Protokoll der Sitzung vom 13.07.2005

- das betone ich -

„Zentralmittel in Höhe des Gesamtansatzes des Haushaltes von 2002 zu veranschlagen... Die Ausnahme von den Restriktionen im Haushaltsvollzug, insbesondere von globalen Minderausgaben und Stellenbesetzungssperren, wird bis einschließlich Haushaltsjahr 2006 verlängert.“

Wir sollten auch feststellen, dass die rot-grüne Landesregierung den Qualitätspakt nicht immer eingehalten hat; denn diese Ergänzung aus dem Jahre 2002, aus der ich gerade schon zitiert habe, mussten die Hochschulrektoren nach 1999 zusätzlich unterschreiben. Wie ich gerade schon gesagt habe, sieht diese Erklärung eine Absenkung der Pauschbeträge für den Haushaltsvollzug von 2003 vor. Als Basis für die Vergabe der Zentralmittel für 2004 wird das Haushaltsjahr 2003 angeführt. Diese sind aber fast alle gesenkt worden. Dazu kommen reale Kürzungen im Innovationsfonds für 2003 in Höhe von 7 Millionen €. Wir können uns darüber streiten, ob man den Qualitätspakt deshalb aufgeweicht oder gebrochen nennen soll.

Professor Hoyer, seinerzeit Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz, hat mit Recht davor gewarnt, dass die Hochschulen bei weiteren Einsparungen im Kampf um die besten Köpfe nicht mehr werden mithalten können. In diesem Lichte ist auch die Forderung von der SPD-Opposition, nämlich nach Einhaltung des Qualitätspaktes bis 2009, schlichtweg ein Trojanisches Pferd.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Schauen wir nach, welche Bedeutung die Zahl 2009 in diesem Text hat. Sie bedeutet nichts anderes als den Endzeitpunkt des geforderten Stellenausbaus. Der Endzeitpunkt der sicheren finanziellen Zusagen ist maximal das Jahr 2006. Da

frage ich: Wem wollen Sie Sand in die Augen streuen?

Sie sagen, die Hochschulen schauten ganz genau hin. Sie schauen aber noch viel genauer auf Ihre Taten in der Vergangenheit und werden auch beobachten, wie Sie das mit den Anträgen, die Sie jetzt zeitig einbringen, in Übereinstimmung bringen wollen. Die Position der Regierungskoalition ist, dass wir nicht vorhaben, bestehende Vereinbarungen, selbst wenn sie von der SPD kommen, zu brechen.

(Manfred Kuhmichel [CDU]: So ist das!)

Solange es keine neuen Vereinbarungen gibt, gilt der Qualitätspakt nach wie vor.

Zu Ihrer zweiten Forderung: Warum haben wir Anlass, den Innovationsfonds zur Konsolidierung des Haushaltes zu missbrauchen? War es nicht schon Missbrauch durch Rot-Grün, wenn nur die Hälfte des freigeschaufelten Geldes in den Fonds hineingesteckt wurde? Noch schlimmer ist es mit den nachgelagerten Studiengebühren. Sie sind damals, im Teil 2002, schon erwähnt worden. Auch diese Forderung von Ihnen ist scheinheilig.

(Beifall von FDP und CDU)

Zur dritten Forderung in Ihrem Antrag: Bestehende Hochschulstandorte sollen nicht in Frage gestellt werden. - Wo hat die SPD das je beschlossen? Hatte die abgewählte rot-grüne Koalition jemals eine Bestandsgarantie für die Hochschulstandorte abgegeben? Die Passage aus dem Qualitätspakt müssen Sie mir zeigen. Die neue Koalition der Mitte wird ausdrücklich nicht Bestandsgarantien für die Hochschulen abgeben. Keine Hochschule soll sich auf einer Bestandsgarantie ausruhen.

Wir werden alle Hochschulen im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen, sich im verstärkenden Qualitätswettbewerb, den wir explizit wollen, dauerhaft erfolgreich zu behaupten. Das ist unser Qualitätspakt. Diesen werden wir in Absprache mit allen Beteiligten in den nächsten Monaten konkretisieren. Wir lehnen den Antrag der SPDFraktion ab. - Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter Dr. Brinkmeier. - Als nächste Rednerin hat Frau Bärbel Höhn das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Heute hat Herr Rüttgers in seiner Regierungserklärung gesagt:

Was wir nicht hatten, war Klarheit und Verlässlichkeit. - Ich sage: Das ist schon eine Unverschämtheit! Wir, die Opposition, sind jetzt an diesem Punkt, an dem wir diese Verlässlichkeit von Ihnen einfordern. Denn die bisherige rot-grüne Landesregierung hat den Hochschulen in Zeiten schwieriger Haushaltslage Klarheit und Verlässlichkeit mit dem Qualitätspakt geboten.

Herr Brinkmeier, wir werden Sie an all dem messen, was Sie eben zu dem Qualitätspakt gesagt haben. Jetzt heißt die Frage: Was kommt anstelle dieses Qualitätspakt? Da bin ich gespannt. Sie haben nämlich gesagt, der Qualitätspakt werde solange aufrechterhalten, bis etwas anderes kommt, bis Sie etwas anderes mit den Hochschulen ausgehandelt haben.

Mit diesem Qualitätspakt hatten die Hochschulen Planungssicherheit für viele Jahre. Ich kann mich sehr gut an Haushaltsberatungen im Kabinett erinnern, in denen deutlich wurde, dass es eine Härte darstellt, wenn Sie im Schul- bzw. Hochschulbereich nicht sparen, wenn alle Sparmaßnahmen in anderen Bereichen erbracht werden. Ihre Leute werden das noch merken.

Herr Rüttgers hat sehr viel vom Sparen geredet. Er hat aber in seiner Regierungserklärung immer nur Positionen aufgeführt, bei denen er etwas ausgeben wollte. Dieser Herr Rüttgers ist keine Verlässlichkeit in Person. Ein Mann, der innerhalb einer Woche seine Meinung zur Mehrwertsteuer derart gravierend - vom Nein zum Ja - verändert hat, nur um die Ausgaben, die er hier aufgetischt hat, auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger finanzieren zu können, der ist das Gegenteil von Verlässlichkeit, um das deutlich zu sagen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Von daher lautet die entscheidende Frage: Was erwartet die Hochschulen? Anders als Sie, Herr Dr. Brinkmann, es hier dargestellt haben, war in diesem Qualitätspakt eindeutig und klar beschrieben, dass die Hochschulen 50 % der Gelder, die sie durch die Realisierung von 2.000 kw-Stellen erwirtschaften konnten, bekommen - das waren ausgerechnet 45 Millionen -, wenn Sie so schnell den Abbau hätten vornehmen können, wie das geplant war.

Weil sie es nicht geschafft haben, hat Ihnen die Landesregierung trotzdem diese 45 Millionen € überwiesen, hat aber gesagt, man müsse eine Revidierung vornehmen, weil die kw-Stellen in dieser Form noch nicht in voller Höhe erbracht worden sind.

Von daher hat die Landesregierung sogar den Qualitätspakt an diesen Punkten übererfüllt, weil eigentlich nur 50 % dessen vorgesehen war, was bei dem Abbau von kw-Stellen wirklich erbracht worden ist.

Eindeutig und klar sind das Verlässlichkeit und Planungssicherheit für die nächsten Jahre für die Hochschule. Deshalb gibt es zu Recht diesen Antrag, der von Ihnen die Antwort auf die Frage verlangt: Stehen Sie zu dieser Verlässlichkeit - ja oder nein? Der Minister hat einen absolut schweren Stand. Herr Pinkwart muss als Minister jetzt das Gegenteil von dem vollziehen, was die FDP vorher lauthals rausposaunt hat.

(Christian Lindner [FDP]: Wieso das denn?)

Ich kann mich sehr genau an alles erinnern, was Sie im Wahlkampf versprochen haben. Wenn ich mir jetzt den Koalitionsvertrag angucke, Herr Pinkwart, dann steht fest: Sie sind absoluter Looser. Es gibt keinen Bereich im Koalitionsvertrag, bei dem die FDP so viel verloren hat, wie bei den Hochschulen.

Ein Beispiel! Sie wollten die vollständige Verselbstständigung der Hochschulen. Das Gegenteil ist der Fall! Denn das Hauptthema von Herrn Rüttgers war die Ordnungspolitik. Ordnungspolitik ist das Gegenteil von Entfesselung. Das wissen Sie auch.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

- Klar, natürlich! Ordnungspolitik heißt: Ordnung reinbringen und regulieren.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Jetzt lacht sie selber!)

- Da regen Sie sich auf, weil wir einen schwachen Punkt erwischt haben. Ordnungspolitik ist das Gegenteil von Entfesselung - eindeutig!

In jedem Bereich von Wirtschafts- und Umweltpolitik wird immer freiwillige Selbstverpflichtung gegen Ordnungspolitik gestellt.

(Widerspruch von CDU und FDP)

- Sie müssen erst einmal lernen, zu regieren, wenn Sie noch nicht einmal mit den Begriffen klarkommen.

Herr Pinkwart, was ist mit der Selbstständigkeit der Hochschulen? - Rot-Grün hat die Selbstständigkeit der Hochschulen eingeleitet.

(Christian Lindner [FDP]: Wir schaffen die Fachaufsicht ab, Frau Höhn! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

Denn jetzt schon gilt, dass sie bei Personal und Finanzen jede Möglichkeiten haben. Was haben Sie also eigentlich erreicht?

Sie haben gesagt, Sie wollen die ZVS abschaffen. Wir haben in der letzten Debatte gemerkt, wo Sie stehen. Sie wollen die ZVS nämlich gar nicht abschaffen. Sie haben gesagt, Bachelor und Master sollen so schnell wie möglich bis 2006 verwirklicht werden. Was steht jetzt im Koalitionsvertrag zu internationalen Abschlüssen? - Da wird jetzt der Zeitdruck herausgenommen. Von 2006 ist keine Rede mehr, liebe FDP.

Sie haben gesagt, dass Sie zu ganz anderen Finanzierungsmodellen kommen wollen, dass Sie also die Studienfinanzierung durch eigene Leistungsfähigkeit erreichen wollen. Was ist jetzt erreicht worden? - Ans BAföG gehen Sie nicht heran. Studiengebühren? - Auch da finden wir eine erhebliche Einschränkung dessen, was Sie vorher angekündigt haben.

Das, was hier steht, finde ich spannend. Herr Dr. Brinkmeier sagt jetzt: Keine Hochschule hat eine Garantie. - Ja, das ist interessant. Das heißt, dieser Minister wird auch derjenige sein, der seine eigene Hochschule, die Hochschule Siegen, in die größte Gefahr bringt. Das heißt, er könnte der Totengräber seiner eigenen Hochschule sein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Pinkwart, zu beobachten, wie Sie es als Minister hinbekommen wollen, das Gegenteil von dem zu erreichen, was Sie versprochen haben, wird spannend. Dabei werden wir Sie treiben. Darüber werden wir auch mit den Hochschulen diskutieren. Denn das wird schwierig zu erklären sein.

Also, vielen Dank an die SPD für diesen Antrag. Es gibt uns die Möglichkeit, noch einmal grundsätzlich über die Hochschulpolitik zu reden. Und Ihnen, Herr Pinkwart, gibt es die Möglichkeit, darzustellen, dass Sie in den Koalitionsverhandlungen nichts erreicht haben und dass Sie jetzt das Gegenteil von dem vollziehen müssen, was Sie immer an den Hochschulen vorgebetet, ihnen versprochen und den Hochschulen beizubringen versucht haben. Gut Glück bei Ihren Aufgaben, die CDU-Politik in der Hochschullandschaft vollziehen zu müssen! - Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Höhn. - Ich erteile jetzt Christian Lindner von der FDP das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon bedauerlich, Frau Höhn, dass Sie dieses Parlament in Kürze verlassen werden. So haben Sie gar keine Gelegenheit mehr, sich in diesen Themenbereich fachlich einzuarbeiten.

(Beifall von FDP und CDU)

Aber daran scheint Ihnen auch nicht so sehr gelegen zu sein.

Eines möchte ich vorab nachtragen, um Ihren Beitrag insgesamt qualifizieren zu können. Der Begriff der Ordnungspolitik wird gewöhnlich anders verwendet, als Sie das tun. Normalerweise meint man damit, dass der Staat die Spielregeln bestimmt und die Menschen das Spiel machen. Ihre Form von Ordnungspolitik sieht offensichtlich vor, dass sich der Staat selbst mit ins Spiel bringt.