Sie versprechen populistisch Problemlösungen, ziehen sich aber aus der Verantwortung zurück, übertragen diese Verantwortung auf die Kommunen und klagen anschließend an, dass die Beiträge nicht sinken, sondern sogar steigen.
Meine Damen und Herren, damit nicht genug: Das Gebot der klaren Perspektive und Verlässlichkeit wird noch mehr strapaziert. Ich zitiere die „Süddeutsche Zeitung“ vom 17. Januar 2006:
„Zwischen Berlin und Düsseldorf gibt es offenbar einen Grundsatzkonflikt in der Familienpolitik der CDU.“
Von der Leyen spricht von „nörgelnden Landespolitikern“, und Rüttgers und Laschet werfen ihr vor, sie baue „Luftschlösser“.
Es ist ja richtig, dass eine Bundesministerin nichts zulasten Dritter versprechen kann, das „System Rüttgers“ – Versprechen, sich aus der Affäre ziehen und andere anklagen – scheint aber ansteckend zu sein.
Aber auch wenn man den Besuch von Kindergärten zurzeit nicht von Beiträgen freistellen kann, bleibt das Ziel doch richtig.
Land Nordrhein-Westfalen – nicht nur in Rheinland-Pfalz – Schritt für Schritt die Kindertagesstätten als verlässliche Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen stärken können.
Die SPD bleibt dabei: Wir wollen Schritt für Schritt den Rechtsanspruch auch für Zweijährige, quantitativ und qualitativ ausreichende Angebote, also Investitionen in die Infrastruktur und Qualifizierung der Erzieherinnen, ein verpflichtendes und darum zwingend beitragsfreies Kindergartenjahr vor der Einschulung, verpflichtende Sprach- und Entwicklungstests sowie Förderangebote, flexible und verlässliche Angebote zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und perspektivisch auch eine Beitragsfreiheit für alle Kinder – zurzeit eine Sicherung der Beitragsfreiheit für untere Einkommensgruppen.
Meine Damen und Herren, dass dies nur schrittweise zu erreichen ist, liegt auf der Hand. Dazu braucht mein ein Konzept, das in realistischen Schritten umgesetzt wird. Dass die SPD-Landtagsfraktion es auch in der Opposition mit ihren Beschlüssen ernst meint, sehen Sie daran, dass wir eine Enquetekommission beantragt haben, bei der es genau um diese Frage der Bildungsfinanzierung geht: Wie ist es Schritt für Schritt mittel- und langfristig möglich, zugunsten von Kindern, Jugendlichen und Familien und zugunsten von Bildungsangeboten in diesem Land umzusteuern?
Meine Damen und Herren, auch mit dem Koalitionspartner ist sich die CDU hier in NordrheinWestfalen nicht einig.
Der Koalitionspartner FDP begrüßt das Elterngeld und die Beitragsfreiheit – zumindest im letzten Kindergartenjahr – und stellt sich damit gegen die Familienpolitik der CDU.
Zum Schluss: Es steht mir sicherlich nicht zu, zu bewerten, wie die CDU mit eigenen Leuten umgeht. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Erwin hat der CDU-Bundesministerin vorgehalten:
„Politik hat nichts mit Geschenken, sondern mit Gestalten zu tun. Das muss Frau von der Leyen noch lernen.“
Das war ein Zitat aus der „Rheinischen Post“ vom 17. Januar 2006. Angesichts der Ankündigungen von Herrn Rüttgers trifft dieser Satz auch auf Ihren Ministerpräsidenten zu. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bis vor kurzen war Familienpolitik noch „Gedöns“, jetzt wird endlich breit darüber diskutiert.
Leider wird meine Freude durch die Art und Weise getrübt, wie mit Familienpolitik umgegangen wird. Die Halbwertzeit der schwarz-roten Kabinettbeschlüsse in Berlin beträgt nicht einmal eine Woche. Die große Koalition leistet ganze Arbeit dabei, Familien restlos zu verunsichern.
Erstens auf das Elterngeld: Von der Debatte, die der Ministerpräsident und andere angeregt haben und zu der ich mir erlaubt habe, einen Fachbeitrag zu leisten, können wir alle nur profitieren. Denn es ist richtig, dass die Einführung einer einkommensabhängigen Unterstützung für Familien tatsächlich größte Sensibilität erfordert. Schließlich sollen hier Kinder unterschiedlich gefördert werden, obwohl sie uns alle gleich viel wert sind. Damit haben wir in Deutschland keine Erfahrungen. Deshalb ist die Debatte notwendig.
Angesichts der Tatsache, dass bald 40 % der Akademikerinnen kinderlos bleiben, begrüßen wir als Freie Demokraten dieses Vorhaben, denn es unterstützt junge Männer und Frauen, die in der Phase der Familiengründung Angst vor Einkommensverlusten haben. Skandinavien zeigt, wie wirkungsvoll dieses Instrument in Kombination mit einem gut ausgebauten Betreuungssystem ist.
Übrigens, Frau Löhrmann, Sie haben gesagt, Schwarz-Gelb habe nichts zum Ausbau der Betreuungssituation für unter Dreijährige getan. Sie haben offenbar nicht zur Kenntnis genommen, dass wir zum 1. August des vergangenen Jahres die sogenannte Budgetvereinbarung verändert haben. Rot-grün wollte, dass 10 % der Plätze in Kindertageseinrichtungen für andere Altersgruppen zur Verfügung stehen können. Das ist von uns auf 20 % verändert worden.
Aus unserer Sicht – das möchte ich auch noch sagen – hat der Ministerpräsident im Übrigen völlig zu Recht den von der großen Koalition beabsichtigten regelrecht volkserzieherischen Zwang kritisiert, Väter auf die Familienarbeit zu verpflich
ten. Nichts ist privater als die familiäre Aufgabenteilung zwischen Eltern. Deshalb wollen wir nicht, dass der Staat den Menschen auch noch das Familienleben vorschreibt.
Das kann nur eine Partei wie die SPD wollen, die auch die „Lufthoheit über den Kinderbetten“ erringen wollte, meine Damen und Herren.
Der zweite Punkt: Gebührenfreiheit für Kindertageseinrichtungen. – Nahezu jedes Kind beginnt hier seinen Bildungsweg. Deshalb sprechen wir uns als FDP seit längerem schon für die Beitragsfreiheit wie in Rheinland-Pfalz zumindest im letzten Kindergartenjahr aus. Daran halten wir auch fest.
Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass in Nordrhein-Westfalen auch heute schon 22 % der Kinder beitragsfrei den Kindergarten besuchen. Das Ziel einer Ausweitung dieser Gruppe kann allerdings nur in einem gesamtstaatlichen Konsens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden erreicht werden. Ich erinnere daran, dass sich der Bund auch bei der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Kindergartenplatz durch die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung über eine Veränderung der Umsatzsteuerverteilung an den Kosten beteiligt hat. Im Übrige gäbe es im Bundeshaushalt auch diesen Spielraum, wenn man etwa daran denkt, dass Rot-Grün noch 14 Milliarden € für das Raketensystem Meads bewilligt hat. Die FDP-Fraktion war die einzige Fraktion, die hier nicht zugestimmt hat.
Aus eigener Kraft wird Nordrhein-Westfalen den Elternbeitrag noch nicht einmal stabilisieren können, und zwar deshalb nicht, weil Rot-Grün nicht nur den Landeshaushalt, sondern auch die Kindergartenfinanzierung in einem chaotischen Zustand übergeben hat. Das hat damit zu tun, dass Sie das Elternbeitragssystem in nahezu fahrlässiger Weise sich selbst überlassen haben.
Die soziale Staffelung des Elternbeitrages ist seit 1992 nicht korrigiert worden, obwohl sich die Durchschnittseinkommen der privaten Haushalte seitdem um 20 % erhöht haben. Auch die Höhe der Elternbeiträge ist lediglich einmal im Jahr 2000 um 2,2 % der allgemeinen Kostenentwicklung angepasst worden, obwohl der Preisindex ebenfalls um 20 % gestiegen ist.
Als Folge dieser Unterlassungen beträgt der Finanzierungsanteil der Eltern nur noch 13 %, obwohl das Gesetz von 19 % ausgeht. Da das Land bisher dieses Defizit auch noch ausgeglichen hat, wurde manche Kommune zu allem Überfluss auch noch zu einer gewissen Laxheit bei der Erhebung und Einziehung der Elternbeiträge verführt.
Diese Entwicklungen mussten gestoppt werden, um die Statik der Kita-Finanzierung nicht dauerhaft zu gefährden. Wir sind sicher, dass die Kommunen in Anschauung der konkreten Situation vor Ort sozialverträgliche und maßvolle Anpassungen finden werden, so unangenehm und schmerzlich das für uns alle ist.
Zum dritten Aspekt, der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten, möchte man fast nichts mehr sagen, weil sich die Nachrichtenlage stündlich ändert. Das in Genshagen verabredete Zweistufenmodell ist jedenfalls in jeder Beziehung Murks. Warum sollen gerade im Lebensabschnitt vor der Schule Ausgaben für Kita und Tagespflege weniger geltend gemacht werden können als nach Beginn der Schulpflicht?
Zudem sind die Pläne verfassungsrechtlich in höchstem Maße bedenklich, denn sie beziehen sich ausschließlich auf die erwerbsbedingten Betreuungskosten von Haushalten mit zwei berufstätigen Eltern – und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits 1999 festgestellt hat, dass bei der Anerkennung von Kinderbetreuungskosten nicht zwischen erwerbstätigen und nicht erwerbstätigen Eltern differenziert werden darf.
Diese Diskriminierung der Kinder von nicht erwerbstätigen Eltern wird – das sage ich Ihnen voraus – deshalb keinen Bestand haben. Das Ergebnis der Debatte werden in jedem Fall bürokratische Regelungen sein, die dem Koalitionsfrieden und dem Berufsstand der Steuerberater mehr dienen werden als Kindern und ihren Eltern.
Das, was die große Koalition den Familien an Entlastungen über die steuerliche Absetzbarkeit der Betreuungskosten gewährt, wird ihnen anderswo wieder genommen – durch die Kürzung des Be
zugszeitraumes des Kindergeldes um zwei Jahre und spätestens durch die zahlreichen Steuererhöhungen.