Protokoll der Sitzung vom 15.03.2006

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Pinkwart. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Schultheis.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Pinkwart, wir müssen Ihnen empfehlen, endlich mit diesen Mogelpackungen aufzuhören, die Sie hier präsentieren.

(Beifall von der SPD)

Das wird langsam unangenehm und schadet auch der Kultur des Umgangs hier im Hause zwischen Legislative und Exekutive.

(Lachen von der FDP – Christian Lindner [FDP]: Lächerlich!)

Das ist nicht lächerlich. Herr Lindner, Sie leisten immer einen Beitrag dazu, die Kultur des Hauses zu schädigen, und zwar in fast in jedem Beitrag.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Es geht einfach darum, dass wir uns nicht gegenseitig zum Narren halten wollen mit dem, was wir hier tun und vorschlagen.

Sie sprechen davon, dass das Gesetz, das heute in zweiter Lesung beschlossen werden soll, weniger Abbrecher erzeugt. – Es ist nicht absehbar, dass das der Fall sein wird.

Höre ich, was diese Studiengebühren alles leisten sollen, sind sie das Allheilmittel schlechthin, um eine bessere Situation an den Hochschulen herzustellen. Ich halte das für ziemlich kurz gegriffen.

(Beifall von der SPD)

Wenn Sie einmal überlegen, was in den letzten Jahren in Nordrhein-Westfalen zu einer sinkenden Zahl von Studienabbrechern geführt hat, waren das die Reformschritte der Vorgängerregierung, mit denen sie den Bachelor und den Master eingeführt hat. Daran können Sie genau erkennen, dass Studierende zielgerichteter zu einem Studienergebnis kommen. Obwohl noch immer nicht alle dieses Ziel erreichen, Herr Lindner, haben wir aber die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass mehr junge Menschen das Ziel erreichen.

(Beifall von der SPD)

Dass es eine bessere Lehre geben soll, ist unbestritten. Nur stellt sich die Frage: Wieso soll allein durch den Betrag, der jetzt durch Studiengebühren eingenommen wird, die Lehre besser werden? Wieso soll durch diese Gebühren ein Mentalitätswechsel eintreten? Wir geben Milliardenbeträge in die Hochschulen hinein. Wieso ist nicht jetzt auch bessere Lehre möglich?

Zum Thema Zukunftspakt! Er ist im Prinzip eine Fortführung des Qualitätspakts der Vorgängerregierung, nichts Neues. Sie haben gerade angeführt, die Vorgängerregierung habe die Studiengebühren nicht an die Hochschulen weitergeleitet. Sie wissen aber genau, dass es eine Verabredung gab und im Endeffekt auch im vergangenen Jahr die Einnahmen aus dem Studiengebührenaufkommen an die Hochschulen gegangen sind.

Sie entziehen den Hochschulen finanzielle Mittel. Das ist zum Beispiel im Technologie- und Investitionsprogramm der Fall. Sie kürzen bei der Forschungsförderung für die Hochschulen. Sie nehmen den Forschungseinrichtungen 200 Stellen weg, die Sie dann den Hochschulen versprechen.

(Beifall von der SPD)

Das schadet doch der Forschungsinfrastruktur insgesamt. Insofern tragen Sie eine Mogelpackung vor. Das können wir nicht akzeptieren. Das muss auch klar gemacht werden. Diejenigen, die sich in diesem Feld auskennen, wissen auch, was Sie hier verkaufen.

Herr Pinkwart, ich komme zu den Regelungen für die Nachlagerung. Es ist und bleibt eine Tatsache, dass die Studierenden, die BAföG in Anspruch genommen haben, mit einem Schuldenberg zurückbleiben. Es bleibt eine Tatsache, dass eine höhere Verzinsung von denjenigen in Kauf genommen werden muss, die das Geld benötigen, um die Studiengebühren zu bezahlen. Diejenigen, die nicht darauf angewiesen sind, sind in einer wesentlich günstigeren Position.

Was die Partnerschaft angeht, kann man nur sagen: Sie greift sehr kurz. Wenn Sie Ihr sogenanntes Hochschulfreiheitsgesetz zur Hand nehmen und die Rollen des Senats und der Studierenden in diesem Konzept betrachten, dann ist nicht viel von Partnerschaft zu spüren.

Insgesamt gibt es nach der Beratung im Fachausschuss keine substanziellen, sondern nur kosmetische Änderungen im Gesetzentwurf. Einige Punkte bezüglich des Datenschutzes wurden nachgearbeitet. Nach wie vor bestehen grundsätzliche bildungspolitische, sozialpolitische und wirtschaftspolitische Bedenken.

Im Kontext Ihres Gesamtkunstwerks mit dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz werden den Studierenden Studienangebote und Studienmöglichkeiten abgeschnitten.

(Zuruf: Was für ein Quatsch!)

Ja! – Der aufmerksame Beobachter sieht sehr gut, wie sich das blau-gelbe Band der Sympathie durchzieht. Ich verstehe die CDU in diesem Fall nicht. Es wird eine klare und bare FDP-Politik durchgezogen. Sie wirkt privilegierend. Schauen Sie sich den Kontext zu diesem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz an. Dann werden Sie das sehr wohl erkennen.

Meine Damen und Herren, die angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken sind substanziell. Es geht nicht nur um das Gutachten von

Herrn Prof. Hermes. Es geht auch um die Beiträge der Verfassungsrechtler und der Juristen in der Anhörung selbst. Diese sind in keiner Weise berücksichtigt worden. Es geht in der Tat um den Gleichheitsgrundsatz. Es geht darum, ob die Hochschulen allein darüber entscheiden dürfen und sollen, in welcher Höhe Studiengebühren eingeführt werden. Es geht auch darum, wie hoch der Zinssatz in Abwägung mit der Frage, ob wir den Gleichheitsgrundsatz gewährleisten können, sein darf. All das ist nicht berücksichtigt worden.

Wir erwarten, dass nachgebessert wird, die Landesregierung insbesondere das letzte Gutachten in einer nächsten Phase bearbeitet und zumindest in den Gesetzentwurf einbezieht. Hier ist nichts passiert: einfach in den Papierkorb damit. – Das ist Ihre Strategie. Die entsprechenden Einlassungen stammen von Herrn Prof. Ronge und Herrn Prof. Metzner. Sie halten es nicht für richtig, dass die Hochschulen allein entscheiden sollen.

Der Vertrauensschutz für Studierende nach dem Studienkontenfinanzierungsgesetz ist nicht gewährleistet. Lassen Sie mich deshalb noch ein Wort zu diesem Studienkontengesetz sagen. Das war in der Tat das modernere Gesetz.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: Nein!)

Herr Kollege.

Es ging auch darum, eine Modularisierung des Studiums herbeizuführen. Das ECTS-System sollte mit diesem Studienkontengesetz verbunden werden. Das ist wesentlich mehr, als den jungen Leuten im Erststudium Geld abzuknöpfen, und das hätte dazu geführt, dass man schneller, besser und internationaler studieren kann.

Herr Kollege Schultheis.

Die SPD-Fraktion wird sich eine verfassungsrechtliche Prüfung dieses Gesetzes vorbehalten. Mein Kollege Eumann hat dies bereits gesagt. Dies geschieht im Interesse der jungen Menschen in unserem Land. Wir sehen uns da in besonderer Verantwortung. Wir sehen in diesem Gesetz keine Verbesserung der Studiensituation junger Menschen, sondern eine Verschlechterung und ein Abschneiden von Studienmöglichkeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Kuhmichel das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was sagt man, wenn man noch eine gute Minute Zeit hat? – Zunächst einmal: Es hat sich bewahrheitet, dass Ideologie den klaren Blick auf die tatsächliche Lage verstellt.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Wenn Herr Kollege Remmel heute Morgen fordert, man müsse die Beratung über das Gesetz verhindern, um Schaden für die Studierenden abzuwenden, dann ist das ein Stück aus dem Tollhaus.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Herr Remmel, Sie und alle in diesem Hause wissen: Dieses Gesetz bringt den Hochschulen 320 Millionen € zusätzlich zur Verbesserung von Studium und Lehre.

(Beifall von der CDU)

Das ist das Eigentliche, was zu begrüßen ist: ohne Kompensation, zusätzlich für Studium und Lehre. – Wenn Sie sich verweigern, was Sie heute tun werden, dann stehlen Sie unseren Studierenden bessere Studienbedingungen und damit Zukunftschancen. Deswegen schaden Sie den Studierenden, wenn Sie sich verweigern.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das sehen wir aber anders!)

Ich fordere Sie noch einmal auf, mitzumachen und diesem modernen Gesetz zuzustimmen.

(Beifall von der CDU)

Ich schließe wieder einmal – man kann es nicht oft genug wiederholen, weil es so plastisch ist – mit einem Zitat von Peter Glotz. Er ist leider früh verstorben und stand nie im Verdacht, der CDU besonders zuzuarbeiten. Er war aber auch in Sachen Hochschulpolitik ein Vordenker. Er hat zum Thema Studiengebühren schon sehr früh – es ist mindestens zehn bis 15 Jahre her – gesagt: „Besser ein gutes Studium gegen eine mäßige Gebühr“ – so, wie es jetzt stattfindet – „als ein beschissenes Studium umsonst.“ – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuhmichel. Auch Zitate sollten stubenrein sein. – Jetzt hat Herr Abgeordneter Dr. Vesper das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für jede Gesetzesberatung gibt es drei Ebenen.