Ich meine, dass wir alle bei unseren Bemühungen, ein Schulsystem zu bekommen, das unseren Kindern und Jugendlichen mehr Chancen gibt, den Lehrerinnen und Lehrern vertrauen müssen. Meine Erfahrung in der Politik ist, dass man mit Verordnungen, Hinweisen oder Briefen von oben ein System nicht verändern kann, sondern das geht nur, wenn alle versuchen, nach einer Diskussion eine bestimmte Idee umzusetzen.
Ich vertraue den Lehrerinnen und Lehrern bei uns in Nordrhein-Westfalen, dass sie diesen Beruf ergriffen haben, weil sie das Beste für die ihnen anvertrauten Kinder wollen. Ich bin ganz sicher, werte Kolleginnen und Kollegen, dass trotz der Belastungen, die mit den Umstellungen zweifelsfrei verbunden sein werden, wir mit dem Engagement und der Bereitschaft der Lehrerinnen und Lehrer
Wir werden vonseiten der Landesregierung alles tun, diese Umstellungsphase, die nicht einfach wird, so zu gestalten, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die Schulleiterinnnen und Schulleiter jede Hilfe bekommen, die sie brauchen, damit am Schluss das gemeinsame Ziel erreicht wird, nämlich eine Schule mit mehr Chancen für alle Kinder.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat ihre Redezeit um knapp 14 Minuten überzogen,
sodass jetzt alle Fraktionen dieses Hauses die Möglichkeit haben, ihre Redezeit entsprechend zu verlängern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Ministerpräsident, wir haben eine sehr ruhige Rede von Ihnen gehört. Sie haben in einer langen Rede noch einmal die wesentlichen Inhalte Ihres Schulgesetzes dargelegt. 14 Minuten mehr als vorgesehen zeigt, dass Sie viel erklären müssen. Das können wir erst einmal festhalten.
Die Ziele Ihrer Schulpolitik, die Sie formuliert haben, können wir alle unterschreiben. Ihr Lob an die Lehrerinnen und Lehrer können wir alle unterschreiben, weil wir alle in unseren Wahlkreisen sehr enge Kontakte in die Schulen hinein haben und wissen, welch gute und engagierte Arbeit dort geleistet wird.
An dieser Stelle gibt es überhaupt keinen Dissens. Das Entscheidende ist aber, Herr Ministerpräsident und Frau Schulministerin, angesichts der Probleme, die wir alle in den Schulen im Lande feststellen, und der Zahlen, die uns nicht gefallen, die Frage: Wie kommen wir aus dieser Situation heraus? Den Weg, den Sie mit diesem Schulgesetz beschreiten, halten wir für falsch.
Herr Ministerpräsident, da sind wir nicht alleine. Wir sind als SPD und – ich darf da die Grünen mitnehmen – als Grüne bezeichnenderweise nicht einmal alleine, sondern bei meinen Reden, die ich im Land in vielfältiger Weise halte, bei denen auch Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP dabei sind, sind zumindest die CDU-Kollegen sehr häufig diejenigen, die bei den Kritikpunkten am Schulgesetz klatschen und auf unserer Seite der Argumentation stehen.
Sie kennen doch die Äußerung Ihrer Kommunalpolitiker vor Ort. Sie kennen doch die Äußerung der Experten und der Fachleute.
Ich habe mir das Vergnügen gemacht, mich in einige der vier Anhörungen eine Zeit lang hineinzubegeben. Wenn Sie sagen, wir hätten eine falsche Wahrnehmung der Realität, dann kann ich Ihnen nur sagen, Herr Ministerpräsident: Gehen Sie in diese Anhörungen, hören Sie sich an, was die Experten sagen!
Ich greife nur einen Aspekt heraus, der mich zugegebenermaßen besonders tangiert, weil mich das in meinem sozialdemokratischen Herzen besonders trifft, wenn Sie stellen hier darstellen, Ihr Gesetz würde dazu beitragen, die Durchlässigkeit in unserem Schulsystem zu erhöhen. Das ist eine Verhöhnung der Realität, Herr Ministerpräsident!
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Darstellung von de- nen ist unverschämt!)
Durch die Art und Weise, wie Sie jetzt das „TurboAbitur“, was wir grundsätzlich für richtig halten, organisieren, werden weniger Kinder den Aufstieg schaffen und nicht mehr. Und deshalb ist es falsch.
Mich ärgert auch, dass bei Ihnen die Bildungspolitik erst in der Grundschule anfängt, dass Sie die Verbindung von Schulpolitik und Kindergartenpolitik, die wir geschaffen haben, auflösen und auseinander gerissen haben. Auch das ist der falsche Weg. Bildung muss im Kindergarten anfangen.
Uns geht es um die Kinder in diesem Land. Wir wissen, da muss etwas verändert werden. Wir hatten uns auf den Weg gemacht und sind nicht fertig geworden. Und wir haben auch nicht immer alles richtig gemacht. Aber der von Ihnen eingeschlagene Weg, Herr Ministerpräsident, in diesem Schulgesetz mit Symbolpolitik und mit Druck im System ist der falsche Weg. Das wird uns nicht zu Pisa-Gewinnern machen. Deshalb sind wir auf der anderen Seite. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kraft. – Als nächster Redner hat der Vorsitzende der Fraktion der CDU, Kollege Stahl, das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe mich doch veranlasst, auf das, was Kollegin Kraft gerade gesagt hat, kurz einzugehen.
Zunächst einmal ist es gut, dass Sie dem Ministerpräsidenten attestieren, dass er die richtigen Fragen stellt, dass wir die richtigen Fragen stellen,
und den Lehrerinnen und Lehrern zugestehen, dass sie an unseren Schulen eine engagierte gute Arbeit leisten.
Wenn wir diese Sicht gemeinsam haben, dann ist doch erklärungsbedürftig – das frage ich Sie –, warum die Situation an unseren Schulen so ist, wie sie ist.
Wie die Situation an unseren Schulen ist, wissen wir alle in diesem Raum aus Lernstandserhebungen nationaler wie internationaler Art.
Wir stellen die richtigen Fragen und sind auch der Auffassung, dass die Lehrer eine überzeugende, eine engagierte Arbeit leisten. Doch wenn Nordrhein-Westfalen weit hinten rangiert, dann kann es doch nur daran liegen, dass Sie über 39 Jahre hinweg eine Politik betrieben haben, die an den Bedürfnissen der Kinder dieses Landes, der Wirtschaft, der Gesellschaft, der Kultur vorbeiging.
Da lese ich Sätze des Vorsitzenden der SPD Nordrhein-Westfalens, die soeben mit dem Vermerk „Es gilt das gesprochene Wort“ in seinem Redemanuskript bestätigt werden: „Chancengleichheit im Bildungssystem muss ein zentrales Ziel jeder Regierungspolitik sein. Die soziale Herkunft darf nicht über Bildungschancen und damit über Zukunftschancen entscheiden.“