Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Themen haben wir hier zu behandeln: das LKW-Überholverbot und Tempo 130 auf nordrhein-westfälischen Autobahnen.
Meine Damen und Herren, die Elefantenrennen auf zweispurigen Autobahnen waren in der Tat in Nordrhein-Westfalen ein großes Problem für den Verkehrsfluss und die Verkehrssicherheit. Aber das ist vorbei, weil der Verkehrsminister von NordrheinWestfalen, Oliver Wittke, im Gegensatz zu Bundesverkehrsminister Tiefensee gehandelt hat. Gemeinsam mit der Koalition aus CDU und FDP hat er genau auf den viel befahrenen Strecken ein Überholverbot verhängt, was nachweislich zu einem besseren Verkehrsfluss und zu mehr Verkehrssicherheit geführt hat.
Das ist eine pragmatische Politik, die es in Nordrhein-Westfalen unter CDU und FDP, die es leider unter der Bundesregierung aus SPD und CDU nicht gibt. Das ist der große Unterschied.
Auch auf mehrspurigen Autobahnen – Herr Becker führt das immer wieder an – kann man über dynamische Verkehrsleitsysteme abhängig von der Menge des Verkehrs Überholverbote für LKW verhängen. Auch da kann man intelligent reagieren. Die Grünen fordern ein generelles LKWÜberholverbot auf allen nordrhein-westfälischen Autobahnen. Das ist mit uns nicht zu machen, denn wenn die LKW sich gegenseitig überholen, wenn überhaupt kein Verkehr da ist, stört das niemanden. Wo es um Verkehrssicherheit und um den Verkehrsfluss geht, ist auch die FDP für Überholverbote für LKW in Nordrhein-Westfalen.
Das Thema ist noch relativ einfach, meine Damen und Herren. Interessanter wird es beim Ansinnen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, auf nordrheinwestfälischen Autobahnen ein Tempolimit von 130 km/h einzuführen. Interessant ist in der Tat die Argumentation der SPD, die auf einem Bundesparteitag beschlossen hat, in Deutschland ein Tempolimit von 130 km/h einzuführen. Herr Wißen, wir sind froh, dass Sie nicht 80 km/h beschlossen haben. Einige von Ihnen hätten das wahrscheinlich auch gerne gemacht.
(Ralf Witzel [FDP]: Oder 60 km/h! – Gegenruf von Carina Gödecke [SPD] – Lachen von Bodo Wißen [SPD])
Wenn Sie mit Zuversicht auf eine neue Bundesregierung blicken, Herr Wißen – ich schätze, Sie schauen auf eine Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen, vielleicht auch mit den Linken –, muss man feststellen: Bündnis 90/Die Grünen ist klar für die Temporeduzierung. Lieber 120 km/h als 130 km/h. Deswegen hat Herr Trittin auch 130 km/h abgelehnt, weil er 120 km/h haben wollte.
Die Mehrheit der SPD ist auch für ein Tempolimit von 130 km/h. Also ist doch glasklar: Wenn RotGrün auf Bundesebene kommt, wird es eine Regelung zur Reduzierung der Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen geben; das steht fest, meine Damen und Herren.
Anders gehen CDU und FDP vor: Wir streben individuelle Lösungen an. Wo viel Verkehr ist, kann es eine Geschwindigkeitsbegrenzung geben, individuell über technische Möglichkeiten. Bei einem hohen Verkehrsfluss steht über den Autobahnen 120 km/h.
Herr Kollege Rasche, entschuldigen Sie die Unterbrechung. – Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Witzel?
Herr Kollege, ich habe eine Nachfrage zur Plausibilität der Ausführungen von Herrn Wißen. Wie bekannt ist, gab es schon einmal eine rot-grüne Bundesregierung. Grüne und SPD sind mit dem Versprechen in ihren Wahlprogrammen in den Wahlkampf gestartet, ein Tempolimit einzuführen. Das lehne ich natürlich nachdrücklich ab.
Ich frage Sie aber angesichts des Umstandes, dass, obwohl SPD und Grüne nach der Bundestagswahl die Mehrheit hatten, diese Forderung, die in beiden Programmen stand, nachher – zum Glück – nicht umgesetzt wurde: Ist es nach Ihrer Ansicht plausibel, davon auszugehen, dass man den Aussagen der Wahlprogramme von SPD und Grünen vertrauen kann?
Lieber Kollege Witzel, die Einschätzung, ob man den Wahlprogrammen von Grünen und SPD vertrauen kann, überlasse ich den
Der Fall Ypsilanti hat gezeigt, welches Vertrauen ab und zu bei den Genossen herrscht; es gibt aber auch andere Beispiele.
Lieber Herr Wißen, lieber Herr Witzel, die SPD hat auf dem Bundesparteitag im Jahre 2007 beschlossen – damals gab es schon die Große Koalition –, ein Tempolimit von 130 km/h einzuführen. Ich bin mir sicher: Wenn die SPD wieder in Regierungsverantwortung kommt, wird sie das gemeinsam mit den Grünen umsetzen.
Als Argumentation wird immer der Klimaschutz vorgeschoben, Frau Löhrmann. Der Verein Deutscher Ingenieure und das Umweltbundesamt haben berechnet, welchen Effekt ein Tempolimit auf den CO2-Ausstoß hätte. Das Umweltbundesamt, in dem nach wie vor noch viele Ihrer Persönlichkeiten beschäftigt sind, rechnet mit einem positiven Ergebnis von 0,3 %. Der Verein Deutscher Ingenieure rechnet mit einem Ergebnis von 0,08 %. Meine Damen und Herren, das ist doch kein Argument, um in Nordrhein-Westfalen oder in Deutschland ein Tempolimit einführen zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir kann niemand erzählen, warum man einen Autofahrer, der am Sonntagmorgen um 7 Uhr auf freier Autobahn von Dortmund nach München fährt, mit einem Tempolimit von 120 oder 130 km/h schikanieren soll. Das hilft weder dem Klimaschutz noch der Verkehrssicherheit oder dem Verkehrsfluss.
Meine Damen und Herren, ständige Verbote entsprechen dem Denken der Grünen. Pauschale Tempolimits sind nichts weiter als grüne Ideologie. Deswegen werden wir diesen Antrag und diesen Blödsinn ablehnen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Wittke das Wort. Bitte schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der Tat besteht ein großes Ziel der Verkehrspolitik dieser Landesregierung darin, die notwendigen Verkehre möglichst sicher und möglichst umweltverträglich abzuwickeln. Aber bei der Wahl der Mittel muss man ganz genau hinschauen.
Ich glaube, dass der Kollege Schemmer völlig recht hatte, als er gerade feststellte, dass Sie, Herr Becker, wieder ganz tief in die politische Mottenkiste
gegriffen haben. Ihr heutiger Vortrag vor diesem Hohen Haus ist der fünfte, sechste oder siebte Aufguss von Ideen der Vergangenheit, die uns keinen Deut weiterführen, ganz im Gegenteil. Ich finde diese Debatte mittlerweile ermüdend.
Darum gehe in aller Kürze zuerst auf die angebliche Umweltentlastung durch Tempolimits ein. Würde morgen nicht Tempo 130, sondern Tempo 120, wie von einigen Ihrer Freunde gefordert wird, auf nordrhein-westfälischen und auf deutschen Autobahnen eingeführt, könnten die Stickoxid- und die Kohlendioxidemissionen gerade einmal um 2 % gesenkt werden.
Vor diesem Hintergrund hat der sicherlich auch Ihnen bekannte ehemalige Bundesumweltminister, Jürgen Trittin, im vergangenen Jahr in der Fernsehsendung „Hart aber fair“ ausdrücklich erklärt, dass mit der Verringerung des klimaschädlichen Kohlendioxidausstoßes ein generelles Tempolimit von 120 oder gar 130 km/h nicht zu rechtfertigen sei. – An dieser Stelle hat Herr Trittin ausnahmsweise recht; vielleicht hören Sie einmal auf ihn.
Herr Kollege Becker, wenn Sie mehr Überholverbote für LKW fordern, muss man fragen, was aus Ihren Initiativen der Vergangenheit geworden ist. Diese nordrhein-westfälische Landesregierung hat dafür gesorgt, dass heute auf 50 % mehr Autobahnabschnitten LKW-Überholverbote gelten, als es zu rot-grünen Regierungszeiten, die gerade einmal dreieinhalb Jahre zurückliegen, der Fall war. Nichts haben Sie getan! Aber Sie haben eine relativ große Klappe, stellen sich hierhin und fordern immer mehr!
Die nordrhein-westfälischen Autobahnen sind die sichersten Straßen in Europa. Es gibt keine sichereren Autobahnen oder Straßen auf diesem Kontinent. Ich will Ihnen die Zahlen nennen, denn manchmal hilft es, sich mit Fakten auseinanderzusetzen, anstatt pure Ideologie zu verbreiten.
Während auf den Bundesstraßen in Deutschland im Jahre 2006 zwölf Menschen pro Milliarde gefahrener Kilometer getötet worden sind, waren es auf den Autobahnen gerade einmal drei Getötete. Um nicht missverstanden zu werden: Sowohl die zwölf Getöteten auf Bundesstraßen wie auch die drei Getöteten auf Bundesautobahnen pro Milliarde KFZKilometer sind immer noch zu viele. Das ist in der Tat ein Spitzenwert.
Ich kann ihn auch auf die Einwohnerzahl beziehen. In Nordrhein-Westfalen gibt es gerade einmal vier im Straßenverkehr getötete Menschen pro Hunderttausend Einwohnerinnen und Einwohner. Selbst im EU-Vorzeigestaat, den Niederlanden, sind es 4,5 Getötete pro Hunderttausend Einwohner. Wäre
Nordrhein-Westfalen ein eigener Nationalstaat, würden wir die Europaliga der Sicherheit unserer Straßen anführen. Daher brauchen wir von Ihnen keine Belehrungen, wie wir die Straßen noch sicherer machen!
Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen: Wir werden nicht nachlassen, unsere nordrheinwestfälischen Straßen noch sicherer zu machen. Wo es notwendig ist, werden wir weitere LKWÜberholverbote nicht nur auf vier-, sondern auch auf sechsstreifigen Bundesautobahnen einführen, die wir schon an vielen Stellen in diesem Land finden.
Aber wir werden bei der Sicherheit und bei der Umweltverträglichkeit unserer Verkehrspolitik nicht in die ideologische Mottenkiste greifen.