Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

Herr Jörg.

Frau Sommer, Sie sprechen von Ungereimtheiten und von Irritationen. Ich glaube, das ist schon näher an der Wahrheit, als von Missverständnissen zu sprechen.

Das Ganze ist für die Lehrer und für die Schulträger, die sich beteiligt haben, ein absoluter MotivationsGAU. Denn diese Lehrerinnen und Lehrer – in Anführungszeichen – „direkt an der Front“ wissen natürlich genau, was Schülerinnen und Schülern im Moment fehlt. Sie bekamen durch Ihr Ministerium eröffnet, das alles umsetzen zu können. Tausende von Arbeitsstunden sind dabei draufgegangen.

(Widerspruch von Ministerin Barbara Som- mer)

Wenn man alles zusammenzählt, kommt man auf Tausende von Arbeitsstunden.

Ingenieure und Architekten sind durch die Schulen geschickt worden. Ratsbeschlüsse sind gefasst und Schulausschusssitzungen abgehalten worden. Meine Frage lautet: Haben Sie eine Vorstellung, wie Sie das den Lehrern wiedergutmachen können? Gibt es in Ihrem Ministerium Überlegungen, die über Entschuldigungen hinausgehen, da dabei materieller Schaden entstanden ist?

Frau Ministerin.

Ein materieller Schaden ist nicht entstanden, da das Geld noch nicht vorhanden war. Vielmehr sind Projekte eingereicht worden. Herr Jörg, wir wollen uns sicherlich nicht in Definitionen ergehen, was Irritationen oder andere Missverständnisse sind.

Es ist auch kein Motivations-GAU – das ist schon eine heftige Vokabel – entstanden; denn dafür habe ich das Gespräch als zu konstruktiv empfunden. Ich habe eben gesagt: Wir haben am Ende beschlossen mit denen, die täglich vor Ort arbeiten, eine

Arbeitsgruppe zu bilden, die sich nicht unbedingt mit diesen Fördersummen befasst. Das wäre der Sache nicht dienlich, denn das steht jetzt fest.

Aber ich weiß, dass zum Beispiel eine sehr kritische Kollegin, die sich über die eingesetzte Arbeit tüchtig geärgert hat, gesagt hat, es sei gut, erst einmal den Umfang dessen festgelegt zu haben, was wir eigentlich brauchen. Wenn das auch leider nicht der große Wurf, sondern erst ein erster Schritt ist, haben wir es erst einmal dargelegt. – Das ist gut und wurde auch von anderen Schulleitungen bestätigt.

Herr Link.

Frau Ministerin, ich habe gerade schon einmal gesagt: Fehler können ja passieren. Davor ist niemand gefeit – Sie nicht, ich nicht.

Mir fällt aber auf, dass die Nachbereitung dieses Fehlers, dieses Missgeschicks, wie auch immer man das nennen will, mangelhaft erfolgt ist, in einer Zeit, in der Sie nicht im Dienst waren, sondern andere Personen die Verantwortung im Ministerium getragen haben.

Mich ärgert auch der Fehler, der durch die Kommunikation den Berufskollegs gegenüber gemacht worden ist. Mich ärgert vor allen Dingen die Nachbereitung, insbesondere die Telefonaktion, weil ich dahinter eine gewisse Geisteshaltung sehe nach dem Motto: Wir nehmen die Kritik nicht ernst, sondern versuchen die Kritiker mundtot zu machen.

Das haben die angesprochenen Berufskollegsleiter auch öffentlich kommuniziert, indem sie gesagt haben, sie fühlen sich so, als wenn sie zu Kronzeugen gemacht werden sollen.

Meine Frage ist: Finden Sie es nicht merkwürdig, dass ein Staatssekretär mit dieser Geisteshaltung unter Umgehung des Dienstweges die Schulen im Land anruft und sie mit solchen Fragen konfrontiert?

Sehr geehrter Herr Link, ich habe eben schon versucht darzulegen, warum diese Telefonaktion stattgefunden hat.

Natürlich traten auch im Ministerium Irritationen auf: Warum sagen unsere Schulleiter der Presse das, und ist das wirklich so von ihnen gesagt worden? Ich denke, dass es nicht schwierig sein muss, da einfach nachzufragen. Ich meine allerdings auch, dass es ganz, ganz wichtig ist, diesen Prozess sehr sensibel anzugehen. Mit gefundenen Daten, die man einem Telefongespräch entnimmt, sollte man vorsichtig umgehen. Es ist auch klar gewesen, dass es andere eben anders verstanden und sich gefragt haben: Warum sagen einige unserer Schulleiter das? Wir haben es doch auch anders verstanden.

Es ist alles sehr schwierig, wurde aber aus der Idee geboren: Wir wollen jetzt wissen, wie es wirklich war. Wir wollen die, die sich öffentlich dazu bekannt haben, fragen, ob sie das Gefühl haben, richtig wiedergegeben worden zu sein. – Das war in gar keinem Fall gedacht, um Druck auszuüben oder Kronzeugen zu schaffen. Es diente einfach dem Prozess herauszufinden, was wirklich gesagt wurde und wie in den einzelnen Gruppen über die Fördersumme gesprochen wurde. Ich würde das nicht so negativ bewerten, wie Sie es jetzt darstellen.

Frau Gödecke.

Frau Ministerin, Sie haben eben ausgeführt, dass die Summe von 9 bis 11 Millionen €, die im Raum stand, durch einen Trugschluss bei den Berufskollegleitern entstanden ist, indem sie einfach die Gesamtfördersumme durch 16 geteilt haben und dann auf diese Summe gekommen sind. Das scheint ja das kommunikative Missverständnis und die Irritation zu sein, die im Raum stehen.

Nun ist uns aber berichtet worden, dass es darüber hinaus auch einen Arbeitsprozess innerhalb der Bezirksregierung gegeben hat, in den dann auch die örtlichen Schulträger involviert waren, sofern sie Fragen hatten, sofern es um das konkrete Antragsverfahren und die Antragsstellung ging und die Bezirksregierung ihre beratende Tätigkeit dort auch wahrgenommen hat.

Uns ist ferner berichtet worden, dass auch bei den Bezirkregierungen nicht über die Gesamtsumme geredet wurde, sondern sehr konkret über einzelne Fördervolumina, die den einzelnen Schulträgern zur Verfügung stehen. Das heißt, dieses kommunikative Missverständnis scheint sich ja offensichtlich bis in die Bezirksregierung hineingezogen zu haben.

Ich möchte gerne von Ihnen wissen, ob Sie das auch geprüft haben und ob nicht ein Kardinalfehler vorliegt und nicht einfach nur ein kommunikatives Missverständnis.

Frau Gödecke, ich habe eben schon Herrn Jörg angeboten, jetzt nicht genau zu definieren, was nun Missverständnis, was Irritation oder was Fehler ist. Ich kann mir auch nicht erklären, wieso einzelne Summen für einzelne Kreise oder Städte bereits genannt worden sind. Die beiden Mitarbeiter unseres Hauses und letztlich auch die Bezirksregierungen, die in die Besprechungen involviert waren – Sie haben es ja gerade gesagt –, betonen mehrfach, dass sie lediglich von einer Gesamtsumme gesprochen haben.

Wir können es jetzt nicht mehr aufklären, weil weder Sie noch ich dabei waren. Ist es jetzt nicht wirklich notwendig zu sagen: „Wichtig ist, dass Menschen, die gearbeitet haben, die tüchtig gearbeitet haben,

die sich auch geärgert haben, als man ihnen gesagt hat, es gibt nur einen Teil der Summe, zufrieden nach Hause gehen und sagen, sie hat sich entschuldigt“? Wir sehen nach vorne. Darum möchte ich auch Sie bitten, weil wir diesen Fehler, diese Irritation sicherlich nicht weiter klären können. Wir können es nicht.

(Carina Gödecke [SPD]: Sie wollen es nicht!)

Es steht hier auch die Aussage unseres Hauses dagegen, in der es heißt, dass nur von der Gesamtsumme gesprochen wurde.

Frau Tillmann.

Wir reden die ganze Zeit über 150 Millionen €, und nur etwa 28 Millionen € sollen jetzt an die Berufskollegs ausgeschüttet werden. Was passiert mit den restlichen 120 Millionen €? Können Sie schon eine Auskunft geben, wofür die verwendet werden sollen?

Das wäre konkret eine Frage, die Sie der Wirtschaftsministerin stellen müssten. Denn diese Maßnahmen – ich habe es eben auch vorgelesen – sind für allgemeinere Programme der Wirtschaftsförderung gedacht. Nur ein Bruchteil davon ist für Berufskollegs reserviert worden.

Frau Beer.

Frau Ministerin, Sie haben eben ausgeführt, nach Ihrer Einschätzung gäbe es keine Einflussnahme auf Landesbedienstete, was ihre Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit oder dem Parlament angeht. Wissen Sie von dem Vorgang, dass in der letzten Woche zum Lehrerausbildungsgesetz hier nicht die gewählten Vertreter der Studienseminare sprechen durften, sondern dass es eine Weisung aus Ihrem Haus gegeben hat, veranlasst über die Bezirksregierungen, dass diese gewählten Sprecher nicht zum Zuge kommen, sondern ganz bestimmte Personen ausgewählt werden sollten, die dann zu einem Informations- und Beratungsgespräch ins Ministerium eingeladen wurden, um hier später ihre Stellungnahme zum Lehrerausbildungsgesetz abzugeben? Ist Ihnen dieser Vorgang bekannt? Wie bewerten Sie ihn?

Liebe Frau Beer, ich verstehe, dass Sie angesichts der vorgerückten Zeit befürchten, nachher mit Ihrer Frage zum LABG und zu dem Gremium nicht mehr an die Reihe zu kommen. Ich kann im Augenblick, Frau Beer, keinen Zusammenhang zwischen Ihrer Frage

(Beifall von der CDU)

und dem, was wir bisher über diese Fördersummen besprochen haben, erkennen, auch nicht im Hinblick auf Ihre gestellte Frage.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Frau Gebhard.

Frau Ministerin, Sie haben gerade Frau Gödecke gefragt, ob das eine wichtige Frage zu klären sei. Ich denke: Ja, es ist in der Tat eine sehr wichtige Frage zu klären, weil hier der Eindruck entstehen könnte, als würde es nur um 14 Tage gehen, innerhalb derer eine Zahl in die Welt gesetzt und anschließend korrigiert worden ist. Darum geht es aber nicht. Mehrere Monate stand diese Zahl im Raum und hat viele Menschen in Bewegung versetzt.

Sie wissen selbst, dass ein regionaler Konsens herbeigeführt werden soll. Der regionale Konsens hat in manchen Gegenden bereits im Januar stattgefunden, in meiner Heimatregion im Februar. Beteiligt waren die Bezirksregierung und Ihr Ministerium.

Wenn sich dann Schulträger und Schulen miteinander für die einzelnen Kommunen darauf verständigen, mit welchen Beträgen sie abgestimmt Anträge stellen, die dann Aussicht auf Erfolg haben, und die Exekutive sozusagen dabei sitzt und nicht widerspricht, dass die Anträge, die im Raum stehen, viel zu hoch seien und realistisch eingeschätzt werden müssten, dann zeigt das doch, dass es nicht um einen Versprecher, eine Irritation oder wie auch immer Sie das nennen wollen – das ist mir völlig egal – geht, sondern ein ganzer Stab von Leuten offensichtlich diesem Irrtum aufgesessen ist.

Sie haben vorhin gesagt, daraus sei kein materieller Schaden entstanden. Ich denke aber, daraus ist ein großer materieller Schaden entstanden, weil ganz viele Arbeitsstunden investiert wurden, in denen die Anträge pro Schule minutiös erarbeitet worden sind. Die Kosten sind mit den Schulträgern ermittelt worden.

Frau Gebhard, kommen Sie bitte zu Ihrer Frage!

Ich frage Sie also: Wann werden Sie sich auch bei den Schulträgern entschuldigen? Wann werden Sie sich bei den anderen entschuldigen? Wie stellen Sie sicher, dass ein solcher Fauxpas zwischen all den beteiligten Institutionen nicht noch einmal passiert?

Ich finde es wichtig, dass das Vertrauen

zu einer sehr wichtigen Berufsgruppe, nämlich zu unseren Schulleitungen der Berufskollegs, wiederhergestellt ist. Davon gehe ich aus. Jedenfalls habe ich nichts Gegenteiliges gehört. Das – das wollte ich an der Stelle sagen – ist wichtig.

Sicherlich ist es ein Ärgernis gewesen, dass die Schulen ins Blaue hinein gearbeitet haben.

(Heike Gebhard [SPD]: Sie haben einen Nachtragshaushalt gemacht in der Kommu- ne!)

Jetzt ist die Frau Ministerin dran.