Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Frau Abgeordnete Löhrmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihrem Gedächtnis, was sehr kurz zu sein scheint, ein bisschen auf die Sprünge helfen, meine Damen und Herren von der neuen Regierungskonstellation.
Ich wundere mich wirklich über die Beiträge und darüber, wie Sie sich da herauswinden, Herr Lindner. Das betrifft auch die Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Sie sagen, Sie haben das so im Wahlkampf angekündigt. Wissen Sie, was Sie im Wahlkampf angekündigt haben? Sie haben aber auch angekündigt, dass Sie konsolidieren. Sie haben angekündigt, dass Sie im Bildungsbereich überall noch etwas drauflegen werden. Das haben Sie angekündigt.
Ganz konkret hat zum Beispiel Herr Mahlberg vor den evangelischen Kindergartenträgern gesagt, Sie würden 2 % auf die vorhandene Summe drauflegen und nicht kürzen.
Herr Lindner, zu Ihrem Bericht über die Veranstaltung vom Montag muss ich sagen, ich habe andere Informationen. Sie scheinen auf einer anderen Veranstaltung gewesen zu sein. Meines Wissens hat niemand Verständnis für das geäußert, was Sie mit diesem Haushalt vorgelegt haben. Sie haben nämlich große Not. Das hat man Ihnen auch deutlich angemerkt. Ich bin in höchstem Maße irritiert, mit welcher Chuzpe und Dreistigkeit Sie Ihre Wahlversprechen brechen.
Sie tun das schamlos und ohne rot zu werden. Ich finde, das ist das Schlimmste, weil das etwas über Ihre Geisteshaltung zeigt.
Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung davon gesprochen, dass erstens NRW ein Land der neuen Chancen für Kinder werden soll und zweitens der Bildungsbereich von Kürzungen ausgenommen und im Gegenteil sogar ausgebaut werden soll.
Wenn man einmal davon absieht, dass Ihre Eckpunkte zum Schulgesetz diesen Anspruch mit Füßen treten, wundert es mich, dass die Diskussion darüber, was alles zur Bildung gehört, so spurlos an Ihnen und Ihrer Regierung vorbeigegangen ist.
War da nicht etwas? „Bildung im Elementarbereich“ – für all diejenigen, die das nicht wissen: das ist der Kindergarten – „muss gestärkt werden“, „Bildung von Anfang an“, „auf den Anfang kommt es an“ und wie die schönen Botschaften noch alle heißen. Jetzt kürzen Sie in diesem Bereich eklatant. Ich sage die Summe gerne noch einmal. Sie wollen über 100 Millionen € im Bereich der Kindergärten kürzen, nämlich da, wo es auf den Anfang ankommt.
War da nicht etwas? „Schulische und außerschulische Bildung gehören zusammen.“ Jetzt erdreisten Sie sich, das Jugendfördergesetz zumindest im Kopf aus dem Bildungsbereich auszuklammern. Sie trennen die Kinder und Jugendlichen also nach denen in der Schule und denen in dem anderen Bereich. Wie haben Sie da die Fahne immer hochgehalten, Herr Lindner. Haben Sie schon einmal etwas von ganzheitlicher Bildung gehört? Und all das, nachdem Sie uns ob der Kürzung im Doppelhaushalt beim Jugendfördergesetz gegeißelt haben und nachdem Sie die Volksinitiative massiv unterstützt und den gesetzlich vorgegebenen Rahmen von 96 Millionen €, den Rot-Grün ins Gesetz geschrieben hat, selbst mitgefordert und beschlossen haben. Wir haben im letzten Nachtrag übrigens noch 5 Millionen € draufgelegt. Deswegen stimmt es nicht, was hier behauptet wird, es würde nur das fortgesetzt, was wir gemacht haben.
Ein letzter Punkt: War da nicht etwas? Die Weiterbildung ist die vierte Säule des Bildungssystems. Haben Sie nicht in Kenntnis der schwierigen Haushaltslage und auch schon beim Doppelhaushalt die Rücknahme der Kürzungen beantragt und versprochen? Nur zu Ihrer Information: Die Familienbildung gehört auch zur Weiterbildung. So schnell geht das mit der Entzauberung, so schnell holt einen die grausame Regierungswirklichkeit ein.
Besonders dreist finde ich, dass Sie jetzt versuchen, den schwarzen Peter den Kommunen zuzuschieben nach dem Motto: In der Sache wird es gar nicht so schlimm; die Kommunen machen das schon. – Da wird die nächste Frechheit begangen,
nämlich die, es sollen ja alle spüren, aber jetzt sollen sie es doch lieber nicht so genau spüren, damit die Menschen nicht protestieren, und dann wird behauptet, wir hetzten die auf.
Der Städtetag wird nicht von irgendjemandem aufgehetzt; er hat sich gestern zu Wort gemeldet und sagt: Die geplanten Landeskürzungen bei den Kindergärten gefährden nach Ansicht des Städtetags Nordrhein-Westfalen den Ausbau der Kinderbetreuung. Wörtlich sagt Herrn Articus:
„Es kann nicht sein, dass das Land den Ausbau und die Verbesserung der Kinderbetreuung verspricht, dafür aber die Finanzmittel nicht erhöht, sondern gravierend kürzt. Erst recht nicht können Kommunen und Eltern die Zeche dafür zahlen, wenn sich das Land teilweise aus der Kindergartenfinanzierung zurückzieht.“
Meine Damen und Herren, ein Letztes! Ihr Gejaule über die haushaltspolitische Situation, die Sie – durch welche Erleuchtung auch immer – frisch ereilt hat, kann doch wirklich keiner mehr hören. Lesen Sie nach, was Sie dazu in den vergangenen Haushaltsberatungen alles immer gesagt haben, welche unseriösen Finanzierungsvorschläge Sie etwa für die Steinkohle gemacht haben! Die Steinkohle wurde fünfmal verbraten. Wir haben es Ihnen immer prophezeit, dass das nicht tragen wird und dass Sie deshalb nicht so vollmundige Versprechungen machen sollen. Sie haben es trotzdem getan. Deshalb ist es unser Recht, geradezu unsere Pflicht als Opposition, Ihnen das hier und heute und in Zukunft immer wieder vorzuhalten, und das werden wir tun.
Zur Klarstellung: Während der Aktuellen Stunde dürfen laut Geschäftsordnung keine Zwischenfragen gestellt werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben an einer Stelle Recht: Es ist Gestaltungsanspruch dieser neuen Landesregierung und der sie tragenden Koalitionsfraktionen, einen Doppelpack hinzubekommen und zukünftig mehr Investitionen für Bildung und damit für die Zukunftschancen der jungen Generation zu tätigen, aber gleichzeitig den Landeshaushalt insgesamt zu
konsolidieren, weil es unter Generationengesichtspunkten nicht mehr tragbar ist, Ihre Politik fortzusetzen und von Jahr zu Jahr die Verschuldung weiter zu erhöhen.
Die großen Verdienste der Grünen habe ich, Frau Löhrmann, wenn ich das sagen darf, bei dem Thema Abbau von Steinkohlesubventionen, in den letzten zehn Jahren bei Ihnen nicht festgestellt.
Sie haben über zehn Jahre hinweg für viele fragwürdige Projekte grüner Klientelpolitik einen tiefen Griff in die Kassen des Landeshaushalts getätigt: in zweistelliger Milliardenhöhe. Damit haben Sie die Neuverschuldung unseres Landes in die Höhe getrieben und dafür gesorgt, dass wir momentan täglich 13 Millionen € zahlen, um Kredite zu bedienen. Davon profitiert niemand in diesem Land, kein Jugendlicher und kein Schüler.
Das müssen wir neu in den Griff bekommen und Ihren Scherbenhaufen aufräumen. Wir werden das nicht dadurch tun, indem wir Bildung kürzen, sondern indem wir uns insgesamt wichtige und notwendige Eingriffe in die Struktur des Landeshaushalts vornehmen, aber auch zusätzlich in wesentliche Förderbereiche der Bildung und damit in die Jugendlichen investieren. Das ist alles andere als unsoziale und generationenfeindliche Politik.
Wir werden für eine bessere Ausstattung an unseren Schulen sorgen – dafür hatten Sie von der SPD etwas länger Zeit als die zehn Jahre RotGrün –: mit mehr Lehrern, damit zukünftig weniger Unterricht ausfällt.
Wir werden dafür sorgen, Kompetenzen zu stärken, indem wir zukünftig mit Fremdsprachen wie Englisch in Klasse 1 beginnen. Natürlich erfordert das mehr Ressourcen. Wir werden den Schulbeginn vorziehen, um auch in schulische Bildungsprozesse früher einzusteigen.
Wir haben eine Qualitätsoffensive für Ganztagshauptschulen in Gang gesetzt mit einem besonderen Blick auf Schulen in sozial problematischen Gebieten, um die Chancengleichheit auch für benachteiligte Jugendliche zu verbessern. All das sind Leistungen für Schüler und Jugendliche in diesem Land.
Wir werden im Ganztagsbereich mehr echten Ganztag schaffen mit weniger Billigbetreuung, mehr Qualität, als Sie in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben. Qualitative Steigerungen und quantitativer Zuwachs sind unsere Investitionen für Bildung, Erziehung und Betreuung in unserem Land.
Das steht im klaren Kontrast zu dem, was Sie geplant haben und mit Ansage zum Thema zukünftiger Umgang mit Jugendeinrichtungen verblasen haben. Mein Kollege Christian Lindner hat eben richtigerweise schon viele Bezüge hergestellt.
Schauen Sie doch bitte einmal, damit auch bei Ihnen der Gedächtnisschwund nicht ganz so schnell einsetzt, in die Anträge, die Sie selber noch vor wenigen Monaten in Ihrer alten Rolle vorgelegt haben! Darin haben Sie beschrieben, wie es mit den Jugendeinrichtungen in unserem Land weitergehen soll: im Jahre 2003 30 Millionen € zur Sicherung der Strukturen, in dem aktuellen Haushalt 20 Millionen €, für das Jahr 2007 per Haushaltsvermerk 10 Millionen €, nach 2007 vollständige Abschaffung.
Das sind Ihre Zusagen, die Sie noch vor einem Dreivierteljahr in Landtagsdrucksachen manifestiert haben, zum zukünftigen Schutz der strukturellen Sicherung von Jugendeinrichtungen in der offenen Jugendarbeit. Da sollten Sie etwas mehr Ehrlichkeit praktizieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neue Landesregierung brüstet sich mit Schuldenabbau. Was sie allerdings hier abliefert, ist schon fast olympiareif: Sie spart und kürzt und zugleich ist ihre Verschuldung hö