Zweitens glauben wir auch, dass das jetzt vorhandene Paket durchaus den Namen Reform verdient. Damit würdige ich und würdigen wir das Gesamtpaket.
Drittens sagen wir – ich weiß nicht, wer gleich für die Landesregierung sprechen wird; wenn Sie es sind, Herr Minister Breuer, geht es in Ihre Richtung, ansonsten auch in Richtung des Ministerpräsidenten –: Wir widerstehen der Versuchung, sozusagen eine Zweiteilung zu machen bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir mitverhandelt haben, und von dem Zeitpunkt an, ab dem Sie es getan haben. Das Ganze ist schon eine Einheit.
Nichtsdestotrotz – da stimme ich Frau Kollegin Löhrmann zu – gibt es ein paar Punkte, auf die man noch einmal den Scheinwerfer richten und bei denen man gemeinsam überlegen muss, ob man an dieser Stelle weiterkommt. Wir verstehen das durchaus im Sinne des Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion. Herr Struck ist bekanntermaßen ein leidenschaftlicher Anhänger und Befürworter der Föderalismusreform. Er hat aber gesagt: Es kommt nichts so in ein Parlament herein, wie es das Parlament hinterher wieder verlässt.
Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund einige Bereiche nennen. Zuerst will ich den Bereich „Bildung und Hochschule“ ansprechen. Dort stellt sich für uns die Frage, inwieweit in den weiteren Beratungen sichergestellt werden kann, dass wir bei herausragenden Projekten auch weiterhin eine Finanzierung durch den Bund ermöglichen. Wir haben ja erst in jüngster Zeit erlebt, was das für das Projekt Ganztagsschulen in NordrheinWestfalen und in anderen Bundesländern bedeutet hat. Wir glauben, dass dies ein Punkt sein könnte, der das Gesamtpaket nicht gefährdet.
Wir müssen natürlich auch überlegen – ich habe festgestellt, dass Herr Minister Pinkwart das tut; Herr Kollege Brinkmeier, der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, hat sich ähnlich geäußert –, dass der Königsteiner Schlüssel für den Hochschulbau auf der Basis der Referenz
Ich sage das nicht vorwurfsvoll, weiß ich doch, wie die Verhandlungen gelaufen sind. Wir haben damals eine Gesamtschau gemacht und gefragt: Was kommt für Nordrhein-Westfalen dabei heraus, wenn wir uns die einzelnen Bereiche anschauen? Herr Minister Breuer, ich möchte Ihnen die Frage mit auf den Weg geben, ob man an dem Zeitpunkt ansetzt, zu dem eine Überprüfung der Wirksamkeit der Kompensationsmaßnahmen stattfinden soll. Das wäre nach meinem Kenntnisstand das Jahr 2013. Kann man diesen Zeitpunkt vorziehen und möglicherweise in eine Revision eintreten?
Der Umweltbereich ist auch angesprochen worden. Der Bund soll dort zunächst die volle Regelungskompetenz als Teil der konkurrierenden Gesetzgebung erhalten. Die Länder haben Abweichungsrechte. Das gilt für bestimmte Bereiche aber nicht, wie z. B. beim Verfahrensrecht. Das ist ein wichtiger Aspekt, den man hervorheben sollte. Vielleicht können wir Sie bei den weiteren Beratungen unterstützen, indem wir sagen: Wir räumen eine Übergangsphase ein. Innerhalb dieser Übergangsphase wird das Umweltgesetzbuch erarbeitet, das als Zielsetzung eine breite politische Zustimmung hat. Darüber hinaus gibt es eine Vereinbarung der Länder, wie man sich innerhalb dieses Zeitraums, in der das Umweltgesetzbuch erarbeitet wird, verhält. Das ist eine Idee im Sinne einer Möglichkeit, wie wir an der Stelle weiterkommen.
Auch der Strafvollzug ist angesprochen worden. Herr Kollege Biesenbach, ich kann das, was Sie gesagt haben, nachvollziehen. Es gibt allerdings das Problem: Es ist noch nicht lange her, dass wir innerhalb der Bundesrepublik Deutschland einen einheitlichen Strafvollzug hinbekommen haben. Das war, glaube ich, 1976 der Fall. Es gibt Befürchtungen in vielen Bundesländern – nicht nur den CDU-geführten –, dass wir es hier mit einem Bereich zu tun haben, der für Populismus ausgesprochen anfällig ist. Von daher sind wir der Auffassung, dass man dort durchaus Dinge noch einmal hätte prüfen können.
Lassen Sie mich dann noch den Wohnungsbau ansprechen. Hierbei handelt es sich um einen Bereich, zu dem wir eine Forderung an die Landesregierung stellen: Wenn es so wie vorgeschlagen kommt, wird das Landeswohnungsbauvermögen in die alleinige Verfügungsgewalt des Bundes übergehen, im Übrigen mit einem Effekt, über den sich der Finanzminister freuen wird; das vermute ich zumindest sehr stark. Deshalb muss die Frage
gestellt werden: Welche Rechte werden diesem Hohen Hause und/oder dem zuständigen Ausschuss bei der Verwendung der Mittel eingeräumt, wenn es um deren Verteilung geht?
Lassen Sie mich aus unserer Sicht zusammenfassen, an welcher Stelle wir uns befinden: Ich glaube, wir sind gut beraten, das Paket und die Struktur nicht in Frage zu stellen oder kaputt zu machen. Frau Kollegin Löhrmann, das ist etwas, worin wir uns unterscheiden.
Wenn man den Verfahrensweg über die Föderalismuskommission geht, kann man das nicht mehr so aufschnüren, wie man das etwa in der fachlichen Breite der Bundestagsausschüsse tut. Das hätten wir damals überlegen müssen. Es gab damals die Vorstellung, ob man so etwas über einen Konvent organisieren kann, wie wir das bei der Europäischen Verfassung gemacht haben. Wir wissen nun, dass das Verfahren so weit okay war, wir aber noch nicht am Ende angekommen sind.
Herr Minister Breuer, wir möchten allerdings, dass uns die Landesregierung einen konkreten Fahrplan mit Eckpunkten zur Umsetzung vorlegt. Wir möchten wissen, wie die gesetzliche Umsetzung in den 14 Materien aussieht, die in die Kompetenz des Landes fallen.
Ich kündige hier an – Frau Präsidentin, ich denke, dass das eine wichtige Information für das Hohe Haus ist –, dass wir gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Gesetz zur Stärkung der Rechte des Landtags einbringen werden, weil eine Stärkung des Landtags nicht automatisch über die Umsetzung der Föderalismusreform kommt.
Dann wird sich für uns alle die Frage stellen: Wo liegt die Zukunft des Föderalismus nach der Föderalismusreform getreu dem Motto: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Als nächster Redner hat der Kollege Lindner das Wort für die FDPFraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die Idee des Föderalismus hat, zumal in der Wissensgesellschaft, großes Potenzial, weil sie Lösungen, die einheitlich erfolgen müssen, mit Flexibilität überall dort verbindet, wo dezentrale Politikformulierung überlegen ist. Deshalb könnte der Bundesstaat eigentlich auch ein Standortvorteil für Deutschland sein. Aber wir wissen, dass er sich in der Verfassungspraxis vom Problemlöser zum Problemerzeuger entwickelt hat. Das ist dem schlichten Umstand geschuldet, dass in der Praxis vielfach Gestaltungsmöglichkeiten der Länder gegen Beteiligungsrechte eingetauscht worden sind.
Johannes Rau hat das sehr treffend in den Satz gekleidet: Der Föderalismus könnte eine Schichttorte sein, aber er ist zunehmend zum Marmorkuchen geworden. – Deshalb ist es für viele nicht mehr möglich, Verantwortlichkeiten klar zuzuordnen. Deshalb haben wir aber auch nicht die Steuerungsmöglichkeiten, wie wir sie uns wünschen würden. Es droht die Blockade.
Wir Freien Demokraten begrüßen vor diesem Hintergrund, dass es endlich auch durch zwei Gesetzentwürfe im Verfahren manifestiert Vorschläge für eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung gibt. Wir tragen diese Gesetzentwürfe mit und werden unserer Verantwortung dafür gerecht, dass der Bundesstaat tatsächlich reformiert wird. Denn die Vorschläge, dieses oder jenes zu ändern, sind Legion. Es fehlt aber spätestens seit der großen Föderalismusreform aus dem Jahre 1969 am Willen, an als unzulänglich erkannten Strukturen etwas zu verändern. Die Möglichkeit besteht jetzt.
Ein Aufschnüren dieses Pakets, selbst wenn man diese oder jene Veränderung kritisch würdigen könnte, birgt die Gefahr, dass die Reform als Ganzes scheitert.
Herr Lindner, könnten Sie uns erklären, warum die FDP-Fraktion in Berlin aus dem Bildungsausschuss aus Protest gegen das dortige Verfahren ausgezogen ist?
Zunächst sage ich: Materiell tragen wir die Reform als Freie Demokraten in Bund und Ländern mit, weil wir diese Reform, die in einigen Details vielleicht unzulänglich ist, lieber haben als keine Reform.
Die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung ist auch daran gescheitert, dass die gefundene Balance in Frage gestellt worden ist, weil einzelne insbesondere im Bildungsbereich Fragen formuliert haben, die in der Zeit nicht mehr zu beantworten waren. Genau diese Gefahr sehen wir auch jetzt.
Frau Löhrmann, das schließt aber nicht aus, dass wir uns im Deutschen Bundestag eine breite Diskussion über die Föderalismusreform wünschen würden, dies aber nicht um den Preis, dass die Reform materiell in Frage gestellt würde.
Wir versprechen uns davon, dass auch Bedenken, die gerade von Ihnen vorgetragen wurden, entkräftet werden. Dies gilt zum Beispiel für die Frage der Bildungskompetenz. Wir bewerten diese Frage anders als Sie. Wir wollen keine bundeseinheitliche Bildungspolitik. Wir wollen im Gegenteil die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder vergrößern. Ein Blick in andere Staaten wie etwa Kanada zeigt, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Einheitlichkeit der Politikformulierung und den tatsächlichen Ergebnissen in der Bildung gibt.
Im Bereich der Umweltpolitik haben wir es mit EURecht zu tun. Daran sind Bundestag und Landtage gleichermaßen gebunden. Der Wettbewerb zwischen den Landesgesetzgebern könnte nur dazu führen, dass wir die Regulierungsdichte reduzieren und die Bürokratie abbauen, ohne Umweltstandards materiell zu gefährden.
Der Strafvollzug ist fraglos problematisch. Hier wurden liberale Rechtspolitiker erwähnt. Wir als Landesgesetzgeber sind alle gemeinsam in der Verantwortung, gewissen populistischen Versuchungen nicht nachzugeben, von denen Herr Kuschke gesprochen hat.
Wenn der erste Teil abgearbeitet sein wird und es möglich geworden ist, auch noch die Finanzverfassung zu renovieren, wie es der Ministerpräsident angekündigt hat, dann haben wir einen großen Schritt dahin gemacht, unseren bestehenden und bewährten Föderalismus autonomieorientiert fortzuschreiben und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Das ist aller Mühen wert. Deshalb glauben wir, dass man auch durch das von Ihnen vorgeschlagene Verfahren den Reformerfolg insgesamt nicht gefährden darf.
(Beifall von der FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Warum Ihre Leute ausgezogen sind, haben Sie mir nicht gesagt!)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt nach unserer Einschätzung darauf ab, die verabredete Föderalismusreform nicht etwa in aller Breite noch einmal zu diskutieren, sondern wir haben den Eindruck, sie soll verzögert, wenn nicht sogar verhindert werden. Ich finde die Bemerkung von der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, es sei Stümperwerk, wirklich nicht angemessen. Ich finde die Debatte in dieser Form, wie wir es in Zeitungen gelesen haben, nicht in Ordnung.
Wenn es nicht zutrifft, dass Sie das gesagt haben, bin ich gerne bereit, dass noch einmal nachzuvollziehen.
Ich finde es richtig, dass wir eine große Reform in Sachen Föderalismus auf den Weg bringen. Es wurde jetzt vier Jahre diskutiert. Es ist richtig,