Wir machen eine realistische Politik. Wir fordern Sie auf, insbesondere die Sozialdemokraten, populistische Neigungen auch in Berlin zu unterlassen und hier im Landtag konstruktiv an den vier Punkten mitzuarbeiten, die auch Frau Kollegin Löhrmann genannt hat und die das Programm dieser Landesregierung sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, wir sind uns alle einig, dass Kin
der- und Jugendarbeit, also damit auch Familienpolitik, in unserer Gesellschaft einen besonderen Stellenwert haben müssen.
Festzustellen ist, dass wir in Nordrhein-Westfalen über eine plurale und fachlich qualifizierte kinder- und jugendpolitische Infrastruktur verfügen, die in gemeinsamer Verantwortung von Kommunen, den Trägern der freien Jugendhilfe und dem Land entstanden ist.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Gesellschaft immer kinderärmer wird. Die Frage der Familienplanung hängt aber nicht allein davon ab, ob Elterngeld gezahlt wird. Entscheidend ist, meine Damen und Herren, dass das Gesamtkonzept stimmt. Die Lebensplanung von Mann und Frau, ihre beruflichen Perspektiven, die Infrastruktur – all das sind Fragen, die sich junge Familien stellen, wenn es um ihre Familienplanung geht. Dafür wiederum braucht man eine Infrastruktur zur Betreuung. Das heißt, wir brauchen genügend Kindergartenplätze.
Der Wettbewerb um junge Familien wird durch die zurückgehende Zahl von Kindern verschärft. Hier stehen wir als Land in einer besonderen Verantwortung, und hier lassen wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, auch nicht aus der Verantwortung.
Sie haben im Landtagswahlkampf Versprechungen gemacht, die es jetzt einzuhalten gilt. Ich möchte in diesem Zusammenhang die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Rüttgers vom 13. Juli 2005 in Erinnerung rufen. Sie war ein deutliches Signal an die Menschen in unserem Land. Er erklärte darin – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
„Wir müssen die Rahmenbedingungen für Familien so verbessern, dass die Menschen wieder mehr Mut haben, ihre Kinderwünsche zu verwirklichen.
Ein Land ohne Kinder hat keine Zukunft. Kinder sind das Allerwichtigste. … Ein familienfreundliches und kinderreiches Land ist ein Land, in dem man sich wohl fühlt. … Wir müssen deshalb mehr tun und auch neue Wege gehen.“
In der Tat, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP, Sie gehen neue Wege. Nur Sie gehen in die falsche Richtung.
Was ist das für ein familienfreundliches Land, in dem der Ministerpräsident in seiner Neujahrsansprache das Jahr 2006 zum „Jahr des Kindes“ erklärt, aber auf der anderen Seite Kürzungen im Kinder- und Jugendbereich vornimmt?
Meine Damen und Herren, die Landesregierung kürzt die Zuweisungen an die Kommunen zum Ausgleich fehlender Elternbeiträge um 84,5 Millionen € und setzt damit einen Prozess in Gang, der Betreuung und damit auch Bildung zu einem Luxusgut macht. Arme Kommunen müssen ihre Elternbeiträge erhöhen, weil sie die wegfallende Landesförderung unter den Rahmenbedingungen von Haushaltssicherungskonzepten oder vorläufiger Haushaltsführung nicht kompensieren können. Dadurch ist die Einheitlichkeit der Lebensbedingungen in unserem Land nicht mehr gewährleistet.
Ebenfalls wird die Aussage von Herrn Minister Laschet zur Kenntnis genommen, dass die Sachkostenpauschale um 20 Millionen € gesenkt wird, obwohl – wir wissen das – für ihre Übernahme eine gesetzliche Haftung besteht. Aber er hat ja angekündigt, im Haushaltsjahr 2006 eine grundlegende Reform des GTK zum Kindergartenjahr 2007/2008 vorzulegen.
Meine Damen und Herren, Bildung fängt nicht erst in der Grundschule an, sondern beginnt bereits im Kindergarten. Die SPD sowohl auf Bundesebene als auch in Nordrhein-Westfalen tritt für eine massive Förderung von Familien und Investitionen in frühkindliche Bildung ein. Sprache ist schließlich der Schlüssel zu fast allem. In der Kindertagesstätte wird der Grundstein für die Bildung quer durch alle sozialen Schichten gelegt.
Wir treten dafür ein, dass der Besuch des letzten Kindergartenjahres mittelfristig beitragsfrei wird. Wir sollten alles daran setzen, uns weiterhin als ein familienfreundliches Land auszuweisen. In einigen Bundesländern wie Saarland, Rheinland Pfalz und Berlin – wir haben es eben schon gehört – wird in diesem Jahr das letzte Kindergartenjahr kostenlos sein. Diesen familienfreundlichem Beispielen, meine Damen und Herren, sollten wir uns in Nordrhein-Westfalen anschließen. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von den Grünen, Ihr Titel für die von Ihnen beantragte Aktuelle Stunde ist richtig: Familien in NordrheinWestfalen brauchen Klarheit und Perspektive statt Konzeptionslosigkeit. Genau deshalb sitzen Sie, meine Damen und Herren, auf den harten Oppositionsbänken.
Die Menschen in diesem Land wissen nämlich, dass die CDU sich schon immer für Familien stark gemacht hat und sie deshalb eine große familienpolitische Kompetenz hat.
Meine Damen und Herren, den heutigen Tag müssen wir uns im Kalender grün anstreichen. Die Fraktion der Grünen besinnt sich mit dem Antrag zur Aktuellen Stunde auf die Familie. Fast sollte man glauben, es ist der Zeitgeist. Im Moment ringt familienpolitisch jede Partei um die Spitze der Entwicklung. Da darf Rot-Grün natürlich nicht zurückstehen.
Da nach Artikel VI des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht, ist jede Initiative, die die Werte der Familie absichert, ausdrücklich zu begrüßen. Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes waren sich bewusst, dass die Familie das Herz unserer Gesellschaft ist.
Kommen wir zu einer kurzen Standortanalyse. Unter der Regierungszeit von Rot-Grün auf Bundes- und Landesebene sind die Lebensbedingungen für Familien in den letzten Jahren immer schwieriger geworden.
Es muss damit Schluss sein, dass junge Familien deshalb keine Kinder mehr bekommen, weil sie wirtschaftliche oder berufliche Nachteile befürchten müssen. Es muss damit Schluss sein, dass junge Frauen keine Kinder bekommen, weil sie Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, oder Angst haben, nicht ihrem Bildungsstand entsprechend arbeiten zu können, weil sie wegen ihres Kinderwunsches auf die ihnen zustehende Karriere verzichten müssen. Es muss damit Schluss sein, dass Kinder aus sozial schwächeren Bevölkerungskreisen nur deshalb schlechte Lebenschancen bekommen, weil sie nicht das Glück haben, in eine einkommensstarke Familie hineingeboren zu sein.
Maße an der Armutsgrenze leben. Davon sind viele Kinder in unserem Land betroffen. Es muss damit Schluss sein, dass sich Frauen, Mütter, die sich bewusst dafür entschieden haben, sich ausschließlich um Kindererziehung zu kümmern, in unserer Gesellschaft nicht anerkannt werden. Das gilt im Übrigen auch für Männer, die sich so entscheiden. Es muss damit Schluss sein, dass junge Eltern wenig Wissen über gute Erziehung haben. Es muss damit Schluss sein, dass junge Ehepaare in Krisen lange auf kompetente Beratung warten müssen.
Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Liebe, Anerkennung, Sicherheit, Echtheit und Wärme, Stabilität und Solidarität. Das bietet Familie. Es muss damit Schluss sein, dass Kinderlärm ein Grund ist, um Spielplätze zu schließen.
Es muss mit Hü und Hott in der Politik Schluss sein, wie es in der Vergangenheit unter Rot-Grün der Fall war. Nur sechs Tage nach der Kabinettsklausur der Bundesregierung tut die SPD so, als habe sie eine Gelddruckmaschine gefunden.
Familienpolitik braucht Beständigkeit, Verlässlichkeit und Werteorientierung. Familien sind die Garanten für das Funktionieren unseres Generationenvertrages. Familien haben nicht nur deshalb bessere Bedingungen verdient. Wir haben gemeinsam den Auftrag, diese Bedingungen sicherzustellen. Das hat natürlich auch mit Geld zu tun, aber – das sage ich ausdrücklich – nicht nur. Es hat vor allem mit grundsätzlicher Einstellung und grundsätzlicher Unterstützung zu tun.
Liebe Frau Löhrmann, die Vision unserer Politik besteht darin, Nordrhein-Westfalen wieder zu einem kinder- und familienfreundlichen Land zu machen. Das wird uns gelingen. Wir werden beispielsweise durch die Familienzentren eine lokale Drehscheibe schaffen, die als zentrale Anlaufstelle dafür sorgen wird, dass unsere jungen Eltern, die sich für Kinder entschieden haben, Initiative und serviceorientierte Unterstützung erhalten.
Dabei sind wir sicher, dass viele Einrichtungen, Erzieherinnen und Erzieher, Familienberatungsstellen und Pädagogen bereits heute eine herausragende und vorbildliche Arbeit leisten. Dazu möchte ich an dieser Stelle einmal unseren Dank aussprechen.
Wir werden sie weiter unterstützen und die Rahmenbedingungen verbessern. Wir werden dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für Familien in Nordrhein-Westfalen stetig und konsequent Schritt für Schritt verbessert werden, und dies mit den vorhandenen Ressourcen, die Sie zugeschüttet haben.
Begleiten Sie unseren Weg dabei konstruktiv. Idealerweise kann man fordern, dass Leistungen kostenfrei sind. Objektiv ist dies nicht erreichbar. Das wissen Sie sehr wohl. Nach meiner Einschätzung ist dies sicherlich auch nicht in den nächsten Jahren erreichbar, wenn man sich die finanzpolitische Situation unseres Landes ansieht. Wir werden neue familienpolitische Perspektiven erarbeiten. Dies geschieht auf der Basis der Konzeption unseres Koalitionsvertrages. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich finde die Debatte, die heute Morgen stattfindet, überaus spannend. Als wir die Aktuelle Stunde beantragt haben, haben wir auf die Widersprüche zwischen der Landes-CDU und der Familienpolitik, die von der CDU-Familienministerin gemacht wurde, hinweisen wollen. Heute Morgen stellen wir fest, dass es offenbar innerhalb der CDULandtagsfraktion und des Kabinetts schon eklatante Widersprüche gibt.
Es wird immer doller. Die Konzeptionslosigkeit wird immer chaotischer. Was Frau Doppmeier eben in Bezug auf das Elterngeld zum Besten gegeben hat, widerspricht diametral dem, was Ihr Ministerpräsident und Ihr Familienminister dazu geäußert haben. Ich zitiere Herrn Rüttgers:
Ich glaube, es braucht noch einige Klärungsprozesse zwischen der CDU-Fraktion und ihren Ministern. Wir müssen vielleicht noch einmal eine Aktuelle Stunde dazu abhalten.
Was sich zeigt, ist Folgendes: Es gibt keine abgestimmte Programmatik innerhalb der CDU zur Familienpolitik.