die Büchereien gehen und sich Bücher ausleihen können!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was denn nun: öffnen oder Zahlen runterbringen?)

Sie stimmen heute u. a. darüber ab, ob wir die Gewerbeaufsichtsämter und die Ordnungsämter verstärken wollen; denn letztlich ist eine Vorgabe doch nur so gut, wie sie kontrolliert werden kann, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da müssen die Kommunen personell unterstützt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch weitere Fragen bringen wir hier immer wieder an. Frau Kollegin Menge weist beispielsweise immer wieder darauf hin, dass wir uns bei einem so lange andauernden Lockdown überlegen müssen, wie wir mit dem Thema Sport umgehen; denn wir müssen doch unsere Gesundheit erhalten. Wir müssen doch fit bleiben. Wir brauchen auch einen Ausgleich - gerade, wenn wir soziale Kontakte reduzieren. Hier müssen wir den Sport in den Blick nehmen.