Protokoll der Sitzung vom 23.10.2008

5 € verkauft werden. Die Bundesregierung ist gefragt, ihren Einfluss gegenüber der Deutschen Bahn AG im Sinne eines Sozialtickets geltend zu machen.

Gerade in den Ferien, aber auch sonst müssen alle Menschen die Möglichkeit zur Mobilität haben. Die Wege sind nicht selten weit, und viele Sozialleistungsbeziehende können sich weder die teuren Fahrten innerhalb der eigenen Kommune leisten noch eine Fahrt im Fernverkehr bezahlen. Von dieser Ausgrenzung sind vor allem Familien mit Kindern betroffen. Dies ist nicht hinnehmbar. Auch erwerbslosen Menschen mit geringem Einkommen muss es im Sommer, aber auch in den Ferien und zu anderen Zeiten möglich sein, Großeltern oder Freunde zu besuchen, die womöglich in einer anderen Stadt leben.

Die Einführung eines Sozialtickets kann hier helfen, wenigstens ein Mindestmaß an Mobilität zu ermöglichen. Grundsätzlich ist die eingeschränkte Mobilität von Erwerbslosen und Niedriglöhnern ein weiterer Beleg für die unsoziale Politik, die wir hier im Land erleben. Der Hartz-Regelsatz muss im Sinne einer repressionsfreien Grundsicherung, aber nur als erster Schritt, dringend erhöht werden.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Wir sind am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Anträge Drucksachen 14/7644 und 14/7664 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr – federführend –, an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist für diese Überweisung? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das ist einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zu:

3 Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2008 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2008)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/6920

Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7743

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/7690

In Verbindung mit:

Gesetz zur Errichtung eines Fonds für eine Inanspruchnahme des Landes NordrheinWestfalen aus der im Zusammenhang mit der Risikoabschirmung zugunsten der WestLB AG erklärten Garantie (Risikofondsgesetz – RiFoG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/6921

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7724

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/7691

dritte Lesung

Der Landtag hat heute Morgen darüber abgestimmt, dass die dritte Lesung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes am heutigen Plenartag durchgeführt und nicht von der Tagesordnung abgesetzt wird. Das ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen so beschlossen worden.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDUFraktion Herrn Kollegen Klein das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir hatten uns gestern darauf verständigt, die dritte Lesung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes für das laufende Jahr auf heute zu verschieben, weil wir noch darüber reden wollten, einen gemeinsamen Antrag auf Initiative aller Fraktionen dieses Hauses einzubringen. Das ist auch gelungen. Ich freue mich, dass wir seitens der Koalitionsfraktionen die Gelegenheit geben konnten, dass auch die anderen Fraktionen den Antrag zur Kulturhauptstadt unterstützen können. Ich bedanke mich dafür, dass Sie mitmachen, denn es ist ein gutes Signal, zu unterstreichen, dass der gesamte Landtag hinter dem Projekt Kulturhauptstadt steht und darüber hinaus allen Städten und Gemeinden, auch dann, wenn sie Nothaushaltskommunen sind, die Gelegenheit gegeben werden soll, sich daran zu beteiligen.

Das ist in der Zwischenzeit gelungen. Die Fraktionen, die noch Beratungsbedarf hatten, konnten diesen inzwischen befriedigen. Ihnen liegt jetzt der gemeinsame Antragsentwurf aller vier Fraktionen dieses Hauses vor, über den wir gleich gemeinsam abstimmen können. Das ist schön.

Weniger schön ist, dass Sie heute Morgen den Versuch unternommen haben, das Verschieben der dritten Lesung auf heute dazu zu benutzen, die gesamte dritte Lesung zu stoppen. Das ist von der Sache her falsch. Es ist richtig, dass wir heute den Nachtragshaushalt beschließen. Es ist auch richtig, dass wir das Risikofondsgesetz so, wie es verabredet ist, erst einmal auf den Weg bringen. Auch in drei Monaten wird es noch Gespräche über Details geben. So lange können wir nicht damit warten.

Das wird schon allein dadurch unterstrichen, dass jetzt schon 20 Millionen € Bürgschaftsanteil des Landes abgeflossen sind. Das heißt, wir haben nicht ausreichend Vorsorge getroffen, wenn wir nur auf die ganz normalen Bürgschaftstitel verweisen. Es ist nötig, das Risikofondsgesetz heute zu beschließen, damit wir für alle Eventualitäten gut aufgestellt sind.

Ich werbe dafür, dass wir jetzt nicht nur den von allen vier Fraktionen eingebrachten Antrag zur Kulturhauptstadt, sondern auch das gesamte Nachtragshaushaltsgesetz gemeinsam beschließen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Walsken.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klein, nicht die Dissensen über den Nachtragshaushalt sind der Grund gewesen, weshalb wir heute Morgen gesagt haben: Wir können diesen Tagesordnungspunkt so nicht durchziehen. Was die Anträge betrifft, sind wir einvernehmlich auf einem gemeinsamen Weg; gar keine Frage.

Aber seit gestern am frühen Abend haben wir eine neue Gemengelage, die es aus unserer Sicht unmöglich macht, heute das Risikofondsgesetz für die Westdeutsche Landesbank zu verabschieden, meine Damen und Herren,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

und das vor dem Hintergrund, dass wir gestern fast fünf Stunden über die Finanzmarktlage, die Westdeutsche Landesbank, die Situation in NordrheinWestfalen diskutiert haben, ohne dass uns der Finanzminister oder die Wirtschaftsministerin darüber informiert haben, obwohl wir nachgefragt haben, was aus der Westdeutschen Landesbank und ihrer Risikobeteiligung wird.

Das ist gestern ganz gezielt verschwiegen worden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Deshalb, Herr Kollege Klein oder Herr Kollege Stahl, war es ein glücklicher Zufall, dass wir die dritte Lesung für heute vorgesehen hatten. Wir haben geglaubt, es ist auch in Ihrem Interesse, heute

nicht einen Risikoschirm über 5 Milliarden € zu verabschieden, der das Land lange belasten wird, aber vielleicht in einer Woche oder in zwei Wochen Makulatur ist, weil die Westdeutsche Landesbank mit ihren Eigentümern unter den Schirm des Bundes will. Das war der Grund für die Bitte um Verschiebung. Ich hatte nicht geglaubt, dass Sie so ignorant sind zu sagen: All das interessiert uns nicht; wir ziehen das Programm, wie verabredet, durch. Ich halte das für falsch.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sollten sich die Eigentümer der Westdeutschen Landesbank entscheiden, den Risikoschirm, den der Bund aufgespannt hat, zu nutzen, wäre das sicherlich eine gute Entscheidung. Denn in der SPD-Fraktion haben wir immer kritisiert, einen Risikoschirm – mit einer privaten, in Dublin ansässigen Gesellschaft – aufzulegen, von dem wir nicht wissen, wie wir ihn kontrollieren oder begleiten. In diesem Zusammenhang merke ich noch einmal kritisch an, dass es leider nicht gelungen ist, mit den Kollegen der regierungstragenden Fraktionen einen Weg zu finden, die Millionen- oder Milliardenausgaben für den Landeshaushalt in den nächsten Jahren parlamentarisch zu kontrollieren und zu begleiten. Sie haben sich leider geweigert, mit uns einen Weg zu finden, zumindest zu wissen, was dort im Einzelnen passiert.

Deshalb sind wir erstens der Auffassung, es macht heute keinen Sinn, dieses Gesetz, diesen Risikoschirm für das Land zu beschließen, weil er offensichtlich in ganz kurzer Zeit Makulatur ist.

Es macht zweitens keinen Sinn, diesem Risikoschirm mit dieser Gesellschaft zuzustimmen, weil die WestLB viel besser unter dem Bundesschirm aufgehoben ist. Deswegen werden wir an dieser Stelle auch nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Freimuth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir könnten nun wieder die gestrige Debatte um die WestLB, um die Finanzmarktsicherung wiederholen. Ich will das aber nicht tun, weil wir das gestern ausführlich getan haben und ich ziemlich sicher bin, dass wir uns auch in den nächsten Wochen und Monaten mit dieser Thematik beschäftigen werden.

Ich will nur einen Punkt aufgreifen, der so nicht stehen bleiben kann. Frau Kollegin Walsken hat gerade gesagt, es habe kein Einvernehmen darüber gegeben, dass eine parlamentarische Kontrolle des Abflusses aus diesem Risikofonds erfolgt. Ich weiß

nicht, mit wem die Gespräche geführt worden sind. Ich habe an einem Gespräch teilgenommen, in dem wir uns einvernehmlich darauf verständigt haben, dass die Kontrolle über diesen Risikofonds und der Bericht über den Abfluss der Mittel im dafür zuständigen Unterausschuss „Landesbetriebe und Sondervermögen“ des Haushalts- und Finanzausschusses und gegebenenfalls im Haushalts- und Finanzausschuss selbst erfolgen soll.

Ich will aufgrund der begrenzten Redezeit nicht noch einmal die allgemeinen Fragestellungen zum Risikoschirm und über sonstige Belange des Zweiten Nachtragshaushalts 2008 diskutieren, sondern mich auf den Punkt konzentrieren, der der eigentliche und besondere Anlass für die heutige dritte Lesung ist, nämlich auf den gemeinsamen Änderungsantrag zum Kulturhauptstadtjahr.

Die FDP hat die Bewerbung der Stadt Essen, stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet mit insgesamt 53 Städten und Gemeinden, um den Titel Kulturhauptstadt 2010 von Anfang an unterstützt. Daher haben wir die Unterstützung des Projekts bereits in den Koalitionsvertrag 2005 aufgenommen. Mit dem heutigen Antrag stehen wir zu dem Wort und stellen unsere Unterstützung unter Beweis. Wir haben das schon an sehr vielen Stellen getan. Das Land beteiligt sich – angesichts der von Rot-Grün übernommenen Rekordverschuldung immer noch mit leeren Kassen – immerhin mit 12 Millionen € an dem auf insgesamt 52 Millionen € veranschlagten Gesamtbudget. 12 Millionen € Beteiligung des Landes sind kein Pappenstiel, sondern ein anzuerkennendes Engagement. Wir müssen ferner berücksichtigen, dass es weitere Fördermittel des Landes gibt, die ebenfalls dem Projekt Kulturhauptstadt 2010 zufließen, zum Beispiel die Zuschüsse für das Projekt JeKI.

Mit dem fraktionsübergreifenden Haushaltsänderungsantrag lösen wir ein wichtiges Problem, das uns in der Tat während der gesamten Phase der Vorbereitung Kulturhauptstadt 2010 immer wieder beschäftigt hat, nämlich die Sicherstellung der Finanzarchitektur, insbesondere für die beteiligten Kommunen, die sich in einer Haushaltssicherung oder in einer vorläufigen Haushaltsführung befinden.

Die Aufbringung des erforderlichen finanziellen kommunalen Beitrags für die Durchführung des Großereignisses im Jahr 2010 bereitet bekanntlich den Städten und Gemeinden große Schwierigkeiten, weil sie ihre Beiträge zur Haushaltskonsolidierung erbringen wollen und müssen. Dabei kommt es oftmals zu Schwierigkeiten und Überschneidungen. Ich könnte auch erwähnen, dass sich die Kommunen bei der Beratung dieser besonderen Problematik bewusst waren.

Trotzdem lassen wir Liberale die Kommunen nicht im Regen stehen, weil mit diesem internationalen Event auch die einmalige Möglichkeit besteht, den

von der Schwer- und Montanindustrie geprägten Ballungsraum Ruhr national wie auch international mit einem neuen Gesicht zu präsentieren und fest in den Köpfen zu verankern, dass NRW nicht mehr nur das Land von Kohle und Stahl ist, sondern das Land, in dem wir eine kreative Ökonomie und kulturelle Vielfalt unter Beweis stellen können,

(Unruhe)

die sich gerade durch die Geräuschkulisse im Plenum bestätigt.

Ich will nicht verhehlen, wir haben auch andere Regionen in Nordrhein-Westfalen. In bin davon überzeugt, dass diese anderen Regionen ebenfalls von der Kulturhauptstadt 2010 profitieren, sodass wir die besonderen Zuwendungen für die Kommunen des Ruhrgebiets und die Kulturhauptstadt 2010 rechtfertigen können.