Zum Abschluss, meine Damen und Herren, möchte ich auf die Herren und Damen der CDU eingehen. Wir hätten uns gewünscht, zusammen mit Ihnen einen Entschließungsantrag vorzulegen. Das ist leider nicht gelungen. Denn Sie meinten, es sei nicht die richtige Art, einerseits in Berlin für dieses Konzept der Föderalismusreform zu sein, andererseits hier im Land aber Kritik zu formulieren.
Wir haben als Landtag von Nordrhein-Westfalen eindeutig die Aufgabe, die Ziele und Wünsche unserer Bevölkerung zu formulieren, und sehen deshalb gerade als ein Land, das in der Vergangenheit Qualitätsstandards in einer Vorreiterrolle definiert hat, die Notwendigkeit, in dieser Funktion weiterhin vorne mitzuspielen und dem Bund und den anderen Ländern zu zeigen, dass Qualität hier eine besondere Rolle spielen muss. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Killewald. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Dr. Romberg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Killewald, ich habe Ihre Argumentation nicht ganz nachvollziehen können.
Einerseits sagen Sie, Nordrhein-Westfalen habe über viele Jahre hinweg einen sehr guten Standard erarbeitet, der über das Bundesgebiet hinaus glänze. Andererseits sagen Sie, Sie würden sich jetzt, da die Verantwortung auf Landesebene gestärkt werden solle, darüber Sorgen machen. Also, haben wir hier in Nordrhein-Westfalen Kompetenz oder haben wir keine? – Dies wüsste ich gerne geklärt.
Frau Steffens hat einige Punkte angesprochen, hinsichtlich derer auch die jetzige Gesetzgebung unglücklich und verbesserungsbedürftig ist. Wenn wir das hier vor Ort in Nordrhein-Westfalen regeln können – ich habe Bedenken, dass das in Berlin so gut klappt –, dann würde ich es lieber hier vor Ort machen, damit es sich konkret positiv für die Bewohner in den Heimen hier in NordrheinWestfalen auswirkt.
Völlig unbestritten ist, dass dem Heimgesetz eine wichtige Aufgabe beim Schutz von Bewohnerinnen und Bewohnern zukommt. Betroffen sind
pflegebedürftige und ältere Menschen, aber auch Menschen mit Behinderungen. Fraglich ist allerdings, ob durch die im Zuge der Föderalismusreform geplante Verlagerung des Heimgesetzes in die Verantwortung der Länder tatsächlich die Versorgungsqualität in den Heimen bedroht ist, wie es im vorliegenden Antrag der Grünen zum Ausdruck kommt.
Das geltende Heimgesetz hat im Wesentlichen die Aufgabe, Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen und ihre Partizipation im Heimalltag sicherzustellen. Dazu gehören unter anderem die Wahrnehmung von Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung sowie die Sicherstellung der Wohn- und Betreuungsqualität. Die konkrete Umsetzung der im Heimgesetz geltenden Standards ist aber – wie Sie wissen – bereits eine Aufgabe, der die Bundesländer eigenverantwortlich nachkommen. Zu nennen sind vor allem die Landespflegegesetze. Darüber hinaus sind auch die Rahmenverträge, die auf Basis von SGB XI und SGB XII mit den Heimträgern abgeschlossen werden, wichtige Regelungen.
Ich möchte schon betonen, dass die FDP-Fraktion – das gilt meiner Meinung nach genauso für den Koalitionspartner – eine Absenkung von Qualitätsstandards in Nordrhein-Westfalen durch ein landesspezifisches Heimgesetz nicht hinnehmen würde. Die Menschen, die in ein Heim ziehen, werden immer älter und benötigen deshalb besonderen Schutz. Sie sind häufig krankheitsbedingt nicht in der Lage, sich offensiv für eine Verbesserung der Einrichtungsqualität einzusetzen. Daher müssen sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden.
Die Hochaltrigkeit der Bewohner und Bewohnerinnen von Pflegeheimen resultiert auch daraus, dass ein Umzug in ein Heim in der Regel erst dann erfolgt, wenn die häusliche Versorgung nicht mehr sichergestellt ist. Dieser Vorrang des ambulanten vor dem stationären Bereich entspricht dem Wunsch der meisten älteren Menschen und ist auch vom Gesetzgeber so gewollt. Eine konsequente Umsetzung dieses Ziels bedarf allerdings einer deutlichen Stärkung der ambulanten Infrastruktur.
Wir begrüßen es, dass sich die Vielfalt der Lebensstile und Lebensgewohnheiten in einer wachsenden Vielfalt von Wohnformen im Alter widerspiegelt. Auch wenn die häusliche Versorgung nicht mehr möglich ist, gibt es vermehrt Alternativen zum herkömmlichen Heim, wie beispielsweise die betreuten Wohngemeinschaften.
Bezogen auf den notwendigen Ausbau solcher Wohn- und Pflegeformen ist das Heimrecht in seiner bisherigen Form aufgrund der starren Regelungen ohnehin kritisch zu bewerten. Auch die FDP-Bundestagsfraktion hat sich schon in einem Antrag zur Entbürokratisierung der Pflege für eine Überprüfung und Anpassung des Heimgesetzes ausgesprochen, damit die Entstehung solcher neuen Wohnformen nicht verhindert wird.
So wichtig die Sicherheit für den Kreis der pflegebedürftigen Menschen auch ist, so darf sie nicht zum alles bestimmenden Dogma werden.
Wir sind der Meinung, dass Lebensqualität sehr viel mit der Chance zur persönlichen Entfaltung zu tun hat, und zwar in jedem Lebensalter. Das verträgt sich nur schlecht mit normierter Gleichförmigkeit. Neue innovative Ideen der Lebensgestaltung im Alter verdienen daher eine Chance und Erprobung. Das gilt nicht nur für neue Wohnformen, sondern auch für konzeptionelle und bauliche Modernisierungen bestehender Heime.
Darüber hinaus gibt es weiteren Novellierungsbedarf. Zu nennen ist etwa die Heimmitwirkungsverordnung, die transparenter gestaltet werden muss. Unbedingt sinnvoll ist auch eine Harmonisierung zwischen dem Heimgesetz und dem Pflegeversicherungsgesetz.
Zur Fachkraftquote möchte ich zwei Dinge anmerken: Selbstverständlich wäre eine pauschale Absenkung aus Kostengründen gerade vor dem Hintergrund der gestiegenen Anforderungen in der Pflege nicht hinnehmbar. Gleichzeitig ist aber zu hinterfragen, ob eine flexible assessmentgestützte Ausstattung der Fachkräfte, die sich mehr an den tatsächlichen Bedarfen und weniger an den Strukturen orientiert, nicht zielorientierter wäre als eine starre Quote.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch daran erinnern, dass auf die Personalausstattung in Heimen für Menschen mit Behinderungen aufgrund der heilpädagogischen Ausrichtung ein anderer Schwerpunkt gelegt wird als in einer Pflegeeinrichtung. Gleichwohl spielt die pflegerische Versorgung wegen der höheren Lebenserwartung der Bewohnerinnen und Bewohner auch dort eine wachsende Rolle.
Ein wirkungsvolles Mittel, um Qualität in den Einrichtungen zu fördern, ist die Stärkung von Transparenz in Form von qualitativen Heimvergleichen. Diese sollten die pflegerischen Leistungen und Pflegekosten für den Verbraucher offen legen und
Insgesamt komme ich zu dem Ergebnis, dass der vorliegende Antrag der Grünen so nicht zielführend ist.
Auch zum Entschließungsantrag der SPD ist zu sagen, dass darin viele Probleme angesprochen werden, aber keine Zielsetzung enthalten ist.
Bei der Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquetekommission „Zukunft der Pflege“ wird selbstverständlich auch die stationäre Pflege ein wichtiges Thema sein. Erste Schritte sind eingeleitet. So ist eine Modernisierung bestehender Wohn- und Pflegeheime hin zu differenzierten und quartierintegrierten Wohnangeboten auf der Basis des Wohnraumförderungsprogramms geplant.
Davon abgesehen gibt es bereits wichtige Qualitätsgrundlagen für Heime wie das Landespflegegesetz. Deshalb ist auch dieser SPD-Antrag wirklich entbehrlich. Wir müssen den Bereich entbürokratisieren. Das können wir nur vor Ort. Viele Regelungen in den Heimen sind nicht zielführend. Dies gilt zum Beispiel für hygienische Bedingungen, aber dann, wenn einem alten Menschen im Altenheim nicht erlaubt wird, die Kartoffeln, die er abends schält, auch zum Abendessen zu essen. Das ist nicht zielführend, denn das entspricht nicht den Realitäten der Welt, in der er vorher gelebt hat. Dort müssen wir dringend Veränderungen anstoßen, damit das Leben im Heim auch wieder adäquater und lebensnäher wird. Dafür wollen wir uns verstärkt einsetzen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Grünen „Heimrecht muss Bundesrecht bleiben“ zeigt eines ganz sicher nicht: den Mut zum Unterschied.
Ihre Argumente, warum der jetzige Zustand bleiben soll, sprechen für sich. Aus der Möglichkeit von in Zukunft 16 unterschiedlichen Heimgesetzen folgern Sie erstens, dass die Rahmenbedingungen für die Heime in der Bundesrepublik Deutschland deutlich voneinander abweichen werden; zweitens, dass eine einheitliche und qualitätsgesicherte Pflege bundesweit nicht mehr gesichert sei; drittens, dass Pflegequalität und Pflegestandards nur noch von der Kassenlage der
Länder abhängen und – viertens – dass sich die Länder in einem negativen Sozialleistungswettbewerb gegenseitig unterbieten können.
Sie zeigen mit dem Finger auf den Bund und nehmen ihn für bundeseinheitliche Regelungen in die Pflicht und fordern im gleichen Atemzug, das Heimgesetz zeitgemäß neu auszurichten, wobei, bitte schön, die Interessen aller 16 Länder, der demografische Wandel und die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen berücksichtigt werden.
Was als Ergebnis zu erwarten ist, liegt auf der Hand: bundesgesetzlich verordnetes Mittelmaß. Sie haben überhaupt nicht verstanden, worum es bei der Föderalismusreform und damit auch beim Heimrecht eigentlich geht, nämlich darum, die Chancen des Föderalismus zu nutzen.
Die Landesregierung begrüßt die Reform ausdrücklich, die mit der Neuausrichtung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern einhergehen. Das Land Nordrhein-Westfalen gewinnt in wichtigen Politikfeldern einen eigenen Gestaltungsspielraum und damit auch mehr Freiheit für eigene Entscheidungen. Dieses Mehr an Freiheit bedeutet aber auch, mehr Verantwortung zu übernehmen. Die Landesregierung ist sich dieser Verantwortung bewusst, weil wir wissen, dass es mehr Freiheit ohne mehr Eigenverantwortung nicht gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen: Sie wollen keine Veränderung und scheuen Verantwortung. Sie möchten lieber, dass alles so bleibt wie es ist. Sie glauben immer noch, dass alles, was nicht zentralistisch geregelt wird, schlecht für die Menschen ist. Sie möchten den Menschen lieber vorschreiben, was zu tun ist und wie sie zu leben haben.
Sie werden verstehen, dass die Landesregierung ganz anderer Meinung ist. Wir wollen die Chance nutzen, die sich aus der Reform des Föderalismus ergeben. Wir nehmen aber auch die Verantwortung ernst, die damit einhergeht. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Landesregierung die Absicht, dass die Zuständigkeit für das Heimgesetz an die Länder übergehen soll. Damit stärkt die Föderalismusreform die Prinzipien der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung und unterstützt damit auch im Heimrecht den Wettbewerb um die besten Lösungen zugunsten der individuellen Bedürfnisse der Menschen.
Herr Laumann, wenn Sie sagen, die Grünen hätten das nicht verstanden, meinen Sie dann auch, dass alle Wohlfahrtsverbände und Sozialverbände, die sich dagegen positioniert haben, dass die Kompetenzverschiebung auf die Länder stattfindet, auch keine Ahnung von Pflege haben, obwohl das die Aktiven in der Pflege sind? Sie alle sagen: Das ist der falsche Schritt!
Es ist völlig klar, dass die Wohlfahrtsverbände wahrscheinlich auch der Meinung sind wie Sie, dass alles einheitlich sein muss. Es gibt auch in Berlin Stimmen quer durch die ganzen Verbände, dass die Schulpolitik bundeseinheitlich geregelt werden soll. Was für ein Wahnsinn, wenn wir solche Schulen wie in Brandenburg auch bei uns in Nordrhein-Westfalen hätten!
Ich kann Ihnen nur sagen: Lieben Sie den Föderalismus und lieben Sie die Chance, die aus dieser Vielfältigkeit entsteht! Glauben Sie: Unser Landtag in Nordrhein-Westfalen wird mit dem Heimrecht, den Qualitäten und den Standards, die damit verbunden sind, genauso verantwortungsvoll umgehen, wie es der Deutsche Bundestag sicherlich auch tun würde. Wir könnten dann vielleicht einmal unsere eigenen Ideen umsetzen. Die müssen wir aber dann auch verantworten. Umsetzen und verantworten gehören schlicht und einfach zusammen.
Wir werden die Chancen hier nutzen, wenn wir das Heimrecht in unsere Obhut bekommen. Da ich lange dem Deutschen Bundestag angehört habe und weiß, wie da Kompromisse zustande kommen, sage ich: Oft liegt die Entscheidung wirklich in der Mitte und ist damit Mittelmaß. Wir haben die Chance, das Heimrecht in unserer Verantwortung so zu gestalten, wie wir es wollen. Das muss nicht unbedingt, finde ich, mit einem Abbau an Qualität einhergehen. Da passen wir wohl gemeinsam, Landtag und Landesregierung, auf.
In dieser Debatte wird genauso wie heute Morgen in der Schuldebatte meiner Meinung nach sehr deutlich, was uns unterscheidet. Sie sind grund
sätzlich der Meinung, dass alles, was nicht einheitlich geregelt ist, immer die Spirale nach unten bedeutet. Aber dass es auch die Spirale hin zu einer Vielfältigkeit sein kann, zu einer Genauigkeit in verschiedenen Bereichen, dass dadurch auch ganz neue Chancen im Wettbewerb um die bessere Regelung einer Angelegenheit eröffnet werden können, das ist anscheinend eine Denke, die Sie nicht mögen und in die Sie sich nicht hineinversetzen wollen.
Deswegen rufen Sie bei allem, die anderen sollen in ihrer Verantwortung alles besser machen. Sie fordern, fordern, fordern, wollen aber selbst keine Verantwortung übernehmen!
Sie haben in der Enquetekommission immer aufgezählt und in unserem Ausschuss so oft benannt, was wir alles an der Qualität in der Pflege verbessern müssen. Das können wir demnächst im Parlament entscheiden. Dann können Sie Ihre Anträge stellen. Dann werden wir uns damit auseinander setzen und werden nordrhein-westfälische Entscheidungen treffen.