Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Ich rede nicht von Sozialhilfeempfängern. Ich rede von den grenzwertigen Einkommen.

(Ralf Witzel [FDP]: Wer ist denn grenzwer- tig? – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Sie sind grenzwertig!)

Auf der anderen Seite fehlen den Trägern von Kindertagesstätten Sachkostenmittel in Höhe von 20 Millionen €. Zwar ist der Ansatz nicht gekürzt worden; er ist beibehalten worden. Ich denke aber, dass die Träger davon ausgegangen sind, dass die Mittel wieder erhöht werden würden.

(Zuruf von der CDU: Wer denn?)

Doch. – Zu dieser Tatsache wird in der Pressemitteilung des Ministeriums wie folgt Stellung genommen:

„Zum Ausgleich ist es den Trägern wie bisher möglich, Rücklagen aufzulösen und/oder organisatorische Maßnahmen zu ergreifen.“

Sehr geehrter Herr Minister Laschet, ich gehöre zu den sogenannten Sozialen, die gerne durch die rosarote Brille schauen und verkünden, alles wer

de gut. Aber ernsthaft: Ihre Brille kann doch nicht so rosarot sein, dass Sie glauben, dass es noch freie Träger gibt, die Rücklagen haben, die sie auflösen können. Diese Möglichkeit besteht doch nicht.

(Beifall von der SPD)

Organisatorische Maßnahmen zu ergreifen heißt nichts anderes, als mit weniger Geld wirtschaften zu müssen. Und weniger Geld bedeutet auch – das wissen wir alle – weniger Aktivitäten in den Kindergärten und auch weniger Förderung der Kinder. Wo bleibt da die von Ihnen propagierte Förderung von Kindern im vorschulischen Bereich?

Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP steht – ich darf zitieren –:

„Wir entwickeln ein vereinfachtes und gerechteres Finanzierungssystem für Kindertageseinrichtungen im Dialog mit Verbänden, Trägern und Beschäftigten. Damit Träger in aktueller Finanznot keine Gruppen schließen müssen, streben wir kurzfristig Übergangslösungen an.“

Eben ist von Herrn Lindner gesagt worden, dass es dieses Gespräch gegeben hat. Ich stelle mir Dialog allerdings anders vor. Für mich ist Dialog nicht das Verkünden von Fakten.

(Beifall von der SPD)

Hier werden Fakten geschaffen, die zumindest dazu führen können, dass Kindergärten schließen und dass Trägervielfalt verloren geht.

Die katholische Kirche hat bereits letztes Jahr in erheblichem Umfang damit begonnen, Kindergärten und zum Teil auch Horte zu schließen. Die Erfüllung des Rechtsanspruches war in einigen Kommunen – unter anderem gehörte auch Mönchengladbach dazu – in Gefahr. Das hat Kommunen zu einem Einsatz zusätzlicher finanzieller Mittel veranlasst. Es hat auch hohe Kraftanstrengungen gegeben, diesen Anspruch auf einen Kindergartenplatz weiterhin erhalten zu können. Herr Kollege Post und Herr Kollege Schroeren können mir da sicherlich zustimmen.

Die durch den demographischen Wandel gewonnenen Kindergartenplätze für Drei- bis Sechsjährige sind längst durch bereits getätigte Schließungen – unter anderem der katholischen Kirchen – wieder verloren gegangen.

Ich frage Sie: Wie wollen Sie bei weiteren zu erwarteten Schließungen das TAG umsetzen? An welchen Orten sollen die unter Dreijährigen dann

betreut werden, wenn Infrastrukturen zerschlagen worden sind?

Auf den ersten Blick erfreulich ist die Bereitstellung von mehr Mitteln im Bereich der frühkindlichen Sprachförderung, die sich nach außen hin gut verkaufen lässt und wo man sich sicherlich auch an das Konnexitätsprinzip hält. Aber betrachten Sie einmal das Verhältnis dieser beiden Positionen: auf der einen Seite die Erhöhung der Mittel für die frühsprachliche Förderung für Kinder und auf der anderen Seite das Absenken um 104,5 Millionen €. Ich bin mir sicher, dass die Kommunen in diesem Falle gerne auf die Einhaltung des Konnexitätsprinzips verzichtet hätten, wenn auf der anderen Seite die Kürzungen nicht gekommen wären.

(Beifall von der SPD – Minister Armin La- schet: Es geht um die Kinder, nicht um die Kommunen!)

Von Ausgewogenheit habe ich andere Vorstellungen. Die Aussage im Koalitionsvertrag der neuen Regierungsmehrheit, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft müssten Väter, Mütter und ihre Kinder konsequenter unterstützen und fördern, wird zur Floskel und zum Geschwätz. Ihre Sparvorträge belasten die Kommunen, die Träger der freien Wohlfahrtspflege und die Eltern über Gebühr. Sie sind sozial ungerecht und unausgewogen.

Die Versprechungen von Schwarz-Gelb erweisen sich bereits nach einem halben Jahr als Täuschung. Die Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen in NRW erleben, wie aus einem angeblichen Super-Angebot eine Mogelpackung wird. – Danke schön.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön. – Als Nächste spricht Frau Doppmeier von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Asch, Sie sprachen eben vom Landesjugendplan und dem überparteilichen Konsens. Ich kann mich an keinen überparteilichen Konsens erinnern, dem wir zugestimmt hätten, auf Kosten der nachkommenden Generation zu leben.

(Lachen von Carina Gödecke [SPD])

Das machen wir nicht mit, kann ich Ihnen sagen.

(Beifall von CDU und FDP)

Bei dem aktuellen Schuldenstand von 110 Milliarden € dürfte uns doch allen klar sein, dass wir sparen müssen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das haben Sie doch schon plakatiert! Tun Sie doch nicht so, als wenn Sie das erst jetzt wüssten!)

Das Sparen ist natürlich nicht einfach. Der Weg zur Konsolidierung ist für uns alle lang und steinig. Aber wir sparen wenigstens. Und es wird in allen Bereichen gespart. Im Gegensatz zu Ihrer Politik verteilen wir die Lasten sozial gerecht.

(Beifall von der CDU)

Jeder leistet solidarisch seinen Beitrag für die Gemeinschaft. Das ist nämlich unser Verständnis von Gerechtigkeit. Trotz dieser notwendigen Einsparungen wird aber – da können Sie sicher sein – die bestehende Infrastruktur an Einrichtungen, Angeboten und Trägern erhalten bleiben. Wir nehmen unsere Aufgabe wahr, die Landesfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Darum ist dieser vorgelegte Haushalt endlich der erste Schritt aus dem Gefängnis der roten Zahlen. Diesen Weg sollten Sie mitgehen.

(Beifall von der FDP)

Vor allem ist es der erste Schritt, damit wir nicht mehr länger auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder leben, wie Sie es jahrelang praktiziert haben. Wir haben eine Verantwortung für unsere nachwachsende Generation. Wir müssen den Haushalt konsolidieren. Nur so können wir wieder in die Zukunft und in unsere Kinder investieren. Natürlich fallen uns gerade Einsparungen im Familien- und Jugendbereich nicht leicht. Das wissen wir alle. Es kann aber doch nicht sein, dass sich unser Finanzminister jeden achten Euro auf dem Kapitalmarkt holen muss und jeder zehnte Euro für Zinsen draufgeht. Wir sind doch schon bis über die Ohren verschuldet. Wohin soll das denn nach Ihrer Meinung noch führen? Wenn ich Sie so höre, wollen Sie in keinem einzigen Bereich einsparen. Man muss sich dann natürlich nicht fragen, woher die Schulden kommen, die wir in Nordrhein-Westfalen inzwischen aufgehäuft haben.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Lassen Sie mich Ihnen kurz einige Beispiele nennen, an welchen Stellen wir sparen und wo wir investieren wollen.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Michael Vesper)

Während wir normal 20 % einsparen, haben wir im Jugendbereich nur 11 % eingespart.

Sprechen wir die Sprachförderung an: Die Mittel für die Sprachförderung wurden von uns für 2006 auf 15,6 Millionen € verdoppelt. Für uns ist die frühkindliche Sprachförderung der Schlüssel für eine gelungene Integration. Sie müssen sich doch fragen lassen, was Sie bisher dazu getan haben.

(Beifall von der CDU)

Stichwort Horte: Wie der Minister schon sagte, bleibt auch hier weiterhin die Förderung bestehen. Dies geschieht auch über das Jahr 2007 hinaus. Sie wollten es abschaffen.

Stichwort Familienzentren: Wir bauen zum ersten Mal ein wichtiges Angebot für Kinder und Familien auf. Es ist somit der erste Schritt zu mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in Nordrhein-Westfalen. Diese unterschiedlichen Angebote werden dazu führen, dass wir weiterhin die Kinder fördern und den Eltern Unterstützung geben.

Stichwort Kindergartenbeiträge: Wir sprachen schon darüber. Auch hier erhalten die Kommunen freie Hand bei der Festlegung der Kindergartenbeiträge. Außerdem planen wir, die Zuschüsse an die Einrichtungen demnächst auf eine Pro-KopfFörderung umzustellen, um gerade die Kitas in sozialen Brennpunkten mit sehr heterogenen Kindergruppen somit besser zu unterstützen, als es bisher der Fall ist. All dies zeigt doch, dass die neue Landesregierung einen Schwerpunkt gerade bei Kindern und bei Schulen setzt.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Wie kommen Sie denn darauf?)

Insgesamt sind in dem Haushaltsentwurf 2006 für Kindertagesbetreuung immerhin 845 Millionen € vorgesehen. Es hat also nur eine Reduzierung um 11 % stattgefunden. Wir halten somit die versprochene Zusage, Kinder und Familien in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns zu stellen.

Meine Damen und Herren, Sie haben den Landesjugendplan ursprünglich gekürzt. Wir kürzen ihn nicht weiter. Wir behalten nur die Kürzungen bei. Es geht nicht anders, wenn wir die Verantwortung für unsere nachfolgende Generation wirklich ernst nehmen.

Lassen Sie mich somit das Fazit ziehen: Familien und Kinder stehen – wie von uns bisher immer gesagt – im Mittelpunkt unserer Politik. Gerade deswegen brauchen wir eine zukunftsgerichtete Politik. Wir brauchen keine Politik, in der wir nur bis jetzt, bis gleich oder bis zum nächsten Wahlkampf denken. Wir verteilen die Einsparlast sozial gerecht auf alle Schultern. Seien Sie sicher: Auch künftig wird kein Kind aus finanziellen Gründen

vom Kindergarten abgemeldet werden. – Danke sehr.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Das ist ja peinlich!)