Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Die einzigartige Klagewelle von fast 900 Verfahren gehört in Ihren Verantwortungsbereich.

(Zustimmung von der CDU – Widerspruch von der SPD)

Teil dieses Erbes sind die Schadensersatzforderungen von rund 3,1 Millionen €. Dieses Geld hätte ich lieber für etwas anderes ausgegeben.

Meine Damen und Herren, zur weiteren Forderung von Bündnis 90/Die Grünen, ein Konzept zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen zu entwickeln, kann ich nur feststellen: Wo Sie noch in die Zukunft träumen und Konzepte fordern, haben wir längst gehandelt, Stichwort: Schwitzen statt Sitzen. Die durch Erbringung von Arbeitsleistungen vermiedenen Hafttage haben sich seit 2001 mehr als verdoppelt.

(Thomas Stotko [SPD]: Das war in unserer Regierungszeit!)

Aber das ist mir nicht genug, Frau Düker. Mit dem Ziel, Schwachstellen im System zu ermitteln und konzeptionelle Verbesserungsmöglichkeiten zu erarbeiten, haben wir im August 2007 drei Koordinierungskreise zur Haftvermeidung eingesetzt.

Hier arbeiten die bei den Staatsanwaltschaften zuständigen speziellen Rechtspfleger mit den Mitarbeitern der ambulanten sozialen Dienste und freien Träger eng zusammen. Ziel ist die Errichtung eines Netzwerks der Straffälligenhilfe, um geeignete Arbeitsstellen zu finden. Kurzum, Frau Düker, dem Strafvollzug, der Straffälligenhilfe wäre mehr geholfen, wenn Sie das bereits Geleistete anerkennen und mit uns gemeinsam weiterentwickeln könnten.

Schließlich ganz kurz zur pauschalierten Haftentschädigung – mir fehlt die Zeit, darauf näher einzugehen –: Wir halten einheitlich mit den im Bundesrat vertretenen anderen Ländern die Verdoppelung des derzeitigen Satzes auf 25 € für immaterielle Schäden für richtig. Wir lehnen eine Abschaffung der Pauschale ab. Eine Ungleichbehandlung von armen und reichen Beschuldigten kann ich keinesfalls gutheißen.

Mein Fazit zu allen drei Punkten, Frau Düker: Sie reden – wir handeln.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/8870 an den Rechtsausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem so zu? – Ist jemand dagegen? – Gibt es Enthaltungen? –Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt.

Wir kommen zu:

9 Hochschulen müssen ausbilden

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8077

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie Drucksache 14/8896

Ich darf auf Folgendes hinweisen: Der Antrag Drucksache 14/8077 wurde gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie mit der Maßgabe überwiesen, dass Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung erfolgen. Diese liegt nun vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPD Frau Kollegin Preuß-Buchholz das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen zur Halbzeitbilanz auf dem Arbeitsmarkt sprechen eine deutliche Sprache. Die Wirtschaftskrise ist auf dem Ausbildungsmarkt angekommen. Die Zahl der gemeldeten Stellen liegt in Nordrhein-Westfalen mit 67.000 um knapp 6.000 unter derjenigen des letzten Jahres. In der Vergangenheit haben die Anstrengungen gerade vieler kleinerer Unternehmen und Handwerksbetriebe dazu beigetragen, einen Einbruch beim Angebot an Ausbildungsplätzen aufzufangen. In der derzeitigen wirtschaftlichen Lage ist dies nun vielen nicht mehr möglich.

Die Ausbildungssituation für junge Leute in Nordrhein-Westfalen ist desolat, und es ist keine Besserung in Sicht. Deshalb ist es im Interesse der jungen Menschen dringend erforderlich, alle dem Land zur Verfügung stehenden Ausbildungspotenziale auszuschöpfen.

(Beifall von der SPD)

Es kann nicht die Lösung sein, dass verunsicherte Jugendliche nur als Verlegenheitswahl eine weitere schulische Bildung absolvieren, wenn sie eigentlich eine Ausbildung aufnehmen möchten. Es haben sich bereits im Vergleich zum Jahr 2008 in Nordrhein-Westfalen deutlich weniger junge Menschen für Ausbildungsplätze beworben, als durch Abgängerrückgänge zu erklären wären. In unsicheren Zeiten greift man gerne zum Bekannten, und das ist für junge Schülerinnen und Schüler ein schulisches Umfeld, und je unsicherer die Aussichten auf eine Anschlussbeschäftigung sind, umso eher wird der Beginn einer Ausbildung aufgeschoben.

Hier muss das Land Perspektiven schaffen und Mut machen. Die Hochschulen des Landes leisten bereits einen sehr wichtigen Beitrag zur beruflichen Erstausbildung durch die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen – auch über den eigenen Bedarf hinaus. Dafür sind wir den Hochschulen zunächst einmal uneingeschränkt dankbar.

(Beifall von der SPD)

Die Hochschulen tragen damit einen großen Teil dazu bei, dass es jugendlichen Schulabgängern ermöglicht wird, durch das Absolvieren einer Ausbildung überhaupt in eine Ausgangsbasis zu gelangen, die Ihnen Chancen für den Erhalt einer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt ermöglicht.

Dennoch reicht es nicht aus, die jungen Leute lediglich auszubilden und sie dann ohne wirkliche Perspektive in die Hartz-IV-Versorgung und die damit einhergehende drohende Resignation zu entlassen. Eine, wenn auch kurze Anschlussbeschäftigung hingegen ermöglicht es ihnen, erste Berufserfahrungen zu sammeln und sich in einer neuen Rolle als Beschäftigte zu erleben, sodass sie dann mit einer erweiterten Qualifikation und mehr Selbstbewusstsein in der Lage sind, auch im außeruniversitären Bereich in aktiverer Weise und mit besseren Aussichten auf Beschäftigungssuche zu gehen.

(Beifall von der SPD)

In den letzten beiden Haushaltsjahren sind die entsprechenden Mittel für die befristeten Anschlussbeschäftigungen bereitgestellt worden. Dies ist sinnvoller, als anderweitige Übergangsmaßnahmen zu finanzieren, die keine weiteren Berufserfahrungen im Arbeitsbereich bieten. Gerade in der jetzigen besonders kritischen Lage der Wirtschaft ist es umso notwendiger, alles zu unternehmen, um den frisch Ausgebildeten einen besseren Start zu ermöglichen. Auch das Land ist hier in der Verantwortung, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Sie, Herr Minister Pinkwart, haben in der Ausschusssitzung am 12. März angemerkt, das Land sei flexibel genug, Sonderprogramme aufzulegen, wenn sie nötig seien. Daher appellieren wir an Sie, diese Flexibilität zu nutzen, und fordern die Landesregierung auf, die Regelung des vergangenen Jahres fortzuführen und auch den jungen Menschen, die in 2009 ihre Ausbildung abschließen werden, eine Anschlussbeschäftigung zu ermöglichen, da die Hochschulen aus eigenen Mitteln nicht dazu in der Lage sein werden. Die jetzt laufenden Ausbildungsgänge schließen ihre Ausbildung im Sommer ab. Die Landesregierung muss jetzt für die Bereitstellung der Mittel sorgen. – Vielen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Preuß-Buchholz. Das war Ihre erste Rede im Parlament, wie mir gerade das Protokoll mitgeteilt hat. Ich hatte die Ehre, dem beizuwohnen. Wir haben es im Grunde nicht gemerkt. Danke schön.

(Allgemeiner Beifall)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Berger.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Groth, ob man sich immer auf Sie konzentrieren muss, ist so eine Frage. Ich bin ganz gespannt, ob ich bei Ihrem späteren Beitrag das Vergnügen habe, mich auf Sie konzentrieren zu dürfen.

Zurück zum Antrag, der in der Jungfernrede von Frau Preuß-Buchholz ausführlich beschrieben worden ist. Das will ich gerne konzedieren. Völlig klar ist – das haben Sie auch erwähnt – der hohe Stellenwert der Ausbildung an nordrhein-westfälischen Hochschulen, und klar ist auch, dass Hochschulen qualifizierte nichtwissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigen. Nur so – und das ist auch klar – kann im Bereich der Forschung und Lehre reibungslos gearbeitet werden und der ganze Prozess in Gang gehalten werden. Darüber brauche ich in diesem Haus nicht weiter zu philosophieren

Klar ist auch, die Hochschulen in NordrheinWestfalen bilden aus. Sie bilden in hohem Maße aus. In den letzten Jahren haben die Hochschulen gezeigt, dass sie sich überdurchschnittlich engagieren. Gemessen an der Gesamtzahl aller Ausbildungsplätze im Landesbereich bestreiten die Hochschulen und ihre Einrichtungen über 50 % der Ausbildungsplätze. Damit bieten sie vielen jungen Menschen eine gute und qualitativ hohe Ausbildungsmöglichkeit, die – das darf man nicht vergessen – deutlich über dem ureigentlichen Bedarf der Hochschulen liegt. Es können nämlich nur 5 % der Auszubildenden nach dem Abschluss ihrer Berufsausbildung innerhalb der Hochschuleinrichtung verbleiben. Daran wird der enorm hohe Anteil deutlich, mit dem die Hochschulen schon in der jetzigen Situation über den Eigenbedarf ausbilden. 95 % über Eigenbedarf ist sicherlich eine hohe Quote.

Sie haben eben Ihre Jungfernrede gehalten, Frau Preuß-Buchholz. Ich will Ihnen konstatieren, dass Sie das Engagement der Hochschulen anerkannt haben. Es ist allerdings bemerkenswert, dass Sie sagen, wir müssten da weitermachen; denn schon zu Ihrer Zeit war es so, dass die Hochschulen über Bedarf ausgebildet haben. Insofern bedarf es eigentlich keines Antrags, der das problematisiert. Sie würden sich im Grunde genommen ins eigene Fleisch schneiden. In Ihrem Antrag suggerieren Sie, dass die Finanzmittel für Ausbildungsplätze in den Globalbudgets nicht ausreichen würden. Natürlich sind die Globalbudgets so ausgestattet, dass die Ausbildung – Stichwort 95 % über Bedarf – weiterhin auf einem sehr hohen Niveau über Bedarf erfolgt; das ist klar. Wir wollen das hohe Niveau halten.

Natürlich – auch das muss an dieser Stelle gesagt werden – gibt es Sparmaßnahmen, die uns dazu zwingen, an der einen oder anderen Stelle den Rotstift anzusetzen. Das ist in diesen Zeiten so; daran kann man nicht drum herum reden. Letztlich hält die Landesregierung – das muss man in sol

chen Zeiten auch sagen – das hohe Niveau der Ausbildung über Bedarf.

Wir werden auch in Zukunft in diesem Haus alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen und Sparmaßnahmen durchführen müssen, damit dieses hohe Niveau weiterhin erhalten bleibt. Dafür brauchen wir die Unterstützung des ganzen Hauses. Im Übrigen brauchen wir dafür auch Ihre Unterstützung. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Berger. – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Lindner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Berger hat bereits dargestellt, was alle Fachpolitiker wissen und niemand bestreitet, dass die Hochschulen in diesem Land einen ganz wesentlichen, wenn nicht den wesentlichsten Beitrag zur Ausbildung der öffentlichen Hand leisten. Im Übrigen tun das die Hochschulen weit über ihren eigenen Bedarf hinaus. Lediglich ein Bruchteil der Auszubildenden verbleibt an der Hochschule. Alle anderen finden, so die Rückmeldung aus der Praxis, aufgrund der sehr qualifizierten Ausbildung an den Hochschulen einen Arbeitsplatz in anderen Bereichen.

Deshalb haben die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung das Programm zur befristeten Übernahme von Auszubildenden nicht fortgesetzt. Ein solches Programm hat es in den Jahren 2007 und 2008 gegeben. Ein solches Programm ist nach den einschlägigen Erkenntnissen gegenwärtig aber nicht erforderlich. Man wird schauen und prüfen müssen, inwieweit diese Einschätzung für den Landeshaushalt im nächsten Jahr aufgrund der sich verändernden wirtschaftlichen Lage und der Arbeitsmarktsituation fortbestehen kann. Zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung 2009 – und nur darum kann es jetzt gehen – war die Erkenntnislage jedoch eine andere. Deshalb ist diese entsprechende Übernahmedauer für alle Ressorts suspendiert worden. Eine Sonderregelung für den Wissenschaftsbereich zu fordern, halten wir nicht für sachgerecht. Wenn, dann muss es für alle Bereiche des Landeshaushalts eine einheitliche Regelung geben.

(Heike Gebhard [SPD]: Sie können das gerne ausweiten!)

Ich habe damit dargestellt, dass die Hochschulen ihrer Verantwortung gerecht werden, auch in Zeiten eines Globalbudgets auszubilden. Sie machen das auf einem hohen Niveau. Die Bewerberinnen und Bewerber, die eine Ausbildung in diesem Hochschulbereich absolviert haben, haben gute und beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Dementsprechend sehen wir kein Erfordernis, dem Antrag der SPD-Fraktion zu folgen. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, mich zu entschuldigen. Am Anfang meines zweiten Redebeitrags zum Fachhochschulausbaugesetz heute habe ich den Eindruck erweckt, als ob die Kolleginnen und Kollegen, die in den Saal strömten, gerade aus der Kantine kommen würden. Das ist natürlich Blödsinn. Ich weiß es sehr viel besser. Ich würde ebenfalls darunter leiden, wenn der Eindruck entstünde, die Kolleginnen und Kollegen würden nicht arbeiten. Ich weiß, dass Sie alle bei der Arbeit gewesen sind, bei Besuchergruppen oder anderen Veranstaltungen im Haus. Deshalb ist es mir besonders unangenehm, dass ich diesen Satz gesagt habe, und möchte darum bitten, dass er nicht ernst genommen wird. Ich möchte nach außen hin signalisieren, dass dieses Parlament fleißig arbeitet, und zwar in allen Fraktionen.

(Allgemeiner Beifall)