Ich fordere die Regierungsfraktionen eindringlich auf: Nutzen Sie die Zeit bis zu den Plenarberatungen in der kommenden Woche, um noch einmal in sich zu gehen. Dort steht unser Antrag auf der Tagesordnung, den Entwurf des Sparkassengesetzes zurückzunehmen. Es stände auch Ihnen gut an, endlich Ihre Lehren aus der Bankenkrise zu ziehen und dieses Vorhaben zu stoppen.
Fünftens. Diese beispiellose Finanzkrise wird, fürchte ich, nicht spurlos an der Wirtschaft vorübergehen. Das wissen wir alle. Durch sinkende Steuereinnahmen wird sich das auch kurzfristig unmittelbar im Haushalt niederschlagen, Herr Ministerpräsident. Dies zu verdrängen oder schönzureden, wird dem Ernst der Lage nicht gerecht.
Ich könnte Ihnen zahlreiche Anhaltspunkte aufzählen. Wir alle wissen, dass bei Opel in Bochum die Förderbänder stillstehen und auch bei Ford in Köln drastische Einbrüche bei den PkwVerkaufszahlen zu verzeichnen sind. Die Luftverkehrsunternehmen stehen ebenfalls vor großen Mengen von Stornierungen.
Das werden auch nicht die letzten Branchen sein. Wir alle haben zur Kenntnis genommen, dass die Wirtschaftsweisen in ihrem Herbstgutachten nur noch von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozentpunkten ausgehen. Sie sehen uns am Rande einer Rezession. Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturerwartungen heute ebenfalls nach unten korrigiert.
Herr Ministerpräsident, dem Entwurf Ihres Landeshaushalts 2009 liegt noch eine Wachstumsprognose von 1,2 % zugrunde. Darauf stützt sich die Erwartung, 1,7 Milliarden € mehr Steuern einzunehmen. Im Entwurf der mittelfristigen Finanzplanung gehen Sie sogar von jährlichen Steigerungsraten von 4 % aus.
Das ist aus heutiger Sicht nicht mehr realistisch. Herr Finanzminister, die Grundannahmen Ihres Haushaltes 2009 stimmen nicht mehr. Ich sage Ihnen voraus: Sie werden an Korrekturen nicht vorbeikommen.
Das müssen Sie den Menschen auch sagen. Es geht jetzt um Ehrlichkeit. Wenn man Vertrauen bei den Menschen zurückgewinnen will, muss man ihnen das auch sagen.
Meine Damen und Herren, das Rettungspaket ist die erste richtige Antwort auf die Herausforderungen. Es ist ein Feuerlöscher zur akuten Brandbekämpfung.
Um einen Flächenbrand dauerhaft zu ersticken, müssen wir aber weitere Konsequenzen ziehen. Wir müssen aus den Fehlentwicklungen lernen. Die Finanzmärkte brauchen neue, international abgesicherte Verkehrsregeln. Es sind internationale Standards für eine stärkere persönliche Haftung der verantwortlichen Finanzmarktakteure erforderlich. Nicht zuletzt müssen auch die Managergehälter wieder auf ein verantwortungsbewusstes Maß zurückgeführt werden.
Hier im Land gilt es aber ebenfalls zu handeln. Auch hier müssen falsche Weichenstellungen korrigiert werden. Die Irrlehre „Privat vor Staat“ schadet den Märkten und schadet den Menschen. Wir brauchen einen handlungsfähigen Staat, der zwar effizient aufgestellt sein muss, aber auch so handlungsfähig sein muss, dass er Regeln setzen kann und die Einhaltung von Regeln auch effizient kontrollieren kann.
Ich wiederhole es abschließend noch einmal: Die Novelle des Sparkassengesetzes muss vom Tisch, und die Haushaltsdaten müssen angepasst werden.
Meine Damen und Herren, der erste Schritt, über den wir heute diskutieren, ist richtig und wichtig, aber er reicht nicht aus. Wir Sozialdemokraten stehen dazu bereit, nicht nur den ersten, sondern auch die notwendigen weiteren Schritte zu gehen. Wir müssen wieder zu einer Ordnung der Verantwortung zurückkehren, einer Ordnung, bei der alle, jeder für sich, die Verantwortung für das Ganze tragen und sich dieser Verantwortung stellen. Das hart erarbeitete Geld von Bürgerinnen und Bürgern darf nicht in den Händen von Finanzzockern verbrannt werden. Wenn wir diese zügellose Verantwortungslosigkeit weiter zulassen, bedroht dies letztlich auch unsere Demokratie.
Wir Sozialdemokraten wollen den Kasinokapitalismus beenden und die soziale Marktwirtschaft stärken. Das erwarten die Menschen von uns. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Kraft, das ist aus meiner Sicht ein bedauerlicher Auftritt gewesen.
(Vereinzelt Beifall von der CDU – Lachen von der SPD – Zuruf von der SPD: Jetzt wird es peinlich! War das schon alles?)
Sie haben den Versuch unternommen, der misslingen musste: sich zum Krisengewinner, zur Krisengewinnerin der globalen Finanzmarktkrise zu machen.
(Beifall von CDU und FDP – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: In welchem Kino sind Sie denn gewesen? Sie haben einen falschen Film gesehen!)
Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass der Finanzminister hier von dieser Stelle aus erklärt hat, dass es selbstverständlich so ist, dass am Sparkassengesetz gearbeitet wird. Er hat auch gesagt, dass man in Gesprächen sei.
Vielleicht nehmen Sie auch noch einmal einen Augenblick zur Kenntnis, dass das, was wir im Frühjahr diesen Jahres für die WestLB und mit der WestLB getan haben, strukturell in etwa dem entspricht, was sich der Bund jetzt zu tun gezwungen sieht.
Das ist von Ihnen hart und massiv bekämpft worden. Ich bitte Sie – Sie haben es wieder getan –, endlich Schluss zu machen mit der Unterstellung, irgendjemand auf dieser Seite des Plenums
Keiner denkt daran. Es ist wie immer die immer gleiche Schallplatte mit dem immer gleichen Riss an der immer gleichen Stelle.
(Britta Altenkamp [SPD]: Das erinnert mich an Walter Ulbricht! – Prof. Dr. Gerd Boller- mann [SPD]: Bei Ihnen!)
Ich habe nicht die Absicht, mich jetzt detaillierter mit dem auseinanderzusetzen, was Sie sagten, sondern ich habe die Absicht, deutlich zu machen, wie ich in den letzten 14 Tagen empfunden habe und wie, wie ich weiß, auch viele Bürgerinnen und Bürger empfunden haben.
Wir hatten sitzungsfreie Zeit. Wir haben uns alle, wie ich hoffe, ein wenig Auszeit genommen. Ich bekenne, dass ich weniger entspannt aus dem Urlaub zurückgekommen bin als üblicherweise – zum Leidwesen meiner Frau. Ich habe den freien Fall der Aktienkurse weltweit mitverfolgt. Das hat mich tief beunruhigt.
Wenn die Aktienkurse kollabieren, dann geht es nicht darum, dass dadurch auch irgendwelche Finanzmanager und irgendwelche anderen einen Schaden erlitten haben. In den letzten Wochen haben aber eine ganze Menge Menschen ganz viel Angst gehabt, ganz viele Menschen, die beispielsweise ihre Alterssicherung auch auf Finanzprodukten aufgebaut haben, die an Kapitalmärkten, an Finanzmärkten gehandelt werden. Da herrschte richtig Angst.
Es gab auch eine Menge Angst bei Unternehmen, die ihre Investitionen – ich kenne einen solchen konkreten Fall einer Maschinenhalle – zurückgestellt haben, nicht wissend, wie die weitere Entwicklung laufen würde, ob sie noch einmal zu gleichen Konditionen Kredite erhalten könnten, die sie brauchen, um so zu kalkulieren, dass sich das Ganze rechnet. Ich weiß von mit mir befreundeten Menschen, die daran dachten und denken, ein Eigenheim zu bauen, eine Eigentumswohnung zu erwerben, und die das zurückstellen, schlicht, weil sie nicht kalkulieren können, ob die Lasten, die ihnen zukünftig erwachsen, für sie tragbar sind.
Ich bekenne, ich hatte die ganze Zeit dieses mich ängstigende Bild des Jahres 1929 des Bürgers vor Augen, der gut und korrekt gekleidet das Schild „Nehme jede Arbeit“ hochhält. Es ist noch nicht ausgeschlossen, dass wir in eine wirtschaftliche Situation geraten, in der wir in unserer wirtschaftlichen, in unserer Arbeitsmarktentwicklung um Jahre, möglicherweise um Jahrzehnte zurückgeworfen werden können. Noch ist die Gefahr nicht ganz gebannt.
Aber es gibt Hoffnung. Diese Hoffnung ist heute Morgen Gegenstand unserer Debatte. Es ist gelungen, mit einem Maßnahmenpaket die Finanzmärkte zu beruhigen und eine Plattform zu schaffen, damit wieder mehr Sicherheit, wieder mehr Vertrauen einkehrt, das es ermöglicht, wieder auf wirtschaftliches Wachstum, auf wirtschaftliche Wohlfahrt, auf soziale Sicherheit zu setzen.