Also: Wir müssen dahin kommen, dass eine Neuordnung klare Vorteile für die Wirtschaft, aber auch für die Umwelt schafft. Das geht nur in einer einheitlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, damit wir endlich zu dem kommen, was wir in der Bundesrepublik schon lange brauchen, nämlich zu einem Umweltgesetzbuch. Das ist mit dieser Föderalismusreform nicht möglich. Deshalb müssen wir hier diskutieren. Da muss der Landtag seine Stimme einbringen und die Landesregierung auffordern, auf Bundesebene entsprechend tätig zu werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal begrüße ich natürlich, dass die Grünen die Föderalismusreform grundsätzlich begrüßen. Allerdings habe ich den Eindruck, dass sie sich hierbei als Oppositionspartei in Land und Bund profilieren wollen und daher die gemeinsamen Vereinbarungen von SPD und CDU in Berlin kritisieren.
Worum geht es? Die „Mutter aller Reformen“ – in Anführungsstrichen – ist nach langwierigen Verhandlungen nun endlich unter Dach und Fach. Sie schien vor einigen Monaten ja schon komplett gescheitert. Dass es bei einer solchen Reform auch zu Kompromissen kommen muss, liegt in der Natur der Sache. Wenn jetzt allerdings in der Umweltgesetzgebung Teile herausgebrochen und neu diskutiert werden sollen, wie Sie das formuliert haben, wird das ganze Gesetz wieder infrage gestellt. Das kann und darf eigentlich niemand ernsthaft wollen. Weitere Interessengruppen stehen im Übrigen schon in den Startlöchern. Man darf hinzufügen, dass der Bundestag ja noch Änderungen und Klarstellungen in verschiedenen Punkten einfügen und auf einige Kritikpunkte vielleicht auch noch eingehen kann. Das Gesamtgefüge dieser Reform darf damit aber nicht gefährdet werden, meine Damen und Herren.
Außerdem würden wir, würden wir Ihrem Antrag folgen, uns als Parlament in Nordrhein-Westfalen in weiten Teilen unserer Mitwirkungsmöglichkeiten berauben – und das in einem Land mit 18 Millionen Einwohnern. Das kann nicht sein.
Wir treten für eine nachhaltige, aktiv gestaltete Umweltpolitik ein und verlieren länderspezifische Eigenarten dabei nicht aus dem Auge.
Durch die Einigung bei der Föderalismusreform erhalten die Länder nun mehr Kompetenzen beim Naturschutz, bei der Landschaftspflege, beim Wasserhaushalt, bei der Raumordnung, beim Bodenrecht und beim Jagdwesen – wobei es selbstverständlich abweichungsfeste Grundsätze gibt, die bundesrechtlich verankert sind, zum Beispiel bei der Kernenergie. Bei der Verschiedenheit Deutschlands von Flensburg bis Berchtesgaden kann hier länderspezifisch reagiert werden, wie wir es zum Beispiel bei der geplanten Gesetzesnovellierung zum Landeswassergesetz in den kommenden Monaten machen werden.
Herr Ortgies, vielen Dank. Mich würde interessieren, wie Sie es denn übereinbringen, einerseits im Koalitionsvertrag zu formulieren, dass Europaregelungen 1:1 umzusetzen sind, andererseits aber in diesem Zusammenhang länderspezifische Abweichungen zu fordern. Das scheint mir nicht ganz übereinzustimmen.
Herr Kollege Remmel, wenn wir 1:1 umsetzen, wieso ist es dann ein Widerspruch, länderspezifische Abweichungen vorzunehmen? Man kann doch nicht …
In Ihrem Antrag betonen Sie ja auch, dass 80 % der deutschen Umweltgesetzgebung auf EUVorgaben beruhen. Sie fordern – Zitat aus Ihrem Antrag – eine „minimalistische 1:1-Umsetzung“. Das macht deutlich, dass Ihnen das alles noch nicht reicht und Sie eigentlich eine zentralistische Politik befürworten – mit dem Ziel, die EUVorgaben noch weiter zu verschärfen. Das wollen Sie, das haben Sie im Hinterkopf.
Mit der geplanten Föderalismusreform geben die Länder ja auch Mitgestaltungsmöglichkeiten an den Bund ab. Würden sie nicht im Gegenzug Möglichkeiten erhalten, landesspezifische Gesetzesabweichungen zu erlassen, müssten wir einen erheblichen Gestaltungsverlust des Landtages Nordrhein-Westfalen und der gesamten Landespolitik überhaupt beklagen. Das kann nicht unser Ziel sein.
Der Antrag offenbart auch – das will ich jetzt einfügen –, dass Sie offenbar auf lange Sicht die Hoffnung aufgegeben haben, in Nordrhein-Westfalen wieder mitzuregieren. Sonst würden Sie nicht so leichtfertig Kompetenzen aus der Hand geben – und das auf einem Feld, Herr Remmel, auf dem Sie sich zehn Jahre ausgetobt und mit zum Niedergang dieses Landes beigetragen haben.
Meine Damen und Herren, die Grünen kritisieren im zweiten Teil ihres Antrages den Stellenabbau in der Umweltverwaltung um 25 %. Dieser sei angeblich mit dem Zuwachs der Aufgaben unvereinbar. Ja, wir werden die Umweltverwaltung ver
schlanken – allerdings im Sinne einer effektiven Verwaltung und auch im Sinne des Umweltschutzes. Wir beabsichtigen diesen Stellenabbau ja nicht, weil es uns Spaß macht, die Beschäftigten zu entlassen, sondern weil er nicht zuletzt aufgrund einer desaströsen und von Ihnen mit verantworteten Haushaltslage unerlässlich ist.
Sie haben in den letzten zehn Jahren – so lange waren die Grünen an der Regierung beteiligt – gerade diesen Bereich mit einer zum Teil grotesken Wirtschaftsverhinderungspolitik aufgebläht.
Haben Sie am Sonntag „Westpol“ gesehen? In „Westpol“ wurde am Beispiel der A 44 nachgewiesen, dass beispielsweise 1 km Autobahn 11 Millionen € Baukosten, aber 15 Millionen € Planungskosten verursacht, und das bei sieben Jahren Planungszeit. Bei uns in Ostwestfalen laufen Planungsvorhaben zum Teil 30 bis 40 Jahre. Das mag ich gar nicht nachrechnen.
Meine Damen und Herren, es hilft dem Umweltschutz nicht, wenn sich LKW-Schlangen seit Jahrzehnten durch enge Ortsdurchfahrten quälen müssen, damit manche Tiere keinen Umweg zu machen brauchen. Ich befürchte, dass, wenn wir irgendwann sämtliche Schutzmaßnahmen gebaut haben, diese Tierarten inzwischen ausgestorben sind.
Meine Damen und Herren, wir müssen Bürokratie abbauen und Verfahrensabläufe beschleunigen. Beispielsweise gibt es zurzeit in NordrheinWestfalen im Umweltrecht ein dreistufiges Genehmigungsverfahren: Man muss die Genehmigung bei der Stadt, beim Kreis und bei der Bezirksregierung einholen. Das halten wir schlichtweg für unvernünftig. Wir werden das im Zuge der Verwaltungsstrukturreform auf eine Behörde reduzieren. Ich verstehe gut, dass Sie als Grüne an diesem Status quo festhalten wollen, um Ihnen nicht genehme Projekte zu verhindern. Wir werden das durch die anstehende Reform ändern.
Meine Damen und Herren, wir wollen auf eine Umweltgesetzgebung, welche auch NRW-typische Merkmale berücksichtigt, nicht verzichten. Der Bund erhält die Möglichkeit, ein eigenes Umweltgesetzbuch zu erlassen, und wir als Länder haben die Möglichkeit, in vorgegebenen Bereichen davon abzuweichen.
Die bestehende Gesetzgebung – Sie haben das zitiert, Herr Remmel – beim Hochwasserschutz oder bei Gemeinschaftsaufgaben verpflichtet uns ja schon jetzt zu einer länderübergreifenden Zusammenarbeit. Zum Beispiel befasst sich auch die Wasserrahmenrichtlinie mit den kompletten Flusseinzugsbereichen und hält sich nicht an Ländergrenzen.
Die Föderalismusreform gibt den Ländern mehr Gestaltungsmöglichkeiten im Umweltrecht. Die Zustimmungspflichtigkeit des Bundesrates wird reduziert und Verfahrensabläufe werden beschleunigt. Zusammen mit der geplanten Verwaltungsstrukturreform in unserem Land trägt das zu unserem Ziel bei, Bürokratieabbau zu betreiben. Das stärkt die Wirtschaft und damit letztlich auch den Umweltschutz. Es darf kein Gegensatz zwischen Umweltschutz und Wirtschaft konstruiert werden, denn nur in einer leistungsfähigen Wirtschaft kann effektiver Umweltschutz geleistet werden.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass die Föderalismusreform endlich unter Dach und Fach kommt, damit jeder weiß, woran er ist. Der Ministerpräsident unseres Landes, Jürgen Rüttgers, hat dies am letzten Freitag deutlich zur Sprache gebracht: Wer irgendwo zieht, nimmt in Kauf, dass alles wieder zusammenkracht. – Wir wollen nicht, dass es kracht, sondern wir wollen weiter mitgestalten. Ich sehe der Diskussion im Ausschuss mit Freude entgegen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst vorweg: Wir begrüßen, dass es Bewegung in der Föderalismusreform gibt. Nachdem die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung in der Frage der Hochschulpolitik Ende 2004 scheiterte, ist nach dem Zustandekommen der großen Koalition ein umfangreicher Gesetzentwurf erarbeitet worden. Mit dieser Gesetzeseinbringung wurde die umfassendste Grundgesetzänderung in der Geschichte der Bundesrepublik eingeleitet.
Wir von der SPD unterstützen das Vorgehen nachdrücklich – ich weiß nicht, was Sie haben –, wohl wissend, dass durch die jetzt stattfindenden Diskussionen auf der Bundes- und natürlich auch auf der Länderebene – sprich: über den Bundes
Heute liegt uns der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. In diesem wird der Fokus auf den Umweltbereich gelegt. Die Formulierung lautet: Es soll ein klares und starkes Umweltrecht in Deutschland geben. Es soll effektiv, europatauglich, wirtschaftsfreundlich und nachhaltig sein.
So allgemein formuliert können auch wir von der SPD diese Forderung unterstützen. Auch wir wollen eine Umweltgesetzgebung aus einem Guss. Gehen wir aber einzelne Punkte dieser Forderung durch, so stellen wir fest, dass es Unterschiede gibt. Wir wollen auf der Länderseite nicht auf eine komplette Abweichungsmöglichkeit verzichten. Wir wollen aber auch eine Festlegung von Umweltstandards auf der Bundesebene angesiedelt wissen. Wir wollen, dass in das Grundgesetz ein einheitlicher Kompetenztitel „Recht des Umweltschutzes“ aufgenommen wird, aber nicht, wie in Ihrem Antrag vorgesehen, Einzelpositionen benannt wissen wie Klimaschutz, Bodenschutz, erneuerbare Energien oder Strahlenschutz. Dieser von uns geforderte Kompetenztitel sollte Bestandteil der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes werden, um Rechtssicherheit zu bieten und um vor allem die Voraussetzungen für ein einheitliches Vorhabengenehmigungsrecht zu schaffen.
Das sollte das Herzstück des noch zu erarbeitenden Umweltgesetzbuches sein. Die Erarbeitung dieses Umweltgesetzbuches, das durch das momentan zersplitterte Umweltrecht zusammengeführt wird und Genehmigungsverfahren durch bundesweit einheitliche Regelungen vereinfachen wird, braucht aber Zeit. Aus Sicht der Länder ist es wichtig, eine gute Übergangslösung für die jetzt erkennbaren drei Jahre zu bekommen.
Ein weiterer Punkt, um den Länderinteressen gerecht zu werden, sollte die Möglichkeit von eigenständigen Gestaltungsspielräumen in Form von einfachgesetzlichen Öffnungsklauseln sein. Diese sollen den Wettbewerb nach oben ermöglichen. Mit ihnen können dann regionalen Besonderheiten der Länder Rechnung getragen werden.
Abschließend noch einmal unsere Position: Wir begrüßen das Vorhaben der großen Koalition, die Föderalismusreform auf den Weg zu bringen. Auch wir von der SPD-Fraktion wollen sie im Land Nordrhein-Westfalen nicht scheitern lassen. Wir überweisen diesen Antrag heute zur Diskussion in den Fachausschuss, damit auch hier detailgenau diskutiert werden kann. Ich verbinde es mit dem Wunsch – die Notwendigkeit dieser Reform ist
unbestritten –, dass sich die Mühe, die wir alle investieren und investieren müssen, bald auszahlen wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich meine Ausführungen in drei Teile gliedern. Erster Teil. Herr Kollege Remmel, um jeglicher Legendenbildung vorzubeugen und um dem Anspruch „Divide et impera!“ eben nicht gerecht zu werden, lese ich Ihnen vor – vom 16.03., also heute, 14:33 Uhr, dpa –:
„Die FDP will eigene Änderungswünsche zur Föderalismusreform einbringen, wenn die Koalition das Gesamtpaket über die Bund-LänderBeziehungen wieder aufschnürt!“
Zweiter Punkt. Fachpolitik ist Teil der Gesamtpolitik – völlig klar. Wir haben ein Paket geschnürt, das man begrüßen kann oder auch nicht – in einzelnen Positionen teile ich durchaus Ihre Gedanken –, aber das Oberziel, die Föderalismusreform als einen ersten Schritt zu einem neuen Länderfinanzausgleich jetzt in Gang zu setzen und nicht auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben, das teile ich vollkommen. Das ist ein Geben und Nehmen – „Do, ut des“. Es gilt, das Oberziel zu verwirklichen: Ja zur Föderalismusreform. – Das nur, um es deutlich zu machen.