In gleicher Weise möchte ich mich bedanken bei den Bürgerinnen und Bürgern und bei den Verbänden für die konstruktive und kritische Begleitung des Haushaltsberatungsverfahrens. Ich bedanke mich für die vielen Anregungen und vor allen Dingen für das Interesse, das sie bekundet haben, an den Beratungen teilzuhaben, die wir in diesem Parlament für den Landeshaushalt 2006 vornehmen.
Meine Damen und Herren, viele Punkte im Haushalt 2006 sind in den vergangenen Wochen bei uns mit den Bürgerinnen und Bürgern und mit den Verbänden diskutiert worden. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen – die Koalitionsfraktionen in der Tat etwas ausgeprägter als die Oppositionsfraktionen –, dass wir mit einer Schuldenbelastung von 112 Milliarden € in die Arbeit dieser neuen Legislatur gestartet sind.
Mit dem Haushalt des Jahres 2006 legen wir in der Tat unseren ersten eigenen Haushalt vor, den FDP und CDU verantworten. Ich finde es einerseits schlimm, dass wir es gerade dem ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren Finanzminister des Landes, dem heutigen Bundesfinanzminister, verdanken, dass wir überhaupt einen solchen Schuldenballast haben – nicht nur ihm allein; der eine oder andere aus dem Hause war ja auch daran beteiligt.
So schlimm es auch ist, dass er uns eine solche Hypothek hinterlassen hat, so sehr er auch irrt, was Mehrwertsteuererhöhung und diverse andere Steuererhöhungen angeht, so möchte ich doch in einem Punkt auf das eingehen, was die Kollegin
Die Interviews, Reden und Lippenbekenntnisse von Peer Steinbrück waren oft auch richtig und zielführend. Leider folgten die Taten dem Gesagten nicht entsprechend. Peer Steinbrück hat in einem kürzlichen Interview gesagt: Wir müssen den Bürgern erklären, dass ein bloßes Weitermachen gegen ihre Interessen verstößt.
Das bloße Weitermachen hieße: Wir verteilen einfach weiter, wir unterhalten uns nur darüber, wie wir Gelder verteilen und nicht darüber, wie wir diese Gelder erwirtschaften. Wir unterhalten uns darüber, wie wir fiktive Einnahmen möglichst günstig und möglichst hoch ansetzen. In der Vergangenheit geschah dies durch fiktiv hoch gesetzte zu erwartende Steuereinnahmen, die dann regelmäßig im Laufe der Haushalte in Richtung Realität korrigiert werden mussten und regelmäßig zu hoch angesetzte Privatisierungserlöse, die sich leider niemals realisieren ließen.
Ich muss an dieser Stelle mit voller Überzeugung feststellen: Ich finde es richtig, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen in diesem Parlament diese Politik des Weitermachens eben nicht fortsetzen.
Wir setzen auf Erwirtschaften vor Verteilen. Meine Damen und Herren, wir haben den Bürgerinnen und Bürgern auch vor der Wahl ganz klar gesagt: Ein „Weiter so!“ wird es nicht geben. Es wird Einschnitte und Einschränkungen geben.
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben nicht konkret gesagt, wo gespart wird! – Zuruf von Rüdiger Sagel [GRÜNE])
Der Landesjugendplan ist ein Thema, welches in der Vergangenheit sehr heftig diskutiert wurde. Wir haben alle miteinander mit den Verbänden diskutiert. Wie viele von Ihnen wahrscheinlich auch, habe ich Gespräche mit den Jugendlichen und mit den in der Jugendarbeit Tätigen geführt.
Frau Kollegin Kraft hat eben mit der Aussage begonnen, dass das Vertrauen der Jugend in die Politik enttäuscht worden sei. Ich habe mit den Jugendlichen darüber diskutiert. Wir kamen relativ schnell überein, dass wir bei 16 Millionen € an Zinszahlungen pro Tag zwingend eine Reduzierung der Schuldenlast des Landes NordrheinWestfalen brauchen,
(Hannelore Kraft [SPD]: Aber das machen Sie ja gar nicht! Wenn Sie das machen wür- den, könnten Sie auch sparen!)
Wir müssen die Nettokreditaufnahme senken. Das ist das, was wir im Moment objektiv tun können. Es ist vorhin schon mehrfach darauf hingewiesen worden: Ihre Änderungsanträge führen an keiner Stelle dazu, dass wir zu einer nennenswerten Absenkung der Nettokreditaufnahme geschweige denn zu einer Senkung der Schuldenlast von 112 Milliarden € kommen.
Frau Kollegin Kraft, Sie haben in den letzten 39 Jahren – ich glaube, Sie persönlich nur in den letzten fünf Jahren – Verantwortung dafür getragen, dass die Schulden des Landes NordrheinWestfalen von Jahr zu Jahr angestiegen sind und heute dazu führen, dass es objektiv nicht möglich ist,
Das ist in der Tat das Ergebnis Ihrer Politik. Vorhin ist der Begriff gefallen, Schulden seien unmoralisch. Das weiß ich gar nicht. Auch im privaten Bereich nimmt man Kredite auf, um Investitionen zu tätigen. Dann ist aber bei allen Privatleuten klar, dass diese Schulden auch zurückgezahlt werden müssen. Aus meiner Sicht ist es unmoralisch, dass die in der Vergangenheit aufgenommenen Schulden eben nicht zurückgezahlt wurden, sondern Jahr für Jahr auf nachfolgende Generationen übertragen und abgewälzt worden sind. Wir haben ihnen damit einen Ballast und eine Beschränkung ihrer Gestaltungsoptionen und ihrer Freiheiten hinterlassen. Diese Last halte ich von der Höhe und von der Art und Weise her, wie sie zustande gekommen ist, und weil sie nicht getilgt wurde, für unmoralisch.
Meine Damen und Herren, wir haben mit einer anderen Politik begonnen. Objektiv ist es nicht möglich gewesen, einen Haushalt vorzulegen, bei dem wir höhere Einnahmen als Ausgaben haben. Das bleibt aber das Ziel und muss auch wieder unser aller Ziel werden. Deshalb muss das, was wir tatsächlich an objektiven Mehreinnahmen gegenüber den Ausgaben haben, zwingend in die Schuldentilgung gesteckt werden.
Wir haben über die Bedeutung der zweiten Ergänzungsvorlage diskutiert. Wir haben immer klar gesagt: Wenn es aus Privatisierungserlösen oder aus Steuermehreinnahmen aufgrund konjunktureller Verbesserung oder aufgrund anderer Effekte tatsächlich dazu kommt, dass wir faktisch mehr Geld in der Kasse haben, dass wir mehr Steuern einnehmen als wir in dem Haushaltsansatz prognostiziert haben, dann müssen diese Gelder dafür verwandt werden, dass wir die Kreditaufnahme zurückfahren, dass wir die Schulden tilgen. Für nichts anderes dürfen wir diese Mittel aus meiner Sicht aus Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen einsetzen.
Ich will ganz offen gestehen, es hat mich ziemlich betroffen gemacht, als ich die Anträge und teilweise die Äußerungen in den Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses und im Plenum von dem einen oder anderen Kollegen der Oppositionsfraktionen vernommen habe. Sie interessieren sich nach wie vor nicht für die Kreditaufnahme. Die Gedanken gingen direkt los – man hat es irgendwie gemerkt –:
300 Millionen € sind an Steuermehreinnahmen zu erwarten. Es hat Ihnen unter den Fingern gejuckt, wie Sie das Geld unter das Volk bringen können, anstatt zur Kenntnis zu nehmen, dass wir aufgrund der Steuermehreinnahmen in Höhe von 300 Millionen € weniger Kredite aufnehmen müssen, um uns damit an die Verfassungsmäßigkeit heranzurobben.
Frau Kollegin Walsken, Sie haben in der Vergangenheit immer wieder Steuermehreinnahmen prognostiziert.
Das war wirklich ein Wunschtraum. Wenn wir tatsächlich Steuermehreinnahmen in der Größenordnung von 300 Millionen oder vielleicht 500 Millionen € – ich weiß ja nicht, welche Zahlen Ihnen sonst noch einfallen –
haben, dann freue ich mich darüber, dass wir in dieser Größenordnung nicht mehr Kredite aufnehmen und entsprechend dieser Beträge nachfolgende Generationen nicht belasten müssen.
Frau Kollegin Kraft, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass wir das soziale Netz nicht reißen lassen dürften. Hierin stimme ich Ihnen zu. Eine Fortsetzung der Politik, die Sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten betrieben haben, würde dazu führen, dass unser Staat, dass das Land Nordrhein-Westfalen in absehbarer Zeit nicht mehr in der Lage ist, denjenigen zu helfen, die sich aus eigener Kraft nicht helfen können. Ich sage Ihnen klipp und klar: In einer solchen Gesellschaft möchte ich nicht leben. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass dieser Staat, dass das Land Nordrhein-Westfalen für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger leistungsfähig bleibt. Damit meine ich Sicherheit in jeder Hinsicht und insbesondere dahin gehend, dass wir die Menschen, die sich alleine nicht helfen können, auch weiterhin an unserer gesellschaftlichen Solidarität teilhaben lassen können.
Dazu gehört es zwingend, dass wir den Staat auf seine Kernaufgaben begrenzen und hinterfragen, ob alles das, was Sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten an staatlicher Betüddelung, an umfassender Umpamperung eingeführt haben, zwingend erforderlich ist. Meine Antwort darauf kennen Sie: Nein!
Die Bürgerinnen und Bürger sind sehr wohl in der Lage, ihre Interessen und Gestaltungsspielräume wahrzunehmen, eigenverantwortlich ihr Leben zu gestalten und ihre Chancen zu nutzen. Dafür werden wir auch Sorge tragen. Mit diesem Haushalt gehen wir einen ersten Schritt in Richtung Konsolidierung, auch im Interesse nachfolgender Generationen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Kollegin Freimuth. – Als nächster spricht Herr Finanzminister Dr. Linssen. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte eine mindestens halbstündige Rede vorbereitet, aber das möchte ich Ihnen in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit – es ist jetzt 14.33 Uhr – ersparen. Wir haben ja auch noch das GFG zu beraten.
SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sowohl in Ihren Anträgen als auch in Ihren Vorträgen dargelegt, wir stürzten das Land „in eine neue Rekordverschuldung“, es sei „die höchste Verschuldung aller Zeiten“, „der Schuldenstand erreiche einen neuen Rekord“. Ja, leider müssen wir jedes Jahr neue Schulden machen. Das liegt aber daran, dass Sie ein strukturelles Defizit von 6,7 Milliarden € hinterlassen haben. Wir bemühen uns mit allen Kräften, dieses Defizit jährlich herunterzufahren. Sie kennen unsere mittelfristige Finanzplanung. Wir wollen in einem ersten Schritt auf 3,5 Milliarden € herunter, was die Regelgrenze der Verfassung ist. Ich glaube, dass wir auf einem sehr guten Weg sind. Wir kommen von 7,4 Milliarden € – Sie kennen den Sollansatz im zweiten Nachtrag des Jahres 2005 – und sind gelandet bei 6,7 Milliarden €. Nun haben wir Ihnen den Entwurf mit einer Nettoneuverschuldung von 5,89 Milliarden € vorgelegt. Dadurch, dass wir die 300 Millionen € erwartete Steuermehreinnahmen für die Konsolidierung gebrauchen, können wir wohl bei 5,6 Milliarden € landen. Ich sage Ihnen zu, dass wir diese Schritte weitergehen werden, damit wir möglichst schnell die Verfassungsgrenze erreichen
und dadurch – ich vermute, das bereitet Ihnen schon jetzt ein gewisses Unwohlsein – wieder Spielräume bekommen, um rechtzeitig in bestimmten Etatpositionen, über die wir heute gesprochen haben, mehr tun zu können. Aber bis dahin ist es ein schwieriger Weg, und diesen Weg wollen Sie uns natürlich vermasseln. Ich kann das nachfühlen; ich hätte es genauso versucht. Aber man darf nicht wanken, sondern man muss den Kurs, den man eingeschlagen hat, durchhalten. Darauf können Sie sich bei mir und dieser Regierung verlassen.
Ich möchte nun zu einigen Zahlen Stellung nehmen, da diese in der heutigen Debatte eine Rolle gespielt haben. Ich erspare es mir, über Ihre Deckungsvorschläge zu philosophieren. Sie haben ja den Anspruch erhoben, noch weiter zu konsolidieren. Das heißt, Sie geben mehr aus und gleichzeitig konsolidieren Sie stärker. Das hängt natürlich damit zusammen, dass die SPD gesagt hat, mit den Steuermehreinnahmen in Höhe von 350 Millionen € konsolidieren wir nur ein kleines bisschen und