Protokoll der Sitzung vom 25.10.2006

(Beifall bei CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Pinkwart. – Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Kollege Dr. Brinkmeier das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schultheis, ich denke, wir sind alle einer Meinung, dass wir hier eine sehr schöne Debatte mit Wort und Widerwort und auch mit den notwendigen Zuspitzungen haben. Ich möchte aber doch noch ein Wort zu den Massenentlassungen sagen. Das, was Sie da gesagt haben, kann es nicht sein. Sie haben gesagt, hier würden 55.000 Leute entlassen. Wie zynisch muss das in den Ohren von BenQ-Mitarbeitern klingen, die jetzt wirklich entlassen werden und auf der Straße stehen. Die 55.000, von denen Sie sprechen, behalten ihren Beamtenstatus. Das kann es also nicht sein. Daher bitte ich Sie sehr, diese Worte zurückzunehmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch auf einige Punkte insbesondere in Bezug auf die Änderungen zum ursprünglichen Gesetzentwurf zu sprechen kommen, die fast alle Ergebnis aus der Anhörung und auch aus den vielfältigen Gesprächen sind.

Stichwort: erweitertes Präsidium. Darauf haben wir jetzt verzichtet mit der Begründung, dass wir sonst zu viele Gremien haben mit der Gefahr der Verwischung der Verantwortlichkeiten vor allem zwischen Hochschulrat und Präsidium. Wir haben das im Ausschuss diskutiert.

Beim Thema Hochschulrat haben wir in § 21 Abs. 3 auch noch eine „Eignungsvoraussetzung“ eingebracht. Meinem Freund, dem Pizzabäcker, wird es leidtun, dass er vielleicht doch nicht so schnell da hineinkommen kann. Aber wir sollten an dieser Stelle wirklich die hohe Verantwortung dieses Gremiums berücksichtigen. Deshalb ist es richtig, dass wir dazu noch etwas sehr dezidiert hineingeschrieben haben.

Zum Stichwort Senat in § 22 Abs. 1: Der Senat wird – auch das ist ein Ergebnis der Anhörung – jetzt ermächtigt, mit einer Dreiviertelmehrheit eine Empfehlung zur Abwahl der Mitglieder des Präsi

diums gegenüber dem Hochschulrat zu geben. Ich denke, auch das findet Konsens.

Dann möchte ich auf ein Thema eingehen, das bei vielen Diskussionen angesprochen wurde: die Sorge, dass die Geisteswissenschaften mit dem neuen Gesetz benachteiligt werden könnten. Es gibt Befürchtungen, dass sie im Zuge des neuen Gesetzes sogar unter die Räder geraten würden. Ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, habe diese Befürchtung nicht; auch die CDU-Landtagsfraktion hat sie nicht.

Dieses Gesetz bietet gerade den Geisteswissenschaften und den Geisteswissenschaftlern die Chance, bei der jeweiligen Profilbildung einer Hochschule wichtige Akzente zu setzen. Selbst im Zusammenhang mit regionaler Clusterbildung können die Geisteswissenschaften eine wichtige Rolle spielen.

Die CDU-Landtagsfraktion wird sich diesem Thema im nächsten Frühjahr ausführlich widmen und ein Forum organisieren, auf dem die herausragende Bedeutung der Geisteswissenschaften für die Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen im Mittelpunkt stehen wird.

Dann möchte ich noch auf das Thema der verfassten Studierendenschaft zu sprechen kommen, weil dies Gegenstand vieler Debatten war. Die CDU-Landtagsfraktion ist sich der Problematik an dieser Stelle bewusst, und zwar zum einen im Hinblick auf die Finanzierung und zum anderen im Hinblick auf die Zuständigkeiten. Wir haben im Ausschuss debattiert, dass eine neue Verordnung über die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Studierendenschaften in Kraft getreten ist. Noch einmal vielen Dank an das Ministerium, das die Verordnung umgesetzt hat! Damit wurden einige Auswüchse beseitigt. Bevor die SPD nun Zwischenrufe macht: Es gab seinerzeit auch schon von Frau Kraft den Gedanken, diese Verordnung voranzutreiben.

Dann sollten wir erwähnen, dass die Hochschulen einen kleinen Teil der Einnahmen aus den Studienbeiträgen unter Mitwirkung der Studierenden im Sinne von Stipendien verwenden können. Ich denke, das wird diese sehr ansprechen.

Wir sind zu der Überzeugung gekommen, den Studenten einen Vertrauensvorschuss zu geben und bis auf Weiteres keine weiteren Änderungen zum Gesetzentwurf vorzunehmen.

(Zuruf von der SPD: Ach!)

Wir trauen den Studenten und Studentinnen zu, im Lichte des neuen Gesetzes ihre Verantwortung für das Gelingen der Verselbstständigung der

Hochschulen zu übernehmen und sich neu aufzustellen.

Dennoch gibt es zwei kritische Punkte. Zum einen § 53 Abs. 2.4, das sogenannte allgemeinpolitische Mandat: Wir haben im Gespräch mit den LandesASten gesagt, dass wir erwarten, dass hier die hohe Verantwortung wahrgenommen wird, und dass wir das aufmerksam begleiten möchten. Des Weiteren haben wir kritisiert und werden wir auch weiterhin scharf kritisieren, dass die für eine Studentenparlamentswahl beschämend niedrige Wahlbeteiligung von 10 bis 15 % – das muss man sich mal vorstellen! – oft nur zu einem Schulterzucken führt, dass aber umso lieber von 100 % der Studierenden der Semesterbeitrag eingenommen wird. Das ist ein Missstand. Wir erwarten, dass daran jetzt gearbeitet wird. Das werden wir in den Gesprächen mit den ASten, die sehr konstruktiv und gut wenn auch kritisch verlaufen, weiterhin anmahnen.

Herr Kollege, Sie kommen zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir maßen uns nicht an, dass wir mit diesem neuen Gesetz schon jede Eventualität im Hochschulbereich abgedeckt hätten. Aber allein die Tatsache, dass nun Dutzende von Erlassen und Verordnungen wegfallen werden, zeigt, dass die Hochschulen die Chance haben, viele Dinge unbürokratisch und lebensnäher zu regeln.

Wir als Abgeordnete sichern allen Hochschulangehörigen zu, gemeinsam mit den Hochschulen darauf aufzupassen, dass die neugewonnene Freiheit auch wirklich genutzt werden kann. Zu guter Letzt: Wir werden natürlich allen Hochschulen auch als Ansprechpartner vor Ort zum Wohle von Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Brinkmeier. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich der Fraktionsvorsitzenden Frau Löhrmann das Wort. Bitte schön.

Schönen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war erstaunt, dass sich die Regierungsfraktionsvertreter und auch der Mi

nister in ihren Beiträgen sehr viel im Kleinklein bewegt haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie erheben den Anspruch, dass Sie hier jetzt den großen Wurf gemacht haben, die Superreform, die Superzukunftsgestaltung auf den Weg bringen.

(Zurufe von Christian Lindner [FDP] und von Dr. Michael Brinkmeier [CDU])

Dieser Auffassung sind wir in der Tat nicht. Ich möchte sehr gerne noch einmal auf diese Grundphilosophie noch einmal eingehen.

Herr Prof. Pinkwart, Sie reden von Freiheit. Sie tun damit das, was auch im Koalitionsvertrag steht: dass die Freiheit anders gewichtet wird als die anderen Grundwerte unserer Verfassung. Das wird in diesem Gesetz ganz stark durchdekliniert. Deswegen lehnen wir dieses Gesetz aus voller Überzeugung ab.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Sie von Freiheit reden, dann reden Sie von der Freiheit des Marktes. Sie reden von der Freiheit der Besserverdienenden, Herr Pinkwart. Sie gehen davon aus, dass der Markt das schon alles richten wird.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dieser Auffassung sind wir ausdrücklich nicht. Wir halten den Weg, den Sie mit Ihrer Hochschulpolitik insgesamt gehen, für einen Irrweg, und zwar aus bildungs- und sozialpolitischer Sicht etwa bezogen auf die Studiengebühren und auch aus wissenschaftspolitischer und wirtschaftspolitischer Sicht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Denn das ist nicht zukunftsweisend, was Sie hier umfassend und gesamtgesellschaftlich betrachtet abliefern.

Wir Grüne in Nordrhein-Westfalen wollen nicht, dass die Hochschulen unseres Landes, die Studierenden, die Forschung zu Versuchskaninchen für die Chaosexperimente eines marktradikalen Professors gemacht werden. Aber genau das passiert heute in Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Löhrmann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.

Ich erlaube mir an dieser Stelle, mich ganz herzlich bei Ihnen allen für die Wahl heute Morgen zu bedanken.

Von diesem Platz aus komme ich damit zum ersten Abstimmungsmarathon.

Dieser beginnt wie folgt: Der Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie empfiehlt in Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/2737, den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2095 „Für ein modernes und liberales Hochschulgesetz“ abzulehnen. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die Koalitionsfraktionen. Wer lehnt diese Beschlussempfehlung ab? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist die Beschlussempfehlung Drucksache 14/2737 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen angenommen und der Antrag abgelehnt.

Der Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie empfiehlt in Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/2737, den Gesetzentwurf Drucksache 14/2063 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen.

Hierzu liegt inzwischen ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Wir haben zunächst über diesen Änderungsantrag abzustimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion der SPD. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 14/2794 abgelehnt.

Wir kommen zum dritten Teil der Abstimmung. Wir haben nun über den Gesetzentwurf Drucksache 14/2063 in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses Drucksache 14/2737 Ziffer 2 abzustimmen. Wer ist für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist gegen die Beschlussempfehlung? – Damit ist dieser Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Grünen angenommen.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP)

Wir kommen viertens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2785. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt.

Wir kommen fünftens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bünd

nis 90/Die Grünen. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Das sind die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD. Wer stimmt gegen diesen Entschließungsantrag? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 14/2793 abgelehnt.

Wir kommen sechstens zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2485. Der Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/2738, den Antrag der SPD abzulehnen. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer lehnt diese Beschlussempfehlung ab? – Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.