Sie als SPD haben traditionell immer an mehr Steuern gedacht, an mehr Steuern als einfachen Weg zum Abkassieren und haben das in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt.
- Sie schütteln den Kopf, aber wie ist es denn mit dem Wasserentnahmeentgeltgesetz? Das ist doch Abkassieren!
Wie ist es denn mit der Ökosteuer? Wie ist es denn mit der Tabaksteuer? - Alles Steuererhöhungen, um damit richtig abzukassieren, um damit Haushaltslöcher zu füllen.
Und wenn Sie jetzt irgendwo in einer ausgesprochen differenzierten Diskussion auch nur das Wort „Mehrwertsteuer“ hören, welches natürlich im Rahmen dieser Diskussion auch eine Rolle spielt, dann denken Sie direkt an Abkassieren und Steuererhöhungen, weil das Ihrer Tradition entsprechen würde. Aber das ist nicht unsere Tradition.
Das ist in der Vergangenheit immer der falsche Weg gewesen. Es ist vielleicht ein leichter Weg, um die Probleme vordergründig zuzudecken. Es ist eine süße Medizin, aber bei näherem Hinsehen ist das eben keine süße Medizin, sondern ein süßes Gift. Es wäre auf jeden Fall das völlig falsche Signal.
Stattdessen müssen wir alles daransetzen, um auf staatlicher Ebene Ausgaben zu begrenzen und Steuereinnahmen zu steigern, aber nicht zu steigern durch Steuererhöhungen, sondern durch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung. Das muss unser Ziel sein.
Und wenn wir uns dann anschauen, an was es denn liegt, dass Deutschland inzwischen die rote Laterne im europäischen Geleitzug der Wirtschaftsentwicklung trägt, woran es liegt, dass Nordrhein-Westfalen noch einen Tick schlechter abschneidet,
dann müssen wir uns doch überlegen: Was müssen wir in der Politik ändern? Denn die Menschen in Deutschland sind nicht weniger fleißig als in anderen europäischen Ländern. Ganz im Gegen
teil: Ich glaube, wir haben in der Vergangenheit immer unter Beweis gestellt, dass wir in der Lage waren, bessere Ideen zu haben, schneller zu sein, wenn denn die Rahmenbedingungen entsprechend sind.
Gucken wir uns unser Land und seine Probleme an, dann zeigt sich, dass wir heute einfach eine viel zu starke finanzielle Belastung des Arbeitsverhältnisses durch Sozialabgaben und durch ein nicht optimal konfiguriertes Steuerrecht haben. Wir haben viel zu hohe Grenzsteuersätze bei einer international eher beklagenswert niedrigen Durchschnittsbesteuerung.
Diese Dinge müssen wir in einem Gesamtkonzept andenken und uns überlegen: Wie können wir unser Steuer- und Sozialabgabensystem so aufstellen, dass es eine weniger schädliche Wirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung entfaltet? Jetzt von vornherein ein Denkverbot in eine Richtung auszusprechen, das halten wir für etwas weltfremd. Bis zum Montag, meine Damen und Herren, können wir locker warten, nachdem über Jahre hinaus viel zu wenig passiert ist. Es wird dann wohl auch nicht schaden, noch bis zum Montag zu warten, also bis zu dem Zeitpunkt, zu dem wir ein geschlossenes System präsentieren, welches dokumentiert, wie es in Deutschland weitergehen wird.
Wenn wir erreichen, dass die Gesamtbelastung mit Steuern und Abgaben intelligenter aufgestellt wird, als das heute der Fall ist, dann lassen wir uns nicht jetzt schon ein Denkverbot in Richtung Mehrwertsteuer auferlegen, weil es ja durchaus sein kann, dass die Gesamtwirkung wesentlich positiver ist, wenn wir beispielsweise die Menschen bei den Sozialabgaben über eine andere Finanzierung des Gesundheitssystems entlasten, wenn wir dazu kommen, dass die Krankheitskosten von Kindern eben nicht mehr von den Beitragszahlern und ihren Sozialabgaben, sondern von den Steuerzahlern, auch den reichen Steuerzahlern, getragen werden.
Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wollen nicht die Steuerspirale nach oben drehen, sondern wir wollen die vielen Schrauben, die das Sozialabgabensystem, die das Steuersystem fest machen, in eine insgesamt bessere Lage bringen.
Beteiligen Sie sich am konstruktiven Nachdenken über unser zukünftiges System, und erlegen Sie sich nicht von vornherein ein Denkverbot auf! Wir wollen diese Dinge in der Zukunft konstruktiv ge
meinsam mit Ihnen besprechen. Wir werden unser Konzept am Montag vorlegen und sind sicher, dass es besser sein wird als das, was in den letzten Jahren Deutschland und Nordrhein-Westfalen geprägt hat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich beteiligen wir uns gern an der politischen Auseinandersetzung. Aber nun stellen Sie sich einmal vor, vor ein paar Monaten oder meinetwegen vor ein, zwei Jahren hätte die amtierende Bundesregierung aus wohlerwogenen und sachlich nachvollziehbaren Gründen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ins Spiel gebracht. Sie wäre von der versammelten Öffentlichkeit in Scheiben geschnitten worden, meine Damen und Herren. Die Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP hätten getobt, von unsozialer Politik schwadroniert, vor Wirtschaftsfeindlichkeit gewarnt und den Untergang des Abendlandes beschworen.
Aber die Lage hat sich offensichtlich gewandelt. Die Neuwahlen zum Deutschen Bundestag vor Augen debattiert die Union nun munter drauflos. Selbst Wirtschaftsführer Hundt kann sich einen solchen Schritt vorstellen. Nur die Höhe scheint noch unklar. Der Griff in den Geldbeutel ist längst beschlossene Sache.
Was allerdings mit den Mehreinnahmen geschehen soll, das lassen Sie wohlweislich im Unklaren. Da wird weiter „gerüttgert“, da drückt sich die Union mit wachsweichen Formulierungen. Aber genau da fangen die Unterschiede der Positionen an. Da entscheidet sich, was sozialverträglich, was zukunftsweisend, was verantwortlich ist und was nicht.
Ja, meine Damen und Herren, den Konsens zumindest scheint es hier zu geben: Unser Gemeinwesen braucht nicht weniger, sondern mehr Mittel für die notwendigen Aufgaben, um den Kindern und Kindeskindern nicht einfach den immer weiter wachsenden Schuldenberg herüber zu schieben.
Fast allen Parteien ist klar: Steuersenkungen sind nicht drin. Nur die FDP, die Partei der Ellenbogen und windigen Steuermodelle, die die eigenen
glaubt, dass unser Gemeinwesen ohne Staat besser dran wäre nach dem Motto: Alle Macht dem Markt. - Klar, die Reichen brauchen keinen Staat. Die kommen auch ohne aus. Aber die 95 %, die nicht reich sind, die brauchen den Staat: für Bildung, für Sicherheit, für die Daseinsvorsorge, für Verbraucherschutz, für Kultur und vieles mehr.
Meine Damen und Herren, mit dem Ziel „Zurück in die Verantwortung“ besinnt sich die Union immerhin auf ein Mindestmaß an Realitätssinn und räumt deswegen alles ab, was sie in den letzten Jahren vertreten hat und was sie im Bundesrat blockiert hat: Subventionsabbau inklusive Eigenheimzulage und Pendlerpauschale zum Beispiel. Das haben Sie über Jahre blockiert - aus parteipolitischem Eigeninteresse, zum Schaden des Landes, nur um den Erfolg von Rot-Grün zu verhindern, ohne Rücksicht auf Verluste und ohne Rücksicht auf unseren Landeshaushalt!
Nun also sogar die Erhöhung der Mehrwertsteuer! Das ist übrigens - auch das sollte man sich vergegenwärtigen - ein konsequentes Ansetzen dort, wo Kohl aufgehört hat. In den 16 Jahren KohlRegierung ist die Mehrwertsteuer dreimal erhöht worden, von 13 auf 16 %. Und die FDP war immer dabei, meine Damen und Herren. Sie war immer dabei.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dafür werbe ich ebenfalls: Wenn es auch in Wahlkampfzeiten schwer fällt, so lohnt doch ein differenzierter Blick und keine einfache Skandalisierung. Wir wissen alle: Unser Gemeinwesen ist auf Steuern angewiesen. Deshalb ist ein politischer Steuerdumping-Wettbewerb nicht nur unehrlich, sondern schädlich.
Was ist das Problem unserer Wirtschaft? Die Steuerquote ist inzwischen niedriger als in den meisten europäischen Ländern. Das ist also nicht das Problem. Das Problem ist die hohe Abgabenquote, sind die hohen Lohnnebenkosten. In der Bundesrepublik sind die hohen Lohnnebenkosten eine gravierende Hürde für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Sie sind eine Einstellungsbremse insbesondere für arbeitsintensive Branchen wie zum Beispiel im Dienstleistungsgewerbe. Sie sind sozial ungerecht, weil sie insbesondere untere
Es ist also sinnvoll, die Verbrauchssteuern zu erhöhen und damit die Lohnnebenkosten zu senken. Aber das ist nicht neu. Das sagen wir Grüne seit zehn Jahren, und das haben wir in der Regierung an manchen Stellen auch durchgesetzt, gegen übelste Kampagnen von CDU und FDP, zum Beispiel durch die Ökosteuer, meine Damen und Herren.
Klar ist doch: Ohne Ökosteuer läge der Rentenbeitrag um rund 2 % höher. Und nun eiern Ihre Leute im Bund auch an dieser Stelle herum. Der eine will sie erhalten, der andere abschaffen, aber nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Also: keine Klarheit! Ich gehe jede Wette ein, Herr Rüttgers - das tun Sie ja nicht so gerne -: Die Ökosteuer wird bleiben, genauso wie der Wassercent, den Sie vor der Wahl verteufelt haben und den Sie jetzt doch beibehalten. Herr Klein, herzlichen Glückwunsch zum Eigentor!
Was aber, meine Damen und Herren, ist der entscheidende Unterschied zwischen der Ökosteuer und der Mehrwertsteuer? Die Ökosteuer schafft Anreize zu vernünftigem Handeln: Energieeinsparung, Klimaschutz, technische Innovation durch sparsame Autos. Sie hat eine ökologische Lenkungswirkung. Welche Lenkungswirkung hat die Anhebung der Mehrwertsteuer in der jetzigen Situation? Auf jeden Fall weniger Konsum. Das ist das Problem. In Zeiten einer lahmenden Binnenkonjunktur wirkt eine Mehrwertsteuererhöhung völlig kontraproduktiv.
Meine Damen und Herren, deshalb stimme ich all denen zu, die sagen: Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer jetzt schafft mehr Probleme, als sie löst. Das gilt erst recht, wenn man weiß, dass die Steuer in ihrer jetzigen Konstruktion sozial unausgewogen ist und besonders Familien mit Kindern trifft. Sie dann noch zu nutzen für eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes oder für die Finanzierung einer unsozialen Kopfpauschale im Gesundheitswesen ist geradezu perfide.
Hinzu kommt - da kann ich der Kommentierung in der „Rheinischen Post“ von vorgestern nur zustimmen -, dass die frühe Mehrwertsteuer-Ansage den Reformdruck auf unsere sozialen Sicherungssysteme mindert.
Erstens Subventionsabbau! Da können Sie heute Nachmittag bei unserem Antrag zeigen, wo Sie stehen, und Farbe bekennen.