Ich freue mich, dass Herr Kollege Giebels schon für die CDU bereitsteht und erteile ihm das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei dem Gesetzentwurf bzw. dem Änderungsantrag der Grünen geht es – ich darf es sinngemäß zusammenfassen – um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstückseigentümer verpflichtet ist zu dulden, dass sein Nachbar eine Wärmedämmung anbringt, die in das eigene Grundstück hineinragt.
Die klimapolitische Intention des Antrags mag zu begrüßen sein. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, Grundstückseigentümern die Anpassung von Bestandsbauten an den heutigen Stand der Technik zu erleichtern und dadurch der Umwelt etwas Gutes zu tun.
Erstens bewegen wir uns hier in einem grundrechtssensiblen Bereich. Wenn ein Nachbar über das Grundstück des anderen bauen will, selbst wenn es nur um Wärmedämmungsmaterial mit einer Schicht von 10 cm geht, ist der andere in seinem Grundrecht aus Art. 14 des Grundgesetzes betroffen. Dann geht es um grundrechtlich geschütztes Eigentum.
Zweitens ist der Nachbar schon nach der bestehenden Gesetzeslage zur Duldung von Maßnahmen zur Wärmedämmung, die in sein Grundstück hineinragen, verpflichtet. Ich verweise hier auf die bestehende Regelung des § 23 Nachbarschaftsgesetz, die – so hat es zum Beispiel das Landgericht Duisburg bereits 2007 festgestellt – den Fall des Wärmedämmungsüberbaus umfasst.
Das bedeutet, dass an dieser Stelle besondere Sorgfalt geboten ist. Gründlichkeit geht auch hier wieder einmal vor Schnelligkeit. Diese Gründlichkeit lassen der Gesetzentwurf wie auch die Änderungsformulierung vermissen.
Zunächst haben Sie einen Gesetzentwurf nach hessischem Vorbild vorgelegt. Dabei ist Ihnen allerdings ein Fehler unterlaufen;
denn Sie haben Duldungspflichten für einige Baudetails nicht in Ihren Gesetzentwurf aufgenommen. Das ist Ihnen ja auch im Rahmen der Sachverständigenanhörung vorgehalten worden.
Darüber hinaus – das hat die Sachverständigenanhörung ebenfalls gezeigt – war der Gesetzentwurf auch inhaltlich von fragwürdiger Qualität. Ich darf in diesem Zusammenhang aus der Stellung
Der Landesgesetzgeber darf den ihm bei der Bestimmung des Eigentums zustehenden Gestaltungsspielraum jedoch nicht überschreiten, insbesondere die Interessen des benachbarten Grundstückseigentümers also nicht unverhältnismäßig einschränken …
Es folgt eine präzise Aufzählung der teils empfindlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, die auch gegen den Entwurf vorzubringen sind. Mit Ihrem Änderungsantrag nach Berliner Vorbild haben Sie jetzt versucht nachzubessern und immerhin einen Teil der Sachverständigenkritik berücksichtigt.
Sie schlagen nun ergänzend vor, einen neuen § 23 a in das Nachbarschaftsgesetz einzufügen. Aber so, wie Sie es machen wollen, geht es leider auch nicht; denn der Änderungsantrag hat erhebliche Mängel. Es wird nur unzureichend berücksichtigt, dass die rechtlichen Beziehungen zwischen Nachbarn nicht nur durch die privatrechtlichen Bestimmungen des Nachbarschaftsgesetzes, sondern auch durch die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere diejenigen der Bauordnung, geprägt sind.
Es kommt hier also nur ein Gesamtpaket in Betracht, das die privatrechtlichen und die öffentlichrechtlichen Bestimmungen umfassend, in sich auch stimmig und vor allen Dingen grundrechtskonform regelt. Ein solches Paket, meine Damen und Herren, bedarf nun einmal der vertieften Diskussion.
Im grundrechtssensiblen Bereich des Nachbarschaftsrechts verbieten sich handwerklich unsaubere Schnellschüsse. Ich erinnere an die Ausführungen Ihres Fraktionskollegen Remmel zum Tagesordnungspunkt Optimierung der Gesetzgebung. Der von Ihnen jetzt vorgelegte Gesetzentwurf und die Änderungsanträge halten den Kautelen, die Ihr Kollege hier vorgetragen hat, jedenfalls ebenso nicht stand wie auch Ihr Vorschlag zur Änderung des § 4 der Bauordnung. Auch fehlt in Ihrem Entwurf vollständig eine Regelung für Grenzüberschreitungen in den öffentlichen Raum hinein.
Erstens. Der Gesetzentwurf wie auch der Änderungsantrag lassen die gebotene sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Sachproblem vermissen und offenbaren auch empfindliche Schwächen.
Zweitens. Schon nach bestehender Gesetzeslage ist der Nachbar zur Duldung von Maßnahmen zur Wärmedämmung, die in sein Grundstück hineinragen, verpflichtet. Es besteht also kein Anlass zu unprofessioneller Hektik.
Gesetzesinitiative zurückgewiesen. Auch heute können wir aus den genannten Gründen diesem Gesetzentwurf und auch dem Änderungsantrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht hier offensichtlich um die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, und die lehnen wir ab, weil wir der Auffassung sind, dass hier durch Schwarz-Gelb eine sachgerechte Klimaschutzregelung verhindert werden soll.
Das ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass Schwarz-Gelb der Meinung ist, dass betroffene Nachbarn damit Probleme haben könnten, die wir so nicht sehen. Deswegen unsere Ablehnung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Grünen wird ein Grundstückseigentümer auch gegen seinen ausdrücklichen Willen zu Maßnahmen der Wärmedämmung verpflichtet, die in sein Grundstück hineinragen. Faktisch kommt diese Regelung einer Enteignung gleich.
Ziel dieses Nachbarschaftsgesetzes ist es grundsätzlich, einen gerechten Ausgleich zwischen den oft gegensätzlichen Interessen der Nachbarn zu finden.
Maßnahmen in beiderseitigem Einverständnis sind bereits heute möglich. Wenn sich aber der betroffene Nachbar weigert, einen Teil seines Grundstücks an den Nachbarn zu veräußern oder den durch zusätzliche Wärmedämmung entstehenden Überbau zu dulden, wird er für diese Haltung in der Regel auch einen Grund haben. Ein solches Gesetz wird deshalb kaum zu einer Entlastung der Gerichte führen; denn der betroffene Nachbar wird sich dann seinerseits gerichtlich wehren.
Die FDP ist natürlich für Wärmedämmung und Energieeinsparung. Eine faktische Enteignung von Grundstückeigentümern wird es mit der FDP aber nicht geben. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst feststellen: In der letzten Zeit haben wir bei zwei Anhörungen Zustimmung in einem Ausmaß bekommen, wie ich es bei Gesetzesvorschlägen vorher noch nicht erlebt habe. Das Stadtwerkerettungsgesetz werden wir in der nächsten Plenarrunde behandeln. Der zweite Gesetzentwurf betrifft das Gesetz zur Änderung des Nachbarschaftsrechtes.
In Richtung von CDU und FDP möchte ich sagen: Ich finde bezeichnend, dass Sie sich gegen einen Gesetzesvorschlag aussprechen, der bis auf eine Ausnahme von allen Sachverständigen ausdrücklich gelobt worden ist. Im Übrigen ist er in fast gleicher Form in Hessen und Berlin verabschiedet worden. Es ist interessant, dass dieser angebliche eigentumsrechtliche Sündenfall ausgerechnet bei der schwarz-gelben Regierung in Hessen offensichtlich nicht zu einer Ablehnung des Gesetzentwurfes geführt. Es hat ganz im Gegenteil zu der Verabschiedung geführt.
Warum hat man es gemacht? Wir haben heute das umgekehrte Problem: Diejenigen, die Wärmedämmung vornehmen wollen, werden heute bei sehr engen Fällen dadurch behindert, dass der Nachbar die Zustimmung schlicht verweigern kann. Wenn man in diesem Bereich vorankommen will, muss man das Gesetz so ändern, wie es in Berlin und Hessen gemacht worden ist.
Unsere Vorsitzende hat 14 Zuschriften in der Sache bekommen, ohne dass wir irgendwie darum geworben oder darum gebeten haben. Davon möchte ich Ihnen eine Zuschrift vorlesen. Eine Frau Palliardi (?) schreibt:
Hallo Frau Löhrmann, ich habe mich sehr gefreut, dass eine Neufassung des § 23 Nachbarschaftsrechtsgesetz auf dem Weg ist. Unser Haus gehört zu einer Reihe im Schachbrettmuster gebauter Flachdachbungalows. Unser Nachbar hat über die gesamte Grundstückslänge an unserer Hauswand angebaut. Jedoch ist nicht die gesamte Wand durch den Anbau überbaut. Etwa 70 cm bis zum Flachdach sind nicht überbaut. Einer Wärmedämmung unserer Hauswand stimmt unser Nachbar nicht zu, obwohl der Nachbar durch den Anbau bereits sein gesamtes Grundstück nutzt und lediglich der Luftraum durch die Dämmung betroffen wäre.
Wir haben verschiedene solcher Zuschriften erhalten. Unter anderem wird auch darauf hingewiesen, dass der FDP-Justizminister in Hessen das von mir eben angesprochene Gesetz der Öffentlichkeit voller Stolz vorgestellt hat.
Ich muss ganz deutlich sagen: Das zeigt wieder einmal, die FDP ist nicht überall gleich. Sie sind nicht alle so extremistisch veranlagt wir hier in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Robert Orth [FDP]: Hören Sie doch einmal mit diesen Un- verschämtheiten auf!)
(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Mal wieder unterste grüne Schublade! – Zuruf von Dr. Robert Orth)