Ich möchte einige weitere Bemerkungen machen, weil das relativ zeitgleich war. Das Bundesverfassungsgericht – ich wünsche Ihnen im Übrigen gute Reise, denn Ihre Initiative wird wahrscheinlich nie realisiert werden – hat in seinem Urteil vom 14. Oktober noch einmal die Rechtshilfe von Menschen gestärkt. Ich möchte Ihnen einen Passus in Erinnerung rufen, der sich auf die Grundsätze bezieht, in dem es heißt:
Mit dem Beratungshilfegesetz vom 18. Juni 1980 hat der Gesetzgeber diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Rechtswahrnehmungsgleichheit im Grundsatz Genüge getan.
Wenn ich mir das auf der Zunge zergehen lasse, bemerke ich: Darin steht nicht „ausreichend“, sondern „Genüge getan“. Das ist gerade ausreichend. Sie wollen das jetzt verschlechtern! Auch in dieser Frage wünsche ich gute Reise, meine Damen und Herren!
Die Einschränkung der Beratungshilfe steht aus meiner Sicht nicht allein, sondern reiht sich in einen Kanon bestimmter Maßnahmen im sozialpolitischen Bereich ein, die ich in Erinnerung rufen will. Zunächst geht es um die Frage der Einschränkung der Prozesskostenhilfe, die auch im Landtag debattiert worden ist. Weiterhin geht es um die Frage der Einschränkung der Fachgerichtsbarkeit – Stichwort: Abschaffung der Sozialgerichte – und um die Wahrnehmung des Rechtsschutzes von Betroffenen vor Sozialgerichten. In allen diesen Punkten wollen Sie eine Einschränkung der Wahrnehmung sozialer Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Irrweg der Landesregierung; kehren Sie um!
zum Recht darf nicht allein vom Geldbeutel abhängen. Es ist ein Gebot des sozialen Rechtsstaates und eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Mit diesen beiden Sätzen hat die Bundesjustizministerin Ihre Gesetzesvorhaben abgelehnt. Diesen Sätzen schließen wir uns vorbehaltlos an. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Garbecht, „moralisch verwerflich“ sind markige Worte.
Denn Sie haben natürlich nicht erwähnt, dass der Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf eine Beratung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe war, in der natürlich auch mehrere Länder vertreten waren, in denen Ihre Partei, die SPD, mitregiert, wie SachsenAnhalt und Sachsen.
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat bei ihren Untersuchungen des Beratungshilfegesetzes, das nun fast 30 Jahre alt ist, Verwerfungen bei der praktischen Anwendung der Beratungshilfe vorgefunden. Wer gegenwärtig nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Beratungshilfe bean
spruchen kann, muss sich nicht wirtschaftlich verhalten. Selbst für Angelegenheiten geringsten Wertes wird Beratungshilfe gewährt, die aber in keinem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Rechtsverfolgung steht.
Eine Frage ist, ob nicht im Rahmen der Beratungshilfe verlangt werden kann, dass die Mittelverwendung vorab geprüft und einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen wird. Denn so würden die Mittelkosten den gleichen Entscheidungsprozessen unterworfen, denen jeder andere Bürger ausgesetzt ist, wenn er sich für einen Anwalt entscheidet. Jeder andere muss das genauso prüfen und für sich entscheiden. Der von der SPD angesprochene Gesetzentwurf des Bundesrates enthält eben keine – ich betone: keine – einschneidenden Verschlechterungen der Rechtsberatung für die SGB IILeistungsbezieher.
Er präzisiert überwiegend lediglich das bereits geltende, aber nicht konsequent angewandte Recht. Die mit dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Regelungen erweitern in Bezug auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtssuchenden die Aufklärungsmöglichkeiten des Gerichts. Was ist dagegen einzuwenden?
Weiterhin soll die Beratungshilfe nur dann bewilligt werden, wenn sie auch notwendig ist. Eben hierfür ist Voraussetzung, dass die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist. Auch hieran ändert der Gesetzentwurf nichts. Er präzisiert lediglich den Mutwilligkeitsbegriff, indem er den sogenannten Selbstzahlervergleich kodifiziert. Diese Konkretisierung und die sich hierdurch möglicherweise ergebende Reduzierung der Inanspruchnahme von Beratungshilfe werden vom Landesverband NordrheinWestfalen im Deutschen Anwaltsverein ausdrücklich begrüßt.
Weiterhin präzisiert der Gesetzentwurf das Erforderlichkeitskriterium für die anwaltliche Vertretung. Der Gesetzentwurf sieht daher unter keinem Gesichtspunkt den im Antrag behaupteten Einschnitt in die Rechtstaatlichkeit vor.
Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, es gibt auch einen Landesparteitagsbeschluss. Darin heißt es: Der Gesetzentwurf des Bundesrates wird als unsozial und unsolidarisch abgelehnt. Bundestags- und Landtagsfraktionen werden aufgefordert, ihre Möglichkeiten zur Verhinderung des Gesetzentwurfes zu nutzen. – Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht etwa ein Beschluss eines SPDLandesparteitages, sondern ein Beschluss eines Landesparteitags der SED-Fortsetzungspartei Die Linke.
Die hat das nämlich in Sachsen am 11. Oktober 2008 so beschlossen. Es ist schon bezeichnend, dass die nordrhein-westfälische SPD hier die Position der Linken übernimmt.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Frechheit! Niveau- los! Daneben ist das! – Hannelore Kraft [SPD]: Was ist das für ein Niveau? – Weitere Zurufe von der SPD)
Werte Kollegen, den Sach- und Diskussionsstand kann man wie folgt zusammenfassen: Der Gesetzentwurf versucht Auswüchse und teilweise rechtsmissbräuchliche Anwendungen zu beseitigen, ohne in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen einzugreifen. Jede Privatperson muss die ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Ressourcen verantwortungsbewusst und mit Sorgfalt einsetzen, selbst wenn es um die eigenen Rechte geht. Im privaten Bereich ist das selbstverständlich. Nichts anderes kann und darf dort gelten, wo fehlende private Mittel durch öffentliche Leistungen kompensiert werden. – Das ist die Zusammenfassung Ihrer Parteikollegin im Bundesrat, nämlich der Justizministerin Kolb aus Sachsen-Anhalt. Dem ist inhaltlich nichts hinzuzufügen – außer vielleicht der Hinweis, dass Frau Kolb vom Bundesrat zu dessen Beauftragten für diesen Gesetzentwurf benannt worden und natürlich Mitglied der SPD ist. Vielleicht schließen Sie sich einfach einmal mit ihr kurz, und dann sehen wir, wie die Beratungen weiter verlaufen. – Danke schön.
(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Unterirdisch! An den Interessen der Menschen vorbei!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist mal wieder ein Stück nach dem Motto „Die SPD, die soziale Partei“, die dabei alles das vergisst, was sie an unsozialen Taten so begeht und vollbracht hat.
(Dieter Hilser [SPD]: Das muss ausgerechnet die FDP sagen! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Haben Sie einen Spiegel dabei, Herr Dr. Orth?)
Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich auf einige Punkte eingehen. Sie Sozialdemokraten haben vor Kurzem die Reduzierung der Pendlerpauschale beschlossen. Ich finde das total unsozial, meine Damen und Herren. Sie haben beim Gesundheitsfonds viele Regelungen getroffen, die ich für extrem unsozial halte.
Sie haben den Mehrwertsteuersatz erhöht. Das ist doch wohl das unsozialste, was man machen kann. Sie haben eine Erbschaftssteuerreform auf den Weg gebracht, die auch nicht sozial ist.
(Beifall von Ralf Witzel [FDP] – Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie sprechen immer von der Großen Koalition, Herr Kollege!)
Sie haben die Rentenbeitragssätze erhöht. Das halte ich für absolut unsozial. Sie haben den Kindergeldbezug für Kinder nur noch bis zum Alter von 25 Jahren zugelassen. Das halte ich für unsozial. Und Sie haben die Eigenheimzulage abgeschafft. Auch das halte ich für unsozial.
Meine Damen und Herren, daran sehen wir: Die großen Themen schweigen Sie tot, und Sie reden hier zur besten Stunde des Parlamentes über 20 €, die vielleicht einmal einer in seinem Leben bezahlen muss.
Meine Damen und Herren, das ist eine falsche Gewichtung, die Sie hier vornehmen, und das sollte das Parlament auch einmal ganz klar aussprechen, meine Damen und Herren.
Wenn wir hier über das Beratungshilfegesetz reden, dann muss man wissen: Das Beratungshilfegesetz gilt nicht nur für Beratungshilfe in Hartz IV-Fällen, sondern für alle möglichen Fälle. Wenn wir uns dann anschauen, was Sie in Ihrer Regierungszeit dafür ausgegeben haben, dann ist festzustellen: 2004 8,5 Millionen €, 2005 – die Zeit haben wir uns schon geteilt – 13,5 Millionen € und 2007 19 Millionen €. Das zeigt doch: Wir als CDU/FDP-Regierung geben Jahr für Jahr wesentlich mehr für Beratungshilfe aus als Sie in Ihrer angeblich so sozialen Zeit.
Man muss doch einmal überlegen, wieso wir mit unserem Begehren nicht alleine dastehen. – Herr Kollege Giebels hat schon zu Recht auf Frau Kolb, Justizministerin des Landes Sachsen-Anhalt, hingewiesen. Ich könnte das jetzt wunderbar zitieren, möchte es Ihnen aber ersparen. Sie kennen Ihre Parteifreundin und können sich ja mit ihren Reden auseinandersetzen. Es waren aber nicht nur Sachsen-Anhalt und NRW, sondern fünf Bundesländer, und die Mehrheit dieser Bundesländer wird von Ihrer Partei mitregiert, meine Damen und Herren. Und dann sagen Sie, wir in NRW seien so unsozial.
Stellen Sie doch auf dem Bundesparteitag einen Antrag. Führen Sie doch Ihre Kollegen aus Schleswig-Holstein vor. Führen Sie doch Ihre Kollegen aus Sachsen-Anhalt vor. Führen Sie doch Ihre Kollegen
aus Sachsen vor. Wenn Sie da Erfolg haben, dann kommen Sie bitte wieder hierher, meine Damen und Herren.