Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

Nein, es gab Wichtigeres als Pädagogik im vergangenen Jahr. Die Bildungspolitik stand fast vollständig im Zeichen von Corona und den damit einhergehenden Maßnahmen. Das gesamte Bildungssystem wurde schwer gebeutelt und in den Grundfesten erschüttert. Viele wichtige Grundsätze

wie persönlicher Kontakt, Bewegungsförderung, Leistungsanforderung, Arbeiten in Gruppen, Ruhe, Rhythmisierung des Schulalltags gerieten völlig aus dem Fokus, und all das aufgrund einer angeblichen Pandemie, die nur in den Medien und den Maßnahmen der Regierungspolitik existiert und deren Existenz keiner harten Überprüfung mittels Zahlen, Daten und Fakten standhält. Proteste von vielen Hunderten von Ärzten und Professoren belegen das. Allein die millionenschwere Öffentlichkeitsarbeit der Regierung hält die Erzählung noch aufrecht. Die Frage ist, wie lange noch.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Ein Be- such auf Intensivstationen hilft manchmal!)

In der aktuellen Situation ist es unmöglich, eine Finanzdebatte auf einer seriösen Datenbasis zu führen. Völlig klar ist aber, dass das Geld für all die derzeit diskutierten Projekte nicht reichen wird. Das gilt selbst dann, wenn man, wie derzeit, beabsichtigt, all die prinzipiell vielleicht sinnvollen Vorhaben knapp kalkuliert. Mit anderen Worten bedeutet das nämlich nichts anderes, als dass man sie unterfinanziert und die tatsächlichen Kosten z. B. auf die Kommunen abwälzt. Beispiele dafür gibt es zahlreich. Die aktuelle Diskussion um einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an einer Grundschule sei hier stellvertretend genannt. Der Städte- und Gemeindebund sowie der Finanzminister schlagen bereits Alarm.

Und trotzdem wird das nicht reichen. Das sollten Sie hier alle ehrlich zugeben, liebe Kollegen. Wir sind längst am Ende des Geldes angelangt. Trotz hervorragender Wirtschaftsdaten gelang es dem Finanzminister im Vorjahr lediglich, Schulden von 100 Millionen Euro zu tilgen. Und wir wissen alle, was danach kam. Die Corona-Krise wurde verkündet, und neben dem öffentlichen Leben wurde die Wirtschaft mutwillig abgewürgt.

Die Folgen sind gravierend. Laut Landesamt für Statistik fiel das Bruttoinlandsprodukt in Niedersachsen allein im ersten Halbjahr preisbereinigt um 7,3 %. Und nun bezieht sich unser Finanzminister plötzlich auf eine Steuerschätzung vom November, die sehr viel positiver aussieht, und kündigt eine Wachstumsprognose für das kommende Jahr von über 4 % an. Aber liebe Kollegen, jeder Laie sieht doch sofort, dass diese Zahlen nur Wunschdenken sind.

Frau Merkel und Herr Söder dringen auf eine weitere Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen, und

die Pleitewelle unter den Unternehmen wird verschleiert.

(Zuruf von Susanne Menge [GRÜNE])

Die Infektionszahlen werden wie in jedem Jahr bis März/April hoch bleiben. Und die Folge: Es erwartet uns ein Haushaltsloch von, wie ich schätze, 3 Milliarden Euro oder mehr und nicht nur von 1,1 Milliarden Euro, die unser Finanzminister ansetzt. Die Verhandlungen über einen Nachtragshaushalt im kommenden Jahr werden es zeigen. Da seien Sie sich einmal sicher. Dann werden wir weitere Schulden beschließen, Schulden, die wir niemals wieder zurückzahlen können. Und doch wird in allen Debatten über den Haushalt - auch in dieser hier - so getan, als könne alles ungefähr so weitergehen wie bisher, als reichte es, wenn man die eine oder andere kleine Einsparung vornehme, und ansonsten könne alles so bleiben.

Ich komme zum Schluss. Entweder Sie geben hier zu, dass die angebliche Pandemie in diesem Sinne nicht existiert, und beenden diesen ganzen Wahnsinn.

(Unruhe)

Dann bestünde noch die Chance, dass die bildungspolitische Katastrophe abgewendet wird, genauso wie der Zusammenbruch unserer Finanzen. Oder Sie machen sich ehrlich und finanzieren nur noch das, was in einer wirklich existenziellen Krise notwendig wäre. Aber für beides sehe ich hier im Hause leider keine Mehrheit.

Vielen Dank.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Da kann man nur sagen: Gott sei Dank! - Harm Rykena [fraktionslos]: Oh, das war jetzt ziemlich genau! Dafür könnten Sie mich einmal loben!)

So weit ist es hier noch nicht. Das Maskentragen ist hier Pflicht und kein Anlass für Lob.

(Harm Rykena [fraktionslos]: Für die Punktlandung!)

Jetzt hat für die Landesregierung Herr Kultusminister Tonne das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich sollte man auf unterirdische Beiträge nicht übermäßig lange eingehen. Aber

einen Punkt aus der Rede von Herrn Rykena will ich doch noch einmal deutlich herausstellen.

Angesichts der aktuellen Zahl der letzten 24 Stunden von 590 Toten bin ich nicht bereit, derartige Beiträge, die an Zynismus nicht zu überbieten sind, unkommentiert stehen zu lassen.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Mit Ihren Reden machen Sie sich an den schweren Folgen dieser Pandemie mitschuldig. Es ist schlicht ein Skandal, was Sie sich hier herausnehmen!

(Christian Grascha [FDP]: Besser, er hält seine Reden hier als vor einer Klasse!)

- Herr Grascha, dass ich Ihnen zustimme, kommt nicht allzu häufig vor, aber an der Stelle tue ich das ganz ausdrücklich.

Meine Damen und Herren, dieses Jahr ist alles andere als ein normales, als ein gewöhnliches Jahr gewesen. Die Corona-Pandemie hat uns in den letzten Wochen und Monaten wirklich alles abverlangt. Der gesamte Bereich der Bildungspolitik und die Haushaltsplanberatungen stehen in diesem Jahr natürlich auch unter diesem Eindruck. Das hat uns jeden Tag vor neue und große Herausforderungen gestellt.

Die größte Herausforderung bestand und besteht darin, in Niedersachsen Bildung und Betreuung umzusetzen und zu gewährleisten und dies mit dem Infektions- und Gesundheitsschutz für alle, die in Kitas sind, die in Kitas beschäftigt sind, die in der Schule tätig sind, die in die Schule gehen, in Einklang zu bringen.

Ich finde, das hat in Niedersachsen gut funktioniert. Deswegen will ich einen ganz herzlichen Dank an alle, die damit zu tun haben, voranstellen: Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte, Schulleitungen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Eltern, Schülerinnen und Schüler genau wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums, der Landesschulbehörde und des NLQ. Sie alle haben in den letzten Wochen und Monaten einen richtig harten und richtig guten Job gemacht.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube, wir können auch festhalten, dass - bei allen Bemühungen - die nächsten Monate genauso anstrengend bleiben werden. Auch wenn wir am

liebsten etwas anderes sagen würden: Die Pandemie wird uns auch weiterhin intensiv beschäftigen und herausfordern.

Lassen Sie uns ein paar Eckpunkte des Haushaltsplanentwurfs 2021 anschauen:

Es wurde dargestellt: Er umfasst mehr als 7,5 Milliarden Euro - das ist das noch mal eine Steigerung um 350 Millionen Euro. Ich finde, ehrlich gesagt, angesichts einer sich deutlich verschärfenden gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist ein solcher Aufwuchs in der Bildung ein großer Erfolg. Dass es wieder einen solchen Aufwuchs in dieser Dimension gibt, macht auch deutlich, welchen Stellenwert Bildung in Niedersachsen genießt.

(Beifall bei der SPD)

Zu den einzelnen Bereichen des Haushalts:

Ich beginne mit dem frühkindlichen Bereich. Hier haben wir die Ausgaben seit 2018 über 60 % auf jetzt 1,6 Milliarden Euro gesteigert. Das kommt nicht von ungefähr - dahinter stecken verschiedene Maßnahmen. Eine ist natürlich die Beitragsfreiheit. Ich will das noch einmal sagen, weil es hier gelegentlich als Lappalie abgetan wird: Die Beitragsfreiheit in den Kitas ist ein entscheidender Schritt zu Bildungsgerechtigkeit, und dafür stehen wir. Deswegen haben wir sie umgesetzt und verteidigen wir sie so. Das ist richtig gewesen und nicht ein überflüssiges Geschenk, wie es hier gerne gelegentlich dargestellt wird.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Übrigens zum Vorwurf, wir würden dafür die Qualität vernachlässigen: Nein, das stimmt nicht! Auch hier gehen wir schrittweise voran. Es gibt eine Förderrichtlinie Qualität, für die 360 Millionen Euro hinterlegt sind. Diese Mittel sollen für einen weiteren Schritt hin zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels im Kindergartenbereich eingesetzt werden.

Hinzu kommen 147 Millionen Euro, die wir für Kindertagespflege und eine Stärkung der Qualität in der Kindertagespflege einsetzen. Unser Ziel ist, das gesetzlich abzusichern. Deswegen brauchen wir auch eine KiTaG-Änderung.

Einen weiteren Weg setzen wir fort: Wir investieren wie in den letzten Jahren erhebliche Mittel in den Ausbau der Plätze. Es ist doch gut, dass Kinder in Niedersachsen die Möglichkeit haben, eine Krippe zu besuchen! Es ist doch gut, dass sie die Möglichkeit haben, in den Kindergarten zu gehen. Dafür unternehmen die Kommunen erhebliche An

strengungen. Wir werden das allein in 2021 erneut mit 92,9 Millionen Euro unterstützen. Auch das ist ein guter Schritt, den wir hier gehen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Ich sage einen Dank an die Regierungsfraktionen auch dafür, dass Geld über die politische Liste zur Verfügung gestellt wird, um den Ausbau der Pilotphase der dualisierten Ausbildung voranzutreiben. Und da vonseiten der Opposition wieder gefragt wurde, wo die Initiative für mehr Fachkräfte bleibt, darf ich folgenden Hinweis geben: In den letzten Jahren haben wir Jahr für Jahr den vollzeitschulischen Bereich um jeweils mindestens 500 Ausbildungsplätze pro Jahr ausgebaut. Jahr für Jahr gehen wir diesen Weg weiter. Jedes Jahr gibt es neue Höchststände bei der Zahl junger Menschen, die die Ausbildung zum Sozialassistenten bzw. zur Sozialassistentin angehen. Auch das ist ein richtig schöner Erfolg. Aber niemand sagt, dass wir dort stehen bleiben. Wir werden weitermachen und damit auch dem Fachkräftemangel in diesem Bereich wirksam etwas entgegensetzen können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Im Bereich der allgemeinbildenden Schulen war natürlich die zentrale Herausforderung auch in diesem Jahr, die Unterrichtsversorgung angesichts des Umstandes, dass ein ganzer Schuljahrgang neu hinzugekommen ist, zu gewährleisten. Ich darf darauf hinweisen, dass es in den vergangenen Jahren den einen oder anderen gab, der prognostiziert hat: Spätestens am 1. August 2020 bricht hier alles zusammen; dann ist die Unterrichtsversorgung nicht mehr gesichert.

Das ist eine richtig gute Leistung, die hier vollbracht worden ist. Die Einstellungszahlen und Einstellungsergebnisse sind gut, und wir haben gesagt, dass die Einstellungsverfahren sozusagen auch im Nachhinein geöffnet bleiben. Wir liegen bei 2 026 Neueinstellungen allein zum 1. August 2020, meine Damen und Herren. Darüber darf man sich freuen; das ist nämlich ein tolles Ergebnis.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich habe eben gerade mit einem gewissen Interesse auch die Klimmzüge von Herrn Försterling zur Kenntnis genommen, -

(Björn Försterling [FDP]: Klimmzüge?)

- politische Klimmzüge natürlich nur! -, der versucht hat, die Situation im nächsten Jahr als so schwierig wie möglich darzustellen. Ich will Ihnen

die Kernbotschaften mitgeben: 2 500 Vollzeiteinheiten - dieser Einstellungsbedarf wird prognostiziert - sind vollständig haushalterisch abgesichert. Das ist quasi eine Einstellungsgarantie für jeden jungen Absolventen, für jede junge Absolventin der Studienseminare hier in Niedersachsen. Ich finde, es könnte schlechtere Aussichten für die eigene Zukunft geben, als hier in Niedersachsen das klare Signal zu erhalten: Du kannst hier einen Platz haben; wir haben genügend Mittel im Haushalt, um entsprechende Ausschreibungen zu ermöglichen.