Damit kommen wir zur Abstimmung über das Risikofondsgesetz, und zwar zunächst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion Drucksache 14/7724. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 14/6921. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/7691, den Gesetzentwurf anzunehmen. Wer stimmt dafür? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Damit ist diese Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/6921 in dritter Lesung verabschiedet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur zweiten Lesung ist zunächst festzustellen, dass wir bei der Zielsetzung gar nicht auseinander liegen. Man kann festhalten: Wir sind uns einig, dass wir dafür sorgen müssen, dass kein Kind aus sozialen Gründen ohne warme Mahlzeit in der Schule bleiben muss.
Wir handeln in dieser Frage seit über einem Jahr: Die Initiative des Ministerpräsidenten „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ist sehr erfolgreich.
Die Mittel werden zum nächsten Jahr aufgestockt; die bereitgestellten Mittel sind immer auskömmlich. Die Initiative ist treffgenau und treffsicher, denn sie wendet sich an alle Kinder, die es nötig haben. Das wird unbürokratisch gelöst: einfach und pragmatisch, ohne bürokratische Überfrachtung. Das halten wir für wichtig und richtig.
Das von dieser Koalition verfolgte Subsidiaritätsprinzip hilft genau denen, die wirklich der Hilfe bedürfen. Die möglichst kleine Einheit, nämlich die Schule vor Ort mit dem Schulträger, regelt das am besten.
Aber was unterscheidet uns von den Grünen? Wir halten es nicht für richtig, diese Angelegenheit durch ein Gesetz zu lösen. Das löst neue Bürokratie aus. Das verlangt – so Ihr Antrag – zusätzlich eine Rechtsverordnung. Wenn wir uns dann vor Augen führen, wie die Beteiligung sein soll, dann möchte ich wörtlich aus Ihrem Gesetzesantrag zitieren:
Durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung der für Schule, Finanzen und die Kommunen zuständigen Landtagsausschüsse bedarf, regelt das Ministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium
Art und Umfang der Schulmahlzeit sowie die durch die Erziehungsberechtigten zu erbringenden Eigenanteile an der Mittagsmahlzeit.
Mit anderen Worten: Die Grünen wollen, dass sich drei Landtagsausschüsse und drei Ministerien – so wörtlich – mit „Art und Umfang der Schulmahlzeit“ befassen. Wenn das nicht ein so ernstes Thema wäre, könnte Ihr Vorschlag als Musterbeispiel für Verbürokratisierung des Landes herhalten
Nebenbei: Wer – wie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – ständig mehr Eigenverantwortung für die Schulen zumindest immer öffentlich fordert, praktiziert hier das genaue Gegenteil. Man muss sich einmal vorstellen: Die Landesebene soll künftig Art und Umfang der Mittagsmahlzeit festlegen. Das ist ja irre. Das ist zentralistische Detailsteuerung schlimmsten Ausmaßes.
Was kann man zum Gesetzentwurf der Grünen abschließend sagen? Das vorgetragene Anliegen, gerade sozial benachteiligten Kindern eine warme Mittagsmahlzeit zu garantieren, tragen wir voll und ganz uneingeschränkt mit. Hier sind wir in der Verantwortung. Das Modell „Kein Kind ohne Mahlzeit“ ist die zeitgemäße, vor Ort verantwortete und damit unbürokratische Antwort darauf und bringt Hilfe in den konkreten Fällen.
(Sören Link [SPD]: Dieser Fonds deckt 56.000 von 800.000 Kindern in Nordrhein- Westfalen ab, die arm sind! Das ist kein Er- folg, das ist peinlich!)
Dieser Fonds wirkt und dieser Fonds ist erfolgreich. Es ist eine weitere Wegnahme von Verantwortung von den Eltern. Am besten klappt das doch in den einzelnen Schulen, wo die Eltern, die Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrerinnen und Lehrer wissen und darauf achten, dass insbesondere die Kinder aus schwierigen und armen Verhältnissen eine warme Mahlzeit erhalten. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Link für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne! Ein warmes Mittagessen für jedes Kind – darum geht es heute, darum geht es bei dem Gesetzentwurf, den wir heute beraten müssen, den wir in den letzten zwölf Monaten beraten haben.
Kurz zur Ausgangslage: Wir hatten gestern einen Bildungsgipfel. Der hat für Nordrhein-Westfalen – um es ganz kurz zusammenzufassen – gar nichts gebracht. Insbesondere hat er nichts gebracht an dem Punkt, über den wir heute reden müssen, nämlich der Verpflegung, der Übermittagsverpflegung junger Menschen in der Schule. Wir haben in Nordrhein-Westfalen 800.000 Kinder. Mit Ihrem Landes
fonds decken Sie einen Bruchteil dieser Kinder ab, Herr Kaiser. Wie Sie da von einem Erfolg reden können, ist mir echt schleierhaft.
Vor einigen Tagen wurde eine aktuelle OECDStudie veröffentlicht, die belegt eindeutig und nachdrücklich, dass die Armut in Deutschland zugenommen hat. Ich will das gar nicht parteipolitisch zuweisen. Fakt ist jedenfalls: Die Armut hat zugenommen. Ich rede gar nicht von finanzieller Armut alleine, die ist schlimm genug. Ich rede von den deutlich schlechteren Perspektiven der Kinder aus armen Familien, die daraus erwachsen.
Es geht um die soziale Ungerechtigkeit, die eben massive Auswirkungen auf das soziale und berufliche Fortkommen dieser Kinder hat, weil ihre Eltern arm sind. Es ist Aufgabe dieser Landesregierung, dies zu ändern und eben diesen Kindern auch echte Chancen zu verschaffen.
Aber mit Ihrer Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Regierung, machen Sie meistens genau das Gegenteil.
Wenn Sie ausnahmsweise einmal das Richtige machen, wie jetzt in diesem Fall mit dem Landesfonds – da sind wir uns einig; das ist eine Schritt in die richtige Richtung –, dann machen Sie es halbherzig und viel zu spät. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.
Ein wichtiger Beitrag – auch da sind wir uns, glaube ich, einig – für bessere Bildungschancen für alle Kinder ist ein gutes Ganztagsangebot. Das haben Sie ein bisschen spät erkannt, das haben wir schon vor ein paar Jahren erkannt. Aber sei’s drum, es ist einvernehmlich: Ein gutes Ganztagsangebot ist ein wichtiger Beitrag. Dazu gehört eben auch ein gutes Essen.
Durch das Zukunftsprogramm „Bildung und Betreuung“ der Bundesregierung unter Gerhard Schröder ist es gelungen, an vielen Grund- und Hauptschulen Mensen und Küchen einzurichten und so ein Angebot darzustellen. Von SPD und Grünen gegen Ihren Widerstand!
Dann haben Sie jahrelang gezögert, Herr Witzel, und haben den Ganztag bekämpft und als ideologisch ganz schlecht für Kinder, für Schulen und für Eltern dargestellt. Jetzt erst handeln Sie
(Ralf Witzel [FDP]: Wir wollten immer mehr Ganztagsangebote im fairen Wettbewerb al- ler Schulformen!)
mit der Ganztagsoffensive für die Sekundarstufe I. Da brauchen Sie gar nicht drum herum zu reden, das ist so. Diese Ganztagsoffensive passt wieder zu dem, was ich gerade gesagt habe: Sie ist halbherzig und nicht bis zum Ende durchdacht.