Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

„Unser Herz schlägt für Deutschland.“

Wenn Sie dann plötzlich solche Bilder in türkischen Zeitungen sehen und dazu junge Türken sagen: „Auch wir sind Deutschland“, dann halte

ich das unter dem Integrationsgesichtspunkt für ein ganz hohes Bekenntnis.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Weiß das auch Roland Koch? – Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Herr Horstmann, solche Bekenntnisse

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Weiß das Ro- land Koch auch? Ich habe gefragt, ob das Roland Koch auch weiß!)

erfolgen auch über nationale Symbole. Wir haben lange Zeit Probleme mit nationalen Symbolen gehabt. Dass Fahnen und Hymnen Symbole sein können, mit denen man dieses Bekenntnis zum Ausdruck bringt, spüren wir in diesen Tagen ganz besonders. Die Türken würden sich in ihrer Döner-Bude bestimmt kein Grundgesetz hinstellen, um ihr Bekenntnis zu diesem Staat abzulegen.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie machen es mit Fahnen. Sie singen die Hymne mit. Die Nationalmannschaft zeigt, dass wir in der Tat ein Einwanderungsland sind. Insofern hat der Vorsitzende der GEW aus Hessen

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Da kommen ei- nem ja ganz neue Ideen für den Einbürge- rungstest!)

schon in seiner ganzen Logik Unrecht.

(Dr. Axel Horstmann [SPD]: Dann kann man doch den Einbürgerungstest vereinfachen, oder nicht?)

Denn eben weil wir ein Land sind, das sich verändert hat, ist es gut, solche Symbole zu haben. Wir sollten beispielsweise auch die Einbürgerung in einem feierlichen Rahmen vollziehen und nicht nur durch ein Amt oder die Post eine Einbürgerungsurkunde zustellen lassen, sondern Einbürgerungsfeiern zur Praxis in unseren Städten machen. Ich glaube, etwas mehr Symbolik ist auch für solche Gefühle ganz entscheidend.

(Beifall von CDU und FDP)

Dieses Gefühl der Integration gelingt über Emotion und nicht über Rationalität.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Diese Emotion spüren wir gerade in diesen Tagen. Niemand, erst recht dann nicht, wenn er intellektuell ist, wenn er Lehrer ist und Bildung vermitteln soll, sollte solchen Unsinn erzählen, wie es in den letzten Tagen geschehen ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf:

2 Zweites Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (2. Schulrechtsänderungsgesetz)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/1572

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Schule und Weiterbildung Drucksachen 14/2112 und 14/2149

zweite Lesung

Ich weise hin auf die Änderungsanträge der Fraktion der SPD Drucksachen 14/2157 und 14/2158.

Ich eröffne die Beratung und erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Recker für die Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf nahtlos von Tagesordnungspunkt 1 zu diesem übergehen.

Herr Minister Laschet, ich habe mich schon 1974 beim Endspiel zu Deutschland bekannt und eine kleine Fahne geschwungen. Ich war damals stolz darauf, dass wir diesen Sieg errungen haben.

Ich durfte gestern in Berlin bei diesem rauschenden Fußballfest dabei sein und habe in den letzten Tagen in Berlin erlebt, dass Menschen um das Brandenburger Tor heiter, fröhlich, entspannt ein Fest feiern, sich aber dennoch zu ihren Nationen mit den verschiedenen Symbolen bekennen.

Ich würde gerne den Vertreter der GEW bitten, da einmal hinzugehen. Wer so etwas in die Diskussion bringt wie dieser GEW-Vertreter, ist ganz weit weg von den Menschen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Gestern war, sportlich gesehen, ein ganz hervorragender Tag. Ich glaube, dass es auch heute ein erfolgreicher Tag werden wird, denn wir werden heute eines der wichtigsten Gesetze auf den Weg bringen.

Wir alle im Plenum sind uns einig, dass das Schulsystem in Nordrhein-Westfalen dringend einer Generalüberholung bedarf. Alle nationalen, internationalen Leistungsvergleiche haben mehr als deutlich gemacht, dass unser Schulsystem nur unterdurchschnittliche Leistungen hervorgebracht hat.

Und wir haben ein anderes, gravierendes Problem: In kaum einem anderen Bundesland hängt der Bildungserfolg eines Kindes so stark von seiner sozialen Herkunft ab wie in unserem Lande. Meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft darf aber nicht getrennt werden in Gebildete, Ungebildete, Ausgeschlossene und Dazugehörige.

Wir wollen mit der neuen Bildungspolitik, mit dem neuen Schulgesetz endlich für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen und auch den Anschluss an die Spitze der Bildungsnation finden.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: So geht das aber nicht!)

Dieses heute zu verabschiedende Gesetz macht deutlich: Bildung hat für die CDU und die FDP Priorität. Sie ist ein Kernelement der Politik der neuen schwarz-gelben Koalition.

Ich bin froh und stolz darauf, diesen Gesetzentwurf heute zur Verabschiedung bringen zu können. Dazu bedurfte es gewaltiger Kraftanstrengungen. Ich möchte allen den Dank der CDUFraktion aussprechen, die dieses Werk vorbereitet und zur heutigen Reife gebracht haben, Frau Ministerin.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir machen diese Reform nicht der Reform willen: Wenn 39 Jahre Bildungspolitik es nicht verhindert haben, dass wir weit abgeschlagen hinter anderen Ländern rangieren, dass 25 % der jungen Menschen nicht ausbildungsfähig sind, dann wäre ein „weiter so“ unverantwortlich. Darum muss gehandelt werden. Darum müssen wir hier neue Wege gehen.

(Beifall von der FDP)

Da Ihre Methode, die Methode von Rot-Grün, nicht funktioniert hat, muss ein neuer Weg gefunden werden, ein neuer Weg, der endlich die Schulen, die eine besondere Förderung benötigen, auch unterstützt.

Ich sage es auch vor dem Hintergrund der Diskussion der letzten Wochen: Wer angesichts der desaströsen Ergebnisse von Pisa so tut, als könne man eine Bildungsreform auf Begriffe wie Selektion, Ungerechtigkeit, Wahl der Schulleiter oder

Einzugsbezirke beschränken, hat nicht begriffen, dass es um einen Bewusstseinswandel in der Bildungspolitik geht.

Wir als Koalitionsfraktionen wollen, dass Leistung und Leistungsbereitschaft wieder zu einem Markenzeichen werden. Denn Leistung und Erziehung – das müssen wir in die Köpfe bringen – sind etwas Gutes. Unter Rot-Grün, meine Damen und Herren, waren diese Begriffe viele Jahrzehnte lang leider tabu.

Weil jedes Kind anders ist, wollen wir den Kindern gerechtere Bildungschancen geben. Wir werden ein gerechtes, differenziertes und auf Leistung ausgerichtetes Schulsystem schaffen. Dabei wollen wir alle Schülerinnen und Schüler zu dem für sie höchstmöglichen Abschluss führen. Allerdings steht auch fest: Nicht jeder wird das Abitur schaffen. Daher ist es ein weiteres großes Ziel des neuen Schulgesetzes, nicht nur Studierfähigkeit, sondern durch das Vermitteln von Grundfertigkeiten endlich vor allem auch Ausbildungsfähigkeit zu ermöglichen, meine Damen und Herren.

Es ist ein Skandal, wenn große Teile der jungen Menschen nicht ausbildungsfähig sind und damit für Jahre in die Perspektivlosigkeit entlassen werden. Genau das wollen wir mit dem Gesetz ändern. Ich nenne als Beispiel nur, dass wir endlich die Hauptschule stärken und dieser Schule eine Perspektive geben, meine Damen und Herren.

Unsere Antwort auf die Herausforderung von heute und morgen ist die Optimierung und Modernisierung unseres Schulsystems. Ich will das an zwei Beispielen erläutern.

Alle Schulen werden zukünftig selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten dürfen. Sie werden ihr eigenes pädagogisches Profil entwickeln können und so gezielt auf die Lernbedürfnisse ihrer Schüler vor Ort reagieren können. Damit können die Schulen endlich besser auf die einzelnen Schüler eingehen und sie intensiver fördern. Sitzenbleiben ist auf diesem Weg eher vermeidbar. Und das ist eines unserer wesentlichen Ziele.

Im Zusammenhang mit der Schulprofilbildung ist die Aufhebung der Schulbezirksgrenzen übrigens ein wichtiges Element – aus der Sicht der Schule und aus Sicht der Eltern. Denn das ist auch Voraussetzung für die von uns allen gewünschte größere Individualisierung des Lernens.

Und übrigens tragen wir durch eine entsprechende Regelung im Schulgesetz Sorge dafür, dass durch die Aufhebung der Schulbezirke bei den Berufskollegs keine Berufsschulstandorte gefährdet werden.