Wir werden dem Etat des Ministerpräsidenten selbstverständlich nicht zustimmen. Herr Keymis wird noch auf die Bereiche Medien und Kultur eingehen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zwei ganz kurze Bemerkungen: Europa wird auch für das Land Nordrhein-Westfalen immer wichtiger. Immer mehr Entscheidungen fallen auf der europäischen Ebene, die auf die Politik hier im Land NordrheinWestfalen auch unmittelbar Einfluss haben. Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig und auch überfällig, dass wir uns in Brüssel anders und besser aufstellen, als wir das in der Vergangenheit gemacht haben, wobei ich durchaus zugestehen will, dass auch in der Vergangenheit Versuche stattgefunden haben, die allerdings noch nicht ausreichend waren.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns in Brüssel besser aufstellen. Wir müssen das auch mit einem anderen Blickwinkel tun. In Brüssel gibt es Netzwerke. Jeder, der sich da schon einmal ein bisschen bewegt hat, weiß das. Die Unternehmen sind vernetzt. Die Verbände sind vernetzt. Es gibt Vernetzungen zum Europäischen Parlament, zur Kommission und zu den Verbänden in anderen europäischen Mitgliedstaaten. Das ist ein echtes Netzwerk! Wir brauchen also auch jemanden, der mit einem solchen Netzwerk arbeiten kann und der auch tatsächlich die Interessen NordrheinWestfalens dort engagiert und mit Leidenschaft vertreten kann und vertreten wird. Deswegen bin ich ganz zuversichtlich im Hinblick auf das, was auch im Hauptausschuss bereits an Konzept für die Ausrichtung der Europapolitik oder für die Interessenvertretung Nordrhein-Westfalens in Europa,
Es ja angeboten worden, dass sich der neue Leiter der Landesvertretung in Brüssel im Hauptausschuss vorstellt und über seine Arbeit und über die Umsetzung der Konzeption, die wir hier im Landtag gemeinsam mit der Landesregierung entwickeln, Bericht erstattet, damit wir von dort Informationen bekommen. Es geht auch um ein enges Miteinander von Parlament, Landesvertretung in Brüssel und Landesregierung. Wir müssen unsere Interessen in Europa wahrnehmen, und zwar engagierter als in der Vergangenheit. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich läute jetzt sozusagen die Beratungen über den Kulturhaushalt ein. Ich mache es kurz, knapp und schmerzlos und sage: Jawohl, Anerkennung und Unterstützung für den Kulturhaushalt. Sie haben Ihr Versprechen, den Kulturförderetat schrittweise anzuheben und in dieser Legislaturperiode zu verdoppeln, zumindest im Ansatz eingelöst. – Wir haben also Steigerungsraten im Kulturhaushalt zu verzeichnen. Das begrüßen wir, und das sage ich hier ausdrücklich.
Wir werden natürlich sehr genau beobachten, wofür die zusätzlichen Fördergelder verausgabt werden und an wen sie gehen. Sie wissen, dass viele Positionen im Kulturhaushalt Sammelhaushaltsstellen sind, sodass wir sicherlich noch im Detail beraten werden, für welche Aktivitäten im Lande das Geld da ist.
Wir werden auch sehr stark darauf achten, dass diese Gelder sehr unbürokratisch an die kulturellen Initiativen und Gruppen weitergegeben werden. Wir haben leider schon Anzeichen dafür, dass es statt weniger mehr Bürokratie gibt – siehe Landesmusikrat.
Ich muss allerdings auch sagen, dass ich trotz der Freude über die Erhöhung des Haushalts, die ich hier kundtue, auch ein paar Wermutstropfen in den Wein gießen muss; denn das Ganze – das steht hier natürlich im Zusammenhang mit dem Haushalt insgesamt – hat keine Linie und keinen roten Faden bezogen auf den Gesamthaushalt.
Wir haben eine wunderbare Erweiterung, einen zusätzlichen Topf nämlich die kulturelle Bildung. Das begrüßen wir sehr. Hier sind 1 Million € mehr eingesetzt. Aber auf der anderen Seite – darüber haben wir hier in den letzten Tagen beraten – verzeichnen wir Einschnitte im Jugend- und Kinderbereich, zum Beispiel bei den Kindergärten. Wir fragen uns, wie das zusammenpasst. Es passt nicht zusammen. Man kann nicht bei Kindern und Jugendlichen kürzen und sparen und gleichzeitig die Fahne der kulturellen Bildung hochhalten. Das passt nicht, und deshalb hat dieser Kulturhaushalt mit Blick auf den Gesamthaushalt keine Linie. Das wollen wir hier auch kritisch anmerken.
Ich darf hier die Gelegenheit nutzen und einen weiteren Punkt anbringen. Herr Große-Brockhoff, der Staatssekretär für Kultur, ist heute entschuldigt. Das bedauern wir; denn die Haushaltsberatungen finden nur einmal im Jahr statt. Deshalb hätten wir ihn gerne hier gesehen. Aber okay, das ist nicht so schlimm.
Ich finde allerdings, die Spekulationen in der Öffentlichkeit, die sich um die Person GroßeBrockhoff drehen, müssen beendet werden. Ich hoffe, dass der Ministerpräsident bald einmal ein klares Wort dazu sagt; denn diese schaden dem Kulturland NRW auch. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kulturhaushalt steht nicht im Gesamtzusammenhang des Haushaltes. Das stimmt. Wir haben, neben dem Bildungsetat, in dem es um ganz andere Summen geht, einen Kulturetat, der eine Steigerungsrate aufweist. Ist das eigentlich verantwortbar?
Wir haben über die Erblast der zerrütteten Finanzen mit diesen gigantischen Schulden und Zinszahlungen gestern und heute sehr viel geredet. Wie kann man eigentlich die versprochene Verdoppelung des Kulturförderetats verantworten? Wir sprechen hier über 13 Millionen € oder gut 18 % des Etats von 70 Millionen €. Das heißt, es ist genau der Anfang der Verdoppelung über die gesamte Legislaturperiode hinweg. Die anderen Summen, die in dem entsprechenden Etat stehen,
Bezogen auf den Gesamtetat NRW sprechen wir über ganze 0,15 %. Ist das überhaupt der Rede wert? Ich glaube, es ist ungeheuer wichtig, dass dieser Etatposten verstärkt wird. Aber ich spreche von den Steigerungen ohne jeden Ansatz eines Triumphgefühls. Dazu besteht auch kein Anlass; denn das, was hier vorgelegt wird, ist vor allen Dingen ein Wiedergutmachungsetat. Die Kulturausgaben sind in den letzten Jahren nämlich drastisch zusammengestrichen worden.
Ich gebe ein Beispiel: Die Landesförderung der regionalen Kulturarbeit betrug ohne die teure Ruhr-Triennale 2001 noch über 6 Millionen €. Im Doppelhaushalt 2004/2005 waren es noch ganze 2,5 Millionen €. Wenn wir diesen Etat jetzt auf 3,8 Millionen € erhöhen, ist das unter anderem eine Reaktion auf die bittere Feststellung, dass „es zu einer teilweisen Resignation innerhalb der regionalen Netzwerke bereits gekommen ist“.
Ein anderes Beispiel: Bei den Bibliotheken wurde allein 2003 um 41,6 % gekürzt; die Zuschüsse zur Förderung Laienmusikarbeit wurden gar von 1 Million € auf 100.000 € gekürzt.
Wie eine Antwort auf unsere Anfrage verdeutlicht hat, ist leider Gottes auch sehr viel von den Einsparungen in vielen kleinen Titeln zur Finanzierung der sehr aufwendigen Ruhrtriennale genutzt worden. Die Ruhrtriennale wurde keineswegs allein mit neuem Geld finanziert. Der Kulturförderetat des Landes wurde von 91,4 Millionen € im Jahr 2003 auf 69,8 Millionen € im Doppelhaushalt 2004/2005 gekürzt. Das sind 25 % weniger.
Aber auch im Kulturetat hatte man, wie bei der Jugendförderung oder bei der Weiterbildung, eine besonders üble Methode angewandt, nämlich die Methode, die Kürzungen nur als auf den Doppelhaushalt 2004/2005 bezogen zu bezeichnen, die 2006 wieder zurückgenommen werden würden, wohl wissend, dass das eigentlich nicht zu verantworten wäre.
Meine Damen und Herren, die neue Regierung in Nordrhein-Westfalen engagiert sich trotz der Finanzsituation des Landes stärker – mit Unterstützung der Landtagsfraktionen der Koalition. Aber es wird nicht die Gießkanne gefüllt, sondern es werden Schwerpunkte gesetzt.
Ein wichtiger Akzent liegt auf der kulturellen Kinder- und Jugendbildung – dazu haben wir gestern schon vom Ministerpräsidenten einiges gehört. Das Programm „Kultur und Schule“ ist als das Er
Grundlage aller kulturellen Aktivitäten, die wir finanzieren, ist die kulturelle Bildung in allen Altersstufen, das heißt vom Kindergarten über die Grundschule und die weiterführenden Schulen bis hin zu einem Zeitpunkt weit nach der Schulentlassung. Es sei darauf hingewiesen, dass der Skandal, die kulturelle Bildung aus der Finanzierung nach dem Weiterbildungsgesetz NordrheinWestfalen zum 1. Januar 2006 herauszunehmen, von uns rückgängig gemacht worden ist.
(Carina Gödecke [SPD]: Das ist kein Skan- dal, sondern ein Bestandteil der Novelle, der Sie zugestimmt haben!)
Wir werden den Bereich der Sozio- oder Laienkultur sehr deutlich verstärken – die Soziokultur, um die innovativen Potenziale der freien Szene zu erhalten und weiter auszubauen.
Aber es gilt in Nordrhein-Westfalen auch ein reiches historisches Erbe zu bewahren. Das Wort Archivwesen taucht in der Regierungserklärung des jetzt amtierenden Ministerpräsidenten zum ersten Mal in einer Regierungserklärung auf. Archive spielen jetzt eine Rolle. Wir werden unter anderem, um den Papierzerfall der Archive zu stoppen, ein besonderes Programm für Papierrestauration anlaufen lassen.
Zum Bürokratieabbau als Ziel der Landesregierung! Der Etat, den Sie vor sich liegen haben, bringt über Verpflichtungsermächtigungen ein Höchstmaß an Sicherheit vor allem für die Bezieher relativ kleiner, aber jährlich wiederkehrender Zuwendungen.
Wenn wir als Fraktion nur einen Änderungsantrag vorlegen, heißt das natürlich nicht, dass dieser Etat nicht die Handschrift der Koalitionsfraktionen trüge. Die Ansätze und Schwerpunkte, die Sie sehen, sind gemeinsam erarbeitet worden und werden gemeinsam umgesetzt. Die einzige Veränderung betrifft die Landesmusikakademie Heek, die einzige Landesmusikakademie, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, die diese 60.000 € mehr braucht, um ihren Betrieb sicher fortzuführen.
Meine Damen und Herren, eine Frage: Was macht eigentlich das Thema Kultur zu einem wichtigen Thema? Wird denn Kultur nicht viel mehr unter Entertainment, Freizeit oder Lifestyle abgebucht, auf jeden Fall außerhalb der wirklich wichtigen Themen? Ich glaube, Kunst und Kultur sind sehr viel mehr. Kunst ist als Element der Identitätsbildung ein Element eines erfüllten Lebens. Ich denke, insbesondere in der Zeit der Selbstfindung in interkulturellen Lebenssituationen ist das besonders wichtig; denn Offenheit und Dialogfähigkeit verlangen ein Stehen im Eigenen.
Meine Damen und Herren, wir bitten Sie, einem Etat zuzustimmen, der trotz seiner marginalen Größe keineswegs unbedeutend ist. Denn wenn man die grundgesetzlich garantierte Kulturkompetenz der Länder in einem föderalen System erhalten will, dann muss sie sich auch im gesetzlichen und im finanziellen Handeln der Landesregierung wirksam zeigen. – Vielen Dank.
Lieber Herr Kollege Sternberg, jetzt hätte der Abend so nett werden können. Aber nach der Rede bin ich natürlich jetzt gerufen, ein bisschen dagegen zu halten,
wobei ich das eigentlich nicht will. Denn es ist doch der einzige Haushaltsteil, den Sie aus unserer Sicht wirklich klug und richtig geregelt haben. Insofern verstehe ich nicht ganz, dass Sie noch einmal so nach hinten schauen. Ich habe auch den Eindruck, es ist mehr eine Rede in Ihre eigene Fraktion hinein gewesen, denn Sie müssen sicherlich noch einmal rechtfertigen, warum Sie hier netto etwa 13 Millionen € mit Hilfe des Ministerpräsidenten drauflegen konnten. Ich verstehe das auch, denn es löst natürlich auch bei Ihnen Debatten aus, weil der Haushalt das in seiner Unausgewogenheit eigentlich nicht hergibt.
Das eigentliche Problem ist aber, dass Sie, Herr Dr. Sternberg, bestimmte Dinge jetzt so vorstellen, als ob es Ihre Arbeit wäre, die jetzt zum Tragen kommt. Beispiel ist der Antrag zur kulturellen Bildung. Mein Eindruck ist, dass der Antrag so gerade fertig war, als schon die Prospekte der Kulturabteilung im Druck waren, die den Antrag schon umgesetzt hatte. So wirkte das zumindest.