Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Hier geht es doch nicht darum, Kommunalwahlen für die Bürgerinnen und Bürger attraktiver zu machen, sondern darum, dass ganz offensichtlich Stichwahlen wegen Ihrer Ergebnisse von Ihnen als Ärgernis angesehen werden. Kollege Wüst hat in seiner Funktion als Generalsekretär der CDU entsprechende Hinweise gegeben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zur Harmonie in Ihrer Koalition: Das ist ungefähr so harmonisch wie eine ungeteilte deutsche Erbengemeinschaft. Sie schlagen und betexten sich gegenseitig in den Medien. Kollege Papke sagt zwar heute nichts, aber das macht er ja normalerweise über die Zeitung.

Was passiert nun mit dem CDU-Parteitag? Es wird so getan, als sei das kein Problem. Im Gegenteil: Das ist ein Riesenproblem für die CDU, nämlich eine klassisch tragische Situation: Entweder versauen Sie es sich mit Ihrem Koalitionspartner, oder Sie haben Trouble an der Basis.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Geht es um die Sache, oder?)

Ich habe eine Vermutung, wie es in der Sache weitergeht: Sie werden versuchen, sich am CDUParteitag vorbeizumogeln, damit Sie nachher das, was Sie in der Schublade liegen haben, auf Kosten der kommunalen Demokratie, der Gemeindeinteressen in Nordrhein-Westfalen umsetzen können. Darauf gibt es eine Reihe wichtiger Hinweise.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Niemand kann Interesse daran haben, dass Ratswahlen und Oberbürgermeisterwahlen entkoppelt werden. Ich verweise auf § 40 unserer Gemeindeordnung: Rat und Verwaltung bestimmen die Geschicke der Gemeinde gemeinsam. – Wenn man die Räte in diesem Geschäft nicht zu Reklamationsabteilungen verkommen lassen will, muss man ihre Stellung stärken und nicht systematisch aushöhlen, wie es durch die Abkopplung passiert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In allen Parteien gibt es Hauptverwaltungsbeamte, die einen guten Job machen, selbstbewusst sind und sagen: Ich stelle mich nach fünf Jahren

dem Votum der Bürgerinnen und Bürger meiner Stadt, weil ich weiß, ich habe einen guten Job gemacht und kann das aushalten.

Meine Damen und Herren, im Himmel ist bekanntlich mehr Freude über einen reuigen Sünder als über 1.000 Gerechte. Von daher haben wir uns über die Bewegung an der CDU-Basis wirklich sehr gefreut, weil da erkannt worden ist, dass diese Veranstaltung, die nur Machtinteressen dient, zu guter Letzt auf Kosten unserer Kommunen in Nordrhein-Westfalen läuft.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich bin Herrn Witzel für seinen Zwischenruf „Privat vor Staat“ ausgesprochen dankbar, weil dort der Schwerpunkt der FDP-Interessen bei diesem Punkt liegt. Alles andere ist ein bisschen Scharade. Sie wollen die wirtschaftliche Kraft der Gemeinden aushöhlen, systematisch Unternehmensstrukturen auf der kommunalen Ebene kaputtschlagen, um danach Ihre krude neoliberale wirtschaftspolitische Vorstellung in den Gemeinden umsetzen zu können.

(Lachen und Zurufe von der FDP)

Ich finde es bezeichnend, dass Herr Papke an der Stelle zum ersten Mal in der Debatte wach wird. Ich halte es für absolut absehbar, wie die Nummer weiter verlaufen wird. Die CDU wird nicht umhinkönnen, auf ihrem Parteitag einen Nachverhandlungsauftrag zu beschließen.

Aber ich glaube fast, dass die CDU-Basis besser beraten wäre, konkrete Anträge zu beschließen, weil ich die Befürchtung habe, dass die CDULandesregierungsbeteiligung im Umgang mit dem, was der FDP als Koalitionspreis angeboten werden muss, um ihre schöne Veranstaltung weiter am Laufen zu halten, hart wie Marmelade sein wird. Nur – das sage ich abschließend –: So geht man mit den Interessen der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen nicht um.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die CDU-Fraktion hat noch einmal der Abgeordnete Lux das Wort.

(Beifall von der CDU – Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Unruhe bei Ihnen verstehen, weil es sich vom Gehalt her wirklich nicht lohnt, noch einmal auf das einzugehen, was Sie vorgetragen haben.

Ich will nur einiges richtigstellen. Zum einen haben sich insbesondere Frau Löhrmann, aber auch Herr Körfges wieder einmal in ihrer Ausrechenbarkeit übertroffen. Ich hatte schon in meinem Beitrag angekündigt, dass es Ihnen eigentlich darum geht, an die Delegierten des Parteitags eine Botschaft herauszugeben. Ich hatte Ihnen auch gleich gesagt: Darauf legt keiner auf dem Parteitag Wert, weil sich keiner etwas davon verspricht und Sie sich gewaltig überschätzen.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie meinen, Sie könnten an die Delegierten irgendetwas Positives übermitteln, so waren Ihre Einlassungen dazu einfach zu dünn.

Zum Zweiten hat sich wieder herausgestellt – auch das hatte ich Ihnen in meinem ersten Beitrag gesagt –, dass Sie die Könige der Diskussion im luftleeren Raum sind. Solange nichts Konkretes vorliegt, können Sie Horrorgemälde an die Wand malen und von Befürchtungen sprechen, die alle treffen. Nur: Wo haben Sie konkrete Anlässe für das Horrorszenario, das Sie aufgezeigt haben?

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Wir können Zei- tung lesen!)

Weder in der Diskussion unter den Regierungsfraktionen noch innerhalb der Regierung noch zwischen den Parteien gibt es Anlässe für diese Diskussion. Ich sage Ihnen ganz konkret: Das, was Sie zu § 107 der Gemeindeordnung verkünden, müssen Sie bitte in den nächsten Tagen ganz weit herausblasen; denn irgendwann zerplatzt das wie eine Seifenblase.

(Horst Becker [GRÜNE]: Die kommunale Selbstverwaltung zerplatzt, wenn ihr so wei- termacht!)

Dann werden Sie feststellen, dass all das, was Sie hier verkündet haben, nicht das Geringste mit der Wirklichkeit zu tun hat.

Und sprechen Sie doch nicht immer von der Basis. Ich muss Ihnen noch einmal sagen: Ich bin seit 14 Jahren Fraktionsvorsitzender einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen und kenne die Stimmung an der Basis.

(Britta Altenkamp [SPD]: Aber der CDU- Fraktion!)

Ich bin fast jeden Tag unterwegs. Die Befürchtungen hinsichtlich der Änderung der Gemeindeordnung, die Sie äußern, wird in meinem Bekanntenkreis, in meiner Fraktion, nirgendwo mitgetragen; denn dort weiß man, dass sowohl bei uns wie auch in anderen Parteien Leute daran sitzen, die

wissen, dass ihre Basis in der Kommune liegt. Sie möchten dort auch wiedergewählt werden. Wer die kommunale Basis zerschlagen würde, wäre ja mit dem Klammerbeutel gepudert und hätte es auch nicht verdient, hier oder in einem Kommunalparlament Verantwortung zu tragen.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Börschel, Sie haben wieder deutlich gemacht, wo Ihre politische Sozialisation stattgefunden hat.

(Heiterkeit von CDU und FDP)

Wenn Sie hier sagen, wir hätten längst alles hinter verschlossenen Türen ausgemauschelt, sage ich: Wir sind in Düsseldorf und nicht in Köln.

(Beifall von CDU und FDP)

Zum Allerletzten: Ich unterstelle, dass Sie zumindest lesen können; mehr verlange ich nicht. Wenn Sie dann in den Koalitionsvereinbarungen lesen, dass geprüft wird, ob Kumulieren und Panaschieren eingeführt werden, sollten Sie nicht sagen: Das ist beschlossene Sache gegen die Bürger. – Lesen Sie doch einfach, was dort steht, und haben Sie noch ein bisschen Geduld. Wenn der Gesetzentwurf dann vorliegt, diskutieren wir auf richtig festem Fundament. Dann werden Sie feststellen, dass all das schöne Reden, all das, was Sie sich so schön ausgemalt haben, einfach zerplatzt.

(Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal, was Sie wollen!)

Wir werden weiterhin – das müssen Sie mitnehmen, das müssen Sie endlich internalisieren – als Koalition der Vernunft zum Wohle der Bürger und zum Wohle des Landes arbeiten.

(Lebhafter Beifall von CDU und FDP – Britta Altenkamp [SPD]: Darauf warte ich schon seit einem Jahr!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lux. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Jäger um das Wort gebeten.

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

Ich finde es schön, dass Sie sich so freuen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie haben in diesem Parlament sinngemäß vorgetragen, dass es gar nicht so schlimm ist, wenn die Wahlbeteiligung bei der Direktwahl der Oberbürgermeister, Landräte und Bürgermeister sinken würde und darauf ver

wiesen: Schauen Sie doch einmal, wie viel Prozent Sie als direkt gewählter Abgeordneter erhalten haben.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Hat er doch ü- berhaupt nicht gesagt!)

Herr Wolf, ich habe leider nur fünf Minuten Zeit.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Dann behaupten Sie doch nicht solche Sachen!)

Die reichen nicht, um Ihnen den Unterschied zwischen einem Verhältniswahlrecht und einer Personenwahl zu erklären. Ich biete Ihnen an, das unter vier Augen nachzuholen.