Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

Die Bürger dieses Landes wissen, wem sie wirtschaftliche Kompetenz zuordnen können.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Dem Hotelminis- ter!)

Das haben die Befragungen ergeben. Da haben Sie in den letzten fünf Jahren noch etwas lernen können. Sie wissen, dass man auf stürmischer See eine gute Mannschaft und einen guten Kapitän braucht.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Deshalb wählen wir im Mai!)

Sie wissen, dass unser Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und die aktuelle Regierungskoalition diese Kompetenz und Umsetzungskraft haben – jetzt

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Und immer!)

und in Zukunft. Die Arbeitnehmer im Land können mit dieser Koalition rechnen.

Meine Damen und Herren von der SPD, gestatten Sie mir zum Schluss folgenden Hinweis: Es kommt nicht nur auf den Zeitgeist an, sondern auf den Geist in dieser Zeit. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kern. – Für die FDP-Fraktion erhält Herr Dr. Romberg das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die Kreativität der SPD ist, was Antragsthemen betrifft, offenkundig begrenzt. Das haben wir in den letzten Monaten häufiger gesehen. Der Tenor ist immer derselbe: Entweder werden Modelle propagiert, die nachweislich kontraproduktiv für Arbeitnehmer sind – letztes Beispiel war Altersteilzeit –, oder es wird vor Ansätzen gewarnt, die sich im Arbeitsleben als durchaus erfolgreich erwiesen haben.

(Gerda Kieninger [SPD]: Erfolgreich für wen?)

Interessanterweise gehören zur zweiten Kategorie auffallend häufig die Beschlüsse, die die SPDgeführte Bundesregierung aus den Tagen der Schröder-Ära selbst initiiert hat.

Hinzu kommt, dass der letzte Antrag zum Thema Minijob nicht einmal ein Jahr her ist. 2009 ging es um die Beschränkung der Wochenarbeitszeit auf 15 Stunden.

(Gerda Kieninger [SPD]: Mein Gott, Herr Pinkwart weiß schon seit drei Wochen, dass das Gesetz nicht funktioniert! Wir haben erst die Auswirkungen abgewartet und dann un- ser Fazit gezogen!)

Dieses Ziel wird im jetzigen Antrag undifferenziert erneut propagiert.

(Zuruf von Barbara Steffens [GRÜNE])

Wo sind die 15 Stunden geblieben? Sind Sie jetzt nicht mehr für die 15 Stunden, für die Sie letztes Jahr noch waren? Wollen Sie jetzt mehr oder weniger? Oder bleibt es so undifferenziert wie der ganze Antrag?

Dabei legt sich die SPD bereits in ihrem negativen Urteil fest. Danach führt geringfügige Beschäftigung zu Benachteiligung, und sie fördert Altersarmut.

(Gerda Kieninger [SPD]: Das ist doch so! – Zustimmung von Barbara Steffens [GRÜNE])

Die Botschaft an die Arbeitnehmer lautet einseitig: Meidet Minijobs. – Aber ganz so einfach ist es eben nicht, denn die SPD hat mal wieder einen sehr einseitigen Blick auf die Lebenswirklichkeit von Arbeitnehmern.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sagt der Richtige!)

Man muss genau hinsehen, wer in den sogenannten Minijobs tätig ist. Für einen großen Teil der betroffenen Arbeitnehmer ist der Minijob eine Möglichkeit,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Hotelgewerbe!)

das familiäre Erwerbseinkommen aufzustocken und einen Fuß in der Berufswelt zu haben.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ein zusätzliches Arbeitsangebot darstellen und nicht etwa, wie lange Zeit befürchtet, primär Vollzeitstellen verdrängen.

(Gerda Kieninger [SPD]: Einzelhandel! La- denöffnungsgesetz!)

In Nordrhein-Westfalen waren zum Stichtag 30.06.2009 insgesamt gut 1,2 Millionen Personen ausschließlich geringfügig beschäftigt, während gut 500.000 Personen in dieser Form nebenberuflich tätig waren.

Zum Entwicklungspotenzial wurde im Koalitionsvertrag von CDU und FDP im Bund vereinbart, die Arbeitsanreize für gering entlohnte Beschäftigungsverhältnisse zu verbessern. Als Zielsetzung gilt, die Brückenfunktion von Mini- und Midijobs in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu stärken.

(Gerda Kieninger [SPD]: Das funktioniert doch nicht!)

Dass es dabei Defizite gibt, darüber besteht ausnahmsweise Einigkeit. Dieses Ziel wurde zugegebenermaßen in der Vergangenheit noch nicht optimal erreicht. Das hat eine Studie des RWI in Essen schon 2004 nachgewiesen. Vorgeschlagen wurden erweiterte Minijobs, um sie für Arbeitslose attraktiver zu machen.

Entsprechend haben wir im Koalitionsvertrag angekündigt, die Erhöhung und die Dynamisierung der Grenze von sozialversicherungspflichtigen Jobs zu überprüfen. Außerdem sollen bei Hinzuverdienstregeln die Arbeitsanreize gestärkt werden.

Die FDP hat sich bereits in der letzten Legislaturperiode für eine Neuregelung in diesem Bereich eingesetzt, damit mehr Arbeitsplätze in diesem Sektor entstehen und die Schwarzarbeit zurückgedrängt wird. Das ist ein wichtiger Faktor, auf den der Kollege Kern auch hingewiesen hat.

(Beifall von der FDP)

Was die Lohnfrage betrifft: Auch für Minijobs gelten Tarifregelungen sowie Betriebsvereinbarungen. Zu den arbeitsrechtlichen Bestimmungen gibt es bereits natürlich auch Informationsmaterial. Auch Gewerkschaften sind im Übrigen hier in der Pflicht. Das sagen Sie richtigerweise. Darin sehe ich auch eine Chance, sich eben nicht nur um Kernbelegschaften mit Vollzeitstellen zu kümmern,

sondern auch um diejenigen, die andere Formen der Beschäftigung wahrnehmen.

Insgesamt ist der Antrag der SPD, so wie wir es aus den letzten Monaten kennen, nicht weitreichend, nicht gut für dieses Parlament und auch nicht nötig. Deshalb lehnen wir ihn heute ab. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Romberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält Frau Abgeordnete Steffens das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Romberg, im Gegensatz zu Ihnen halte ich die Debatte heute für das Parlament für sehr gut, ich halte sie für wichtig für das Land, damit noch einmal die Positionen klar und deutlich werden. Sie haben sich gerade nicht gescheut, noch einmal klar zu machen, dass Sie sich mit dem Thema und der Situation der Menschen hier im Land nicht wirklich auseinandergesetzt haben. Sonst hätten Sie hier nicht so reden können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Kollege Kern, für Sie gilt in vielen Punkten dasselbe, was ich mir bei Ihnen gar nicht vorstellen kann. Denn normalerweise gucken Sie hinter die Dinge. Ich kann mir Ihre Rede nur damit erklären, dass Sie meinen, Sie müssten jetzt schon einmal versuchen, eine Wahlkampflinie zu fahren, wobei Sie den Menschen im Land, die in Minijobs beschäftigt sind und keine Perspektive haben, versuchen vorzugaukeln, dass alles gut sei bei der Linie, die Sie fahren. Anders kann ich mir es nicht erklären. Aber Sie hatten sehr viele Widersprüche in Ihrer Rede. Darauf möchte ich gleich noch einmal eingehen.

Ich glaube, dass wir zwei unterschiedliche Punkte betrachten müssen. Es geht um die Frage: Was ist wirklich die Situation von Menschen in geringfügiger Beschäftigung in diesem Land? Wir reden da überwiegend von Frauen, weil Frauen zu einem sehr viel größeren Teil in geringfügiger Beschäftigung sind als Männer.

Worüber reden wir? Wir reden darüber, dass sie in der Gegenwart in sehr vielen Fällen in Armut leben oder am Existenzminimum. Wir reden darüber, dass viele von ihnen Aufstocker von SGB II-Leistungen sind, nicht weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen. Und wir reden davon, dass es viele sind, die Rechte bezogen auf Stundenlohn, auf Krankheitsausfall, auf Urlaubsgeld, auf alles Mögliche theoretisch auf dem Papier haben, aber praktisch in der Lebensrealität nicht erfahren. Es gibt kein Ar

beitsverhältnis, das so ausbeutungsgefährdet ist wie die geringfügige Beschäftigung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Da sind keine Beispiele, die die Spitze des Eisbergs bilden, wie Schlecker, KiK oder andere notwendig. Wir wissen, dass das in ganz vielen Bereichen so ist und dass sich diejenigen, die die Überstunden machen und das Geld nicht bekommen, nicht trauen zu sagen: „Ich will mein Recht durchsetzen“, weil es schwierig ist, wenn man einen 400-Euro-Job hat und auch noch die 400 € verliert. Deswegen müssen wir über viele Fragestellungen in diesem Bereich reden.

Erstens. Wird das umgesetzt, was Recht ist? Kann man das überhaupt? Ist das überhaupt so, wie das Arbeitsverhältnis angelegt ist, möglich?

Zweitens. Ist es denn, selbst wenn es umgesetzt würde, ein Arbeitsverhältnis, das funktioniert?

Das Prekäre bei diesen nicht ausreichenden geringfügigen Beschäftigungen – da haben Sie eben die Augen zugemacht – liegt nicht nur im Hier und Heute. Diejenigen, die sich im Alter spitz auf Knopf den Cent vom Mund absparen, sind die, denen Rentenbeiträge fehlen. Sie wissen selber: Wenn man eine Vollzeitstelle mit 7,50 € die Stunde hat, bekommt man nicht viel Rente, auch wenn man sein Leben lang arbeitet. Da wollen Sie mir erzählen, dass das nicht zur Altersarmut führt? Jedes Jahr, in dem nicht regulär in die Rentenversicherung eingezahlt wird, jedes Jahr, das mit geringfügiger Beschäftigung verbracht wird, ist ein Jahr, das zur Alterarmut führt.

(Beifall von den GRÜNEN)