Spätestens jetzt müssen wir im nordrheinwestfälischen Landtag erkennen: Es wird zunehmend eine Geschichte der Irreführung, Herr Finanzminister. Es ist eine Geschichte der Halbwahrheiten, um nicht zu sagen der Unwahrheiten, die Sie im Haushalts- und Finanzausschuss vorgetragen haben.
Gleich werden Sie wieder versuchen, uns Glauben zu machen, dass Sie sich nach dem Motto „Schuld sind immer die anderen“ aus der Affäre ziehen könnten: Schuld ist die Finanzkrise, sind die anderen Eigentümer, ist die Bundesregierung, sind die anderen Landesregierungen. – Übrigens handelt es sich zum größten Teil um Ihre Parteimitglieder. Von vorne bis hinten sind alles CDU-Mitglieder. Warum kommen Sie nicht miteinander klar? Setzen Sie sich in dieser Frage endlich einmal durch.
Herr Linssen, Sie sagen, die EU ist schuld oder Frau Kroes ist schuld. Die EU hat eine klare Ansage gemacht. Sie müssen bis Ende des Monats darlegen, wie es weitergehen soll. Sie haben das bislang nicht abgeliefert. Sie haben kein Konzept; Sie wissen nicht, wie es gehen soll. Am Donnerstag letzter Woche haben Sie uns etwas über einen diskriminierungsfreien Teileverkauf vorgetragen. Das ist ein Ausverkauf dieser Bank. Das wollen wir als Grüne so nicht mitmachen. Das ist kein Konzept, das ist Not.
Sie wussten lange, was auf Sie zukommt. Sie hätten nach der Devise handeln können: Ernstnehmen, Verantwortung übernehmen und Handeln. – Werden Sie endlich ehrlich in dieser Frage, Herr Finanzminister. Sie haben kein Konzept. Sie wissen nicht mehr weiter.
Sie müssen den Menschen sagen, was das alles kostet. Sagen Sie den Bürgerinnen und Bürgern, was uns bereits der erste Schutzschirm kostet! Das sind nämlich bis zu 3,7 Milliarden €. Was wird der nächste geplante Schutzschirm kosten? Sie müssen den Beschäftigten der Bank sagen, was bei einem Notverkauf auf sie zukommt.
Meine Damen und Herren, vielleicht steht doch ein großes Konzept hinter der ganzen Angelegenheit, das wir noch nicht kennen, weil es vor uns verborgen wird. Es ist aber auf jeden Fall kein Konzept, das uns landesfinanzpolitisch oder kommunalfinanzpolitisch weiter nach vorne bringt. Es ist ein Konzept, das uns ins Chaos und ins Defizit führt.
Nicht die Finanzkrise ist das größte Problem der WestLB. Finanzminister Linssen ist heute das größte Risiko für die WestLB, für das Land und für die Kommunen.
Herr Finanzminister, vor diesem Hintergrund beantworten Sie einmal ehrlich für sich selbst die Frage nach der persönlichen und politischen Verantwortung für das ganze Desaster. Wenn Sie das heute nicht beantworten mögen, sagen Sie uns heute und an dieser Stelle, wann aus Ihrer Sicht endlich der Zeitpunkt für die Übernahme der politischen Verantwortung gekommen sein wird.
Wenn sich der Eindruck erhärtet, dass Sie dem Parlament die Unwahrheit gesagt haben, dann sind Sie fällig, Herr Finanzminister.
Wie groß die Not bei Ihnen ist, sieht man daran, dass als zweiter Redner der CDU-Fraktion heute Herr Hegemann spricht und kein Vorsitzender der Landschaftsversammlung wie zum Beispiel Herr Schittges, der sagen könnte, wie er in der kommunalen Familie von dieser Landesregierung unter Druck gesetzt wird. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Für die zweite antragstellende Fraktion spricht Frau Kollegin Walsken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Dr. Linssen, Sie haben den Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags am vergangenen Donnerstag belogen.
Während Sie den Parlamentariern noch weismachen wollten, zur Bildung einer neuen Landesbank würden in Hessen intensive Gespräche geführt, dementierten die Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen und der Helaba dies mit den Worten: Wir führen keine Gespräche. – Und: Es gäbe auch keine Annäherung an ein Fusionsvorhaben.
Meine Damen und Herren, damit wird deutlich: Sie haben immer noch keine Lösung für die WestLB. Um das zu vertuschen, schrecken Sie auch nicht vor unwahren Ablenkungsmanövern zurück.
Herr Dr. Linssen, das ist ein völlig inakzeptabler Umgang mit den gewählten Volksvertretern. Wir fordern Sie auf, sich dafür zu entschuldigen oder gegebenenfalls detailliert darzustellen,
wann und mit wem Sie in Hessen angeblich Gespräche geführt haben. Dazu haben wir Ihnen heute einen Fragenkatalog in Ihr Haus übermittelt, dessen Beantwortung wir bis zum Wochenende erwarten.
Sollten allerdings nicht Sie, Herr Dr. Linssen, diese Gespräche geführt haben, sondern der Ministerpräsident des Landes – wir wissen ja, dass er das Thema WestLB vor eineinhalb Jahren zur Chefsache erkoren hat;
offensichtlich hat er das Interesse verloren, denn der Bank geht es nicht gut und die Schlagzeilen sind nicht positiv –, möchten wir Sie bitten, diesen Fragenkatalog einfach an die Staatskanzlei weiterzuleiten.
Meine Damen und Herren, war die Westdeutsche Landesbank nach Abspaltung des Fördergeschäftes damals noch fast 7 Milliarden € wert, musste sie im letzten Frühjahr schon aus einer Schieflage gerettet werden.
Nur dank engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie eines 5-Milliarden-Rettungspakets überlebte das Institut. Die Belastungen tragen heute hauptsächlich die Sparkassen und der Landeshaushalt.
Um von diesen Tatsachen abzulenken, spielte die Landesregierung in der Vergangenheit immer mal wieder gerne mit dem Gedanken, ihren Anteil an der Bank zu verkaufen. Bis jetzt hat es realistisch gesehen nur eine Möglichkeit gegeben, für die Bank etwas zu tun. Das war die Bereitschaft der LBBW im Jahr 2007, Gespräche über die Zukunft der Bank zu führen.
Damals, Herr Dr. Linssen, hat Ihr Ministerpräsident Rüttgers die Sache persönlich hintertrieben: Der Oettinger bekommt die Bank nicht! – Das ist das Zitat, das in allen Presseartikeln nachzulesen war. Damals haben Sie die Sparkassenmehrheit
Mittlerweile, meine Damen und Herren, sind immense Werte vernichtet worden, weil die Bank – geschwächt durch geschäftspolitische Eigenfehler – von der Finanzkrise sehr hart getroffen worden ist. Mittlerweile hat die Landesregierung die Bank offensichtlich bereits völlig abgehakt. Plan B ist das Stichwort. Der Notverkauf soll jetzt durch die EUKommission exekutiert werden.
Vielleicht, meine Damen und Herren, ist ein weltweiter Verkauf ja das, was man hinter vorgehaltener Hand schon in der Bank erzählt, die Rettung möglicherweise durch einen chinesischen Finanzinvestor.
Der Abstieg der WestLB in der Amtszeit Rüttgers ist ein Dokument für die finanzpolitische Inkompetenz dieser Landesregierung.
Sie, Herr Dr. Rüttgers, und nur Sie tragen die Verantwortung für die Wertverluste der Bank. Sie gefährden wissentlich die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Besonnenheit und Weitsicht werden heute aus dem Hause der WestLB von diesem Parlament eingefordert. Das, meine Damen und Herren, wollen wir gerne auch von der Landesregierung einfordern. Besonnenheit heißt: zur Besinnung kommen. Ich glaube, es ist Zeit, dass Sie zur Besinnung kommen.
Denn mittlerweile ist klar, dass nicht nur die Sparkassen in den Kommunen die Leidtragenden der Untätigkeit der Landesregierung sind. Die Landschaftsverbände aus Rheinland und Westfalen als Miteigentümer der WestLB und der NRW.BANK haben den Ministerpräsidenten des Landes in einem Brandbrief gebeten, für sie drohende Belastungen abzuwenden. Meine Damen und Herren, so schreiben die beiden CDU-Fraktionschefs wörtlich:
Eine solche Belastung der kommunalen Familie ist aus übereinstimmender Sicht aller Fraktionen der Landschaftsverbände nicht tragbar, sodass sich die Landschaftsverbände gezwungen sehen, aus der NRW.BANK auszuscheiden.