Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Ja, gerne.

Bitte schön, Herr Börschel.

Martin Börschel (SPD: Herr Minister, Sie waren so freundlich zu behaupten, ich sei einer der Hauptprofiteure dieses Gesetzes, das Sie durch den Landtag peitschen wollen. Bitte seien Sie so nett, mir zu erläutern, warum.

Sie sind ein Vertreter einer modernen Politik, Herr Börschel, und werden deshalb die Chancen dieses Gesetzes voll erkennen. Außerdem stehen Sie immerhin dem Verwaltungsrat der zweitgrößten Sparkasse Deutschlands vor. Deshalb sind Sie in manchem vielleicht weiter als einige Ihrer Kollegen. Das unterstelle ich.

(Beifall von der CDU – Hans-Theodor Pesch- kes [SPD]: Morgen bist du Staatssekretär!)

Der Landesregierung war in jeder Phase des Verfahrens daran gelegen, das Bestmöglichste für die Sparkassen zu erreichen. Deshalb habe ich Sie alle beispielsweise in Plenarsitzungen dazu aufgefordert, sich Gedanken zu machen, wie der gute Gesetzentwurf noch weiter verbessert werden kann, und hierüber in eine sachliche Diskussion einzutreten. Auch das können Sie in den Protokollen nachlesen. Sie kommen nun mal an Fakten nicht vorbei.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie auch nicht!)

Dass es sich dabei nicht um leere Worte handelte, zeigen unmissverständlich die im Einvernehmen mit den Regierungsfraktionen vorgenommenen Änderungen am Gesetzentwurf. Diese Änderungen resultieren im Wesentlichen aus einer ausgesprochen sorgfältigen Auswertung der Stellungnahmen der Experten aus der öffentlichen Anhörung, aber auch aus sonstigen sachdienlichen Hinweisen. Frau Löhrmann, Sie haben die besser gewürdigt, als ich das jemals könnte. Vielen Dank!

Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, mich bei allen zu bedanken, die dazu beigetragen haben, dass nun ein Gesetz verabschiedet werden kann, das die unterschiedlichen Interessenlagen, die bei dem Verfahren zum Ausdruck gekommen sind, bestmöglich zusammenführt.

Mit dem Bewusstsein für die Bedeutung der Sparkassen bekennt sich die Landesregierung seit Jahren uneingeschränkt zum Dreisäulensystem der deutschen Kreditwirtschaft und den bewährten öffentlich-rechtlichen Strukturen der Sparkassen. Dies hat sie bereits mit dem Gesetzentwurf unmissverständlich klargestellt, und daran hält sie weiter fest. Kurzum: Es wird keine Privatisierung der Sparkassen geben!

Frau Löhrmann, mit Ihrer Geschichtsklitterung kommen Sie auch nicht viel weiter, wiewohl Sie den Gang der Geschehnisse der letzten zwei Jahre aus Ihrer Sicht vorgetragen haben. Das Klischee von der Marktradikalität haben Sie so oft benutzt, dass es wirklich abgenutzt ist und auch die FDP nicht mehr treffen kann.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] – Zuruf von den GRÜNEN: Der Finanzminister ist der verlängerte Arm der FDP!)

Im Gegenteil: Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf schließt sogar die Privatisierung aus

drücklich aus. Nehmen Sie nur die Festschreibung der Rechtsform der Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts oder die Beibehaltung des öffentlichen Auftrags! Aber auch der Umstand, dass das Trägerkapital nicht fungibel ist, zeigt, dass eine Privatisierung ausgeschlossen ist. Die Übertragbarkeit auszuschließen, ist eine politische und wirtschaftliche Entscheidung, die auch von Art. 295 EGVertrag gedeckt ist.

Wichtig ist mir zu erwähnen, dass es uns gelungen ist, den Rechtsbegriff „Trägerkapital“ durch die Aufnahme einer Legaldefinition – ich hatte zu Beginn meiner Ausführungen darüber gesprochen – inhaltlich noch weiter zu konkretisieren und den erhobenen Vorwurf fehlender hinreichender Bestimmtheit der Norm zu entkräften. Sollten sich die Kommune und der Verwaltungsrat künftig freiwillig zur Bildung von Trägerkapital entscheiden, trägt dies dazu bei, nicht nur die öffentlich-rechtliche Sonderbeziehung zwischen der Sparkasse und dem Träger, sondern zugleich auch die haftenden Eigenmittel der Sparkasse zu stärken.

Die Modernisierung des Sparkassenrechts, meine Damen und Herren, kommt damit auch den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zugute. Deren enge Beziehung zu den Sparkassen wird durch die gesetzlichen Regelungen noch weiter intensiviert. So können beispielsweise künftig Hauptverwaltungsbeamte nicht nur zum Vorsitzenden, sondern auch zu normalen Mitgliedern des Verwaltungsrates gewählt und hierdurch in Ausschüsse des Verwaltungsrates einbezogen werden.

(Martin Börschel [SPD]: Wegweisend!)

Zumindest aber können die Hauptverwaltungsbeamten der Zweckverbandssparkassen an Verwaltungsratssitzungen beratend teilnehmen.

Die von den Verbänden, meine Damen und Herren, vorgeschlagene und aufgenommene Regelung zur Verwendung des Ausschüttungsbetrages erweitert die Dispositionsmöglichkeiten des Trägers. Der ihm zugeführte Ausschüttungsbetrag kann künftig wahlweise für gemeinnützige Zwecke oder für gemeinwohlorientierte Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft verwendet werden.

Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass es den Sparkassen durch den Gesetzentwurf unbenommen bleibt, unterjährig Belange der örtlichen Gemeinschaft auch weiterhin durch die Erbringung von Spenden, die Dotierung von Stiftungen oder ähnliche Zuwendungen zu unterstützen.

Die Landesregierung hat die Bedeutung der Verbundzusammenarbeit zum Ausdruck gebracht, indem sie die Verbundregelung aus der Sparkassenverordnung, in der sie immer vorhanden war, gesetzlich verankert hat.

In Nordrhein-Westfalen arbeiten die Sparkassen, die Sparkassen- und Giroverbände und die Spar

kassenzentralbank traditionell auf freiwilliger vertraglicher Kooperationsbasis im S-Finanzverbund Nordrhein-Westfalen zusammen. Diese Zusammenarbeit ist für die Optimierung der öffentlichrechtlichen Säule der Kreditwirtschaft und für die Stärkung unseres Finanzplatzes besonders bedeutsam.

Daher haben die Anteilseigner der WestLB AG in den Eckpunkten zur Zukunftssicherung der WestLB vom 8. Februar 2008 einvernehmlich erklärt, auch für die Zukunft eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit im bewährten S-Finanzverbund sicherstellen zu wollen.

Ich habe immer betont, dass mir daran gelegen ist, dass diese Zusammenarbeit auf freiwilliger Basis erfolgt. Das können Sie übrigens in allen Schreiben, die ich an die verschiedenen Gremien gerichtet habe, nachlesen.

(Martin Börschel [SPD]: Deswegen haben Sie sie auch ins Gesetz geschrieben!)

Sie erfolgt freiwillig, weil eine sachgerechte Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit nur durch Verträge und ein satzungsmäßiges Verbundstatut möglich sind. Erlass oder Änderung der Satzung bedürfen, wie in derartigen Fällen üblich, der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde.

Bedauerlicherweise wurde die ursprünglich vorgeschlagene Formulierung des Gesetzentwurfs missverstanden.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Zurufe von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] und Martin Börschel [SPD])

Aber das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren bietet die Möglichkeit, Missverständnisse zu beseitigen. Eine solche Beseitigung erfolgt dadurch, dass der bisherige § 39 gestrichen und eine adäquate Regelung zur freiwilligen Zusammenarbeit im S-Finanzverbund Nordrhein-Westfalen in § 4 aufgenommen wird.

Aber auch das im Zusammenhang mit der Regelung zur Sparkassenzentralbank und Girozentrale aufgekommene Missverständnis, bei einem mehrheitlichen Einstieg eines privaten Investors bei der WestLB AG übernähme dieser automatisch die Zentralbankfunktion, konnte beseitigt werden. Das Gegenteil stand zwar in der letzten Zeile des § 37 Abs. 3 des Gesetzentwurfs, aber wir haben es besser und deutlicher formuliert.

Die Neuregelung sieht vor, dass die Beleihung der WestLB AG unmittelbar kraft Gesetzes endet, sobald juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht mehr mehrheitlich an der WestLB AG beteiligt sind. Gleichermaßen endet die Beleihung, wenn die WestLB AG ihre Aufgabe nachhaltig nicht mehr erfüllt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Sparkassenzentralbank nicht mehr Mitglied des Verbundes ist, sich entscheidet, die Sparkassen nicht

mehr als Sparkassenzentralbank bei ihrer Aufgabenerfüllung zu unterstützen oder die WestLB AG mit einer anderen juristischen Person in der Weise fusioniert, dass beide ihr Vermögen und ihre Schulden in ein neues Unternehmen einbringen und als eigenständige juristische Personen untergehen. – Sie sehen: Wir haben uns auf alle Fälle vorbereitet, die aus dem Prozess mit der Europäischen Union oder aus sonstigen Überlegungen auf uns zukommen könnten.

Ist die Beleihung der WestLB AG, meine Damen und Herren, damit kraft Gesetzes beendet, ist die Aufsichtsbehörde ermächtigt, die Aufgaben einer Sparkassenzentralbank und Girozentrale einer anderen juristischen Person der öffentlichen Rechts zu übertragen oder eine andere juristische Person des privaten Rechts, an der juristische Personen des öffentlichen Rechts mehrheitlich beteiligt sind, zu beleihen.

Voraussetzung hierfür ist, dass neben der betreffenden juristischen Person auch die Sparkassen- und Giroverbände zustimmen – das ist neu eingefügt –, die immerhin Verbundpartner sein müssen. Selbstverständlich muss auch die Wahrnehmung der Aufgaben als Sparkassenzentralbank und Girozentrale gewährleistet sein.

Aufgenommen ist die Regelung zur Beendigung der Beleihung bzw. zum Entzug der Aufgabenübertragung.

Um, meine Damen und Herren, einen etwaigen Rest an Befürchtungen ebenfalls zu beseitigen, ist in dem bisherigen § 37 Abs. 2 der Satz gestrichen worden, der als Kontrahierungszwang bzw. gesetzliche Abnahmeverpflichtung für Produkte der WestLB AG durch die Sparkassen missverstanden worden ist; missverstanden deshalb, weil eine Sparkassenzentralbank bereits begrifflich nur eine zentrale Anlaufstelle für alle sparkassenbezogenen Dienstleistungen und Aktivitäten ist.

Deshalb, glaube ich, meine Damen und Herren, ist es auch richtig, wenn der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gleich abgelehnt wird. Denn dieser Antrag ist in Anlehnung an den in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses vom 6. November 2008 bereits gestellten Antrag formuliert, der auch dort abgelehnt wurde. Ich kann das nur kommentieren: Ein rechtliches Erfordernis zur Ergänzung des § 4 Abs. 2 besteht nicht. Die Formulierung, die wir gewählt haben – ich zitiere – „auf der Grundlage eines satzungsmäßigen Verbundstatuts“ und der Verweis auf § 33 Sätze 1 und 3, also Satzung der Sparkassen- und Giroverbände, bringen den Freiwilligkeits- und Vertragsaspekt hinreichend deutlich zum Ausdruck.

Die Finanzkrise, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat erneut verdeutlicht, welch hohe Verantwortung Mitglieder von Organen für ihr Kreditinstitut tragen. Das Gesetz hält daran fest, dass Mitglied

eines Verwaltungsrates einer Sparkasse nur ein sachkundiger Bürger sein kann. Es präzisiert aber den Begriff der Sachkunde und – das ist neu hinzugefügt worden – es wird vorgesehen, dass sich die Mitglieder des Verwaltungsrates regelmäßig zur Wahrnehmung ihrer verantwortungsvollen Aufgabe im Verwaltungsrat fortbilden. Dies kann auch eine Fortbildung zur Wahrnehmung der Aufgaben im Risikoausschuss umfassen.

Für diesen Unterausschuss des Verwaltungsrates erlässt der Verwaltungsrat eine Geschäftsordnung, die unter anderem Regelungen über die Zuständigkeit enthält. Hierdurch kann eine den institutsspezifischen Besonderheiten entsprechende Risikoverteilung erfolgen und damit berechtigten Schutzinteressen genügt werden.

Der Entwurf, meine Damen und Herren, weist noch weitere Verbesserungen gegenüber der heute noch geltenden Rechtslage auf. Immerhin bildet er den zeitgemäßen und zukunftsfähigen Ordnungsrahmen, den unsere Sparkassen benötigen, um auch künftig stark und leistungsfähig sein und sich in schwierigen Situationen als ein wesentlicher Stabilisierungsfaktor erweisen zu können.

Die weiteren Verbesserungen dürften Ihnen geläufig sein. Ich möchte deshalb auf weitere Präzisierungen verzichten.

Ich weiß, dass Ihnen allen im Hohen Hause unsere Sparkassen am Herzen liegen. Ich möchte Sie bitten, dies dadurch zu bekunden, dass Sie das Sparkassengesetz verabschieden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Linssen. – Für die SPD spricht nun der Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann die Wahrnehmung auf dieser Seite des Hauses, bezogen auf den Prozess, den wir alle haben miterleben können und zum Teil Gott sei Dank dürfen, überhaupt nicht nachvollziehen. Meine Damen und Herren, wer an diesem Rednerpult von Missverständnissen im Zusammenhang mit der monatelang andauernden erheblichen substanziellen Kritik an Ihrem schlechten Gesetzentwurf redet, der leidet unter Wahrnehmungsstörungen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn ich dann in die Protokolle hineinschaue, kann ich nur sagen: Das Glück, das der Herr Finanzminister eben für sich in Anspruch genommen hat, ist sicherlich nichts, was real fassbar ist, wenn man das, was er heute hier unter Missverständnis abgetan hat, mit dem vergleicht, was er noch in vergangenen Plenardebatten an Durchhalteparolen zu

diesen verfehlten Ansätzen im Sparkassengesetz geäußert hat.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)