Protokoll der Sitzung vom 08.12.2020

Liebe Frau Viehoff, da Sie das angesprochen haben: Wenn Sie wenigstens die globalen Minderausgaben aus Ihrem Antrag ausgebucht hätten, dann wäre es nett gewesen. Das haben Sie aber nicht.

(Jörg Bode [FDP]: Wir haben das!)

Die FDP hat es zumindest geschafft, 2,4 Millionen Euro auszubuchen, den Rest aber eben auch nicht.

Das ist das Problem. Erzählen Sie doch den Leuten nicht, Sie würden hier eine andere Wissenschaftspolitik machen wollen! Das machen Sie nur auf dem Papier; das ist ein Papiertiger, nicht mehr und nicht weniger. Das ist die Wahrheit über das, was Sie hier tun.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Sie sprechen von der Wertschätzung gegenüber den Forscherinnen und Forschern. Aber reden Sie einmal mit den Leuten! Die lachen sich doch tot über das, was angekündigt wird, weil davon nichts hängenbleibt. Das ist doch genau der Punkt.

Und erzählen Sie den Leuten vor allen Dingen nicht, dass wir in Niedersachsen die Wissenschaft kaputtsparen. Das stimmt nämlich nicht.

(Zuruf von Eva Viehoff [GRÜNE])

Wir haben bei der Globalzuweisung um 1 % gekürzt - um 1,2 %, um ganz genau zu sein -, weil es nicht anders ging, weil es notwendig war. Herr Hillmer hat gerade noch einmal sehr dezidiert aufgezeigt, wie die Beschlusswege dazu gewesen sind.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wie erklären Sie dann all die Streichungen an der Universität Hannover und bei- spielsweise die Schließung der Mete- orologie? Ist es kein Kaputtsparen, wenn die Studiengänge alle wegfal- len? - Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Es sind Beschlüsse, die dieses Hauses mit Ihrer Zustimmung gefasst hat, die dazu geführt haben, dass sich die Beamten jetzt im Grunde genommen ihr Weihnachtsgeld selbst verdienen. Das ist der Hintergrund dieser Sparmaßnahme gewesen, meine Damen und Herren. Das muss umgesetzt werden, und dabei ist jeder Minister in die Disziplin der Landesregierung eingebunden. Wir müssen das erfüllen, und das tun wir dann auch - weil dies Ihr Beschluss war, weil das die Beschlusslage ist. So einfach ist das, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Und ein Zweites: Was macht man denn, wenn man nicht genug Geld hat? Dann muss man Prioritäten setzen, und genau das haben wir gemacht. Wir haben über die Nachtragshaushalte die Netzwerke in der Corona- bzw. Infektionsforschung gestärkt. 8,4 Millionen Euro fließen für den Aufbau des COVID-19-Forschungsnetzwerks Niedersachsen

COFONI. Das bedeutet die Bündelung aller Forscherinnen und Forscher in Niedersachsen, die sich nicht nur mit COVID-19, sondern auch mit anderen Pandemien beschäftigen. Das ist gut ausgegebenes Geld, weil es uns auch nach der Krise - die übrigens nicht die Letzte sein wird; da können wir sicher sein -, also auch bei anderen Krisen, in die Lage versetzt, auf Forschungsleistungen der letzten 10 bis 15 Jahre aufzubauen.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Wer übrigens glaubt, dass der Impfstoff nebenbei erfunden worden ist, der irrt. Er geht auf die Grund

lagenforschung der letzten 10, 15 oder 20 Jahre zurück, die viel Geld fordert. Grundlagenforschung ist teuer, aber absolut notwendig, weil sie die Grundlage dafür bildet, solche Krisen überhaupt in den Griff zu bekommen. Wer darin nicht investiert, der macht einen Fehler. Deswegen investieren wir genau an dieser Stelle, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Lassen Sie mich ein Weiteres sagen. Ich habe mir heute Morgen in der Schillerschule hier in Hannover einen von uns finanzierten mobilen CoronaTest angeschaut. Der funktioniert vorbildlich, weil sich die Schillerschule darauf eingestellt hat, die Schülerinnen und Schüler während des Unterrichts immer wieder zum Testen inklusive Blutabnahme zu schicken. Warum ist das wichtig? Wir führen damit einen Langzeittest durch, der seit April dieses Jahres ununterbrochen in der Kette läuft, mit dem man die Infektionswege zwischen Schülern und Lehrern, zwischen Elternhaus und Schülern usw. verfolgen kann. Diese Erkenntnisse sind absolut wichtig, um bei einer weiteren Pandemie in die Lage versetzt zu werden, schneller als jetzt zu reagieren. Das kann man nur mit „learning by doing“ machen. Dafür werden 2,5 Millionen Euro investiert, und dieses Geld ist gut angelegt.

Frau Viehoff, Sie haben freundlicherweise auf Oldenburg hingewiesen. Ja, wir investieren 40 Millionen Euro. Ich frage mich, warum gerade Sie ständig das Thema EMS im Munde führen. Sie haben fünf Jahre die Möglichkeit gehabt, die EMS nach dem Start weiter auszubauen, und Sie haben gar nichts getan.

(Zuruf von Eva Viehoff [GRÜNE] - Gegenruf von der CDU: Ihr wolltet sie doch abschaffen!)

Es wäre fatal gewesen, wenn man die EMS wieder hätte schließen müssen, weil Sie fünf Jahre lang nichts gemacht haben. Der Wissenschaftsrat hätte es fast gemacht, wenn nicht die Begutachtung, die wir vorgezogen haben, so extrem positiv ausgefallen wäre und weil im Übrigen auch Groningen zum Standort Oldenburg steht. Dass die EMS überlebt hat, ist nicht Ihre Leistung, sondern das ist die Leistung der Menschen in Oldenburg!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Lassen Sie mich auch ein Wort zum Thema Kunst und Kultur sagen. Natürlich ist es schmerzlich, dass wir jetzt keine Kunst und Kultur genießen können, weder im Theater noch im Kino noch sonst irgendwo. Und ja, die Kulturschaffenden

leiden erheblich darunter, bis hin zur psychischen Anspannung. Aber mit Geld alleine ist das eben leider auch nicht zu lösen.

Herr Alt fragte vorhin, was denn die Kulturminister machen. Ich bin jetzt hier und sitze nicht in der Schalte der Kulturminister, die zeitgleich läuft, in der sich diese darüber austauschen, wie sie versuchen wollen, es bundesweit hinzubekommen. Ich kann Ihnen sagen, das wird sowieso nicht funktionieren, weil es gar nicht geht, weil das Pandemiegeschehen in Deutschland viel zu unterschiedlich ist. Gleichwohl werden wir versuchen, wie von der MPK gefordert, einen Katalog vorzulegen. Er enthält eine Rahmenanweisung. Diese muss aber sozusagen vor Ort immer in bestehendes Recht umgesetzt werden.

Ich gehe davon aus, dass wir den Spielbetrieb der Staatstheater und ähnlicher Einrichtungen vor Ende Januar ohnehin nicht wiederaufnehmen werden, weil ein Hü und Hott, ein Herunter und Hoch gar nicht verantwortbar wäre. Man braucht Ruhe und Flexibilität. Deswegen sind wir ja gerade in einem engen Austausch auf Bundesebene, weil alles andere nicht zu verantworten wäre.

Lassen Sie mich noch einen Punkt aufgreifen, auf den Frau Naber dankenswerterweise hingewiesen hat. Das mit der Pferdetränke in Oldenburg finde ich nicht lächerlich, auch wenn ich mich schon einmal in dieser Weise geäußert habe, aber das war eher ein Spaß. An dem Beispiel wird jedenfalls deutlich: Wenn es zwischen dem Bund und den Ländern - die ja die Kulturhoheit in diesem Land tragen - zu vernünftigen Absprachen käme, könnte man Gelder fließen lassen. Das ist aber nicht möglich, weil diese Mittel leider immer erst bei der Ramschsitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages verteilt werden. Dieses Mal war das kurz vor unseren Haushaltsberatungen der Fall, aber meistens kommt es viel zu spät, sodass wir nicht die Möglichkeit haben, diese Mittel entweder in eine Kofinanzierung zu nehmen oder aber den Finanzminister in Gesprächen mitzunehmen und zu sagen: Es lohnt sich, dieses Geld zu nehmen, weil es unsere Kasse entlastet, wie z. B. beim Landesmuseum Oldenburg oder aber unlängst bei der Kunsthalle Emden.

Ich bin trotzdem dankbar, dass die Kollegen im Deutschen Bundestag dies tun und - das ist eine neue Wendung; das liegt übrigens an dem neuen Sprecher auf der SPD-Seite im Haushaltsausschuss - dass auch einmal vorher gefragt wird: Was darf es denn sein?

(Zustimmung von Johanne Modder [SPD])

- Ich will das einmal lobend sagen.

Das gab es vorher nicht, sondern da haben die Kollegen auch in den anderen Ländern gesagt, dass es hier diese Zwangsbereicherung in der Ramschsitzung gibt. Aber Dennis Rohde fragt wenigstens vorher einmal, wo man möglicherweise etwas machen könnte, und das funktioniert dann auch. Das ist eine gute Zusammenarbeit. Und wenn es so läuft, ist die Kulturhoheit auch gesichert.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Thümler. - Wir haben im Rahmen der Aussprache eine Wortmeldung des Abgeordneten Lars Alt, FDP-Fraktion, nach § 71 Abs. 3. Da der Minister gute drei Minuten überzogen hat, gebe ich Ihnen jetzt anderthalb Minuten. Ich denke, das sollte klappen. Bitte schön!

Herr Minister, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir in Sachen „Evidenz und politische Entscheidungen“ noch einmal den Ball zugespielt haben.

Sie sagen „Wir wissen nichts, und deshalb schließen wir im Kulturbereich alles.“ Allerdings wissen wir anhand der Kennzahlen, dass im Kulturbereich keine Hotspots liegen. Ich habe beispielhaft genannt, wie häufig die Gesundheitsämter auf den Gästelisten von Kulturveranstaltungen nachschauen mussten. Das können Sie auch gerne in Ihren Wahlkreisen einmal nachfragen.

Bei der Abwägung von Evidenz und Politik ist meines Erachtens Folgendes entscheidend: Es gibt Forderungen aus der Wissenschaft, einen harten Lockdown zu machen und weitere Bereiche des gesellschaftlichen Lebens herunterzufahren. Und es gibt von der Wissenschaft vertretene Auffassungen, die dem entsprechen, was wir in unserer 18-Punkte-Corona-Strategie vorschlagen. Auch

Schmidt-Chanasit und Hendrik Streeck sagen: „Wir brauchen den Schutz vulnerabler Gruppen, wir müssen Schnelltests durchführen. Wir wollen allerdings keine pauschalen Schließungen, sondern wir wollen das anhand von regionalen Inzidenzwerten erklären.“ Aber es gibt kaum eine von der Wissenschaft vertretene Auffassung, die einen Schlinger

kurs wie den vorschlägt, den Ihre Landesregierung fährt!

Das heißt: Wenn man über die Abwägung von Evidenz und politischen Entscheidungen spricht, dann spricht man nicht über Ihre aktuelle CoronaPolitik, Herr Minister. Und deshalb machen wir mit unserer Strategie einen Vorschlag, der dann auch für den Kulturbereich tragen muss.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Alt.

Zu diesem Bereich liegen uns jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir schließen also den Bereich Wissenschaft und Kultur und kommen nun, wie abgesprochen, zum

Tagesordnungspunkt 21: Haushaltsberatungen 2021 - Schwerpunkt

Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung

Im Rahmen dieses Themenbereichs soll zugleich behandelt werden der

Tagesordnungspunkt 14: Abschließende Beratung: Erwartungen der EU-Ratspräsidentschaft erfüllen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/7809 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung - Drs. 18/7974

Wir kommen jetzt zu den Wortbeiträgen. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich dem Abgeordneten Christian Meyer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Meyer!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im letzten Jahr haben wir uns an dieser Stelle noch gegen die Pläne der FDP ausgesprochen, das Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung abzuschaffen, weil wir als Europapartei es wichtig finden, dass dort eine Koordinierung stattfindet.

Aber wenn man sich heute den Haushalt anschaut, bekommt man das Gefühl, dass die Landesregierung dieses Ministerium nun selbst wieder abschaffen will. Denn Sie wollen 250 000 Euro einsparen, und zwar beim Europäischen InformationsZentrum (EIZ), und dort auch noch bei dessen Topf für Öffentlichkeitsarbeit, bei dem wir bereits im letzten Jahr 50 000 Euro gespart haben. Das kann man doch nicht mit der Europawahl erklären; denn die war 2019, und wir reden hier über den Haushalt 2021. Deshalb müssen wir unseres Erachtens mehr über Europa informieren und nicht weniger.