Protokoll der Sitzung vom 17.12.2008

In diese Qualität wollen wir investieren. Deshalb muss die Qualitätsdebatte bei der Bildung im Vordergrund stehen – auch in Zeiten des demografischen Wandels. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Zur allgemeinen Kenntnisnahme: Nach meiner Information hat die Landesregierung die Redezeit um acht Minuten überschritten. Das ist gerade von der FDP entsprechend in Anspruch genommen worden.

Als Nächstes hat der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Sagel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es ist schon immer wieder erstaunlich, wenn die größten Ideologen hier im Landtag – und das sind Sie von der FDP, die Heuschreckenpartei –

(Lachen von Ralf Witzel [FDP])

den anderen Ideologie vorwerfen, Sie, die hier im Landtag ständig Kapitalismus pur dozieren, Herr Witzel; das ist schon wirklich abenteuerlich.

(Ralf Witzel [FDP]: Da müssen Sie doch sel- ber lachen!)

Die größten Schreihälse für Kapitalismus pur werfen anderen Ideologie vor.

Vor lauter Pakten und Masterplänen ist weder erkennbar, wohin die Landesregierung will, noch was das für die Menschen in Nordrhein-Westfalen bringen soll. Niemand versteht hier in NordrheinWestfalen, was Sie eigentlich mit Ihrer Politik erreichen wollen.

Herr Laschet, während James, nachdem er über den Tiger gestolpert ist, sich immerhin noch auf den Beinen halten kann, liegen Sie nach jedem Maßnahmenpaket voll auf dem Bauch. Der, der über den Tiger stolpert, das sind Sie, Herr Laschet. Das ist das, was Sie in Nordrhein-Westfalen anrichten.

Was bringen denn Ihre Maßnahmen konkret für die Menschen im Land? Wir müssen feststellen, dass wir mittlerweile über 1 Million Hartz-IVEmpfängerinnen und -Empfänger im Land haben. Ihre Zahl wächst weiter.

Es gibt immer mehr Menschen, die ergänzende Sozialhilfe bekommen. Dafür ist der Sozialabbauminister Laumann ganz wesentlich verantwortlich. Sie sind der größte Sozialabbauminister, den Nordrhein-Westfalen jemals erlebt hat. Das ist Ihre Politik, die Sie in Nordrhein-Westfalen machen.

(Marc Ratajczak [CDU]: Unverschämtheit! – Ralf Witzel [FDP]: Sie haben das als Grüner doch beschlossen! Davon wollen Sie heute nichts mehr wissen!)

Hören Sie doch endlich auf, Sie Schreihälse von der FDP.

Was Herr Laschet hier macht, ist doch keine Integrations- und Migrationspolitik. Sie schieben die Leute doch weiterhin ab. Ich habe sie gesehen, wie sie auf den Müllhalden in Serbien dahinvegetieren. Trotzdem werden nach wie vor Kinder aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben.

Sieht man sich vor allem die Situation im nördlichen Ruhrgebiet an, stellt man fest: Über 50 % der Kinder, die aus Migrationsfamilien kommen, haben keine Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Das ist die reale Situation. Das ist Ihre Politik. Sie steuern auf eine soziale Katastrophe nach dem Jahr 2025 zu.

Sie könnten ganz konkret Abhilfe schaffen – das bringen wir als Linke in die Debatte ein –: Sie könnten zum Beispiel endlich die Hartz-Regelsätze um 200 € erhöhen. Das wäre einmal eine ganz konkrete Maßnahme und würde auch der Konjunktur helfen.

(Widerspruch von CDU und FDP)

Sie könnten auch endlich Mindestlöhne einführen, was ebenfalls sehr konkret helfen würde. Aber auch an dieser Stelle verweigern Sie sich. Sie verweigern auch, dass es sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für alle gibt, und machen vielmehr Ein-EuroJobs und all diese Maßnahmenpakete. Damit trei

ben Sie die Leute weiter in die sozialen Missstände. Das ist Ihre konkrete Politik in Nordrhein-Westfalen.

Herr Abgeordneter, Kollege Ratajczak möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?

Ich lasse sie immer gerne zu. Meine Zwischenfragen haben die anderen ja nicht so gerne. Aber bitte schön.

Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Sagel, ganz herzlichen Dank. Könnten Sie mir bitte noch einmal den Zusammenhang zwischen wirklich schlimmen Situationen von Kindern auf Müllkippen in Serbien und der Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen erklären? Ich kann da wirklich keinen Zusammenhang erkennen und halte es für eine große Unverschämtheit, dass Sie solche Situationen in Serbien mit wirklich schlimmen Zuständen mit unserer ganz hervorragenden Integrationspolitik in NordrheinWestfalen in Zusammenhang bringen. Das ist schlichtweg unverschämt.

(Beifall von der CDU)

Und es ist sehr unverschämt, dass Sie das weiter machen. Ich bin selber noch vor sechs Monaten in Serbien gewesen und habe die Kinder und Jugendlichen, die aus Deutschland und auch aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben worden sind, interviewt. Ich kann Ihnen die Bilder zeigen; ich habe sie dabei. Das ist nach wie vor die Realität.

Vor allem handelt es sich teilweise auch um Kinder, die in Deutschland geboren sind. Das ist die reale Situation dessen, was Sie hier nach wie vor politisch machen. Sie sollten sich vielleicht einmal ein bisschen konkreter mit den Zuständen hier im Land beschäftigen, anstatt im Landtag große Reden zu halten. – Das zur Beantwortung Ihrer Frage.

Wir sollten uns auch noch einmal die Schul- und Bildungspolitik ansehen. Ich komme aus Münster, wie Sie wissen. Dort gibt es heue eine große Demonstration. Wissen Sie warum? Wegen der Einführung der Studiengebühren. Heute wird wieder darüber verhandelt, ob die Studiengebühren erhöht werden. Es ist kein Wunder, dass junge Menschen hier im Land vor Ihrer Politik Angst haben und sich bedroht fühlen.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie machen Politik mit der Angst der Menschen!)

Denn sie müssen schon heute Schulden für die Zukunft aufnehmen, damit sie überhaupt ein ver

nünftiges Studium in Nordrhein-Westfalen absolvieren können.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie haben als Alt-Grüner Studiengebühren in NRW eingeführt!)

Als erste Maßnahme im Hessischen Landtag, der am 18. Januar 2009 neu gewählt wird, haben wir Linken durchgesetzt, dass die Studiengebühren abgeschafft werden. Das ist konkrete linke Politik. Das ist eine vernünftige Politik.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das ist eine Politik für junge Menschen in diesem Land. Sie machen genau das Gegenteil. Sie sorgen dafür, dass den jungen Menschen schon heute Schulden für die Zukunft aufgebürdet werden.

Damit komme ich zum Ende; ein bisschen mehr Redezeit habe ich wegen der Überziehung der Landesregierung wahrscheinlich auch noch. Mit den Grünen habe ich ein Konjunkturprogramm vorgeschlagen, die das als Erste im Landtag getan haben.

Ich selber habe den Antrag „Innovation durch Investition“ gestellt. Sie haben sich die ganze Zeit verweigert. Jetzt redet auf einmal auch Ihr Ministerpräsident davon, dass die Landesregierung auch ein Konjunkturprogramm aufgelegt habe. Es ist schon sehr lächerlich, wenn Sie Maßnahmen, die längst im Haushalt stehen, als Konjunkturprogramm verkaufen wollen. Lächerlicher geht es eigentlich nicht, Herr Ministerpräsident Rüttgers.

Ich bin sehr überrascht, dass die SPD nach Wochen des Abwartens und Zögerns selber einen Vorschlag gemacht hat. Das konnte ich gestern in der Presse lesen. Die Dinge, die ich in die Öffentlichkeit bringe, werden von der Presse leider so nicht aufgenommen. Ich habe schon vor längerer Zeit ein 3Milliarden-€-Programm mit ganz konkreten Maßnahmen vorgeschlagen, mit dem Nordrhein-Westfalen geholfen wäre.

Ich sage es noch einmal: Für die Hartz-IVEmpfängerinnen und -Empfänger und die Sozialhilfebeziehenden könnten Sie eine ganz andere Politik machen. Das Geld würde direkt in die Wirtschaft fließen. Diese Leute brauchen nämlich das Geld, weil sie es nicht haben – auch nicht vor Weihnachten. Die Kinder können sich bei einem Betrag von 2,50 € am Tag, der in den Hartz-Regelsätzen vorgesehen ist, noch nicht einmal ein vernünftiges Mittagessen leisten. Das ist Ihre Politik. Das ist eine soziale Katastrophe, in die Sie das Land steuern.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte wurde öfter die Frage angesprochen, was wir denn für den demografischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt tun.

Ich möchte gerne zwei Punkte nennen: NordrheinWestfalen ist das einzige Land in Deutschland, in dem es ein Abkommen der Sozialpartner, der Arbeitgeber, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Landesregierung gibt, den demografischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt zu einem Thema zu machen. Auch Sie sind alle zu vielen Veranstaltungen eingeladen gewesen, die ich zu diesem Thema zusammen mit den Arbeitgebern und den deutschen Gewerkschaften quer durch NordrheinWestfalen gemacht habe.

(Günter Garbrecht [SPD]: Ich war bei einer dabei!)

Darüber hinaus ist der entscheidende Punkt für den demografischen Wandel auf dem Arbeitsmarkt, dass wir mit älter werdenden Belegschaften innovationsfähig bleiben müssen. Heute ist die größte Gruppe der Menschen, die aktiv beschäftigt sind, zwischen 35 und 45 Jahre alt. In zehn Jahren wird die größte Gruppe zwischen 45 und 55 Jahre alt sein.

Wie schaffen wir es, mit einer älter werdenden Belegschaft innovativ zu bleiben? Es wird nicht nur allein auf die Frage ankommen, wie lange wir arbeiten, sondern vor allen Dingen darauf, wie innovativ wir arbeiten. Wie halten wir die Innovation gegenüber Volkswirtschaften durch, die viele junge und zunehmend gut ausgebildete Menschen haben? Deswegen hat die Landesregierung von NordrheinWestfalen das Thema der beruflichen Weiterbildung zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeitsmarktpolitik gemacht.

Sie finden nämlich in ganz Europa kein Land, wo es den Bildungsscheck wie in Nordrhein-Westfalen gibt. Dieses Instrument existiert seit 34 Monaten. 200.000 Arbeitnehmer in diesem Land haben hiervon Gebrauch gemacht, um mit ihren beruflichen Kenntnissen auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

(Beifall von der CDU)

Deswegen sehen Sie, dass wir bei der Arbeitsmarktpolitik – ich habe leider nicht mehr Redezeit – auf diese Frage sehr gut eingestellt sind. In Nordrhein-Westfalen sind wir Schrittmacher dieser Entwicklung für ganz Deutschland.

Ich kann im Übrigen die Innovationen aus dem Bundesarbeitsministerium in Berlin kaum erkennen. Deswegen glaube ich, dass die heutige Debatte deutlich gemacht hat, dass die große Herausforderung, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt, bei der jetzigen Landesregierung nicht nur in guten Händen ist, sondern aktiv gestaltet wird. In diese Arbeit können Sie alle gern großes Vertrauen setzen. – Danke schön.