Kollege Knieps, im Hinblick auf die Aussage, dass die Ausbildungsvergütungen gesenkt werden müssten, vermisse ich eine Erwiderung, Bestätigung oder irgendetwas vom Arbeitsminister.
Aber ich will Ihnen eines sagen, und das – der Artikel von heute ist Gold wert – findet sich auch in der „Kölnischen Rundschau“ wieder. Die Überschrift ist schon schön: „Sehnsucht nach Wolfgang Clement – Wirtschaftsverbände äußern sich zu der zunehmenden Lücke“.
In der „Kölnischen Rundschau“ von heute steht genau zu dem Thema: Auch der Glos-Vorstoß für eine Senkung der Lehrlingsgehälter wird von vielen Handwerksmeistern abgelehnt. Spätestens im dritten Lehrjahr sei ein Azubi so weit, dass seine Arbeit mehr Wert ist, als der Lehrling kostet.
Herr Minister Laumann, der „Tag der Ausbildung“ sollte jeden Tag sein. Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht. Aber was würde sich eine Landesregierung vergeben, an dem „Tag der Ausbildung“, der Symbolcharakter hat, etwas zu unternehmen, sich als Speerspitze zu sehen nach dem Motto: Heute ist der Symboltag, und heute müssen wir extra etwas machen.
Ich spreche Ihnen nicht ab, dass Sie aktiv sind, aber an einem solchen symbolträchtigen Tag müssen Sie aktiv sein und Flagge zeigen, sonst werden nämlich diejenigen, die Flagge gezeigt haben, im nächsten Jahr fragen: Was soll ich tun, wenn dieser Arbeitsminister in seiner Hütte bleibt?
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, abschließend will ich auf das eingehen, was Minister Laumann mit der neuen Ehrlichkeit angedeutet hat. Herr Minister Laumann, ist es ehrlich, hier in allen Debatten – jetzt nehme ich bewusst die vor zwei Wochen aus, denn da sind Sie nämlich das erste Mal bei dem Thema aufgefallen – zu loben, wie gut der Ausbildungskonsens funktioniert, wie oft Sie ihn zusammenholen, wie einheitlich Sie dort arbeiten, um dann vor zwei Wochen das erste Mal den Ausbildungskonsens zu kritisieren und ihn jetzt gar in Abrede zu stellen? Ich habe zumindest noch eingeschränkt, er sei kein Allheilmittel. Sie dürfen ihn nicht verteufeln. Das ist missbräuchlich gegenüber den Leuten, die dort tätig sind. Das ist schädlich für dieses Land.
Was wir brauchen, ist Akquise. Sie haben deutlich gemacht, was in Ihrem Haus für den Kontakt mit Kammern, Gewerkschaften, Berufskollegs usw. an Arbeitszeit aufgebracht wurde. Ich kann das nachvollziehen. Ich habe selber vor wenigen Jahren die Kontakte mit den Kollegen aus Dortmund aufgebaut. Ich kann Ihnen sagen: Die persönlichen Gespräche waren fruchtbar. Sie kriegen die Leute schnell an einen Tisch, wenn Sie sie zusammen an einen Tisch holen. Wir haben, zusammen mit allen Betroffenen, in 15 Monaten 113 zusätzliche, neue Ausbildungsplätze …
… allein im Einzelhandel geschaffen. Holen Sie sie sich auch einzeln an den Tisch! Tun Sie etwas! Und wie die Kollegin Kraft zu Recht gesagt hat: Rennen Sie sich die Hacken ab!
Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will die Zahlenspiele nicht fortsetzen, aber es bleibt natürlich Faktum, dass in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge – und die ist ja nun einmal entscheidend für die Aufnahmefähigkeit des Ausbildungsmarktes – von 635.559 – sogar nach einem Anstieg von 1999 auf 2000 – abgesunken ist, um in der Bilanz insgesamt bei minus 12 % und damit bei 559.227 zu landen. Das bleibt Faktum.
(Zuruf von der SPD – Hannelore Kraft [SPD]: Davon hat Herr Henke keine Ahnung! Damit kennt er sich nicht aus!)
Aber ich glaube, Sie haben uns mit dem, was Sie zum Schluss gesagt haben, also mit dem Hinweis auf diese örtlichen Erfahrungen in Dortmund, vielleicht wirklich auch ein bisschen zum Nachdenken darüber angeregt, wie man denn die Situation in der Tat verbessern kann.
In den Statistiken, die die Bundesagentur für Arbeit und die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen jetzt publizieren, findet man in der Tat riesige Unterschiede in den verschiedenen Regionen. Man muss sich diese regionalen Unterschiede höchstwahrscheinlich sehr präzise ansehen und nach den Gründen suchen. Eben ist auch OstwestfalenLippe erwähnt worden; darüber erfährt man nicht nur etwas aus dem Kontakt zum Kollegen Kern.
Man muss wissen: In Ostwestfalen-Lippe leben zum Beispiel sehr, sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund als Aussiedler.
Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist bei mir in Aachen bei den Berufsausbildungsstellen ein Plus in Höhe von 13,8 % zu verzeichnen. Andererseits haben wir in Herford ein Minus in Höhe von 24,4 %. Wir haben Arbeitsamtsbezirke, zum Beispiel Bochum, in denen es praktisch keinen Zuwachs an Bewerbern gegeben hat. Wir haben aber andere, zum Beispiel Iserlohn, wo der Zuwachs an Bewerbern bei 28,5 % liegt. Selbst bei der Zahl der Ende Mai mit einem Ausbildungsplatz versorgten Bewerber zeigen sich im Vergleich zum Vorjahresmonat sehr große Differenzen. In einigen Bereichen hat sich die Lage gebessert,
etwa im Arbeitsamtsbezirk Düsseldorf – zwar nicht viel, aber gebessert –, in anderen beträgt die Verschlechterung 77 %.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber Sie geben mir Recht, dass die Verschlechterung unter dem Strich viel größer ist?)
Ich will damit nur sagen, dass wahrscheinlich ein Weg, der helfen wird, darin besteht, dass wir präziser die vorgenommenen Interventionen, die ja auch regional sehr unterschiedlich sein können,
Ich kenne das aus meinem beruflichen Feld so, dass ein Arzneimittel, bevor es eingesetzt wird, zunächst einmal in seinen Wirkungen geprüft wird. Sie müssen eine klinische Prüfung machen, wenn Sie ein neues Arzneimittel in den Markt bringen wollen. Sie müssen eine Wirkungsanalyse machen und gucken, ob dieses Arzneimittel hilft. Sie wissen, dass wir auf dem Arzneimittelsektor eine riesige Debatte über sogenannte Me-tooEffekte haben, in der man darüber diskutiert, ob denn bestimmte geringe Veränderungen tatsächlich eine Verbesserung darstellen.
Mir scheint es manchmal so zu sein, dass wir bei den Interventionen sowohl im allgemeinen Arbeitsmarkt – die gesamte Hartz-Gesetzgebung ist auch ein Beispiel dafür – als auch im Ausbil
dungsmarkt möglicherweise die Wirkungsanalyse und die Auswertung, welche Erkenntnisse wir aus dem ableiten, was an Interventionen vorgenommen worden ist, nicht ausreichend durchgeführt haben.
Da, meine ich, wird es auch wichtig sein, zu prüfen, welche Konsequenzen jetzt die regional unterschiedliche Umsetzung der Rechtsverordnung der Landesregierung zur Umsetzung des Berufsausbildungsgesetzes auslösen wird. Das Bundesgesetz „Berufliche Ausbildung“ wird in Rechtsverordnungen in den Bundesländern umgesetzt. Insofern ist Nordrhein-Westfalen Spitze. Aber nun muss das Vorgehen zusätzlich regional in den Ausbildungskonsensen jeweils einzeln verabredet werden. Da, finde ich, muss der eine auch vom anderen lernen.
Das alles ändert nichts daran, dass wir natürlich weiterhin aus der politischen Gesamtverantwortung heraus die Blockaden überwinden müssen, die als unterbliebene Strukturreformen in der sozialen Sicherung, in der Steuer- und in der Finanzpolitik, in der Wirtschafts- und in der Arbeitsmarktpolitik des Bundes in den vergangenen Jahren die Gewinnung neuer Arbeitsplätze behindert und verhindert haben. Denn das ist nun einmal wahr: Ein Betrieb, der gar nicht mehr existiert, der bildet auch nicht aus.
Deswegen lautet die Antwort auf die Frage, was Ausbildungsplätze herbeiführt, natürlich: Schaffung eines Existenzgründerklimas, in dem es Spaß macht, in neue Arbeitsplätze zu investieren. Wer in neue Arbeit investiert, der investiert auch in neue Ausbildung. Dafür kann man dann gemeinsam werben. – Ich bedanke mich dafür, dass Sie mir noch einmal zugehört haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 39 Jahre lang hatten Sie Gelegenheit, all das zu tun …
(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von SPD und GRÜNEN: Oh! – Zuruf von der SPD: Das haben wir schon lange nicht mehr ge- hört! Das ist ein neues Argument!)
Ich sage das in aller Ruhe; ich habe sehr ruhig zugehört. Mir sind allerdings drei Schreihälse aufgefallen, die mit Gebrüll die inhaltliche Leere ersetzen.