Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

(Heike Gebhard [SPD]: Warum schreiben Sie es dann ins Gesetz?)

Dass Trägerkapital dargestellt werden kann, ist ganz wichtig für viele Sparkassenvorstände.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Die glaubten nämlich jahrelang, ihnen gehört die Sparkasse. Da gab es auch welche, die sagten: Die gehört den Sparern; damit hat die Stadt überhaupt nichts zu tun. – Es gab auch welche, die sagten: Wir müssen sie in eine Stiftung einbringen; die Stadt hat nichts damit zu tun. – Mit einer kleinen Ausnahme: Wenn die Vorstandsverträge in der Zweckverbandsversammlung oder im Rat bestätigt werden mussten, haben sie sich immer erinnert, dass es doch noch jemanden über ihnen gibt, aber ansonsten waren sie Herrscher aller Reußen.

Tatsache ist: Durch die Darstellung des Trägerkapitals weiß man zumindest, wem die Sparkassen gehören. Es ist auch gut so, dass wir öffentlichrechtliche kommunale Sparkassen haben.

Herr Kollege Hegemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Brunn?

Aber gern.

Bitte schön.

Herr Kollege Hegemann, Sie sagen, dass die Sparkassen ja gar nichts gegen dieses Trägerkapital hätten. Ist Ihnen nicht die Stellungnahme aller Verbände von der letzten Woche bekannt, in der sie noch einmal ausdrücklich sagen, dass sie gegen die jetzt gefundene Regelung für Trägerkapital sind?

Man kann es nicht allen Leuten recht machen.

(Lautes Lachen von der SPD)

Ich sage Ihnen: Seien Sie doch genauso tapfer, wenn es um andere Dinge wie zum Beispiel die Veröffentlichung von Vorstandsbezügen geht. Sie würden sich wundern, wie viele gut versorgte Sozis Sie haben.

(Große Heiterkeit und lebhafter Beifall von CDU und FDP)

Dass die Sparkassenverbände oft die Interessen der Vorstände und nicht immer die der Kommunen vertreten, ist klar. Dies ist ein Kompromiss. Dies ist kein Gesetz der Verbände und kein Gesetz der

Kommunen, sondern es ist ein Kompromiss unter aktiver Mitgestaltung der Landesregierung.

(Ralf Jäger [SPD]: Das ist ein Missverständ- nis! – Heike Gebhard [SPD]: Zwischen wel- chen Interessen denn?)

Wenn Sie etwas nicht verstanden haben, muss das nicht an mir liegen, gnädige Frau.

(Heiterkeit und Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist an Dreistig- keit nicht mehr zu überbieten!)

Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Es gab vor 15 Jahren eine Meinung, Sparkassen gehörten privatisiert. Das Schlimmste, was in dem Zusammenhang gesagt worden ist, kam vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank. Der sagte: Öffentlich-rechtliche Kreditinstitute sind das Krebsgeschwür dieses Systems. – Der wäre froh, wenn er heute dieses Krebsgeschwür hätte.

(Beifall von der CDU)

Die Sparkassen haben in stürmischen Zeiten ihre Existenzberechtigung bewiesen. Es war richtig, dass wir sie jetzt gestärkt haben.

Aber wissen Sie, was infam ist? Wenn Leute von Ihnen zu bestimmten Zweigstellen gehen und sagen: Wenn das beschlossen wird, wird diese Zweigstelle geschlossen. – Wie viele Zweigstellen sind in der Vergangenheit geschlossen worden? Wie ist die Entwicklung im Kreditwesen? Alles auf dieses Gesetz zu schieben, das war schon eine miese Tour. Zweigstellenleiter, die Oma mit dem Sparbuch heiß zu machen und zu sagen: Wenn die Bösen sich durchsetzen, werden Sie demnächst weitergehen müssen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Das ist alles dummes Zeug. Wenn wir die Sparkassen gemeinsam modernisieren, glaube ich, dass es eine große Koalition gibt, eine riesengroße Koalition.

Sie von den Grünen, geben Sie sich mal einen kleinen Ruck! Ihr Antrag liest sich doch hervorragend. Aber am Schluss – ich kenne das ein bisschen – haben Sie gesagt: Jetzt muss ich noch irgendetwas finden, das zeigt, dass wir dagegen sind.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ja, ich sage mal 98 %. Dann kommen Sie wieder mit dem Trägerkapital

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

und sagen: Das ist jetzt das Ding, da können wir nicht drüber springen. – Also, geben Sie sich einen Ruck! Sie alle haben den Kompromiss gelobt, und dann haben Sie sich eine Woche lang überlegt, warum Sie doch dagegen sein können.

(Heiterkeit von der CDU)

Machen Sie jetzt „Hic Rhodus, hic salta“! Machen Sie einen großen Wurf! Stimmen Sie für unser Gesetz!

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hegemann. – Für die SPD-Fraktion erhält noch einmal Frau Walsken das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hegemann, mal grundsätzlich: Ich finde es gut, wenn die Fraktionen im Parlament die Kraft haben, Gesetze der Landesregierung zu verändern. Schlecht ist es, meine Damen und Herren – deshalb war es bemerkenswert, dass Herrn Hegemann kein Beispiel aus der rot-grünen Regierungszeit einfiel –, wenn durch die Änderungen der regierungstragenden Fraktionen das Gesetz im Grunde eliminiert wird.

(Ralf Jäger [SPD]: Missverständnis!)

Schlecht ist es an der Stelle auch, wenn der wesentliche Eckpfeiler des Gesetzes – wie der Finanzminister es immer gesagt hat –, nämlich der gesetzlich vorgesehene Verbund mit der WestLB, ersatzlos gestrichen wird. Das ist ein Schlag ins Gesicht des Finanzministers!

Meine Damen und Herren, die Änderungen in dem Gesetz waren deshalb so entscheidend, Kollege Hegemann, weil die Sparkassen, die Mitarbeiter, die Kunden, die Fachwissenschaft, die Verbände, Teile der Koalitionsfraktionen, Ihre Kollegen, so vehement dafür waren.

Kollege Hegemann, beim Trägerkapital geht es keineswegs um einen Kompromiss. Das Trägerkapital ist der einzige Punkt aus der Offensive des Finanzministers zur Privatisierung, der in diesem Gesetz bleiben soll, damit der Finanzminister sein Gesicht wahren kann.

(Lachen von Minister Dr. Helmut Linssen)

Dieser Preis ist zu hoch, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Das Implementieren von Trägerkapital, Kollege Hegemann, ist keine Frage der vermeintlichen Dummheit von Verwaltungsräten – weit gefehlt! Daran sieht man, dass Sie sich erst seit Kurzem mit diesem Thema beschäftigen.

(Heiterkeit von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Trägerkapital ist als Begriff in der Rechtswissenschaft in der Bundesrepublik nicht bekannt. Es ist eine Wortschöpfung im Auftrag von Finanzminister Linssen. Nicht handelbares Trägerkapital, so wie es jetzt im Gesetz steht, gibt es rechtlich gesehen

nicht. Nach dem Handelsrecht ist aber eine Nähe zu handelbarem Stammkapital herzustellen. Deshalb lauert Gefahr, Herr Kollege Hegemann, dass die private Bankenvereinigung auf EU-Ebene intervenieren und vor dem EuGH eine Handelbarkeit von Stammkapital oder Trägerkapital einklagen wird. Das ist die wahre Gefahr für die Sparkassen. Daher fordern wir: Auch das Trägerkapital muss aus dem Gesetz heraus!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Frau Kollegin Walsken, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Klein?

Bitte schön, Herr Klein.

Frau Kollegin Walsken, wie bewerten Sie denn die Tatsache, dass etwas mit dem Trägerkapital total Vergleichbares seit zehn Jahren in Rheinland-Pfalz existiert und in den glühendsten Farben von Kurt Beck, dem früheren Bundesvorsitzenden der SPD, eingeführt worden ist?

(Beifall von der CDU)