Lassen Sie uns doch diese Fußballweltmeisterschaft, die hoffentlich sportlerisch so endet, wie wir es uns alle wünschen, auch nutzen im Sinne von Nachhaltigkeit, um Einigkeit und Recht und Freiheit, Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit etwas mehr als Prinzipien unserer Politik zusammenzuhalten und danach zu handeln. Dann hätte diese Fußballweltmeisterschaft noch mehr als sportliche Höhepunkte hinter sich. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir einen kleinen pädagogischen Kniff. Ich möchte unser gemeinsames Sorgenkind direkt ansprechen:
Lieber unbekannter GEW-Funktionär! Auch du bist einmal jung gewesen, vielleicht hast du ja sogar Kinder. Dann kennst du sicherlich die Geschichte vom Grinch. Sie steht in einem der beliebtesten Kinderbücher der Welt.
Der Grinch war ein hässlicher, verbitterter und haariger Einzelgänger. Er lebte in einem dunklen Wald auf einem hohen Berg. Unten im Tal lebte das fröhliche und liebenswerte Völkchen der Who. Ihnen neidete der Grinch ihr Glück, insbesondere zur Weihnachtszeit, wenn sich das ganze Tal auf das große Fest vorbereitete. Also stahl der Grinch die Weihnachtsgeschenke der Who. Denen würde er ihren Spaß schon verderben.
Gott sei Dank geht die Geschichte aber gut aus: Am Ende lässt sich der Grinch von der Feierlaune der Who anstecken. Er bringt die Geschenke zurück, und man feiert gemeinsam.
Lieber unbekannter GEW-Funktionär! Ich glaube, du bist auch ein solcher Grinch. Verbittert sitzt du in irgendeinem verstaubten Büro.
Deine Arbeit macht dir keinen Spaß mehr. Rechts und links von dir verändert sich die Schullandschaft. Die Pädagoginnen und Pädagogen sind auch ganz anders als vor 30 Jahren, als man dich eingestellt hat.
Du bist verbittert. Die Menschen fangen an zu vergessen, dass es dich gibt. Da kommt dir die Fußballweltmeisterschaft gerade recht. Irgendwo zwischen WM-Brötchen und Halbzeitwürstchen wirst du doch Aufmerksamkeit erregen können. Es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn du nicht ein wenig Essig in den Wein gießen könntest. All die fröhlich feiernden Menschen, all die gute Laune, das ist dir zuwider. Also fängst du an zu mäkeln.
Lieber unbekannter GEW-Funktionär! Du solltest mal aus deinem Büro herauskommen. Die, die da fröhlich feiern, sind keine besoffenen Nationalisten. Die, die da fröhlich feiern, sind keine grölenden ewig Gestrigen. Sie malen sich bunt an und
fahren mit Fähnchen durch die Gegend. Sicherlich übertreiben sie es ein bisschen, aber sie sind, wie wir Rheinländer sagen, joot drupp. Und manchmal singen sie sogar unsere Nationalhymne.
Lieber unbekannter GEW-Funktionär! Ist das nicht schrecklich? – Nein, es ist nicht schrecklich. Im Gegenteil: Die Allermeisten finden es schön, dass unser Land endlich wieder einmal feiert. Schau dich doch einmal um, lieber Funktionär, wer dir Beifall zollt. Das sind nicht viele, und es sind die wirklich ewig Gestrigen. Es sind die, in denen die Gene des ansonsten längst ausgestorbenen Oberlehrers fortleben. Es sind die ewigen Zeigefingererheber, die Alles-immer-Besserwisser, die Oberbedenkenträger, die berufsmäßigen Stirn-inFalten-Leger, die Grinche eben.
Lieber unbekannter GEW-Funktionär! Trenne dich von den Verbiesterten. Komm raus aus deinem Büro und feiere mit. Feiere mit unseren Gästen, feiere mit uns allen, völlig egal, ob Deutschland gewinnt. Du wirst sehen, das tut gut. Dein Michael Solf
PS: Ich gebe gerne zu, dass es schönere Flaggen gibt als die deutsche. Die guten Farben waren eben schon weg, als wir Demokratie wurden. Unsere Nationalhymne aber gehört zu den schönsten. Singe sie doch einfach einmal mit, dann wirst du es merken! – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich könnte jetzt antworten: Lieber unbekannter CDUAbgeordneter!
Aber das lasse ich lieber. Ich ahnte es ja immer, aber jetzt weiß ich, welches Bild Sie sich von einem Gewerkschafter zeichnen. Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass es diesen unbekannten GEW-Funktionär wirklich gibt. Ich glaube, Sie haben da ein Zerrbild, lieber Herr Solf.
Ihr Antrag lautet: „Für einen unverkrampften Patriotismus“. Meine Damen und Herren, es ist schon ziemlich verkrampft, wenn man das so beantragt.
Glauben Sie wirklich, meine Damen und Herren, dass die Menschen im Lande auf solche Debatten im Landtag warten? Sie sind fröhlich, freuen sich und sind patriotisch, ohne nationalistisch zu sein. Sie jubeln auch anderen Teams zu. Sie machen das alles, haben es aber nicht nötig, dermaßen verkrampft darüber zu reden, wie Sie das tun.
In Ihrer Begründung heißt es: Nach unserer Auffassung muss sich der Landtag umgehend mit diesem Vorgang auseinander setzen. Das liest sich so, als wäre wirklich Gefahr im Verzug.
Worum geht es in Wahrheit? – Meine Damen und Herren, wir haben in dieser Debatte festgestellt: Es gibt in diesem Haus keinen Dissens, was die Freude über den Patriotismus, den wir jetzt in unserem Land erleben, angeht. Es gibt auch keinen Dissens in der Einschätzung der GEW-Broschüre aus Hessen.
Schauen Sie: Eine GEW-Landesgliederung, nicht Nordrhein-Westfalen, sondern Hessen, denkt sich irgendeinen Unsinn aus und stellt den ins Internet.
Keiner ist gezwungen, sich dieses Konvolut anzusehen. Alle anderen Gliederungen der GEW einschließlich des Bundesvorstands tun alles, um dieses angezündete Feuerchen wieder auszutreten.
Meine Damen und Herren, ich habe selten eine Homepage gesehen, die sich in ihren Distanzierungsbemühungen derart verkrampft wie die der GEW. Ich habe selten auf einer Homepage so viel Beschwichtigung, peinliches Hüsteln und Eigendistanzierung gesehen wie dort. „Wir bedauern diesen Fehler und entschuldigen uns bei allen … für den ihnen entstandenen Schaden“, tönt Ulrich Thöne, der Vorsitzende der GEW.
Meine Damen und Herren, deutlicher kann man es nicht sagen. Wann hat sich der GEWBundesvorsitzende überhaupt das letzte Mal für etwas entschuldigt? Wir können uns diesen Tag wirklich rot im Kalender anstreichen.
Ein Diskussionsforum wurde eingerichtet, es gibt ein Formular, das man für seine Meinungsäußerung nutzen soll. Und die GEW in Nordrhein
„Die GEW in NRW stellt ihren Mitgliedern Spielpläne der Weltmeisterschaft zur Verfügung und verteilt aus diesem Anlass keine Broschüren, die sich kritisch mit der Nationalhymne auseinander setzen.“
Deutschland ist heute weiter als 1990 und auch 1974. Wäre damals eine Nationalmannschaft denkbar gewesen, der zwei schwarze Mitbürger angehören? Hätten wir damals jubeln können, wenn auf Pass von David Odonkor der in der Schweiz geborene Oliver Neuville zum 1 : 0 gegen Polen einschießt? Unsere Nationalmannschaft zeigt deutlicher als alles andere im Moment, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist,
dass Deutschsein eben nicht auf Müller, Meier und Schulze beschränkt ist, sondern durchaus auch für Podolski, Owomoyela und Asamoah gilt.
Ich freue mich über diese jedenfalls für Deutschland neue Form des Patriotismus, der sich gegen nichts und niemand anderen richtet, der sich nicht über andere erhebt. Wir haben es in diesen Tagen – um mit Heinrich Heine zu sprechen – gelernt, unser Herz zu einem unverkrampften Patriotismus zu erweitern.
Meine Damen und Herren, um den auszuleben, brauchen wir nicht so eine verkrampfte Debatte über etwas, das wirklich nicht einmal einen Sturm im Wasserglas rechtfertigen würde. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich weiß gar nicht, von wem ich gerade ein geeignetes Vorbild für möglicherweise im Raum stehende Polemik gegen Gewerkschaften bekommen habe. Das einmal ganz nebenbei.