Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

(Allgemeine Heiterkeit)

Das ist die Realität. – Demonstranten! – Protestanten sind Sie auch.

(Zuruf von der Regierungsbank: Ich bin aber katholisch! – Heiterkeit)

Gut. – Die jetzt geplanten Veränderungen am Entwurf des Sparkassengesetzes sind eine Reaktion auf die Proteste der Gewerkschaften, der Sparkassen und ihrer Beschäftigten. Sie sind gleichzeitig eine schallende Ohrfeige für Finanzminister Linssen, der sich mit seinen weiter gehenden Forderungen nicht gegen die Kommunalpolitiker in der CDU durchsetzen konnte.

Einige der Änderungen am Gesetzentwurf wie der Verzicht auf den S-Finanzverbund NordrheinWestfalen und die Regelung, dass die Ausschüttungen der Sparkassen weiterhin vorrangig an gemeinnützige oder am Gemeinwohl orientierte Institutionen fließen, sind zwar positiv zu bewerten. Aber auch nach den letzten Korrekturen der Koalitionsfraktionen bleibt das Sparkassengesetz ein Einfallstor für die Privatisierung der Sparkassen. Der Zünder ist gelegt. Offen bleibt, wann die Bombe explodiert. Dies hängt auch von der EU, ihrer Bewertung und ihrem weiteren Vorgehen ab.

Aus meiner Sicht liegen die Grünen da etwas falsch. Sie sollten sich nicht so viel bei der CDU bedanken. Kritik ist weiterhin angesagt.

CDU und FDP halten auch im neuen Entwurf an der Ausweisung von Trägerkapital in den kommunalen Bilanzen fest. Dadurch steigt die Gefahr, dass finanzschwache Gemeinden in Notlagen zum Verkauf ihrer Sparkassenanteile gezwungen würden, um ihre Haushalte auszugleichen. Dann könnten private Investoren Zugriff auf die Sparkassen bekommen. Auch wenn eine Übertragung des Trägerkapitals erst einmal ausgeschlossen ist – das Land öffnet damit die Tür zu einer möglichen Privatisierung der Sparkassen.

Deswegen freut sich die FDP auch nach wie vor, und deswegen sollten die Grünen da sehr vorsichtig sein mit ihrer Bewertung. Denn gerade die öffentlich-rechtlichen Sparkassen haben sich angesichts der Finanzkrise als Hort der Stabilität erwiesen.

Gleichfalls kritisch zu bewerten ist die im Gesetzentwurf geregelte Fusion der beiden nordrheinwestfälischen Sparkassen- und Giroverbände bis Ende 2012. Eine Verbandsfusion wird weitere Sparkassenfusionen mit Filialschließungen und Arbeitsplatzverlusten vor Ort nach sich ziehen.

Ich und die Linke sind für einen Erhalt der öffentlichrechtlichen Sparkassen,

(Zurufe von der CDU)

ihrer kommunalen Einbindung und eine Stärkung ihrer Gemeinwohlorientierung. Die Bestrebungen der Landesregierung, die Sparkassen für private Investoren zu öffnen, lehnen wir ab. Diese Gefahr ist aber, wie gesagt, weiterhin vorhanden. Es tickt eine Zeitbombe; die Frage ist, wann sie hochgehen wird.

Deswegen werde ich den Gesetzentwurf ablehnen. Auch die Verbesserungsvorschläge, die noch von Grünen und SPD gemacht worden sind, ändern nichts an der grundsätzlichen Tatsache, dass zwar in drei von vier kritischen Punkten etwas verändert worden ist, aber der vierte entscheidende Punkt nach wie vor im Gesetz enthalten ist.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Jetzt hat noch einmal für Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort.

Danke, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist spannend, dass es jetzt um Missverständnisse geht – auf einer Strecke, die immerhin offiziell mit dem Arbeitsentwurf des zuständigen Fachministers, nämlich von Herrn Linssen, begonnen hat. Das war, wenn ich mich recht entsinne, im Jahre 2007 kurz vor den Sommerferien. Es begann also noch nicht einmal mit einem Gesetzentwurf.

Das, was in der Vergangenheit kritisiert und zum Teil in der Tat bereinigt worden ist, und das, was immer noch in der Kritik steht – Stichwort: Trägerkapital, also die sogenannten Missverständnisse, waren auch schon Missverständnisse im Sommer 2007. Insofern gab es auch schon sachlich orientierte Kritik an Ihren Entwürfen im Sommer 2007. Ich erinnere mich sehr genau, dass die kommunale Szene, die kommunalen Spitzenverbände und die Sparkassenverbände die Hoffnung hatten, dass zwischen Vorlegen Ihres Arbeitsentwurfs und der Vorlegen des Kabinettsentwurfs wesentliche Veränderungen eintreten würden. Damals hätte man vielleicht auch noch von Missverständnissen ausgehen können.

Heute kann man nicht mehr von Missverständnissen reden. Man kann erst recht nicht von Missverständnissen reden, wenn man die Anhörung verfolgt hat. Ich weiß noch, dass sowohl die Kolleginnen und Kollegen der SPD wie auch wir Ihnen immer wieder vorgehalten haben, dass Sie unisono -nur nicht vom Verband der Privatbanken – Kritik an den vier wesentlichen Punkten zu hören bekommen haben.

Ich will einräumen – das gehört auch zu einem korrekten Umgang miteinander in der Debatte –, dass sich davon zwei Punkte wesentlich verbessert haben.

Einer dieser Punkte ist § 39 mit dem Zwangsverbund. Von diesem Paragrafen haben Sie, Herr Linssen, und Sie von CDU und FDP übrigens die ganze Zeit behauptet, dass er ein Missverständnis sei. Ich muss schon sagen: Wenn Sie anderthalb Jahre lang nicht in der Lage sind, etwas, was Sie in den Gesetzentwurf hineinschreiben – und was Sie selber für ein Missverständnis halten, wenn die

andere Seite es falsch wahrnimmt –, auszuräumen, auch nicht bei Ihren Oberbürgermeistern und Bürgermeistern und bei vielen, die auf mehreren Ebene tätig sind, dann müssen Sie sich zumindest mangelnde Kommunikationsbereitschaft und mangelnde Kommunikationsfähigkeiten vorhalten lassen. – Aber auch das räumen wir zur Seite.

Herr Kollege.

Ja, Herr Präsident. – Ich will Ihnen noch eine letzte Bemerkung mit auf den Weg geben. Wenn Ihr Finanzminister so großzügig ist, Missverständnisse auszuräumen, dann sollten Sie mit uns und der SPD zusammen das aus Ihrer Sicht letzte Missverständnis auch noch ausräumen, nämlich das Missverständnis in Sachen Trägerkapital.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dazu kann ich gerne noch einmal wiederholen, was die fünf Verbände, nämlich die kommunalen Spitzenverbände und auch die Sparkassen- und Giroverbände, sagen.

Herr Kollege!

Sie sagen nämlich: Das ist überhaupt nicht besser geworden. Im Gegenteil: Es sind die zusätzlichen Formulierungen, die das verunklaren und mit Blick auf die EU eine neue Gefahr bilden.

Wir können dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wenn Sie beim Trägerkapital, um es zugespitzt zu formulieren, nicht bereit sind, …

Herr Becker!

… das letzte Missverständnis auch auszuräumen. Das sollten Sie morgen tun.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Hegemann das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte in der vorletzten Woche das Vergnügen, im Haushaltsausschuss anwesend zu sein. Unisono wurde dort von der Opposition erklärt: Ihr seid ja nicht in der Lage, ein Gesetz zu ändern. – Ich wurde niedergegrölt von dem „Großdöner“ Groth. Ich weiß gar nicht, wo er heute ist.

(Hannelore Kraft [SPD]: Der Minister wollte keinen Millimeter abweichen!)

Ist mir egal. Ich hätte mir gewünscht, dass er heute wiederholt, was er da an Unverschämtheiten von sich gegeben hat.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE] – Weitere Zurufe)

Ich stelle fest: Es ist in der Zwischenzeit viel geändert worden. Ich bin in der sechsten Legislaturperiode im Landtag und kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Entwurf von den Grünen, von der SPD oder auch von der SPD mit der FDP eine solche Änderung erfahren hat, und das im Einvernehmen – nicht gegen die Landesregierung! – mit der Landesregierung!

(Beifall von der CDU)

Sie haben wie mit einem Brett vorm Kopf Ihre Gesetze durchgezogen in der sicheren Erkenntnis, dass Sie etwas Falsches gemacht haben.

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Jetzt komme ich noch einmal zu dem Gesetz. Ich bin seit vielen Jahren in einem Verwaltungsrat, und ich habe meinen Verwaltungsrat für dieses Thema sensibilisiert, als ich noch auf große Langeweile bei allen Betroffenen gestoßen bin.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Damals?)

Nicht damals, in den letzten Jahren. Wir hatten auch einmal einen Grünen im Verwaltungsrat, der sagte, er ließe sich mit 75 DM nicht bestechen und wieder gegangen ist.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall von Ralf Wit- zel [FDP])

Das nur als kleine Geschichte am Rande!

In diesem Verwaltungsrat ist immer erklärt worden: Wir wollen keine Privatisierung. – Die wird es auch nicht geben.

Nun mache ich noch einen Einschub. Sie erklären: Was für die Sparkassen gut ist, wissen die und auch die Verwaltungsräte selbst am besten. – Aber wenn es um die Einführung des Trägerkapitals geht, sagen Sie: Das wissen die selbst nicht am besten. – Dann müssen wir das verbieten?

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Was glauben Sie denn, wie mündig eine solche Einrichtung ist? Sie sind zwar auf einem gewissen Wege, aber Sie sind doch weit weg von einer Splitterpartei. Glauben Sie, dass die SPD, solange sie in Verwaltungsräten ist, mit den Mitbestimmungsvertretern gegen die böse CDU jemals Trägerkapital einführen würde? Was trauen Sie Ihren eigenen Leuten eigentlich zu?

(Zuruf von der CDU: Gar nichts!)

Das ist das Stück von Staat, was Sie immer an Bevormundung wollten.

(Heike Gebhard [SPD]: Warum schreiben Sie es dann ins Gesetz?)