Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das Bild ist klar. Der König ist nackt.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Sie haben nichts anzubieten. Wenn Sie etwas anzubieten hätten, kämen Sie mit konkreten Vereinbarungen und Absprachen, die Sie mit Frau Merkel getroffen haben, hierhin zurück. Stattdessen suchen Sie hilfesuchend die Kollegen von der SPD auf.

Das, meine Damen und Herren, ist nicht zukunftsfähig für dieses Land. Sie müssen die Regierungspolitik neu justieren und sich dazu auch in diesem Parlament mit einer Regierungserklärung neu äußern. - Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Remmel. - Für die FDP-Fraktion hat Frau Freimuth das Wort.

Guten Morgen, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin überzeugt, die FDP-Fraktion und die CDUFraktion - ich unterstelle das aber auch allen anderen Fraktionen hier in diesem Haus -, wir machen Politik für die Menschen im Land NordrheinWestfalen. Und der Ministerpräsident vertritt völlig berechtigt die Interessen des Landes NordrheinWestfalen.

Wenn er dann in seinem Brief an die politischen Persönlichkeiten aus Nordrhein-Westfalen, die in den nächsten Wochen und Monaten Einfluss nehmen auf das, was hier in diesem Land, in der Bundesrepublik, passiert, von gemeinsamer Verantwortung für NRW spricht, finde ich das völlig in Ordnung. Das ist eigentlich selbstverständlich. Das ist genau das, was ich vom Ministerpräsidenten dieses Landes Nordrhein-Westfalen -ich will fast sagen - erwartet habe. Insofern: Herzlichen Dank, Herr Rüttgers!

(Beifall von FDP und CDU)

Dass die Kollegin Kraft hier dann den Vorwurf der sozialen Kälte erhebt, finde ich schon sehr bemerkenswert. Wir haben eine Rekordhaushaltsverschuldung. Der Landeshaushalt ist tief im Keller. Darüber reden wir ja gleich noch. Die sozialen Sicherungssysteme sind vor die Wand gefahren. Wir haben eine Rekordarbeitslosigkeit. Wir haben viel zu hohe Insolvenzzahlen in diesem Land.

Da frage ich mich doch allen Ernstes, liebe Kollegin Kraft: Was ist denn genau die soziale Kälte? - Ich finde, eine Politik, die Menschen nicht in Arbeit bringt, eine Politik, die verhindert, dass hier in Nordrhein-Westfalen investiert wird, dass hier wieder Arbeitsplätze entstehen können, das ist eine unsoziale Politik.

(Beifall von FDP und CDU)

Eigentlich halte ich Sie für intelligent genug, diese Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen.

Ich frage mich die ganze Zeit: Wieso haben Sie in den letzten 39 Jahren nicht endlich gehandelt? Warum haben Sie das Land Nordrhein-Westfalen nicht auf gesunde Füße gestellt, damit wir eine prosperierende Wirtschaft haben, eine annähernde Vollbeschäftigung und ein blühendes Innovationsland? Meine Damen und Herren, ich kann die von Ihnen erhobenen Vorwürfe nicht nachvollziehen und teilen. Denn Sie haben hier jahrelang die Chance gehabt, und Sie haben sie nicht genutzt.

(Beifall von FDP und CDU)

Dann wirft der Kollege Horstmann die Frage auf: Wollen Sie den Erfolg der großen Koalition? - Herr Kollege Horstmann, mir ist es eigentlich völlig wurscht. Ich möchte gern, dass die Politik dieses Landes endlich wieder vernünftig gemacht wird und wir Reformen umsetzen, die den Menschen in diesem Land wieder eine Perspektive eröffnen.

Wer das tut, das ist mir - mit Verlaub - nicht völlig egal. Aber die Bürgerinnen und Bürger haben entschieden. Das respektieren wir auch. Ich möchte gerne, dass jetzt eine vernünftige Politik gemacht wird.

Ich finde, da hat der Ministerpräsident in seinem Brief deutlich die Punkte aufgezählt, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Die Föderalismusreform ist schon angesprochen worden. Deswegen will ich es nicht wiederholen. Eine verlässliche und gerechte Sozialpolitik, damit Kinder nicht mehr zum Armutsrisiko werden, hat er ebenfalls angesprochen.

Eingehen will ich von daher auf einen anderen Punkt, der mich in besonderer Weise nachdenklich gemacht hat. Sie klammern sich nach wie vor an die Steinkohlesubvention. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen - nein, an dieser Stelle muss ich Bündnis 90/Die Grünen ausnehmen, also: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir glauben zu Recht, dass wir NordrheinWestfalen zukunftsträchtig auf den Weg bringen können, dass wir Innovationen in NordrheinWestfalen auf den Weg bringen und Forschung und Innovationen haben können. Wir glauben nach wie vor, dass wir Biowissenschaften und Biotechnologie als Schlüsseltechnologien ansiedeln können.

(Zuruf von der SPD: Wie bitte?)

Aber Sie glauben nach wie vor, dass uns die Steinkohlesubvention nach vorne bringt.

Ich weiß nicht, was wir noch veranstalten müssen, damit Sie an dieser Stelle endlich einmal zum Nachdenken kommen. Die Perspektiven für unser Land liegen eben nicht mehr im subventionierten Steinkohlebergbau. Wir müssen dagegen diese Mittel verwenden, um in Forschung und Innovation und in die Bildung und Ausbildung unserer Kinder zu investieren.

Deshalb halte ich es für völlig richtig, dass der Ministerpräsident in seinem Brief sehr deutlich ausgeführt hat, dass wir von der Steinkohlesubvention weg müssen und die Mittel endlich für Forschung, Innovationen, Bildung, Ausbildung und

Infrastruktur verwenden müssen, damit sich in diesem Land wieder Perspektiven für die heute noch arbeitslosen Menschen eröffnen. Wir müssen wieder Investitionen nach NordrheinWestfalen holen können.

Lieber Herr Horstmann, genau das erwarte ich von der Bundesregierung und von der Landesregierung, die wir in Nordrhein-Westfalen mitgestalten. Das sind die Anforderungen. Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf. - Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Freimuth. - Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen für die Aktuelle Stunde vor, die ich deshalb schließe.

Ich rufe auf:

2 Zukunftsfähige Arbeitsplätze für NRW nicht blockieren

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/464

Für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Höhn das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach 15 Jahren in diesem Landtag - fünf Jahre als Fraktionssprecherin und zehn Jahre als Ministerin - wird dies meine letzte Rede im Landtag sein.

(Beifall von GRÜNEN und CDU)

- Danke schön. Herzlichen Dank. Herzlichen Dank gerade auch für den Applaus von der Opposition. Ich denke einfach einmal, dass es sympathisch gemeint ist. Bei allen Auseinandersetzungen, die wir hatten, denke ich, dass es sympathisch gemeint war. So nehme ich es heute erst einmal hin.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Richtig!)

Es war vorhin schon interessant, die Debatte zu hören. Ich sehe mir das Ganze mit etwas Abstand an. Nach zehn Jahren im Ministeramt merkt man, was am Ende zählt. Es zählen nicht die starken Sprüche, die ich heute teilweise gehört habe. Am Ende wird das zählen, was für die Menschen in diesem Land an Taten und an konkreten Punkten umgesetzt worden ist. Das werden die Menschen in diesem Land am Ende beurteilen.

(Beifall von den GRÜNEN - Dr. Gerhard Papke (FDP): 400.000 Arbeitslose mehr!)

Herr Reck, seien Sie deshalb vorsichtig. Sie haben eben die Expertenkommission, die Ihnen Vorschläge zur Umsetzung einer Haushaltssanierung unterbreitet hat, so stark herausgestellt. Nach den starken Sprüchen, die Sie hier gemacht haben, kann ich der Opposition nur raten, Sie genau an diesen starken Sprüchen zu messen. Wieweit setzen Sie es am Ende um? Frau Merkel hat Herrn Kirchhof am Ende im Kohlenkeller vergraben, weil viele dieser Vorschläge eben nicht umsetzbar sind und man sie den Menschen in diesem Land nicht zumuten kann. Von daher ist die Frage, was am Ende wirklich über bleibt.

Eben sind zwei Punkte genannt worden, zum Beispiel die Steinkohle. - Ja, das ist ein wichtiger Punkt. An dem werden Sie gemessen. Das gilt noch mehr für die FDP als für die CDU.

(Zuruf von Dr. Gerhard Papke [FDP])

Gerade weil Sie einer der starken Sprücheklopfer sind, Herr Dr. Papke, muss ich sagen: Was Sie in Walsum geleistet haben, hat die Bevölkerung gegen Sie aufgebracht, und zwar zu Recht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wer den Mund so voll nimmt und am Ende nichts erreicht, der wird sich auch daran messen lassen müssen, was er versprochen hat.

(Zuruf: So ist das!)

Meine Damen und Herren, es soll durchaus auch eine versöhnliche Rede werden, die ich heute halte. Deshalb sage ich: Am Ende zählt das, was die Menschen von einer solchen Arbeit der Landesregierung noch im Kopf behalten.

Frau Höhn, es liegt eine Wortmeldung von Herrn Dr. Papke vor. Wollen Sie die Frage zulassen?

Das möchte ich jetzt lieber nicht. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Gleich gerne, Herr Papke. Das ist nicht die Rede, in der ich mit Herrn Papke auf diese Art und Weise streiten möchte.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich möchte drei Punkte herausheben, von denen ich glaube, dass sie in diesem Land nach meinen zehn Jahren Ministertätigkeit Wirkung hinterlassen haben und es deshalb wert sind, von dieser Landesregierung weiter geführt zu werden.

Der erste Punkt ist der Verbraucherschutz. Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine andere Art von Landwirtschaftspolitik und eine andere Art von Verbraucherschutz gemacht. Dies hat sowohl auf Bundesebene als auch auf EU-Ebene abgefärbt.