Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Sie streiten sich innerhalb Ihrer eigenen Partei!)

um die Realisierung einzelner Straßenbauprojekte.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihre Parteibasis kritisiert Sie! Sie brauchen für einen Streit keine zweite Partei!)

Das Ganze wäre mit einem lauthals geführten Streit um die sofortige Realisierung von 2.000 Lehrerinnen- und Lehrer-kw-Stellen an unseren Schulen garniert worden. Dass Sie nicht mehr, sondern weniger Lehrerstellen auf der Tagesordnung hatten, wollen Sie heute vergessen machen.

(Beifall von CDU und FDP)

Dieser Streit wäre über Wochen zelebriert worden. Die Medien wären voll davon gewesen, und die Bürger wären es bis zum Erbrechen leid gewesen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Was erzählen Sie hier?)

Natürlich hätte es Streit zwischen Rot und Grün über einen notwendigen Nachtragshaushalt 2005 und den Haushalt 2006 gegeben. Da wären wieder die alten Sprüche gekommen, wie die, dass man die Konjunktur nicht kaputtsparen dürfe. Mit dem Dieckmann-Märchen hätten Sie erneut versucht, den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen zu streuen. Das alles wäre nichts anderes gewesen als ein neuer, ein vergeblicher Versuch, von Ihrer Mutlosigkeit, Ihrer Entscheidungsschwäche, was substanzielle, nachhaltige Einsparungen angeht, abzulenken.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Das sind Grimms Märchen!)

Sie hätten nach dem Motto „Lug und Betrug“ weitergemacht. Wie das geht, mussten wir leidvoll jedes Jahr neu erleben. Um schmerzhaften Entscheidungen auszuweichen, haben Sie jedes Jahr die Steuereinnahmen zu hoch veranschlagt: 2001 um 2,9 Milliarden €, 2002 um 1,7 Milliarden €, 2003 um sage und schreibe 2,7 Milliarden €, 2004 um 1,5 Milliarden € und nach Nachtragshaushalt 2005 um 1,4 Milliarden €, insgesamt also in fünf Jahren um rund 10 Milliarden €. Sie sind eine Steuerverschätzerpartei.

(Beifall von CDU und FDP)

Diese Löcher haben Sie mithilfe des Kapitalmarktes gefüllt. Diesen Kapitalmarkt müssen wir heute alleine aufgrund Ihrer Haushaltslügen mit etwa einer halben Milliarde Euro pro Jahr an Zinsen und Schuldendienst bedienen. Dieses Geld fehlt uns heute für Frauenhäuser, Arbeitsmarkt, U3Betreuung und vieles mehr. Es sind Ihre Schulden, die Probleme, die Sie uns hinterlassen haben.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Zählen Sie gerade Ihre Wahllügen auf?)

Mich hat ein Interview des Kollegen Dieckmann in unserer gemeinsamen Regionalzeitung belustigt. Der Bericht war übertitelt mit: „Rüttgers zu beraten ist nicht meine Aufgabe“.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Stimmt!)

Wer, um Himmels willen, könnte angesichts Ihrer Bilanz auf die schräge Idee kommen, sich von Ihnen beraten zu lassen?

(Beifall von CDU und FDP)

Ihre Haushaltsanträge zeigen: Sie haben nichts gelernt! Mal eben virtuelle Erträge von 150 Millionen € aus dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen zu holen, mal eben Steuermehreinnahmen von 350 Millionen € dazuzuaddieren und auf eine halbe Milliarde € zu kommen und dieses als Mehrausgaben zu verbuchen, zeigt, wie groß die Distanz der SPD zur Realität geworden ist, und zwar nach dem Motto: Und wenn der ganze Schnee verbrennt, die Asche bleibt uns doch.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Können Sie den Witz erklären?)

Wirklich zukunftsfeindlich wäre die Fortsetzung dieser Schuldenpolitik. Das wäre zukunftsfeindlich und kinderfeindlich, und das werfen wir Ihnen vor.

(Beifall von CDU und FDP)

Grün von Rot unterscheidet Folgendes: Die Finanzanalyse, welche die Grünen-Fraktion vor etwa zwei Wochen vorgelegt hat, hat zwar manche Macke, aber sie nimmt Maß an dem gewaltigen Haushaltsproblem, das uns Rot-Grün hinterlassen hat, mit dem wir jetzt fertig werden und fertig werden müssen. Diesem Erkenntnis- und Mentalitätswandel verweigert sich die SPD-Fraktion. Sie verweigert sich, das endlich nachzuvollziehen. Frau Kraft, als seriöser Partner hat sich die SPD

NRW ins Abseits gestellt, und da gehören Sie auch hin.

(Beifall von CDU und FDP)

Dennoch und bei allem Streit, bei allem, was uns trennt: Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Wir werden nicht nur als Partei, nicht als Fraktionen, sondern wir werden als Politik daran gemessen, ob es uns gelingt, die großen Probleme unseres Landes zu lösen. Fünf will ich nennen:

Da ist zum Ersten – wir haben heute die dritte Lesung Haushalt NRW – die gewaltige Verschuldung der öffentlichen Hände. Auf die hat in diesen Tagen der Bund der Steuerzahler aufmerksam gemacht mit dem Hinweis darauf, dass die Verschuldensgrenze aller öffentlichen Haushalte mit 1,5 Billionen € – das sind 1.500 Milliarden € – eine bisher nie erreichte Marke überschritten hat.

Bundesfinanzminister und Bundesregierung versuchen, aus einer Mischung aus Ausgabensenkungen und Steuererhöhungen Einnahmen und Ausgaben wieder so weit ins Lot zu bekommen, dass der Bundeshaushalt, dass die Haushalte Verfassungsvorgaben genügen können und dass insbesondere die Maastricht-Kriterien, die wir Deutsche ja wollten, eingehalten werden können. Politik wird gerade von jungen Menschen daran gemessen, ob sie belastbare Wege aufzeigt, aus dem Teufelskreis von Haushaltsdefiziten und wachsender Verschuldung herauszukommen.

Wir müssen zweitens die Arbeitsplatzlücke schließen. Gut ist: Bund, Länder und Kommunen können sich erstmals seit langer Zeit wieder über Mehreinnahmen freuen. Es gibt Lichtblicke am Konjunkturhimmel. Besonders erfreulich ist: Auch die Binnennachfrage scheint zu beginnen, den Konjunkturaufschwung zu tragen. Niemand darf sich jedoch über Folgendes täuschen: Dauerhaft wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nur dann zum Wachstum unserer Wirtschaft beitragen, wenn dauerhaft mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstehen.

(Rüdiger Sagel [GRÜNE]: Sie haben doch weniger!)

Da liegt der Schlüssel zur Lösung der Probleme unseres Landes, zur Lösung der Probleme Deutschlands insgesamt.

Wir werden das Unsere tun, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass wieder mehr Menschen durch ihre Arbeit ihren Wohlstand erarbeiten und zum Wohlstand der Gemeinschaft beitragen können.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was haben Sie denn im letzten Jahr getan? Weniger Ar- beitsplätze im letzten Jahr!)

Vor wenigen Tagen hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass nur noch 39 % der Bürgerinnen und Bürger Einkommen aus Arbeit beziehen. Das bedeutet, dass fast 60 % der Menschen in Deutschland von der Arbeit dieser 39 % leben. Es wird dauerhaft schlicht nicht durchhaltbar sein, dass Unternehmen kaum über 55-Jährige beschäftigen. Und weil junge Menschen keine Ware sind, die man lagern könnte für bessere Zeiten, brauchen wir für junge Menschen Einstiegsperspektiven in den Arbeitsmarkt.

Diese Strukturprobleme sind nicht lösbar mithilfe nur eines Instrumentes, aber Kombilöhne, wie sie Karl-Josef Laumann mit den Sozialpartnern entwickelt hat und wie sie von der Landesregierung beschlossen wurden, sind ein Beitrag zur Überwindung der Probleme. Deshalb appellieren wir an Franz Müntefering, uns in Nordrhein-Westfalen bei der Einführung sinnvoller Kombilöhne keine Schwierigkeiten zu machen, sondern uns zu helfen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Appellieren Sie mal an Herrn Laumann, Landespolitik und nicht Bundespo- litik zu machen!)

So uneinsichtig kann ein Sauerländer doch nicht sein.

(Beifall von CDU und FDP)

Drittens. Wir müssen gemeinsam unsere Sozialversicherungen zukunftsfest machen. Es muss dabei gelingen, einerseits die Arbeit zu entlasten, damit mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entsteht, und andererseits brauchen wir gerade für die Erwerbs- und Lebensälteren Verlässlichkeit für ihre soziale Sicherheit.

Viertens muss bei Bildung und Innovation ein Ruck durch Deutschland gehen, den Roman Herzog weitsichtig in seiner „Adlon-Rede“ in Berlin vor wenigen Jahren angemahnt hat.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Voriges Jahr- hundert!)

Bildung und gute Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung sind neben Schuldenabbau die einzig tragfähige Zukunftsvorsorge. Das anzuerkennen und hier mitzutun, das erwarten wir auch von der privaten Wirtschaft. Wir brauchen mehr Ressourcen für Forschung und Entwicklung, mehr Zukunftsinvestitionen, um die Zukunft zu gewinnen. Wir begrüßen und tragen

ausdrücklich das von der Bundespolitik gesetzte und beim EU-Rat in Lissabon vereinbarte Ziel mit, 3 % unseres Bruttoinlandsproduktes für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung aufzuwenden.

Fünftens. Wir stehen gemeinsam vor der großen Aufgabe, mit allen Menschen in Deutschland ein Modell des Zusammenlebens zu erarbeiten, dass Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund, dass Menschen, die dauerhaft bei uns leben, und der sogenannten Mehrheitsgesellschaft Chancen friedlichen Zusammenlebens und Zusammenhaltes eröffnet.

In diesen großen Kontext ordnet sich unsere Politik ein. Nordrhein-Westfalen ist ein großes Bundesland, das größte Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland.

(Ute Schäfer [SPD]: Donnerwetter!)

Auch deshalb hat Nordrhein-Westfalen Gewicht.

(Ute Schäfer [SPD]: Donnerwetter!)

Ist Nordrhein-Westfalen Ballast, geht es auch mit Deutschland bergab. Schaffen wir in NordrheinWestfalen Auftrieb, ist das gut für Deutschland, ist das gut für Europa.

Dieser Verantwortung stellen wir uns als CDU, als Koalition der Erneuerung mit unserer Landesregierung. Wir setzten den Schwerpunkt unserer Politik auf Bildung und Innovation. Wir schaffen mit weniger Schulden mehr Bildung. Das unterscheidet uns voneinander, Frau Kraft.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir leisten ganzheitliche Zukunftsarbeit über die Spanne von Familie, über frühkindliche Förderung bis hin zur Hochschule. Familienzentren sind eine Idee, die sich durchsetzt. Das hat der überwältigende Erfolg bei den Bewerbungen um die Modellzentren erwiesen.