Protokoll der Sitzung vom 18.03.2009

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist das Spektrum, was Sie abdecken müssen.

Es ist zwar die alte Leier, werden Sie sagen, aber wir kommen doch zu der Erkenntnis, dass der Anstieg der Zahl der prekären Arbeitsverhältnisse nur durch Mindestlohn zu begrenzen ist.

Herr Laschet leidet insofern im Übrigen unter Amnesie; das ist unverkennbar. Denn die SGB-IIReformen sind im Prinzip in einer Großen Koalition beschlossen worden. In der letzten Debatte hat sogar noch die FDP eingeräumt, dass sie ebenfalls daran beteiligt war.

(Beifall von der SPD)

Dabei ist durchgedrückt worden, dass eben nicht in Arbeit mit tariflich vereinbarten Löhnen vermittelt werden muss, sondern nur sittenwidrige Arbeitsverhältnisse ausgeschlossen sind.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Deshalb trägt auch Karl-Josef Laumann die Verantwortung dafür,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

dass wir eine solche Ausweitung von prekären Arbeitsverhältnissen haben.

Es gibt also viel gemeinsam zu tun. Man muss viele Dinge hinter sich lassen, über den Schatten springen und auch neue Erfahrungen zur Grundlage eines neuen Handelns machen. Das vermisse ich bei der Landesregierung im großen Maße. – Danke.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Tenhumberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der runde Tisch „Hilfe für Kinder in Not“ ist noch in der Entstehungsphase und bestand bisher aus einer interministeriellen Arbeitsgruppe, die uns heute einen Zwischenbericht präsentiert. Er stimmt uns positiv, da die erklärten Ziele des runden Tisches erreicht werden können. Das sind im Einzelnen:

Verbesserung der Bildungschancen unabhängig von der sozialen Herkunft, Stärkung der Erziehungskompetenz der Eltern, Stärkung gesundheitlicher Prävention, Schutz vor Vernachlässigung, Missbrauch und Gewalt, Entschärfung räumlicher Brennpunkte, Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Förderung der Berufstätigkeit der Eltern, Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit.

Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden vor allem für Kinder, die zurzeit noch in Not und/oder in Armut aufwachsen, neue Perspektiven schaffen.

Dass die Situation ist, wie sie ist, dafür trägt die Vorgängerregierung eine Mitverantwortung. Sie hat sich in ihrer Regierungszeit viel zu wenig um die Problemlagen armer Kinder gekümmert, sie hat die Kinder und deren Familien alleine gelassen und sich lieber jahrelang mit Strukturfragen beschäftigt, deren Beantwortung bzw. Nichtbehandlung das bestehende Problem in keinster Weise gelöst hat.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Da ist ja auch nicht wahr!)

Frau Steffens, wenn Sie heute sagen, jahrelang sei nichts getan worden, dann gehe ich davon aus, dass Sie Ihre Regierungszeit gemeint haben. Sonst müsste ich unterstellen, dass Sie an Vergesslichkeit leiden.

Alleinerziehende, viele Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationshintergrund und Familien mit mehreren Kindern wurden von Ihnen, Frau Steffens, doch in den vergangenen Regierungszeiten im Stich gelassen. Diese Situation hat die Landesregierung und die sie tragende Koalition der Erneuerung nachhaltig geändert.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Steffens?

Nein, wir haben heute einen langen Tag.

Bitte?

Nein, ein langer Tag steht uns bevor.

Meine Damen und Herren, ohne Scheuklappen sprechen wir die Probleme an, bieten Lösungen und setzen diese fachlich um. Unsere Arbeitsweise ist gut für die betroffenen Menschen und gut für die Gesellschaft in unserem Land.

Dass Kinder in einem der reichsten Länder der Welt ein Armutsrisiko darstellen, ist ein untragbarer Zustand, den wir nicht länger hinnehmen wollen. Denn die Einkommensarmut führt dazu, dass die Kinder vielfach nicht richtig versorgt und ernährt werden. Das wiederum führt zu Bildungsbenachteiligung und sozialer Ausgrenzung.

„Arme Kinder“ geht einher mit „armen Eltern“. Deswegen brauchen wir Hilfen, die es den Familien ermöglichen, aus eigener Kraft zu leben und ihren Kindern Perspektiven zu eröffnen. Wir müssen die Menschen befähigen, aus eigener Kraft heraus für ihr Leben und das ihrer Familie aufzukommen. Allerdings muss es auch selbstverständlich sein, dass wir denen, die es aus eigener Kraft nicht können,

finanziell unter die Arme greifen. Materielle Armut kann auch mit finanziellen Hilfen bekämpft werden. Damit kann Kindern sofort geholfen werden.

Meine Damen und Herren, wenn Familien in Not sind, dann sind auch immer Kinder in Not. Deshalb war es gut, dass wir – überwiegend sogar gemeinsam – vor einigen Jahren im Rahmen der Umsetzung der neuen Verbraucherinsolvenzordnung 200 Beratungsstellen als qualitativ geeignete Stellen für die Verbraucherinsolvenzberatung anerkennen konnten.

110 Vollzeitstellen mit Landesförderung unterstützen seither neben den klassischen Schuldnerberatungen die in finanziell schwierigen Lagen befindlichen Familien. Hier findet praktische Hilfe statt. Familien mit ihren Kindern erhalten eine neue positive Zukunftsperspektive. Das ist ein Beispiel dafür, dass wir mit mehr praktischen Hilfen helfen können. Packen wir es doch gemeinsam an!

Ich freue mich besonders, dass die Landesregierung viele bedarfsgerechte Angebote initiiert hat und auch zum Teil fördert. Die Verbraucherzentralen und andere Beteiligte sprechen in Schulen in einer Unterrichtseinheit Schülerinnen und Schüler des neunten und zehnten Schuljahres an, um über Konsumwünsche und Schuldenfallen zu sprechen und in diesem Thema aufzuklären. In den letzten zwei Jahren konnten sich so etwa 50.000 Schülerinnen und Schüler mit den Verlockungen der Konsumgesellschaft auseinandersetzen.

Ich selbst habe eine Veranstaltung der Verbraucherzentrale in Gronau miterlebt und danke an dieser Stelle für den vorbildlichen Einsatz der engagierten Schule und auch der Beratern.

Im Netzwerk Finanzkompetenz erhalten junge Menschen präventive Informationsmaterialien. Mit dem Wettbewerb „Finanzkompetenz bei Familien fördern“ unterstützen wir die Bemühungen, dass offener in den Familien über Geld gesprochen wird. Viele weitere verbindliche Maßnahmen, die ich hier nicht im Einzelnen aufführen möchte, könnte ich noch nennen.

Meine Damen und Herren, wir sollten fachlich und sachlich an den Zielsetzungen des runden Tisches weiterarbeiten. Damit nehmen wir die Not von Kindern und Familien ernst und bieten gleichzeitig neue Chancen und Möglichkeiten. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was hier von Rednern der Opposition vorgetragen worden ist, ist natürlich in weitesten Teilen falsch und unsachlich.

Frau Altenkamp, wenn Sie uns vorwerfen, wir würden eine Politik mit der Gießkanne machen, müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, warum Sie in der letzten Legislaturperiode, als Sie hier die Verantwortung hatten, unsere Initiativen abgelehnt haben, gerade hinsichtlich der Chancen junger Menschen in Schulen von der Gießkanne wegzukommen und bei Jugend und Bildung ein System der Ressourcenzuweisung nach Sozialindex zu erreichen, damit diejenigen, die besonders schwierige Aufgabenstellungen haben, mehr unterstützt werden und besser gestellt sind, als sie es zu Ihrer Regierungszeit waren.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist ja klar!)

Das haben Sie abgelehnt. Ihnen haben alle entsprechenden Landtagsdrucksachen vorgelegen, und Sie haben sich dagegen gewandt. Wir haben es dann nach dem Politikwechsel in NordrheinWestfalen geändert. Wir haben gesagt: Diejenigen, die spezifisch sozial schwierige Aufgabenstellungen haben, brauchen mehr Unterstützung für ihre Arbeit. Wir haben den Sozialindex bei der Lehrerneueinstellung eingeführt. Wir haben den Sozialindex im KiBiz verankert, was die Ressourcenzuweisung für Kindertagesstätten und Familienzentren angeht.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden!)

Alles Dinge, die Ihre Vertreter von der Opposition in der Kinderkommission des Landtags erst kürzlich noch begrüßt haben, verbunden mit der Aufforderung, diese unsere Instrumentarien weiterzuentwickeln.

Frau Steffens, wenn Sie hier die Bildungspolitik des Landes in anderen Feldern kritisieren, dann müssen Sie schon präziser werden. Sie haben hier behauptet, JeKi würde an vielen Schulen nicht stattfinden, weil es die Räumlichkeiten dafür nicht gebe. Wir haben ein Modell von JeKi gewählt, wo der Einstieg dieses Programms – damit jeder Schüler partizipieren kann – integriert in den Musikunterricht stattfindet.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Dann bitte ich Sie, konkret Ross und Reiter zu benennen. Es interessiert die Schulaufsicht, wenn kommunale Schulträger nach Ihrem Vorwurf nicht die Unterrichtsräume bereitstellen, die zur Erteilung im Rahmen des Pflichtunterrichts notwendig sind.

Nachgerade infam ist aber Ihre Feststellung, hier gäbe es von der Koalition der Erneuerung eine Lebenslüge – so haben Sie gesagt –

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

des sozial spaltenden Schulsystems. Frau Steffens, Sie haben zehn verheerende Jahre in diesem Land Bildungspolitik rot-grün gestaltet.

(Beifall von der CDU)

Ich zitiere aus Ihren Landtagsdrucksachen, die Ihre abgewählte Bildungsministerin Ute Schäfer diesem Parlament zum Ende der Legislaturperiode, zum Ende der zehn Jahre Rot-Grün vorgelegt hat. In diesen Landtagsdrucksachen stand Ihr Eingeständnis – schwarz auf weiß nachlesbar –, dass bezogen auf Schlüsselkompetenzen, festgemacht am Beispiel der Lesekompetenz, in keinem anderen Bundesland in Deutschland Bildungschancen junger Menschen so sehr von der sozialen Herkunft abhängen wie hier in Nordrhein-Westfalen. Das ist das, was Sie hinterlassen haben!