Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Hans-Werner Kaldenhoff, kommentiert das folgendermaßen:

„Zum BLB kann ich mich den Ausführungen von Herrn Dr. Kambeck anschließen. Ich sehe es genauso. Es ist mehr Transparenz im Haushalt.“

Der Bund der Steuerzahler, vertreten durch Herrn Cloesges, führt aus:

„Der Preis dafür, dass man einen ehrlicheren Haushalt als in den früheren Jahren vorlegt, auf Luftbuchungen verzichtet und die Schattenhaushalte auflöst, besteht darin, dass man jetzt deutlich über der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze liegt. Das sind immerhin 1,4 Milliarden €, die uns als Bund der Steuerzahler erhebliche Bauchschmerzen bereitet haben.“

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur dem Bund der Steuerzahler, sondern auch mir als Steuerzahlerin, meinen Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU und sicher auch dem einen oder anderen Kollegen der Opposition hat das ebenfalls erhebliche Bauchschmerzen bereitet.

Zur Bewertung der Schattenhaushalte – das wird ja hier immer wieder von Ihnen thematisiert – führt der Bund der Steuerzahler aus:

„Das ist die Auslagerung von Teilen des Landeshaushaltes in andere Bereiche aus dem Kernhaushalt heraus. Das ist mit der BVG geschehen. Das ist mit dem BLB in gewisser Weise geschehen und mit anderen Landesbetrieben natürlich auch. … Wir begrüßen, dass die BVG als ein echter Schattenhaushalt, wenn ich das einmal so sagen darf, hier aufgelöst und die Unterfinanzierung des BLB beseitigt wird.“

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, das sind die Stellungnahmen und Bewertungen der Experten zu dem vorgelegten zweiten Nachtragshaushaltsgesetz zum Haushalt 2005.

Sie haben der neuen Landesregierung und den sie tragenden Fraktionen mangelnden Sparwillen vorgeworfen. Das ist in der Tat bemerkenswert. Ich erinnere nur an Ihre Beiträge in den letzten Wochen. Beispielsweise heißt es im Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Nachtragshaushalt:

„Der Landtag muss daher Maßnahmen zur Ausgabenreduzierung und Haushaltskonsolidierung ergreifen.“

Ja, völlig d’accord. In dem Antrag findet sich aber nicht ein einziger Vorschlag dazu, wie das aus Ihrer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt in Anbetracht der vorgefundenen Haushaltssituation und dem weit fortgeschrittenen Haushaltsvollzug realisiert werden kann.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])

Seitdem Sie in die Opposition gewechselt sind, haben Sie zahlreiche Anträge gestellt, in denen Sie ständig Mehrausgaben fordern: keine Mittelkürzung für die Verbraucherzentralen, Holzabsatzförderrichtlinie nicht beenden, Sportpauschale ungekürzt behalten, Neuinvestitionen bei Krankenhäusern unverzichtbar, Zukunft des Eine-WeltPromotoren-Programms in Nordrhein-Westfalen erhalten. 80.000 neue Betreuungsplätze wollen Sie schaffen. Die Landesgartenschauen sollen als Erfolgsmodell für die Zukunft gesichert werden. Die Regionalstellen Frau und Beruf brauchen Finanzierungszusagen für 2006. Das ist alles wunderbar.

Wir sind ja kurz vor Weihnachten. Das sind lobenswerte Wünsche. Ich habe auch noch einige. Darüber können wir gerne im Detail diskutieren. Wir müssen aber feststellen, dass Sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten den Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen und damit den Gestaltungsspielraum für alles, was wir miteinander zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger gestalten

wollen, ziemlich an die Wand gefahren haben. Das Haushaltsvolumen wurde ständig erweitert. Die Gesamtverschuldung beläuft sich auf rund 111 Milliarden €. Alleine in den letzten zwölf Jahren hat sich der Schuldenstand verdoppelt. Sie haben also richtig kräftig zugelangt.

Wenn Sie sich heute über diese Verschuldung moralisch entrüsten, kann ich Ihnen fast beipflichten. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie diese moralische Entrüstung schon in den letzten zehn Jahren bei sich entdeckt hätten, in denen Sie die Verantwortung für diesen massiven Schuldenanstieg getragen haben. Sie haben aber jedes Mal brav zugestimmt.

(Beifall von FDP und CDU)

Von ihrem Volumen her stellen die Personalkosten in der Tat eine große Belastung für jeden Haushalt und auch für den Nachtragshaushalt dar. Dafür tragen Sie auch Verantwortung. Sie haben nicht genug Anstrengungen unternommen, mit uns gemeinsam diese Haushaltsposition verantwortungsvoll und zukunftsgerecht zu gestalten.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Sie haben doch überhaupt keine Vorschläge gemacht!)

Herr Kollege Sagel, wir haben reichlich Vorschläge gemacht.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])

Entschuldigen Sie bitte! Wir haben Ihnen einige Vorschläge gemacht. Sie haben zum Beispiel an Ihrem Feldhamsterprogramm, an den Krötentunneln, an der Waldpädagogik unter GenderAspekten,

(Beifall von der FDP)

an der Steinkohlesubvention und an all den anderen Progrämmchen und Programmen festgehalten. Sie müssen sich damit auseinander setzen, dass Sie – auch Sie persönlich, Herr Sagel – falsche Prioritäten gesetzt haben.

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

Wir werden andere Prioritäten setzen; das wird schon am Nachtragshaushalt deutlich. Dort haben wir Mittel für neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, damit wir den Unterrichtsausfall in diesem Land bekämpfen und unseren Kindern und Jugendlichen eine bessere Ausbildung zur Verfügung stellen können, damit sie für all die Aufgaben fit sind, die auf sie zukommen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das sind Sprechblasen!)

Meine Damen und Herren, wir werden Prioritäten setzen. Das ist unter den vorgefundenen Bedingungen, die Sie uns hinterlassen und die Sie zu verantworten haben – Rekordverschuldung, Einzementierung des Haushaltes, falsche Prioritätensetzung – schwierig. Wir werden gerne mit Ihnen gemeinsam in den nächsten Jahren aufräumen.

Wir werden Ihnen einen Konsolidierungskurs und ein Sanierungskonzept vorlegen. Ich glaube, dass das notwendig ist. Dazu gehört auch, dass man an einigen Stellen ehrlicher miteinander aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern umgeht.

Sie wehren sich zu Recht – oder eigentlich nicht zu Recht – gegen die Vorwürfe von Luftbuchungen und dergleichen. Wir werden solche Spielereien nicht machen. Bei uns gibt es keine Scheinprivatisierungen auf Pump. Wir werden auch nicht irgendwelche imaginären Einnahmepositionen ansetzen – Sie haben freundlicherweise im Berichterstattergespräch noch einmal ausdrücklich danach gefragt. Es wird klar erkennbar, dass Einnahmepositionen von Ihnen politisch veranlasst dargestellt worden sind, von denen Sie genau wussten, dass sie nicht zu realisieren waren. Das ist einfach unanständig.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Hören Sie gut zu, Frau Walsken!)

Es ist nicht in Ordnung, die Einnahmepositionen eines Haushaltes künstlich schönzurechnen, obwohl man vorher genau weiß, dass man diese Einnahmen nicht wird realisieren können. Das ist Schummeln, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von Gise- la Walsken [SPD])

Frau Kollegin Walsken, diesen Vorwurf würde ich mir auch ungern machen lassen: Sie haben die Einnahmepositionen falsch angesetzet. Das ist mittlerweile unumstritten;

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Wider besseres Wissen!)

das haben selbst Ihre eigenen Leute eingestehen müssen.

Es ist klar, dass wir diese Intransparenz auflösen müssen. Wir müssen mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam auf der Grundlage eines transparenten Haushaltes und einer realistischen Abbildung der tatsächlichen Haushaltssituation ein Sanierungskonzept beginnen.

Ich bin zuversichtlich: Mit dem, was wir von den Eckpunkten des Haushalts 2006 bereits kennen, setzen wir die notwendigen politischen Prioritäten

für eine gute und qualifizierte Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen,

(Gisela Walsken [SPD]: Ja, ja!)

für eine gute Perspektive, für Investitionen, Wachstum und wieder mehr Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen. Es wird uns gelingen, mit einigen Wolkenprojekten Schluss zu machen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Mit welchen denn?)

Wir werden mit dem Geld der Steuerzahler sinnvoll und verantwortungsbewusst umgehen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Konkret!)

Im Laufe der Legislaturperiode werden wir dazu kommen, mit Wahrhaftigkeit verfassungskonforme Haushalte aufzustellen. Dabei haben wir durchaus das Ziel, auch mal wieder ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Denn ich muss Ihnen sagen, dass mir die Diskussion der letzten Jahre gestunken hat. Es ist immer nur darüber diskutiert worden, ob man die Verfassungsobergrenze einhalten kann. Ich möchte, dass wir wieder zu Haushalten kommen, die sich bei den Ausgaben an den Einnahmen orientieren. Mein Ziel ist, dass wir überhaupt keine neuen Schulden mehr aufnehmen müssen.

(Beifall von FDP und CDU – Gisela Walsken [SPD]: Das hätten Sie ja machen können!)

Ich würde mich freuen, wenn wir wenigstens an dieser Stelle Einigkeit erreichen könnten. Das sind wir nachfolgenden Generationen schuldig. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Frau Freimuth. – Als nächster Redner hat Herr Börschel von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, ich bin natürlich sehr gespannt auf das, was Sie zu sagen haben. Offensichtlich muss ich mich aber noch ein bisschen gedulden – wenn Sie überhaupt vorhaben, in die Debatte einzugreifen. Bis dahin muss ich mich besonders an Frau Kollegin Freimuth wenden, denn ich würde gerne die aktuelle Finanzpolitik der Regierung und der sie tragenden Fraktionen aus dem Blickwinkel der Gemeinden und Kommunen beleuchten.