Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

Jetzt ist nicht die Zeit für Wunderheiler oder eine kleinteilige Vorgehensweise, sondern Zeit für Klugheit und klares Handeln. Die Bundespolitik hat uns in diesen Tagen mit Sicherheit vorgemacht, dass man gemeinsam handeln kann.

Ja, Leih- und Zeitarbeit braucht feste Regeln. Lassen Sie uns im Ausschuss schauen, welche der Forderungen Ihres Antrags einer Überprüfung standhalten und welche durch die Zeit bereits eingeholt wurden. Leih- und Zeitarbeit ist nicht generell schlecht, so wie Sie es in Ihrem Antrag suggerieren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind.

Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/8079 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Gibt es hiergegen Widerspruch? – Enthaltungen? – Dann stelle ich einstimmige Zustimmung aller Fraktionen zu dieser Überweisungsempfehlung fest.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

4 Konsumgutscheine begründen keine nachhaltige Konjunkturbelebung, sondern führen lediglich nachhaltig in die Verschuldung

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/8083

Ich erteile für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Priggen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Wir reden seit Wochen über die Bankenkrise und in den letzten Wochen auch sehr viel stärker über den Durchgriff der Bankenkrise auf die Realwirtschaft. Wir alle, die sich damit befassen, haben sehr wohl die Sorge, dass sich das nächstes Jahr noch zuspitzt, dass wir einen stärke

ren wirtschaftlichen Abschwung bekommen und dass dann vielen Menschen mehr Arbeitslosigkeit droht.

In dem Zusammenhang wird seit Wochen darüber diskutiert und überlegt, ob es die Möglichkeit gibt, mit Hilfe konjunktureller Programme in einer Phase des Abschwungs Beschäftigungsverhältnisse zu stabilisieren und auch neue Beschäftigung zu gewinnen.

Wir wissen, dass die Bundesregierung ein erstes Konjunkturprogramm vorgelegt hat und dass sie zurzeit – das hat die Bundeskanzlerin gesagt – auch überlegt, Anfang des Jahres, im Januar, ein zweites Konjunkturprogramm in der Größenordnung von 25 Milliarden € aufzulegen.

Wir haben als Grüne im Oktober ein Konjunkturprogramm im Bereich Infrastruktur/Gebäudesanierung beantragt. Da ging es vor allen Dingen um die energetische Gebäudesanierung, aber auch darum, bei Krankenhäusern, bei Schulen, bei Hochschulen, bei öffentlichen Gebäuden das, was an Modernisierungsstau vorhanden ist, was wir sowieso reparieren müssen, vorzuziehen, weil dies unabänderlich ist.

Wir hielten das für ein gutes Konjunkturprogramm im Gegensatz zu dem, was die Bundesregierung mit ihrer Steuerbefreiung für diejenigen gemacht hat, die sich ein neues Auto kaufen, mit der Ungleichbehandlung, dass bei Kleinwagen 100 € erstattet werden, bei einem Porsche Cayenne jedoch 1.800 €. Wir glauben, dass niemand durch die 100 €, wenn er ein Auto für 12.000 € kauft, in seiner Kaufentscheidung wirklich motiviert wird. Und für den, der sich ein Auto für 70.000 € kauft, sind 1.800 € nicht entscheidend.

(Beifall von den GRÜNEN – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ein Schuss in den Ofen war das!)

Insofern war das ein Beispiel für ein schlechtes Konjunkturprogramm.

Die Landesregierung hat nach meiner Wahrnehmung in den vergangenen Wochen zu dieser Frage im Prinzip überhaupt nichts gesagt. Wir haben Sie mit einer Sondersitzung des Landtags zwingen müssen, zur Bankenkrise Stellung zu nehmen. Wir haben Sie über Aktuelle Stunden dazu zwingen müssen, überhaupt zu der Frage Stellung zu nehmen, was man tatsächlich machen kann, was das Land in einer Konjunkturkrise machen müsste.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt erfahren wir aus den Zeitungen, dass sich unser Ministerpräsident geäußert hat. Heute im „Handelsblatt“ und schon vorher in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ haben wir gelesen, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Stahl, an einer Konferenz der Fraktionsvorsitzenden von CDU und CSU in Brüssel teilgenommen hat und dass dort die Landesregierungen, an denen die CDU beteiligt ist – und

das sind ja nicht wenige in Deutschland –, beschlossen haben, insgesamt 10 Milliarden € zusätzlich auszugeben. Es handelt sich dabei um vorgezogene Investitionen aus 2011 und 2012 – zusätzlich 10 Milliarden €.

Dann lesen wir heute im „Handelsblatt“ – das hat der Ministerpräsident schon gestern woanders verkündet –, dass das Land Nordrhein-Westfalen ein Investitionsprogramm von rund 3 Milliarden € auflegen will. Wenn man sich das im Detail anschaut, dann ist das nichts Neues und nichts, was aus 2010/2011 vorgezogen wird, sondern es sind alles einzeln etatisierte Posten, die schon im laufenden Haushaltplan enthalten sind.

Man kann höchstens positiv sagen, dass man noch bereit ist, dieses Geld für denselben Zweck auszugeben. Mit dem, was unter Konjunkturprogramm diskutiert und verkauft wird – was da heißt, zusätzliche Anreize in einer Phase des Abschwungs zu setzen –, hat das alles überhaupt nichts zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Kollege Horst Becker hat ja gestern nachgewiesen, dass es bei dem, was so hochtönend im Bereich Schiene, Bahnhöfe angekündigt wurde, im nächsten Jahr nicht um 100 kleine Bahnhöfe geht, sondern um vier und um eine Gesamtsumme von 6 Millionen €. So sieht es aus, wenn man ganz genau hinguckt.

Jetzt konzentrieren wir uns im Kern dieses Antrags auf einen Bereich, von dem ich noch nicht gehört habe, dass die Landesregierung ihn auch vertritt – das will ich gleich sagen –, bei dem es uns darum geht, einen Konsens im Landtag herzustellen, dass der Landtag Nordrhein-Westfalen sagt: keine Konsumentengutscheine.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir haben die Vorschläge in der Diskussion. Es gibt verschiedene Wirtschaftswissenschaftler, Peter Bofinger und Gustav Horn, die sagen: Alle, die weniger haben als 63.000 € im Jahr, sollen 125 € als Gutschein bekommen. Wir wissen, dass das auch auf Bundesebene diskutiert wird. Dort sind es Andrea Nahles und Herr Lauterbach, die dafür sind, dass alle Erwachsenen 500 € bekommen, wenn sie selber 200 € dazutun. Für diejenigen, die Hartz-IVEmpfänger sind, oder auch für Kinder soll es 250 € geben.

Unsere grundsätzliche Auffassung ist, dass man die Hartz-IV-Regelsätze anpassen muss, dass man gerade bei denjenigen, die am allerwenigsten haben, die arbeitslos sind, bei denen man überlegen muss, ob die überhaupt noch mit dem Geld auskommen können, am ehesten etwas tun muss. Das breite Streuen von Konsumentengutscheinen halten wir aber als Instrument in der Konjunkturkrise für völlig falsch.

(Beifall von GRÜNEN und Marc Jan Eumann [SPD])

Es geht uns heute in dieser Debatte darum , dass wir uns – wenn es denn möglich ist – alle gemeinsam darauf verständigen, in bestimmten Bereichen die Maßnahmen, die ohnehin notwendig sind, anzuschieben, und in der Infrastruktur die Vorhaben, die für 2010/2011 geplant sind, vorzuziehen. Da ist genug zu tun.

Aber wenn ich Konsumentengutscheine ausstreue – 500 € pro Person heißt 40 Milliarden € Neuverschuldung –, bedeutet das: Ich nehme eine Hypothek auf, die meine Kinder und meine Enkelkinder – wenn ich sie denn einmal habe – später abzahlen müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Konsumentengutscheine heißt auch: Es ist, als ob ich an der Staumauer am Edersee eine Welle ablasse, die dann durch die Weser schwemmt, worauf ich im Herbst die Getreideschiffe weserabwärts fahren lassen kann. Es ist eine überschaubare Zeit, bis das durch ist. Das Geld wird umgesetzt, und dann ist das wieder vorbei.

Das ist nicht der Sinn eines Konjunkturprogramms, weil ein Konjunkturprogramm in gewisser Weise Beschäftigungsverhältnisse nachhaltig stimulieren soll. Das ist im Gebäudebereich sehr viel mehr der Fall. Ich will noch einmal dafür plädieren. Nach dem, was ich höre, geht auch Berlin in die Richtung Gebäudebereich, weil das Bauhandwerk das Handwerk ist, in dem es jetzt auch zu kriseln beginnt, in dem aber zusätzliche Arbeitskräfte aufgenommen werden können.

Man braucht sich keine Illusionen zu machen. Aber das, was uns in der Autoindustrie noch über einen etwas längeren Zeitraum verloren gehen wird, könnte im Baubereich an Beschäftigungsverhältnissen entstehen. Wenn wir uns die öffentliche Bausubstanz anschauen – ich weiß es aus der Stadt Aachen, in der ich lebe –, sehen wir, was wir tun müssen, um die Schulen zu erhalten, und wissen wir, wie es in den Hochschulen aussieht. Da ist noch so viel zu tun. Da kann man durch alle nordrheinwestfälischen Universitätsstädte gehen. Das sollten wir gemeinsamen anpacken, und wir sollten gemeinsam fordern: Lasst die Finger von Konsumentengutscheinen! – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Petersen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Dr. Petersen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über ge

eignete Maßnahmen zur Eindämmung einer möglichen Wirtschaftskrise im kommenden Jahr.

Es gibt einige exportlastige Branchen, die derzeit über einen massiven Auftragsrückgang klagen, und es gibt einige andere Branchen, zum Beispiel die Automobilindustrie und die Automobilzulieferindustrie, die eigentlich strukturelle Probleme haben und in denen jetzt in der Finanzkrise das Ganze zum Ausbruch kommt.

Nun müssen wir uns mit vielen Vorschlägen beschäftigen, wie die Politik darauf reagieren soll. Einer der – ich sage es vorweg – absurdesten Vorschläge, vor allem vonseiten der SPD, ist der sogenannte Konsumgutschein.

(Beifall von der CDU)

Es gibt auch viele andere ungeeignete Vorschläge. Es gibt auch zahlreiche Vorschläge, die zusätzlich immense Schulden verursachen. Aber der Konsumgutschein ist wirklich ein klassischer Unsinn. Er ist ein typisches Konstrukt von Sozialisten. Er ist unsinnig,

(Widerspruch von der SPD)

er ist ungeeignet, und er ist im Übrigen auch ungewollt. Rund 80 % der Deutschen lehnen nach einer aktuellen Umfrage diesen Konsumgutschein ab, und zwar zu Recht.

Der private Konsum ist derzeit eher ein Stabilitätsanker in Deutschland. Wir erfahren eigentlich zurzeit jeden Montag von einem wachsenden Konsum im Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels. Da gibt es momentan überhaupt keinen Handlungsbedarf, was Konsumgutscheine angeht. Selbst wenn eines Tages der Konsum rückläufig wäre: Was nützt es denn einem exportlastigen Maschinenbauunternehmen oder einem Automobilzulieferer, wenn unsere Bürger mehr Spielekonsolen oder Kleidung aus Asien kaufen? Das nützt doch überhaupt nichts und wird bezahlt mit einer massiven zusätzlichen Neuverschuldung.

(Beifall von CDU und FDP)

Insofern gibt es zu dem, was hier von SPDPolitikern vorgetragen wird, eine wunderbare Reaktion aus dem „Stern“ vom 11. Dezember dieses Jahres – ich zitiere –: „Das Bullshit-Protokoll“. In diesem erfundenen Gespräch der drei Herren Steinbrück, Steinmeier und Müntefering wird eigentlich alles dazu gesagt. Dort wird in einem zugegebenermaßen erfundenen Zitat Herrn Steinbrück in den Mund gelegt, die Konsumgutscheine seien – Zitat – „absurd, Hirnriss“. Er sagt: „Das klingt wie Bezugsgutscheine im Krieg.“ Damit ist aus unserer Sicht alles gesagt. Dieses Thema sollte sofort in der Schublade verschwinden.

(Beifall von CDU und FDP)

Nun einige Sätze zu den Forderungen der Grünen: Sicherlich ist es richtig, mithilfe staatlicher Maß