Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Ansonsten machen wir als Grüne natürlich im Bund und Land abgestimmte Kampagnen, weil wir diesen Landtagswahlkampf auch darüber zu einer Abstimmung machen, wie es in der Gesundheitspolitik in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen weitergeht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die FDP-Fraktion hat noch einmal Herr Dr. Romberg das Wort.

(Heike Gebhard [SPD]: Der hatte doch keine Redezeit mehr! Ralf Witzel [FDP]: Überzie- hungszeit Landesregierung!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Desinformation – das war eben das Ziel der Opposition, übrigens auch bei dem Gruppenvertrag zur privaten Krankenversicherung für uns Liberale.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Herr Priggen hat von einer kostenlosen Familienversicherung gesprochen. Sie kennen noch nicht einmal das Gesundheitssystem, denn in der privaten Krankenversicherung gibt es keine kostenlose Familienversicherung.

(Beifall von der FDP – Ralf Witzel [FDP]: Ge- nau!)

Sie haben keine Ahnung vom System, und Sie haben auch keine Ahnung, wie es im Land eigentlich aussieht, nachdem Ulla Schmidt so lange regiert hat. Wie sieht es denn aus? – Wir haben zum Beispiel lange Wartezeiten. Es gibt Menschen, die bis zu sechs Monate auf einen nötigen Facharzttermin und bis zu zwölf Monate auf einen Platz in der Psychotherapie warten. Menschen erhalten selbst bei schweren, zum Beispiel psychischen Erkrankungen nicht mehr die notwendigen Medikamente. Notwendige Therapien und Untersuchungen müssen aus Budgetgründen von einem Quartal ins nächste Jahr

geschoben werden. Diese Dinge geschehen seit Jahren in diesem Land. Sie wollen das aber nicht wahrhaben!

(Beifall von FDP und CDU)

Verantwortungsvolle Politik muss da reagieren, und wir werden auch reagieren. Das werden Sie sehen! – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Romberg. – Für die CDU spricht nun Herr Kollege Post.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion zeigt es: Es kann keine Kopfpauschale ohne solidarischen Ausgleich geben. Aber es kann auch nicht in der bisherigen Form weitergehen. Das zeigen die Pauschalen, die jetzt erhoben werden müssen. Das System des Gesundheitsfonds ist da teilweise in die Hose gegangen.

(Beifall von CDU und FDP – Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Das haben Sie doch beschlos- sen!)

Wenn Sie hier vorne am Rednerpult gesagt hätten, was Sie denken, Herr Sagel, wären die Leute alle davongelaufen. Stellen Sie sich hier hin, und sprechen Sie von hier aus!

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Ihr habt das doch selbst beschlossen in Berlin!)

Wir müssen also alle solidarisch einbeziehen. Mit einer reinen Bürgerversicherung bekommen wir eine zu starke Eindimensionalität. Die freie Arztwahl des Patienten und Ähnliches sind da infrage gestellt.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das ist auch nur Demagogie!)

Deshalb können wir Ihren Weg nicht mitgehen. Wir brauchen einen solidarisch finanzierten Weg über eine Pauschale. Diesen Weg werden wir nach

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nach der Land- tagswahl!)

Vorlage der Arbeitsgruppe sehr genau untersuchen. Wir werden prüfen, ob die geforderte Solidarität auch tatsächlich gegeben ist. Ich habe eben noch einmal deutlich gemacht, dass wir nicht die alleinige Belastung des Arbeitnehmers wollen. Das wäre bei Ihnen weitestgehend der Fall.

(Heike Gebhard [SPD]: Nein!)

Wir wollen keine Finanzierung, die dem demografischen Wandel und der Entwicklung in der Medizin nicht Rechnung trägt. Wir wollen vielmehr eine Finanzierung, an der sich alle gemäß ihren Möglich

keiten beteiligen. Eine solche wird es auch geben. – Danke.

(Beifall von CDU und FDP – Heike Gebhard [SPD]: Dann müssten Sie die Pauschale ab- lehnen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Post. – Für die grüne Fraktion hat sich noch Frau Steffens zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur zwei Sachen sagen.

Herr Post, niemand in diesem Raum meint, dass wir ohne eine Gesundheitsreform auskommen. Wir brauchen eine Reform; das ist keine Frage. Wir hätten eigentlich schon in der letzten Legislaturperiode eine Reform gebraucht, die das Finanzierungsproblem nachhaltig löst. Es gab einen Kompromiss in der Großen Koalition, der uns nicht weitergebracht hat, sondern mit dem das Problem einfach eine Legislaturperiode lang ausgesessen wurde.

Aber das, was jetzt auf dem Tisch liegt, entspricht nicht der Richtung, in die wir gehen wollen; das ist keine solidarische Lösung. Die Bürgerversicherung ist eine Alternative.

(Norbert Post [CDU] meldet sich zu Wort.)

Frau Kollegin, gestatten Sie die Zwischenfrage?

Ich gestatte die Zwischenfrage gerne.

Bitte schön, Herr Kollege Post, Sie können Ihre Frage stellen.

Liebe Frau Steffens, Sie zitieren die ganze Zeit das, was auf dem Tisch liegt. Sagen Sie uns doch bitte einmal, was wirklich auf dem Tisch liegt. – Es gibt nämlich noch gar nichts.

(Heike Gebhard [SPD]: Also ist Ihr Koalitions- vertrag nichts wert?)

Es liegt ein Koalitionsvertrag auf dem Tisch – ich würde nicht wagen, den als nichts zu bezeichnen –, in dem die Eckpunkte dazu, in welche Richtung eine Gesundheitsreform gehen soll, ganz klar festgehalten sind. Man will eine Kopfpauschale, also eine beitrags- und steuerfinanzierte Krankenversicherung.

Ich saß dieser Tage im Publikum bei einer Podiumsdiskussion, an der Frau Flach – Mitglied des Gesundheitsausschusses und der Kommission, die

Sie auf Bundesebene eingerichtet haben – sowie unser ehemaliger Kollege Herr Henke – Mitglied des Gesundheitsausschusses – als Vertreter der Koalition teilgenommen haben. In der Diskussion ging es darum, wie man einen steuerfinanzierten Ausgleich für die angestrebte Pauschale hinbekommen kann. Es war aber klar, dass weder in der Koalition noch in der gesamten fachpolitischen Debatte folgende Frage geklärt war: Wie will man die von Steuern getragene Säule, wenn man sie denn einzieht, finanzieren?

Herr Post, von daher gibt es eine ganze Menge Eckpunkte, die auf dem Tisch liegen. Aber es sind noch ganz viele Fragen offen. Sie bekommen doch auch Presseschauen und Zeitungen. Die Fragen und Punkte, die in Berlin auf dem Tisch liegen, sind bekannt. Sie haben auch heute wieder keine Antworten geliefert. Von daher kann ich nur sagen, dass wir ein anderes Konzept wollen.

Ich möchte zuletzt noch auf die Äußerungen des Kollegen Romberg eingehen. Sie haben sich künstlich über eine Formulierung in einer Frage von Herrn Priggen aufgeregt. Sie haben den Menschen in diesem Land aber nach wie vor nicht erklärt, warum bei einem FDP-Mitglied nicht wie bei jeder anderen Bürgerin und bei jedem anderen Bürger beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung eine Gesundheitsprüfung vorgenommen wird. Sie haben nicht erklärt, warum diese Gesundheitsprüfung auch nicht bei den Familienangehörigen von FDPMitgliedern durchgeführt wird, und Sie haben nicht erklärt, warum es für FDP-Mitglieder keine Wartezeiten gibt, wenn sie krank und vorbelastet sind, wie es bei jedem anderen Bürger und bei jeder anderen Bürgerin der Fall ist. Es gibt keine Solidarität mehr, …

Frau Kollegin, Sie kommen jetzt bitte zum Schluss.

… noch nicht einmal unter den von Ihnen protegierten PKV-Mitgliedern. Von daher hätten Sie sich lieber zu dem unsozialen Verhalten, das Sie an den Tag legen, bekennen sollen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steffens. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Antrag Drucksache 14/10589 inhaltlich zu? – SPD, Grüne und der fraktionslose Kollege Sagel. – Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Enthält sich jemand im Hohen Haus? – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

5 Steuerdelikte müssen konsequent verfolgt werden – CD-ROM mit den Namen mutmaßlicher Steuerhinterzieher muss erworben werden

Eilantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10628

Die Fraktion hat den Eilantrag mit Schreiben vom 1. Februar 2010 fristgerecht gestellt.

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPDFraktion Herrn Kollegen Peschkes das Wort. Bitte schön, Herr Peschkes.