Sie müssen sich die Frage stellen: Wie kommt es, dass so viele arme Kinder dort in den Gruppen landen und Benachteiligung erfahren?
Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die Fraktion der FDP hat sich noch einmal Herr Kollege Witzel gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Grünen bei dem, was Sie seit Jahren – ideologisch getrieben – zu Einheitssystemen und zur Vereinheitlichung vortragen, einen grundlegenden gedanklichen Fehler machen; so hat sich auch die Kollegin Beer gerade wieder geäußert.
Menschen sind individuell unterschiedlich, Frau Beer. Uns als Koalition der Erneuerung geht es darum,
die jeweils beste individuelle Förderung für die Kinder zu finden, die sie brauchen. Überlegen Sie sich gut, wie Sie immer wieder diskreditierend über die Arbeit der Förderschulen reden. Dort sind hoch qualifizierte, gut ausgebildete Lehrer tätig. Das Personal traut sich ganz bewusst mit Hingabe die Aufgabe zu, sich gezielt um die Kinder zu kümmern, die es sehr schwer im Leben und einen besonderen Förderbedarf haben.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das Elternrecht wird eingeschränkt! – Ewald Groth [GRÜNE]: Das sollen sie auch weiter tun, nur in einer vernünftigen Schule!)
Wir haben dort kleine Klassen und Betreuungsrelationen, in denen sich fachlich versierte Kräfte um die Lebensperspektive dieser Kinder kümmern. Sie begehen einen Riesenfehler, wenn Sie pauschal sagen, die Arbeit der Förderschulen sei schlecht, Förderschulen seien nicht gut für die kindliche Entwicklung.
Deshalb muss individuell geprüft werden: Gibt es bestimmte Behinderungsbilder, bei denen eine Integration in den Regelschulbetrieb zum Vorteil aller gut möglich ist? Oder hilft man von der Seite des Kindeswohls her betrachtet dem einen oder anderen Schüler durch die neue spezialisierte Angebotsstruktur, die wir geschaffen haben? Bei Ihnen waren das noch andere Schulen. Wir haben Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung mit einem hohen Grad an Spezialisierung und mit dem Kind zugewandter Pädagogik geschaffen. Wenn Sie das pauschal verurteilen, tun Sie damit vor allem den Kräften Unrecht, die dort teilweise eine exzellente und aufopfernde Arbeit zum Wohle der Lebenschancen dieser Kinder leisten.
Ansonsten muss ich noch eine Zahl zu der Diskussion loswerden, wir täten nicht genug im Bereich der Betreuung der unter Dreijährigen: Träume und Wünsche für mehr im Leben, meine Damen und Herren von der Opposition, darf man immer haben. Da sind wir auch nicht am Ende unserer Fantasien. Sie aber haben das Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 18 Millionen Einwohnern zum Zeitpunkt Ihrer Abwahl mit der deutschlandweit schlechtesten Bilanz im Bereich der U3-Betreuung – nämlich 2,7 % – hinterlassen. Im Jahr 2005 gab es gerade mal 11.800 Plätze. Wir haben diese innerhalb von nur vier Jahren auf jetzt schon 66.000 Plätze versechsfacht; bald werden es 90.000 Plätze sein.
In allen Säulen, sowohl in der Kindertagespflege, die wir als individuelles Modell in der Koalition sehr begrüßen, als auch in den geförderten Einrichtungen, steigt die Zahl der Plätze drastisch. Das ist eine Aufholjagd, die es in keinem anderen Bundesland gibt und
die uns jedes Jahr 1,1 Milliarden € wert ist. Diese Werte sind Lichtjahre von den Zahlen entfernt, die Sie irgendwann einmal als Höhepunkt in bestimmten Jahren erreicht haben. Wir liegen um Längen besser. Der Trend geht weiter ungebrochen nach vorn. Das ist die Politik, die wir als Kurskorrektur
eingeleitet haben. Wir sind noch nicht am Ende unserer Ziele und gehen den in der Sache wichtigen und richtigen Weg zum Vorteil von Eltern und Kindern in diesem Land weiter.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit schließe ich die Aussprache zum Thema: Auftakt zum Runden Tisch „Hilfe für Kinder in Not“, Zwischenbericht der Landesregierung.
Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Abgeordneten Groth das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Warum eine Aktuelle Stunde zur WestLB? Sie werden das wieder ins Gegenteil verkehren und sagen, dass wir die Bank ins Gerede bringen, deshalb vorab die Aussage: Wir Grüne stehen zu dieser Bank und den Beschäftigten. Wir wissen um die Expertise, die dort noch vorhanden ist, um die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür sind wir ihnen angesichts der Situation, in die Sie diese Bank geführt haben, auch dankbar.
Wir sehen die Veränderungen, wir sehen das Bemühen darum und wir sehen die Fortschritte. Lassen Sie mich das voranstellen, damit Sie nicht wieder gleich mit Geschichtsklitterung anfangen.
Die Bank hat es nämlich nicht verdient, jede Woche negativ im Fokus zu stehen. Daran, dass dies immer wieder geschieht, tragen aber nicht wir Grünen die Schuld, sondern Finanzminister Linssen.
Am 12. März stellte Finanzminister Linssen im Haushalts- und Finanzausschuss Plan A und Plan B dar. Das ist noch keine Woche her. Wir hatten den Bericht gar nicht bestellt. Plan A ist eine Verhandlung mit der Helaba. Am nächsten Morgen sehen wir Nordrhein-Westfalen der Lächerlichkeit preisgegeben. Der Finanzminister behauptete, es werde mit Hessen verhandelt. Aus Hessen hören wir seitens der Bank und des Sparkassen- und Giroverbandes, dass es überhaupt keine Gespräche gibt.
Was sollen wir davon halten, Herr Finanzminister? Früher war Nordrhein-Westfalen ein Land mit Gewicht. Wenn der Finanzminister auf Bundesebene auftrat oder vor diesem Hohen Hause etwas sagte, konnte man das ernst nehmen; es hatte Gewicht auf Landes- und Bundesebene. Sie machen uns in Nordrhein-Westfalen zunehmend lächerlich.
Herr Linssen, Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie wissen in Ihrer Not nicht weiter. Was soll die Öffentlichkeit denn glauben?
Herr Rüttgers, die WestLB ist unter Ihrer Regierung zu einer Geschichte der Egoismen, der Eifersüchteleien geworden. Oettinger, Beckstein, Rüttgers – keiner kann mit den anderen. – Es ist eine Geschichte der Konzeptionslosigkeit. Sie haben kein Konzept für diese Bank.
Es ist auch eine Geschichte der Uneinigkeit im Kabinett zwischen CDU und FDP und eine Geschichte der Uneinigkeit in der Reihe der Eigentümer. Das ist kein Wunder, wenn man die Eigentümer mit dem Sparkassengesetz bedroht, meine Damen und Herren.
Man kann dann nicht glauben, dass es zu mehr Gemeinsamkeiten kommt. Wenn man nicht dafür sorgt, dass der bei der NRW-Bank liegende bilanzielle Restwert des Anteils der WestLB nicht in die Öffentlichkeit kommt, hat man eindeutig versagt, Herr Finanzminister.
An dieser Stelle spielen Sie mit den kommunalen Anteilseignern, mit den Landschaftsverbänden, die in der Frage unter Druck geraten. Nach meiner Kenntnis versuchen die Landschaftsverbände als Eigner der WestLB seit Anfang Februar, mit der Landesregierung ins Gespräch zu kommen. Es gibt bisher keine Antwort. Empfänger verzogen – Brief zurück. Herr Finanzminister, Sie müssen zu den Vorschlägen der Landschaftsverbände Position beziehen und das Gespräch aufnehmen. Das verweigern Sie.
Meine Damen und Herren, die Geschichte der WestLB ist eine Geschichte des Scheiterns. Fernab von fundierten Analysen gibt es immer wieder neue Szenarien. Die Halbwertszeit dieser Szenarien und Lösungsansätze geht gegen Null. Zuerst ist es die NORD/LB. Aber keiner aus dem Norden will etwas mit uns anfangen. Dann soll es die BayernLB sein. Alles wird immer innerhalb kürzester Zeit großartig aufgetischt. Das Ergebnis aber war schon zur Zeit des Vortrags immer substanzlos.
Spätestens jetzt müssen wir im nordrheinwestfälischen Landtag erkennen: Es wird zunehmend eine Geschichte der Irreführung, Herr Finanzminister. Es ist eine Geschichte der Halbwahrheiten, um nicht zu sagen der Unwahrheiten, die Sie im Haushalts- und Finanzausschuss vorgetragen haben.