Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

Denn heute sehe ich, mit welcher Verve Sie sich an die Brust der Linken werfen. Sie haben als einzige Partei richtig Wiedergutmachung für Ihre Verlage bekommen. Die CDU hat das gesamte Vermögen abgegeben!

(Widerspruch von der SPD)

Hören Sie mal zu, Herr Kuschke, Sie haben das in die Debatte eingebracht. Damit das auch klar ist: Bei der Wiedervereinigung, gegen die Sie waren, hat die CDU das gesamte Vermögen abgegeben – mit einer Ausnahme: das Personal wurde sozialverträglich abgebaut –, und Sie haben als Wiedergutmachung ein Millionenimperium zurückbekommen. Deshalb seien Sie mal ruhig, was die deutsche Einheit angeht! Sie haben bei einer Sache, die Sie politisch bekämpft haben, einen verdammt guten Schnitt gemacht.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von der SPD: Unglaublich! –Prof. Dr. Gerd Boller- mann [SPD]: Geschichtsklitterei!)

Ich komme noch einmal auf den Obermoralapostel Gabriel zurück. Wie war das denn, als er nicht mehr Ministerpräsident war, mit einem Gutachten für VW? Was hat er denn dafür geleistet? Wie ist denn die Familie Griefahn bei VW sozial aufgefangen worden? Mann, Frau, Griefahn, SPD-Versorgungsverein Volkswagen. Die Wut richtete sich ja nicht nur gegen die Hartz-IV-Gesetzgebung, sondern auch gegen Ihren Parteifreund Peter Hartz, der genau das Gegenteil von dem gemacht hat, was er anderen Leuten gepredigt hat. Der ist mit leichten Damen nach Südamerika gefahren und hat hier Wasser versprochen.

(Zuruf von der SPD: Wie sprechen Sie denn über Ihren Ministerpräsidenten?)

Das ist das Problem. Sie haben eine Wahrnehmungsstörung.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich sage: Alle Parteien sind im Moment auf Sponsoring angewiesen. Sponsoring ist nichts Unmoralisches. Sponsoring muss offen, transparent sein. Wir sind die Partei, die dies angeboten hat. Sie haben das bisher noch nicht gemacht. Von den Linken würde ich mir gerne sagen lassen, wo die SEDMilliarden vergraben sind. Sonst brauchen Sie hier nicht wieder zu reden.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmeltzer [SPD]: Polemisch, zy- nisch, verlogen!)

Vielen Dank, Herr Hegemann. – Für die grüne Fraktion hat sich Frau Kollegin Löhrmann noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf den Kern der Debatte zurückkommen:

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Wie übt der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, der von diesem Parlament ins

Amt gewählt worden ist, dieses Amt aus? Das ist der Kern der Debatte.

(Zuruf: Sehr gut!)

Da hilft nicht, Herr Stahl, Ihre Brüllorgie als Ablenkungsmanöver. Da hilft auch nicht der Verweis darauf, was alle anderen machen.

Herr Hegemann, bei Ihnen will ich gerne anknüpfen. Sie haben ja recht. Sie haben damit argumentiert, dass die SPD nach 39 Jahren nach bestimmten Verflechtungen abgewählt worden ist.

(Minister Armin Laschet: Ihr auch!)

Sie hat 1995 ihre absolute Mehrheit verloren, weil es eine Verfilzung gab, und sie ist dann vor fünf Jahren auch abgewählt worden. All Ihre Beispiele sind richtig. All diese Beispiele haben wir auch immer zum Thema gemacht. Aber Sie – CDU – sind doch damit angetreten, es anders und besser zu machen. Sie sind in diesem Hause mit dem Thema „neue Bescheidenheit“ angetreten und haben das gepredigt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen geht es heute nicht um Angriffslinien auf andere und nicht um Ehrenerklärungen, ob von Herrn Papke oder von Ihnen, Herr Minister Laumann, sondern allein darum, dass der Ministerpräsident zu den Kernfragen Auskunft gibt. Ich habe diese Kernfragen zum einen im Hauptausschuss gestellt – da haben mir Herr Krautscheid und Herr Biesenbach bescheinigt, wie sachlich und zutreffend ich das getan habe –, und ich habe sie eben noch einmal genauso sachlich vorgetragen.

Meine Damen und Herren, wenn der Anschein der Käuflichkeit klipp und klar und endgültig ausgeräumt werden soll, dann müssen die Briefe, mit denen die CDU um Sponsoren geworben hat, lückenlos dokumentiert werden. Das ist der erste Punkt. Damit käme das aus der Welt.

(Beifall von GRÜNEN, Gisela Walsken [SPD] und Norbert Römer [SPD])

Der zweite Punkt ist, dass die Terminbegleitungsmappen des Ministerpräsidenten, die dokumentieren, dass es keine Bezahltermine gegeben hat, auch öffentlich gemacht werden. Damit käme dieser Vorwurf aus der Welt.

(Beifall von GRÜNEN und Elisabeth Veld- hues [SPD])

Wir Grüne würden es im Lichte der politischen Kultur des gesamten Hauses und aller Parteien begrüßen, wenn dieser Vorwurf aus der Welt käme.

Deswegen, verehrter Herr Dr. Rüttgers, möchte ich Sie noch einmal herzlich bitten, hier Stellung zu nehmen und Ihre Sicht der Dinge klar und unmissverständlich darzulegen, damit der Anschein aus der Welt ist, dass ein Ministerpräsident dieses Landes käuflich ist.

Herr Morlok hat den Hintergrund wunderbar beschrieben. Lassen Sie mich das noch einmal zitieren:

Eine Spende ist laut dem Parteiengesetz nur zulässig in Form einer Schenkung. Falls eine Gegenleistung erwartet wird, gleich, ob eine wirtschaftliche oder politische, ist sie unzulässig. In diesem Fall bekommt der Geldgeber aber eine Gegenleistung: einen Stand oder ein Gespräch. Zudem werden die Grenzen zwischen einem Parteiamt und einem Staatsamt verwischt. Potenzielle Geldgeber erkaufen sich nicht nur den Zugang zu einem Parteichef, der ein Privatmann ist, sondern auch zum Ministerpräsidenten, einem Staatsamt. Und diese dürfen nicht privatnützig, hier für eine Partei, versilbert werden.

Dann kommt die Frage:

Noch weiß man nicht, ob wirklich jemand ein Gespräch mit Rüttgers kaufen wollte.

Herr Morlok antwortet:

Das spielt keine Rolle. Schon das Angebot ist unsittlich.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Und es spielt auch keine Rolle, ob Rüttgers von dieser Praxis gewusst hat.

Herr Ministerpräsident, ich fordere Sie wirklich eindringlich auf: Schaffen Sie vor diesem Parlament, das Sie mit Mehrheit gewählt hat, Klarheit darüber, wie es sich mit diesen Zuständen in der CDU verhält. – Wir hoffen, dass Sie sie aus der Welt schaffen können.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Löhrmann. – Als Nächster spricht Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Sören Link [SPD]: Wer präsentiert denn diese Rede?)

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es, dass wir heute diese Debatte führen.

(Martin Börschel [SPD]: Das glaube ich nicht!)

Lassen Sie mich dazu einige Bemerkungen machen.

(Ralf Jäger [SPD]: Beginnen Sie einmal mit einer Entschuldigung für Herrn Hegemann! Das wäre angebracht!)

Erstens. Dass wir heute diskutieren, ist kritischen Medien zu verdanken.

(Sören Link [SPD]: Sagen Sie doch, dass Sie sich darüber gefreut haben, und dann gehen wir alle nach Hause! Meine Herren!)

Es ist richtig, wenn Journalisten öffentlich machen, was nicht in Ordnung ist. Und die Angebote der CDU Nordrhein-Westfalen an Sponsoren waren nicht in Ordnung. Sie haben politischen Schaden angerichtet, weil dadurch der falsche Eindruck der Käuflichkeit entstanden ist.

(Zurufe von Sigrid Beer [GRÜNE] und Rüdi- ger Sagel [fraktionslos])

Ja, wir sind damit unseren eigenen Maßstäben nicht gerecht geworden.

(Gerda Kieninger [SPD]: Über Jahre hinweg!)

Der frühere Generalsekretär der CDU NordrheinWestfalen, Hendrik Wüst, hat mit seinem Rücktritt die Verantwortung dafür übernommen.