Aber ich bin sicher, eine Chance steckt in alldem drin. Wenn Sie schon die Hände in den Schoß legen und untätig sind, dann appelliere ich ganz, ganz dringend an Sie: Nutzen Sie diese Zeit wenigstens zur Besinnung! Denn die Krise hat doch eines gezeigt: Alle, die Politik ideologisch nach dem Motto „Privat vor Staat“ machen, oder alle, die mit ihren marktradikalen Leipziger Beschlüssen den Westerwelles dieser Welt hinterher gelaufen sind, sind auf dem Holzweg und gescheitert. Ich bitte Sie ganz dringend und eindringlich: Erkennen Sie das endlich! Ziehen Sie daraus die notwendigen Schlüsse!
Die Sparkassen erleben derzeit eine Renaissance. Sie verzeichnen Rekordzuwächse bei den Kundeneinlagen, ein Rekordneugeschäft, und das obwohl sie sich derzeit diesen massiven Angriffen von Ihnen in der Zukunft gegenübersehen.
Der Staat muss löschen, wo Ratingagenturen und Banken gezündelt haben. All dies sind doch Erkenntnisse, die Sie endlich zurückführen müssten, weg von Ihrem ideologischen Weg des „Privat vor Staat“. Deswegen fordere ich Sie auf: Nutzen Sie diese Zeit des Nichtstuns, wenn Sie sich die schon gönnen! Gehen Sie in sich und kehren Sie um! Das wäre gut für das Land. Das wäre gut für seine Menschen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal Herr Kollege Priggen zu Wort gemeldet.
(Zurufe von der FDP: Oh! – Gegenruf von Reiner Priggen [GRÜNE]: Jeder kriegt die Strafe, die er verdient!)
Herr Präsident! Frau Ministerin Thoben, Sie haben ein Wort der Selbstkritik zur Regierungsbeteiligung der Grünen in Berlin angesprochen. Das kann ich Ihnen liefern. Da muss man ja nicht drum herumreden. Auch wir haben es in der Zeit in Berlin nicht geschafft, die notwendigen kritischen Überprüfungsinstrumente über BaFin und andere im Hinblick auf Hedgefonds und andere Sachen einzurichten. Das war ein Fehler in der Regierungsarbeit. Da brauchen wir nicht drum herumzureden. Das können wir auch zugeben.
Sie haben die WestLB angesprochen. Dazu will ich eines ganz klar sagen: Da kommen Sie mir manchmal vor wie die FDP, wenn es darum geht, ihre Verantwortung bei der Steinkohle bis 2005 zu leugnen und so zu tun, als ob sie immer dagegen war.
In den Gremien der WestLB hat die CDU, auch wenn sie 39 Jahre lang in der Opposition war, immer über ihre starke kommunale Bank Mehrheiten oder nahezu Mehrheiten gehabt.
Sie haben immer maßgeblichen Einfluss gehabt. Da müsste ich am ehesten noch Abbitte bei unserem alten Kollegen Busch leisten.
Und in den Gremien der WestLB sind die Entscheidungen nach allem, was ich mitgekriegt habe, immer in ganz großem Konsens gelaufen. Ich habe nicht gehört, dass Sie aus einer Minderheitenposition heraus Warnsignale gesendet und gesagt hätten, das geht nicht. Da haben Sie Mitverantwortung.
Das Wichtigste ist mir aber eigentlich, auf das einzugehen, was Frau Ministerin Thoben eben zum Emissionshandel gesagt hat. Sie wissen, ich teile Ihre Position beim Steinkohleausstieg. Das, was Sie beim Emissionshandel machen, halte ich aber strategisch für eine katastrophale Entscheidung für das Land Nordrhein-Westfalen.
Es geht nicht allein um 2013. Es geht auch schon um dieses Jahr. Man kann die Illusion haben, der Emissionshandel verschwindet wieder. Nüchtern betrachtet ist es ein Instrument, das eingeführt worden ist, das die Verschmutzung mit Kosten belegt und Zug um Zug ausgebaut wird. Die Europäische Union und die von ihrer eigenen Partei getragenen Bundesregierung sind jetzt dafür, dass bei der Stromerzeugung eine Vollauktionierung der Emissionszertifikate stattfindet. Man denkt noch über Feinregularien für Betriebe nach, die besonders energieintensiv arbeiten und von ausländischer Konkurrenz
bedroht sind. Ich finde es richtig, über derartige Regularien nachzudenken, um nicht bestimmte Betriebe außer Landes zu treiben. Aber der Emissionshandel bei der Stromerzeugung soll durch Vollauktionierung geschehen.
Bereits dieses Jahr bringt er Einnahmen in Höhe von 1 Milliarde € für den Bund; wir reden nicht nur über 2013. Das Fatale an Ihrer Politik ist, dass wir in Nordrhein-Westfalen in den nächsten 40 Jahren etwa 50 % der Einnahmen des Bundes aufbringen müssen. Von der 1 Milliarde €, die der Bund dieses Jahr einnimmt, kommen rund 500 Millionen € aus Nordrhein-Westfalen. Angesichts der Tatsache, dass wir eine besonders hohe Verschmutzungsrate haben und besonders viel zahlen müssen, müssten wir schon jetzt einen gewissen proportionalen Anteil der Einnahmen zurückfordern, um an den Strukturen hier in Nordrhein-Westfalen etwas zu ändern, damit wir weniger CO2-Emissionen haben. So müsste man sich aufstellen. Das müsste man in Berlin erreichen. Stattdessen laufen Sie als einzige Regierung immer wieder mit dem Kopf vor die Wand. Erst nach der Entscheidung die Position zu ändern und dann zu fordern, dass, wenn die Vollauktionierung schon eingeführt wird, wir etwas von den Einnahmen zurück haben wollen, ist eine katastrophale Verhandlungsstrategie.
Der Kollege Eiskirch hat sehr wohl Recht, wenn er sagt, dass man aus diesem Paket Geld aktivieren kann, um in einer beginnenden Rezession sinnvolle Programme aufzulegen, denen wir alle zustimmen könnten. Wenn – und davon wird ausgegangen – der Bund ab 2013 jedes Jahr 10 bis 12 Milliarden € im Rahmen des Emissionshandels bei der Stromerzeugung einnehmen wird, von denen 5 bis 6 Milliarden € aus NRW kommen werden, dann ist es sehr wohl vernünftig, mit dem Bund zu diskutieren und zu intervenieren. Gerade für den Bereich der Gebäudesanierung sollten Mittel aus dem Programm bereits jetzt aktiviert werden, weil der Bund sicher weiß, dass diese Einnahmen kommen werden.
Gebäudesanierungsprogramme könnten wir ohnehin nicht in der Größenordnung von 10 bis 12 Milliarden € anfahren. Wir müssen sie vielmehr langsam anfahren. Indem wir aus den Einnahmen, die kommen werden, jetzt 1 Milliarde € vorfinanzieren und sie dafür einsetzen, im nächsten Jahr Gebäude energetisch zu renovieren, könnten wir die Importrechnung für Öl und Gas reduzieren. Dieses Jahr zahlen wir aufgrund der hohen Preise – ich habe mir die Zahlen bei der Bundesbank besorgt – 23 Milliarden € mehr als letztes Jahr für den Import von Öl und Gas. Wenn wir den Gebäudealtbestand energetisch sanieren, zahlen wir weniger für diese Importe. Eine gewisse Vorfinanzierung aus den Einnahmen, die der Bund erhalten wird, wäre als Anti-Rezessionsprogramm sehr vernünftig. 2009
sollte es 1 Milliarde € sein, 2010 2 Milliarden € und 2011 3 Milliarden €. Wenn dann ab 2013 die Einnahmen fließen, vermindern sie sich aufgrund dessen in den ersten Jahren entsprechend. Das ist eine absolut solide, vernünftige und antirezessive Strategie.
Vielleicht hat Herr Kollege Eiskirch das nicht so ausdrücklich ausgebreitet, aber ich finde es richtig. Ihre Art, mit diesem Problem umzugehen, nämlich weiterhin eine kostenlose Zuteilung zu fordern, leugnet die Probleme und ist strategisch das Fatalste, was Sie im Moment im Energiebereich tun können. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die FDP-Fraktion spricht deren Vorsitzender, Herr Dr. Papke.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal spontan zu Wort gemeldet, nicht um all das aufzuarbeiten, was Herr Priggen uns erzählt hat, sondern weil eines so nicht im Raume stehen bleiben kann: Dass Sie, Herr Priggen, in Ihrem Beitrag gerade allen Ernstes noch einmal versucht haben, dieser Landesregierung und insbesondere dem Finanzminister eine Mitverantwortung für das Desaster bei der WestLB zuzuschieben,
das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen. Da die Grünen es mit den Zahlen nicht so haben, darf ich Sie noch einmal daran erinnern, dass die WestLB AG in den letzten drei Jahren Ihrer Regierungsverantwortung – Sie waren doch zehn Jahre mit in der Regierung, Herr Kollege Priggen, oder erinnere ich das falsch? – Defizite von insgesamt 4,8 Milliarden € zulasten der Steuerzahler erwirtschaftet hat.
Damals war von der Finanzmarktkrise überhaupt noch nicht die Rede. Dass Sie, Herr Kollege Priggen, hier von der Verantwortung der Parlamente fabulieren, mit einem Hauch von gespielter Selbstkritik meinen, wir müssten jetzt alle einmal in uns gehen, und nicht zu der Verantwortung stehen, die Sie mit Blick auf das Trümmerfeld bei der WestLB, das Rot-Grün uns hinterlassen hat, eigentlich übernehmen müssten, das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen.
Das gilt für die Staatsfinanzen – das ist ein hartes Stück Arbeit –, und das gilt leider auch für die WestLB.
Sie haben uns eine Staatsbank mit strukturellen Defiziten in Milliardenhöhe von Jahr zu Jahr ohne Geschäftsmodell und ohne Überlebensperspektive hinterlassen. Das müssen wir jetzt unter Führung der Landesregierung und des Finanzministers ausbaden. Das werden wir auch tun, Herr Kollege Priggen. Aber haben Sie nicht die Frechheit, hier so zu tun, als hätten Sie keine Verantwortung dafür. Glauben Sie nicht, Sie könnten sich mit Ihrer Truppe einen schlanken Fuß in dieser Debatte machen. Das werden wir Ihnen, Herr Kollege Priggen, nicht durchgehen lassen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Papke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich noch einmal der Kollege Becker zu Wort gemeldet.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht fällt es der CDU nicht bis in die letzte Bank auf, aber allgemein fällt es in diesem Hause sehr wohl auf, an welchen Stellen Herr Papke sich lautstark vor den Finanzminister stellt. Es ist bezeichnend, dass er sich an einer Stelle vor den Finanzminister stellt, wo er nicht in Schutz zu nehmen ist. Vielmehr beschwört er nur ein Bündnis, das in den letzten Jahren an vielen Stellen in diesem Land Schaden angerichtet hat.
Zunächst einmal zur Ausräumung der Legenden, die hier wieder einmal verbreitet werden sollten: Ein großer Teil der strukturierten Papiere in den Zweckgesellschaften ist in den letzten Jahren, in der Amtszeit der jetzigen Landesregierung angehäuft worden.
Zweitens ist in der Amtszeit dieser Landesregierung – darüber redet kaum noch jemand – bei der WestLB – Sie saßen in den Aufsichtsgremien – eine massive Spekulation in Vorzugsaktien erfolgt. Alle Fachleute
haben sich gefragt, wie man eigentlich – auf gut Deutsch – so bescheuert sein kann, nahezu 90 % der bundesweit frei gehandelten Vorzugsaktien von BMW und VW aufzukaufen. Das ist in Ihrer Amtszeit geschehen.